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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.01.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030128026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903012802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903012802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-01
- Tag1903-01-28
- Monat1903-01
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692 punkt zwischen der Heu- und der Getreideernte gibt es da. her in der Tat nickt, und cS erscheint deinzufolge die Zett vor der Heuernte oder, richtiger auSgedrückt, die Zeil zwischen der Frühjahrsbestellung und der Heuernte als der für die Vornahme von ReichstagSwahlen geeignete Zeitpunkt. Berlin, 27. Januar. Die Denkschrift Uber die Entwickelung der deutschen Schutz gebiete in Afrika und der Südsee «Berichtsjahr vom 1. April 1901 bis 31. März 1902s, sowie die Anlagen zu dieser Denkschrift nebst der Denkschrift über die Ver- Wendung deS AsrikassndS sind dem Reichstage zugegangen, ferner eine BesitzstandSkarte von Deutsch-Südwestafrika und eine Wirtschafts-nnd Bcrkehrskarte von Tentsck>-Süd- wesiafrika. — Aus der Denkschrift entnehmen wir die er freuliche Tatsache, daß dieweive Bevölkerung in Deutsch- Südwestafrika von 1743 Köpfen nach den statistischen Er hebungen am 1. Jcnruar 1898 aus 3817 am 1. Mannar 1902 gestiegen ist, abziiglich der Beamten und der Schutztrnppe, deren Zabi sich in beiden genannten Jahren aus 801 und 857 belief: Beamte und Sckuytruppe haben also nur einen verhältnismäßig sehr geringen Zuwachs erfahren. Die Gesamtzahl der weihen Bevölkerung in Deutsch-Südwesr- afrika betrug also am 1. Januar 1902 4674 Personen. Die beträchtliche Zunahme ist in erster Reihe der Ein wanderung von Boerenfamilien zu danken, von denen eine Anzahl brreitS die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat. Berlin, 27. Januar. (Die wirtschaf tspoli- tische Freiheit in der nativnallibcralen Partei.) Nach dem heute ansgegebencn amtlichen Reichs tagssitzungsberichte vom 23. Januar bemerkte der Abg. Liebermann v. Sonnenberg im Rahmen einer gegen den Ahg. Graf Oriola gerichteten persönlichen Be merkung nnd in Wiederholung einer bereits früher ge machten Aenßerung: „Was die nationalliberale Partei anbetrisft, so hat sie durch den Mund eines ihrer Parteisekretäre erklärt, daß sie den früheren Grundsatz, ihren Parteigenossen in wirtschaftlichen Fragen volle Freiheit zu lassen, nicht mehr aufrecht erhalten wird." Diese Bcl-auptung beruht auf einer ganz willkürlichen Entstellung deS wirklichen Sachverhalts, der aber bereits am 13. November von der „Köln. Ztg." authentisch richtig gestellt ist. Herr Liebermann v. Sonnenberg verfährt also wider besseres Wissen, wenn er von neuem eine solche falsche Behauptung wiederholt, einzig zu dem Zwecke, sic als agitatorische Waffe des Bundes der Landwirte gegen die Nationallibcralen im Wahlkampf auSzunützcn. Es handelt sich bei der vom Abg. Liebermann v. Sonnenberg erwähnten angeblichen Erklärung des Geschäftsführers der rheinischen 'Nationallibcralen, vr. Johannes, um dessen Erwiderung auf eine Anfrage des Delegierten des Bundes der Landwirte, des Abg. Malkewitz, in einer am 27. Oktober abgchaltenen Versammlung in Alten kirchen. Es war dies zur Zeit des kritischen Standes der Zolltarisberatungen, wo die Verhandlungen infolge des Verhaltens des Bundes, der Konservativen und des Zen trums dem Versumpfen nahe waren und wohl niemand an das Zustandekommen des Gesetzes dachte. Auf den gegen den Bund von Seiten des Geschäftsführers Dr. Johannes