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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030128026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903012802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903012802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-28
- Monat1903-01
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Daraus, daß die Kommission diesem Entwürfe bei der ersten Lesung 13, bei der zweiten nur 2 Sitzungen gewidmet hat, darf man folgern, daß es nicht schwer war, die Zweifel und Gegen sätze, die in der ersten Lesung zu Tage getreten waren, in der -weiten zu überwinden. Mit welcher Gründlichkeit die Kommission zu Werke ging, beweist u. a. die Tatsache, daß zur Beurteilung der Bedeutung der Hausindustrie im Schwarzwalde ein Vertreter derselben, ein Obermeister aus Säckingen, hinzugezogen wurde. Auch den Ver schiedenheiten der Schnlvcrhältnisse wurde tunlichst Rech nung getragen, was man jedenfalls nicht als unbillig be zeichnen kann. Als Kinder im Sinne des Gesetzes gelten Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche Knaben und Mädchen über 13 Jahre, die noch zum Be suche der Volksschule verpflichtet sind. In erster Lesung wurde zu diesem Paragraphen beantragt, statt 13 zu fetzen 14 Jahre. Demgegenüber wurde darauf hingcwicsen, daß in Bauern die Schulpflicht bereits mit dem 13. Jahre endet. Der Antragsteller meinte, bei gutem Willen könnte es nicht schwer fein, in Bayern die Schulpflicht hinaufzusctzcn. Gegen den Vorwurf der Rückständigkeit wurde die baye rische Schulgesetzgöbung von einem Vertreter der baye rischen Regierung in Schutz genommen und dabei hervor gehoben, daß in Bayern an die Volksschulpflicht ergänzend die Sonntags- oder FortbildungSschulpflicht sich an schließe. die in Stadt und Land für jedes Kind drei Jahre, somit bis zum zurückgelegten IS. Lebensjahre, dauere. Zn der zweiten Lesung kam man auf den Antrag, statt der 13 Jahre 14 zu setze«, nicht mehr zurück. Es wurde also keine Hinaufsetzung des Schutzalters über die Vor lage hinaus beschlossen. Heber die Krage der Einbe ziehung der Landwirtschaft standen sich in der Kom mission die Ansichten scharf gegenüber. Der Hinweis darauf, daß die Mißstände in der Landwirtschaft „noto risch" seien, ward mit der Bemerkung zurückgciviesen, mit diesem einfachen Worte sei gesetzlich nichts zu machen. Es müßten zunächst Erhebungen stattfinden. Wenn aber auch gewifle Mißstände bei der Kinderarbeit in der Landwirt schaft zugugeben seien, so sei doch auch zu be denken, daß dieselben fast ausnahmslos in den großen Betrieben vorkämen. Deshalb sei bei einem Verlangen nach gesetzlichen Maßnahmen ans die gebotene Beschrän kung zu achten: die mittleren und die kleineren Betriebe seien daher auszunehmen. Ebenso wie in der Kommission werden voraussichtlich auch im Plenum die noch vielfach wegen der Verhältnisse in den Gärtnereien schwan kenden Auffassungen zur Sprache kommen. Auch wird der Verhältnisse in der G l a s i n d u str i c besonders ge dacht werden. An der Fassung des 8 8, der von der Be schäftigung beim Austragen von Waren und bet sonstigen Botengängen handelt, ist in zweiter Lesung nichts geändert, nachdem in erster mehrfache Aendernugen bean tragt und angenommen worden waren. Mit Recht betonte ein Rcgiernngsvertretcr, daß es nicht rätlich sei, mit ver einzelten Mißbräuchen, die immer vorkommen würden, zu operieren. Insbesondere müsse auch die wirtschaftliche Lage der Eltern sehr in Betracht gezogen werden. 13 500 Kinder seien in dieser Weise beschäftigt und brächten den Eltern einen sehr erwünschten Verdienst ins Haus. Nach den festgelegten Bestimmungen sei schon viel zum Schutze der Kinder geschehen. Schon durch das Heraufsctzcn des Schutzalters auf 12 Jahre würde voraussichtlich 45 000 Kindern der Erwerb entzogen. Allgemein war man der Hoffnung, die neuen Bestimmungen würden allmählich ins Volksbewußtsein eindringen und die guten Folgen sich auch darin zeigen, daß die Stellung des Lehrers eine Kräftigung erfahre. Der Parteitag des bayerischen Zentrums hat (darauf läßt der heutige Leitartikel des bayerischen Zentrumsvrgans mit völliger Sicherheit schließen) die Tuntenhausener Kriegserklärung gegen das Ministerium Crailsheim wiederholt. Die angebliche Zurückdämmung des katholischen Einflusses und die angebliche Verkümmerung der bayerischen Selbstän digkeit mußten zum Vorwande für diese Haltung dienen. Für die bayerische Regierung nicht nur, sondern auch für jede deutsche Regierung, die mit einer Zentrumspartci zu tun hat, enthält die bayerische Zentrumspolitik eine recht heilsame Lehre. Denn seit den Tuntenhausener Sturm rufen ist bekanntlich an Stelle des Herrn v. Landmann Freiherr v. Podewils bayerischer Kultusminister geworden und hat sowohl den Würzburger Unt- versitätsstreit, als die Weißenburger S i m u l t a n s ch u l f r a g e in einer Weise beendet, die ihm das ungeteilte Lob der bayerischen Zentrumspresse eintrug. Trovdcm erklärten die bayerischen „Patrioten": „Im Rahmen dieses Ministeriums (Crailsheim) kann auch jener Personenwechsel nicht von einein bestimmenden Einflüsse auf die Politik der Zcntrumspartei sein." — Hält man hierncben die Forderung, daß die Herren Crailsheim und Feilitzsch von ihren Posten entfernt werden müßten, so erkennt man, daß das bayerische Zentrum, nachdem Freiherr von Podewils ihm in zwei prinzipiell sehr wich tigen Punkten weit entgegengckommen ist, die Parole „Alles oder nichts!" ausgibt. Wie dieses Verhalten mit der Versicherung, an der Souveränität des Hauses Wittelsbach nicht kritteln zu wollen, vereinbar ist, bleibt das Geheimnis der bayerischen „Patrioten". Die baye rische Regierung und mit ihr jede deutsche Regierung, die cs angeht, möge sich die gegenwärtige bayerische Zentrums politik zur Warnung dienen lassen! Der „Panther" und Herr Jacques de Veille. Ob Herr Jacques de Veille, ciu Mitarbeiter des Pariser „So teil", schon im Jahre 1870/71 die französische Presse mit Nachrichten über deutsche Nieder lagen versorgt hat, ist uns — wir bitten dafür Monsieur de Veille und jeden ein-elncn seiner Gönner um Ver zeihung — nicht bekannt. Die Befähigung zu solcher Tätigkeit hätte Herr de Veille sicherlich gehabt. Das be weist seine Betrachtung über die angebliche Niederlage, die unser Kanonenboot „Panther" vor San Carlos erlitten haben soll. Herr Jacques de Veille schreibt iu dem oben genannten Pariser Blatte hierüber u. a. wört lich das Folgende: „Die junge deutsche Marine hat wahr haftig Unglück, beim ersten Male, wo sie sich an einer militärischen Operation versucht. Das Kanonenboot „Panther" . . . hat dieses Mißgeschick just beim Angriffe auf eins der seltenen, wenn nicht der einzigen Forts er fahren, das im stände ist, sich zu verteidigen und jeden Schlag zurückzugeben. Diese Verteidigung ging sogar so weit, daß das deutsche Kanonenboot sich zurückziehen mußte mit der Eile, die ihm der Mitleid erregende Zu stand gestattete, in welchen die venezolanischen Kanoniere ihn versetzt hatten. Außer zwei Toten, so sagt man, und mehreren Verwundeten sah der „Panther" seine Maschinen und sein Prestige ernstlich geschädigt und den schwarzen zweiköpfigen Adler, der seine Flagge schmückt, arg zerfetzt. So hat die in der Entwickelung begriffene deutsche Marine die Feuertaufe (!!) empfangen. . . . Man muß anerkennen, daß die Aufgabe des Komman danten des „Panther" ungemein schwierig war. Aber der Kaiser, obwohl er noch nicht dahin gelangt ist, Varus um die Wiedergabe seiner Legionen zu bitten, ist über diesen dem Prestige seiner Marine beigebrachtcn Miß erfolg erbittert und wird dem Kommandanten des „Panther" zeigen» daß man immer