gerichteten Vorwurf einer einseitigen Interessenvertretung warf Abg. Malkewitz die Frage auf, ob vr. I. denn die Herren vom sogenannten agrarischen Flügel der natio nalliberalen Fraktion nicht mehr zur nationalen Partei rechne. I)r Johannes antwortete zunächst, daß er eine bestimmte Acußcrnng ans diese Frage ablehnen müsse, da er kein Recht luibe, eine solche Erklärung abzngeben. Dann bemerkte er allgemein, daß die nativnalliberale Partei sich früher eine gewisse Freiheit in wirtschaftlichen Dingen habe gestatten können, daß aber jetzt, wo cs sich nm die Entscheidung über die wirtschaftliche Zukunft des Reiches handle, um die Entscheidung über die Frage, wie Land wirtschaft nnd Industrie lebensfähig zu erhalten seien, möglichste Geschlossenheit in der Partei allerdings sehr er wünscht sei. Und dieser damals ausgesprochene Wunsch hat üch gerade durch die den Mitgliedern der national liberalen Fraktion znstebende wirtschaftspolitische Freiheit erfüllt: in der Gesamtabstimmung trat sie geschlossen bis ans zwei Ausnahmen für den Zolltarif ein nnd gab da durch der Partei ein politisches Gewicht, welches sie bei den trüberen großen zollpolitischen Fragen leider niemals in die Wagschale werfen konnte. — Die Mitglieder des Reichstages versammelten sich anläßlich des Geburtstages des Kaisers im Reichstags-Restaurant. Graf v. Ballestrem war ebenfalls erschienen. Den Toast auf den Kaiser brachte der stellvertretende Präsident Graf zu Stolberg- Wernigerode aus. Zunächst bedauerte er, daß er an der Stelle stehen müsse, an der man seinen Nachbar, Graf v. Ballestrem, sonst zu sehen gewohnt sei: er hoffe aber, das Interregnum werde bald ein Ende haben nnd das Prä sidentenamt bald in die bewährten Hände zurückgegebcn sein, die es bisher geführt hätten. Redner schilderte dann, wie Deutschland unter der Füh rung der Hohenzollcrn groß geworden sei. Deutschland dürfe aber bet den Erfolgen nickt stehen bleiben, es müsse weiterkämpfen auf geistigem, sozialem und wirtschaftlichem Gebiete. Dazu sei der Frieden nach außen erforderlich, aus dessen Erhaltung die Politik des Kaisers gerichtet sei. Redner schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. — Auch im preußischen Abgeordneten Hause und im Herren- Hause wurden Feiern veranstaltet, in ersteren, brachte Präsident v. Kroecher, in letzterem, da der Präsident Fürst zu Wied unpäßlich war, Vizepräsident Frhr. von Manteuffel den Toast auf den Kaiser aus. — Der „Lokal-Anz." Null wissen, daß die Entscheidung deS Kaisers, wodurch dem Wunsch ber Familie Ballestrem auf Verleidung eines erblichen Sitzes im Herrenhause ent sprochen wurde, bereits erfolgt sei. lange bevor der Antrag Karborff das Lick: der Welt erblickt hätte. Daß der Name des Grasen Ballestrem gerade in den letzien Tagen in aller Munde gewesen, sei lediglich ein zufälliges Zusammentreffen. — Der „Lokal-Anz." ist ein gefälliges Blatt. — Mit dem Grasen Ballestrem ist die Zahl der erblichen Mitglieder des Herrenhauses auf 76 gestiegen unter im ganzen 293 Mit gliedern. Gleichzeitig wird das Mandat deS Grasen Balle strem zum Abgeordnetenhaus (5. Oppeln) frei. — Nach der „Volkszeitung" teilt der römische vatikanische „Osseroatore catiolico" amtlich mit: „In der zweiten Hälfte des April werben die Söhne des Deutschen Kaisers vom Heiligen Vater mit fürstlichen Ehren em pfangen werden." — Von dem Ber mögensbe stanoe der Träger der Invaliden- und Altersversicherung am Ende 1901 in Höbe von 931,4 Millionen Mar! entfielen 854,2 Millionen auf die VersicherungSar.ö-l,en und 77,2 Millionen aus die zugelassencn Kassen. Das bedeutendste Vermögen mit 98,4 Millionen besaß die Versicherungsanstalt der Nheinprvvinz, ihr folgten Königreich Sachsen mit 94,9 Millionen, Schlesien mit 64,8 Millionen, Berlin mit 55,4 Millionen, Sachsen-Anhalt mit 49,4 Millionen, Westfalen mit 45,2, Brandenburg mit 43,8 Millionen, Hannover mit 34,8 Mil lionen, die Hansestädte mit 33 6, Hessen-Nassau mit 3l,3 und Baden mit 30,8 Millionen Mark. Die kleinsten Vermögen mit 4,8, 4,4 und 4,1 Millionen Mark hatten Niederbayern, Oberpial; und Oldenburg. Unter den zugelassenen Kassen WieS ber Allgemeine Knappschaftsverein ein Vermögen von 25,2 Millionen Mark, die PensionSkasse der preußisch-hessischen Eisenbabngemeilischaft ein solches von 25,1 Millionen Mark auf. — Die Bekämpfung der Kurpfuscherei hat ein neuer Erlaß des preußischen Kultusministers zum Gegenstände; der Erlaß schließ: an denjenigen vom 28. Juni v. I. an. — Tas st u dentis che Arbeitsamt der Wilden schaft der T e ch n i s ch e n H o ch s ch u l e zu Berlin besteht nnumchr IV» Jahre. In diesem Semester hat eS bisher über 100 Angebote erhalten, von denen 64 Prozent besetzt wurden. Die überwiegende Mehrzahl der vermittelten Stellen war technischer Art, unter ihnen eine nicht uner hebliche Anzahl von Ansangsstellungen. Der Rest umfaßt Nachhülfcstunden, literarisch-technische Arbeiten und Uebersetznngen in fast alle europäischen Sprachen. An Studierenden meldeten sich insgesamt 710 seit Bestehen deS Arbeitsamtes, von denen rnnd 26 Prozent berücksichtigt werden konnten. Am stärksten beteiligt sind daran die Maschineningenieure, ihnen schließen sich an die Chemiker, Hüttenleute, Architekten und Bauingenieure. Obige Zahlen lassen erkennen, daß die Einrichtung des Arbeits amtes einem Bedürfnisse entsprach. In weiteren Kreisen der Industrie hat sich das studentische Arbeitsamt schon gut eingeführt, da in den meisten Fällen die Aufträge durch geeignete Besetzungen erledigt werden konnten. Die Vermittelung geschieht unentgeltlich. — Der frühere Präsident des preußischen Abgeordnetenhauses, Georg von Köller, dem anläßlich des Geburtstages des Kauers der Schwarze Adlerorden verliehen worden ist, wurde am 17. Februar 1823 zu Ja'enitz bei Stettin geboren, studiert» in Heidelberg und Berlin die Rechte und übernahm 1848 interimistisch. 1850 definitiv das Landralsamt Les Kreises Cammin, gab es aber 1868 wieder auf, um sich ganz der Bewirtichostung seines Rittergutes Kantreck bei Gollnow zu widmen. Seit 1866 ist er Vertreter von Greifen« berg-Cammin im vreußifchen Abgeordnetenhaus«, wo er sich der konservativen Paitei anfchloß und von 1879 ab lange Jahre die Wurde Les Piäjidenten bekleidete. 1884 wurde er in den preußischen Staatsdienst berufen und 1886 zum Wirkt. Geheimrat ernannt. * Schwerin i. M., 27. Januar. Prinz Heinrich der Niederlande, sowie Prinz Christian von Däne mark nebst Gemahlin werden am 28. d. M. zu mehr tägigem Besuche beim mecklenburgischen Hose in Schwerin emtreffen. * Aus Oldenburg. Das Vorgehen Preußens, die Gymnasien, Realgymnasien und Oberreal schulen als gleichwertig und gleichberechtigt an- zuseben, hat jetzt im Reiche die erste Nachfolge gefunden. Vom Oldenburgischen Landtage berichtet die „Weser-Ztg.": Bei dem Zuschuß für die Obcrrealschule in Oldenburg hat der Ausschuß den Antrag gestellt, der Landtag möge die Negierung veranlassen, dahin zu wirken, daß sie die Gleichberechtigung unsrer Realschule mit den preußischen Anstalten bewirke. Minister Ruhstrat ll tritt dem entgegen. Persönlich ist er von der Gleich wertigkeit der Gymnasial- und Oberrealschulbildung überzeugt, indessen hält er das