Unrecht hat, wenn man unglücklich war." Nachdem die amtlichen deutschen Meldungen des Kommodore Scheder bekannt geworden sind, können auch die Leser des „Soleil" die Schilderung des Herrn de Veille als eine Fabel würdigen. Die ver meintliche Erbitterung deS Kaisers über den Komman danten des „Panther" macht der Erfindungsgabe eines französischen „Civil-Moltke" keine Ehre! Besonders drollig ist der Hinweis auf einen märchenhaften zwei köpfigen Adler, der die Flagge des „Panther" geschmückt habe. Die Phantasien des Herrn de Veille haben in dessen auch ernsthaftere Seiten. Denn einmal bezeugen sie das Ucbclwollen, das jenseits der Vogesen uns gegen über immer noch herrscht. Und zum zweiten sind jene Phantasien ganz darnach angetan, die französische Marine mit Dünkel und Hochmut gegenüber der deutschen Kriegs marine zu erfüllen. Die Folgen hiervon hätten aller dings wir nicht zu tragen! Losreißnngsplänc auf den dänischen Farör-Jnseln. Die dänische Regierung ist durch die Haltung der Be völkerung auf den Farör-Jnseln einigermaßen beun ruhigt. Es ist bekannt, daß von englischer Seite seit mehreren Jahren die dortigen Fischerkreise darauf hinge- wiescn werden, daß sic bei einem engeren Anschlüsse an England wesentliche Vorteile erringen würden. Die in den dortigen Gewässern kreuzenden englischen Fischerboote liegen bekanntlich stets mit den dänischen Wachschiffen im Kriege und fast jeden Monat kommt es vor, daß ein eng lischer Kutter durch ein dänisches Polizeischiff nach Esbjerg geschleppt wird, wo es hohe Strafsummen zu bezahlen hat. Da nun aber die englischenFischereiuntcrnchmer sehr viele eingeborene Fischer der Faröre in ihren Diensten haben, so werden durch das strenge Verhalten der dänischen See polizei auch viele Interessen der Farör-Fischer geschädigt. So ist es begreiflich, wenn unter der dortigen Bevölke rung die Meinung auftritt, daß sich ihre Inseln als selb ständiges Gcmeindcwesen besser stehen würden als bei ihrer jetzigen Zugehörigkeit zu Dänemark, das in einem Kriegsfälle doch kaum die Inseln gegen eine fremde Be setzung schützen könnte. Jedenfalls ist es bemerkenswert, wenn der Abgeordnete und „Königliche Amtmann" Paturson kürzlich in seinem Farörer Blatte den Ruf ausstietz: „Die preußischen Zwingherren in Südjütland (d. i. Schleswig) sind anständige Leute im Vergleich zu den anmaßenden und gewalttätigen dänischen Fischerciinspck- toren, welche unsere arme Insel unsicher machen." Die Sichcrhcitsmaßregcln der Pforte. Obgleich im allgemeinen die amtlichen türkischen Kreise sehr freundschaftliche Gesinnungen gegenüber Rußland an den Tag legen, herrscht doch auf der Pforte eine sehr leb hafte Tätigkeit, um die Verteidigungsmittel des Reiches sowohl an den Meerengen, als in Makedonien nach Mög lichkeit z» verstärken. Ter Großvezier Ferid Pascha hat darauf gedrungen, daß mehrere höhere Offiziere abgeianöt werden, um sämtliche Forts am Bosporus und den Dar danellen genau zu prüfen und zu bestimmen, an welchen Stellen die neuen, bei Krupp bestellten Schnellfeuergeschütze ausgestellt werden sollen. Nach einem kürzlich von zwei fremden Offizieren erstatteten Gutachten soll es möglich sein, eine feindliche Flotte von etwa fünf erstklassigen Schlachtschiffen und einigen Panzerkreuzern, die vom Schwarzen Meere aus in den Bosporus einzudringen ver suchen würde, bei richtiger Bedienung der Geschütze durch die Forts kampfunfähig zu machen, so daß Konstantinopel gegen einen Angriff der russischen Schwarze Meer-Flotte noch völlig gesichert wäre. Fraglicher ist dagegen die Lage an den Dardanellen, wo eine Landung feindlicher Truppen nur schwer zu verhindern ist und wo dann die Forts einen« Doppelangriffe nicht gewachsen sein würden. Man legt daher hier großen Wert auf das an der Insel Abydos ankernde türkische Geschwader, welches aus vier Kreuzern und