Gymnasium für d>e bessere BorbitdungSanstalt für Juristen, der Latein- wegen. Und um da« juristische Eluvium handel« e« sich hier. Oldenburg habe um jo weniger Ursache, Preußen nach« zuabmen, als keiner der andern deutschen Staaten das tue. Abg Tappenbeck trat al« Repräsentant der Stadt Oldenburg mit großer Wärme für den Ausschußantrag ein. Er unterschätzt die gymnasial« Bildung keineswegs, hält aber die Beimischung eines Teils von realistisch gebildeten Männern zum Jurislenstand für gesund. Er stehe aus dem Staudpunkl der preußischen Schulreform, um so mehr, als Oldenburg vollkommen von Preußen eingejchlossen sei und Preußen die Abiturienten der oldenburgischen Anstalten natürlich nicht als vollgtltig anerkenne. Der Minister hatte vergebens geredet, denn mit großer Mehrheit wurde der Antrag des Ausschusses angenommen. * Aus Rordhausen, 27. Januar, wird zu dem neuen mysteriösen Todesfall im fürstlichen Hause Stol berg-Stolberg dem „B. L.-A." noch gemeldet: Fürst Wolff gang zu Stolberg-Stolberg wollte heute die Leitung der fürstlichen Besitzung nach dem Tode seines Vaters übernehmen und verließ in einem Wagen feinen bis herigen Woknsitz Schloß Rottleberode, um sich nach dem Stammschlosse Stolberg zu begeben. Der Kürst Halle sein Jagdgewehr bei sich, um, wie eS seine Gewohnheit bei Ausfahrten war, unterwegs Raubzeug abzuschießen. Noch im Park von Rottleberode gebot der Fürst dem Kutscher halt zu machen, stieg auS dem Wagen und gmg mit seiner Flinte iu em Gehölz. Nach wenigen Minuten siel ein Schuß. Als der Fürst nicht zurückkehrte, stieg der Kutscher ab uod ging ebenfalls in das Gebülch. Tort sand er den Fürsten entseelt am Boden liegen. Eine Kugel aus dem Jagd gewehr, das die Hände noch krampfhaft umklammert hielten, hatte «hm den Kopf durchbohrt. Allem Anscheine nach batte sich Gestrüpp oder eia Zweig mit dem Drücker verwickelt und bas Gewehr zur Entladung gebracht. Daß der Fürst selbst feinem Leben ein Ende gesetzt haben könnte, erscheint ausgeschlossen. Viel Sorgen hatte der Fürst, der sonst nie Zeichen von Schwermut zeigte, nur wegen des Zu standes seiner Gemahlin, die ihrer Entbindung ent- gegensichl und schon leit drei Monaten leibend und ans Bett gesesscll ist. — Nach einer späteren Meldung desselben Blattes verlautet dagegen gerüchtweise, daß Selbst- entleidung infolge Trauer um den bahingeschiedenen Vater vorliegt. Ein hmteilassener Brief solle diesen Grund an geben. Nach einem anderen Gerüchie soll bas neben der Leiche gefundene Jagdgewehr nicht abgescyossen gewesen sein, so daß ein Verbrechen nicht ausgeschlossen erscheine, da eine Schußwunde an der Leiche sestgestelll sei. — Allzuviel Gewicht wird man allen diesen uutontrollierbaren Nachrichten nicht beilegen dürfen. * Aus Sachsen-Weimar. Die Vermählung des Großberzogs Ernst von Sachsen mit der Prinzessin Karoline Neuß soll nicht in Bückeburg, sondern aus Wunsch des GlvßherzogS am Greize r Hofe Ende April statlfinden; wenigstens meldet das ber „Berl. Lok.«Anz." Greiz, 27. Januar. Zum ersten Male, seitdem das neue Deutsche Reich besteht, »st in unserer Stadt und in Reuß Llt. Linie überhaupt der Geburtstag Kaiser Wilhelms auch offiziell gefeiert werden. Bisher war eS bekanntlich sozu>agen verboten, baß sürstliche Beamte an Ge- burtstagöseierlichkriten für den deuischen Kaiser teilnahmen. Auch die Vereine, besonders die Militärvereine, dursten nicht „offiziell" feiern. Ja sogar in den Statuten ber Vereine durste ber Name de« deutschen Kaisers nicht erwähnt werden. Noch niemals trug ein öffentliches staatliches Gebäude am Geburtstage Kaiser Wilhelms