acht Torpedobooten besteht. An demselben werden mit großem Eifer Ausbesserungsarbeiten vor genommen, um es in de«« Stand zu setzen, nötigenfalls den innere«« Ausgang der Dardanellen zu versperren. — Tie Garnisonen in Rumelicn und Makedonien sind jetzt ans eine Stärke von 130 000 Mann gebracht worden, wobei die Garnison von Konstantinopel mit etwa 35 000 Mann nicht mitgercchnct ist. Es finden aber noch fortwährend Truppcnbcförderungcn von Kleinasien nach Europa statt, jo daß binnen kurzem 150 000 Mann kainpsfertig in den europäischen Vilajets stehen werden. Bon der« neu bestellte«« 200 000 Mausergewehrei« soll, «vie man hört, die Hälfte sofort ai« die Mannschaften in Konstantinopel und Makedonien ausgcgeben werden. Deutsches Reich. Berlin, 27. Januar. Für die Wahl des Termins der N e i ch s ta g s «v a h l en sind natur gemäß an erster Stelle die aus der jeweilige«! parlamen tarischen und politischen Lage herznleitenden Er wägungen maßgebend. Prüft man aber, davon abge sehen, welcher Zeitpunkt in« Svmmerhalbjahrc sich für die Vornahme von Reichotagswahlcn am besten eignet, so springt in die Augen, daß die Zeit der Heuernte, sowie die der Getreideernte völlig ungeeignet sind, «veil die landwirtschaftlich tätigen Wähler in jener Zeit an der Wahlbeteiligung vielfach verhindert sein würden. Man hat zur Vermeidung dieses Mißstandes früher die Zeit zwischen der Heu- und der Getreideernte für die Vornahme der Rcichstagswahlen als besonders geeignet erachtet und demzufolge tatsächlich die Wahl in die Mitte oder die zweite Hälfte des Juni verlegt. Wenn nnn auch dieser Zeit punkt für einen beträchtlichen Teil des Reiches sich als geeignet erwiesen hat, so liegen doch die Dinge in manchen Teilen Deutschlands wesentlich anders. In einigen Landstrichen, und zwar gerade in solchen, in denen die Viehzucht überwiegt und demzusolgc die Einbringung des Heues eine Lebensfrage für die Landwirte ist, fällt die Heuernte in einen späteren Zeitpunkt, gegen Ende Juni oder selbst Anfang Juli, und trifft daher zeitlich mit den« Beginn der Getreideernte in anderen Landesteilcn zusammen. Einen für ganz Deutschland passenden Zeit- Feuilleton. Frau Huna. Roman von Karl Taner a. Flachdruck verboten. „So ist es nicht, Akira. Du weißt, daß ich dich liebe. Darum küsse ich dich, so oft es die Liebe mir diktiert. Nie aber wirst du von mir eine Liebkosung auf Befehl oder durch Zwang erhalten. Sv weit bin ich denn doch nicht gesunken, daß du mich wie eine der japanischen Skla vinnen behandeln darfst. Heute sind mir deine Zärtlich keiten keineswegs angenehm, denn du bist nicht mein Akira, wie sonst. Aus dir spricht jetzt der Sake, den du im Uebermaß genossen hast. Laß mich ruhig liegen. Ich will versuchen zu schlafen." „Tas fällt mir gar nicht ein. Ich werde doch meine Frau küssen können, wenn es mir gefällt. Dies ist mein Recht, und du hast dich gar nicht dagegen zu wehren." „Ich wehre mich aber doch. Wir haben uns nach deut scher Sitte geheiratet. Ich wiederhole es, ich bin keine Sklavin." „WaS sollen das für Ausflüchte sein! Ob Sklavin oder nicht, du bist meine Frau, und eine solche hat sich immer zu fügen." „Eine Japanerin, ja. Aber nicht eine Deutsche." „Du bist jetzt eine Japanerin, sonst nichts. Ich Süsse dich doch." Damit wandte er sich zu ihr und wollte sic umarmen. Sie hatte dies aber vorausgesehcn, sprang im Nu in die Höhe, stellte sich an eine der Schiebewände und sprach in festem Tone, dem er wohl anhörte, wie ernst sie es meinte: „Wenn du mir zu nahe trittst, so öffne ich die Wand und flüchte mich in das Zimmer der Tochter Nogalvas." „Du bist wohl wahnsinnig? Wie kannst du nur so laut in einem Hause sein, in ocm wir als Gäste sind. Sei vernünftig und bleibe bei mir." „Wenn du mich in Ruhe läßt." „Ich münsche, daß du jetzt hierher kommst." Seine Stimme klang wie nach verhaltener Wut. Sie fürchtete einen nvch heftigeren AuSbruch seines Zornes, erkannte auch, baß er zu dem Vorwurf, sie dürfe in einem fremden Hause keinen solchen Lärm machen, berechtigt war, und besorgte, der Dein könnte ihm noch mehr tn den Kopf steigen. Daher legte sie sich wieder nieder und bemerkte bittend: „Es ist schon sehr spät, und ich bin so müde. Laß mich schlafen." „Nein, das will ich nicht. Ich werde dir aber meine Meinung sagen, wie du dich gegen mich zu verhalten hast. Du bist hier meine Frau, nicht nach deutschem, sondern nach japanischem Recht. Du hast mir einfach zu gehorchen und zu tun, was ich befehle. Wenn du dich -cm nicht fügen willst, dann trennen wir uns wieder. Dann kannst du meinetwegen in das Land zurückkchren, in den« die Frauen keinen Respekt vor ihren Männern haben und daher tun, was sie wollen. Hier gibt es dies aber nicht. Hast du mich verstanden?" Ja, sie hatte ihn verstanden. Sic war wie vv-m Blitz getroffen, sie fand kein Wort der Entgegnung, sie blieb stumm. Er faßte dies als ein Zeichen ihrer Unterwerfung auf und sprach: „Ich ersehe aus deinem Schweigen, daß du mich verstanden hast. Ich hoffe, daß wir nicht mehr in de«« Fall kommen werden, eine so heftige Aussprache mit einander haben zu müssen. Nun wollen wir aber wieder Frieden schließen." Mit diesen Worten umfaßte er sie in wilden Leiden schaft. Sie hatte keine Macht, seinen Küssen zu wehren. — Der übermäßig genossene Wein verlangte aber sein Recht, er schlief sehr bald ein. Und Siradvma! Starr richtete sie ihr Auge in die Dunkelheit, sie rührte sich nicht, sie kam sich vor wie in einem Starrkrampf. Durch ihren Kopf aber jagte cs in fieberhafter Glut: „Was hat er gesagt! Wir werden uns trennen, und ich soll in meine Heimat zurückkchren! Das war es. Und dann! Wie eine Sklavin, wie eine niedrige Geisha, wie eine Musme hat er mich behandelt. Gegen meinen Willen zwang er mir seine Liebkosung auf, und ich mußte sie dulden! So weit ist eS mit mir gekommen. So tief bin ich ge sunken! — Wo blieben die stolzen Hoffnungen, mit denen ich hier- ber kam? WaS habe ich erreicht? Nichts. Jin Gegenteil! Ich habe die Achtung vor mir selbst verloren. Ick, bin keine Frau mehr, sondern eine Magd und noch geringer als eine solche, denn diese kann gehen, wann sie will, und ich bin gebunden. Bin ich es denn? Kann ich denn nicht zurück? Was würden aber meine Pflegemütter, was würden Brauns und Herr Tücher sagen? Der hat es mir etgentlich prophezeit. Ich begriff nur den Sinn seiner Worte nicht. Und der gute General von Menzheim! Jetzt verstehe ich erst die mitleidsvollen Blicke, die er öfters auf mich warf. Oh, hätte ich auf solche Stimmen gehört und «väre ich in meinem Vaterlande geblieben! — Da liegt er und schläft im Weinrausch. Ich möchte ihn hassen und kann es nicht. — Ich liebe ihn, ich möchte bei ihm bleibe», und darf cs doch nicht. Es hieße ja, auf jeden weiblichen Stolz, auf die Selbstachtung verzichten, wenn ich nach dieser Nacht noch bei ihm bliebe. Aber ihn verlassen, kostet «nein Herzblut, mein Leben. Oh, ich Bedauernswerte, ich Unglückliche! Und niemand, der mir raten und helfen kann! Keine Mutter, keine Freundin, nicht einmal eine Landsmännin, die mich verstehen würde! Ganz allein, mutterseelenallein! Oh, wäre ich nur gestorben!" So und in ähnlicher Weise quälte sie sich die ganze Nacht. Ihr Mann schlief ruhig seinen leichten Rausch aus. Als er am nächsten Tage erwachte, sah er seine Frau totettbleich, abgehärmt, mit offenen Augen daliegen. Dies und ein höchst unangenehmes Brummen iin Kopfe rief ihm rasch ins Gedächtnis, daß er gestern zu viel getrunken. Was er in diesen« Zustande alles gesagt und getan, wußte er nicht mehr genau. Aber er hatte doch die Empfindung, daß er gegenüber Siradoma etwas gut machen müsse. Er glaubte, mit dem echt japanischen Mittel eines