Flaggen schmuck. Deutlcke (preußische) Fahnen mußten aber auch bei anderen festlichen Gelegenbellen möglichst vermieden werden, und nock in aller Erinnerung wird die bekannte peinliche Greizer Fahneuangelegenheit sein, bei welcher Gelegenheit der regierende Erbprinz von Reuß jung. Linie (Gera) die Maß nahmen des nunmehr verstorbenen Fürsten von Reuß Llt. Linie (Greiz) öffentlich verurteilte. Wie so vieles andere, »st iu Greiz nun auch dieser Rest des PartikuIariSmus verschwunden. Alle diese erfreulichen Veränderungen gehen jetzt als etwas Selbstverständliches vor sich, und unser kleines Ländcken blickt mit Stolz auf seinen jetzigen kern- delltlchen Fülst-Rtgeaien, den Fürsten Heinrich XIV. von Reuß jüngerer Linie (Gera). So war denn unsere Stadt am deuligen 27. Januar, am Geburtstag unseres Kaisers, sesllich geschmückl. Alle sürstlichen, slaallicken und städtischen Gebäude trugen Flaggenschmuck und die Staatsbeamten, Militär- und andere Vereine feierten zum ersten Male Kaisers Geburtstag „offiziell". Die fürstlichen Beamten be gingen den GeburlLlag durch ein Festmahl in Henning- Hotel. — Tie sämtlichen Milnärvereine m Reuß älterer Linie wollen nunmehr auch dem »Deutschen Krieg,rbuatze" beitreten. * Aus Wkrzdurg wird berichtet, daß arge« den Tsjtsusten Frbrn. von Berlickingeu, dkr bekanntlich durch feine Ver unglimpfungen der Reformation und insbesondere der Person Luther- schweres Aergeruis bei den Protestanten erregt hat, von der Staatsanwaltschaft aus Grund von tz 360, Abs. ll Sir.-G.-B. An klage wegen groben Unfugs, be gangen in öffentlichen Vorträgen, erhoben worden ist. v. Stuttgart, 27. Januar. Der König, der fick gestern behufs persönlicher Beglückwünschung des Kaiser« nach Berlin begab, wird am Donnerstag wieder zurütkkebren. Anläßlich des GeburtSfesteS des Kaisers verfügt« der König «ine Reihe militärischer Beförderungen und Eraennuagin. Zum Ches des Geucralstabs deS württembergiicken Armeekorps wurde ber preußische Oberst v. Wind heim ernannt. Die Feier des kaiserlichen GeburtSfesteS vollzog sich hier in der her kömmlichen Weise; die von der deutschen Partei ver anstaltete gesellige Vereinigung mit patriotischem Fest- Programm nahm einen schönen uod würdigen Ver lauf. — Ein von der konservativen .ReichSpost" unter- nommener Angriff auf die Person de« Reich-tag-abgeord- nelen Professors Or. Hieb er findet beute im ^Schwäb. Merkur" unter der Ueberschrift „Natioaalschädliche und volksfeindliche Politik" eine sckarfe Zurückweisung. — Der Bauernbund hat für die Landtagsersatzwahl in Mün singen den Reichslagsabgeordneten Sckrempf als Kandi daten ausgestellt. Schrempf nahm die Kandidatur an. Für die Volkspartei, die bisher dieses Mandat besaß, ist Schrempf ein gefährlicher Gegner. Der volksparteiliche Kandidat ist noch nicht bekannt gegeben. Oesterreich - Ungar«. Pretzprozetz. * Pest, 27. Januar. In dem Preßprozeß deS Redak teurs und oppositionellen Abgeordneten Nikolaus Bartha gegen den Redakteur Zfoldos wurde Zfoldos wegen Verläumdurg zu vier Wochen Gefängnis und 400 Kronen Geldstrafe verurteilt. Zfoldos hatte in einem Artikel Bartha beschuldigt, daß er als Präsident einer oppositionellen Fraktion infolge Verwendens deö Mi- nisterpräsidentcn v. Szell in Form eines Wechseldarlehns bet einer Hypothekenbank 80 000 Kronen erhalten habe. Der Ministerpräsident wurde als Zeuge vernommen und sagte zu Gunsten Barthas aus. Schueiderausstaud. * Wie«, 28. Januar. (Telegramm.) Di« aus ständigen Schneider beschlossen, bei denjenigen Groß konfektionären, welche dem vereinbarten Lohntarife bei treten, vom Aus stände