Scherzes über die peinliche Lage wegkommcn zu können, gab ihr einen Kuß, den sie willenlos duldete, und rief lachend: „Na, gestern habe ich «vobl ein Glas über den Durst getrunken! Das macht nichts. Ich will schnell ein heißes Bad nehmen. Dann ist «nein Kopf wieder klar. Hierauf machen «vir die herrliche Fahrt nach den Katsuragawa-Stromschnellen. — Die werden dir gefallen." Während dieser Worte hatte er den Morgenkimono, den ihm der Hausherr bereit gelegt, umgeworfcn und ver ließ das Zimmer. Das Schweigen Siradomas sah er als ein Schmollen wegen seiner gestrigen Trunkenheit an. Er machte sich aber keine großen Sorgen darüber, denn er dachte, in der herrlichen Natur der Stromschnellen werde sie schon wieder versöhnt werden. * * * Nach zwei Stunden kehrte der Professor aus dem Bade zurück. Er fühlte sich wieder ganz wohl. Zu seinem Miß vergnügen hörte er, Siradoma habe angegeben, Kopf schmerzen zu empfinden, und sei noch gar nicht aus ihrem Zimmer gekommen. Etwas ärgerlich, ging er zu ihr und bemerkte: „Wie kannst du nur so schwach sein und einer körperlichen Empfindung bis zu dem Maße nachhängen, daß du unhöflich gegen unsere Gastgeber geworden bist. ES paßt sich nicht, -aß man allein tm Zimmer bleibt. Bitte, raffe dich aus, ordne deine Frisur und folge mir, sobald ich mich umgeklcidet habe, zu unseren Hausleuten." Sie erwiderte kein Wort, sondern kämmte stumm ihre Haare. Darüber ärgerte sich Jzuua von neuem. Er sprach auch nichts, bis er seinen Anzug vollendet hatte. Dann ries er kurz: „Komm jetzt, und ich ersuche dich ernstlich, der Fa milie Nogawa nicht eine finstere und nnliebenswürdige Miene zu zeigen. Sv etwas mag in Europa gehen. Hier aber sind die Menschen besser erzogen. Da würde ein so unfreundliches und unhöfliches Benehmen sehr aussallcn. Ich will nicht, daß meine Frau als ungebildet und un dankbar erscheint." Tie begaben sich zu ihren Gastgebern. Siradoma bemühte sich, so gnt sie konnte, in das fort währende Lachen und Kichern cinznstimmen. Es war ihr aber eine unbeschreibliche Oual. Nach dem Frühstück, das wiederum die Herren und Damen getrennt eingenommen hatten, beabsichtigte der Professor, allein mit seiner Fran zur Bahn zu fahren, um nach der Station «iainevka zu reisen und von dort ans die Bootfahrl durch die St« vnischnellcn von «ratsuragawa zu unternehmen. In diesen« Augenblick kamen zwei Jugcud- bckannte Jzunas, welche seinen Aufenthalt in« Hanse des Kaufmanns Nogawa erfahren hatten. Wiederum sand eine lebhafte Begrüsinngsscene mit vielen Verbeugungen statt. Siradoma stand unterdessen gänzlich unbeachtet nebenan. Endlich sagte der Professor, er «volle mit seiner Frau den Ausflng nach Katsuragawa «nachen. Dabei zeigte er nur nebensächlich auf sie. Die beiden fremden Japaner verneigten sich zwar, nahmen aber sonst keinerlei Notiz von der Dame. Dagegen erboten sie fick«, die Fahrt mir- zumachen. In diesem Augenblick hatte Jzuua doch eine Empfindung, als ob er seine Fran nm ihre Zustimmung ersuche«« fvllte. Natürlich äußerte er kein Wort. Abe«' er sah sie fragend an und glaubte, sic werde ihn in deutscher Sprache ausfordern, mit ihr allein zu fahre««. Sie war einerseits sv cingeschüchtcrt, das« sie keine Silbe sprach, und anderseits lam es ikir diesmal sei«, gelegen, Begleiter zu haben, «veil, «vie sie wußte, die Herren doch nur mit einander svreckicn und sic fick« selbst überlassen nzürden. Das war ihr heute aber ganz reckit. Da konnte sie ihren düsteren list-danken ungestört nachhängcn, ihre Seelen kämpfe weiter verfolgen. Man fuhr in Rikschas zur Eisenbahn. Diesmal hatte der Professor Taktgefühl genug, auch für sie eine Fahr karte erster Klasse zu lösen. Aber sie «nußte in einem nur für Damen bestimmten Abteil fahren. In Kameoka verließen die Reisenden die Bahn. Et«
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