zurückzutreten. Bis her verpflichteten sich 26 Herrenkleiderkonfekttonäre auf den vereinbarten Lohntarif. Bei diesen Firmen sind drei Viertel der gesamten Arbeiterschaft der Konfekttons branche beschäftigt. Frankreich. Der „fromme" Combes; Ungültige Wahle«. * Paris, 27. Januar. Die Rede des Minister- präsidentenCombeszumKultusbudgethat im republikanischen Lager eine tiefgehende und schmerz liche U eberrasch ung hervorgebracht. Die „Lan te r n e" gibt diesem Gefühl Ausdruck, indem sie der Re gierung offen ihr Vertrauen entzieht. Der Minister präsident, von dem niemand das erwartet hatte, versicherte seine Hochachtung für die konfessionelle Erziehung. Diese verwirrende Erklärung zerstöre mit einem Schlage daö tiefe Vertrauen, das die republikanische Partei in den Voll strecker des Vereinsgesetzes gesetzt habe. Herr Combes sei gestern mit seiner Mehrheit von der Linken zur Rechten übergcgangen: „Das war die erste Buße. Was er auch in Zukunft tun mag, er wird gegen das instinktive Mißtrauen der Republikaner zu kämpfen haben." Aehnlich sagt Pressens« in der „Aurore". Der „Rabie al" findet die gestrige Rede von Combes unerklärlich und unbegreiflich. Er hofft, daß der Ministerpräsident seine Haltung noch erklären und bedauern werde. (Frkf. Ztg.) * Paris, 27. Januar. Der Senat hat mit 116 gegen 109 Stimmen die Wahlen Andrieux' und Fruchiersfür ungültig erklärt. Italien. Miuifterdemisfio«. * Rom, 27. Januar. Der „Tribuna" zufolge hat der Schatzminister di Broglto aus Gesundheitsrücksichten dem Ministerpräsidenten Zanardelli sein Portefeuille zur Verfügung gestellt. Der Ministerrat übermittelte heute di Broglo Wünsche für Wiederherstellung der Gesundheit, jedoch ist es, wenn das Unwohlsein anhält, der „Tribuna" zufolge, nicht unwahrscheinlich, daß die Demission an- Fußmeg führte iu etwa 15 Minuten durch ein weites Tal zur Landungsstelle der Boote. Die Herren gingen voraus. Nie war ihr das Drückende ihrer Lage so zum Bewußtsein gekommen, wie hier. Am liebsten wäre sie weggelaufen, wenn sie nur gewußt hätte, wohin. Die Reisenden bestiegen eins der Boote. In diesem befanden sich vier Ruderer und ein Mann mit einem langen Bambusstäbe, um die Spitze des Bootes von den Felsen abzudrücken. Nun begann die Fahrt. Bald gelangte man in ein sich immer mehr verengendes Tal. Dieses wurde von Minute zu Minute malerischer, schöner, ja sogar bezaubernder. Wäre Siradoma nickt von einer so tiefen Schwermut be fangen gewesen, sie hätte entzückt sein müssen. So aber ,uk ue stumm, fast apathisch da; alle die herrlichen Reize der Natur flogen, kaum beachtet, an ihr vorüber. Immer schmaler wurde nun das Tal. Die Abhänge zu beiden Seiten waren da, wo nicht Felsen emporragten, mit blühenden, wilden Azaleen bedeckt, grüne Laubbäumc strebten an einzelnen Punkten empor, und der Rand der Talwünde war mit dichten Waldungen eingefaßt. Nun senkte sich die Talsohle, das Wasser nahm immer größere Schnelligkeit an. Jetzt kam man zu den eigentlichen Stromschnellen. Das ganze Flußbett war mit Felsblöcken wie besät. Manchmal schoß das flachbodige Fahrzeug über Steinbänke hinweg, die nur von einer kaum fünf Eenti- metcr tiefen Wassersckickt bedeckt wurden. Direkt dahinter 'kürzte das Boot in einen Strudel. Dann jagte es so auf Felsen zu, daß man meinte, es müsse daran zerschellen, was stch ja früher schon wiederholt ereignet hatte. Der Mann der Spitze deS Bootes aber vernachlässigte nicht eine Sekunde die sorgsamste Aufmerksamkeit. Ein Stoß mit V ser Bambusstangc, dazu ein Druck des Steuermannes ° - Ruder, und man hatte das gefährliche Riff passiert, -- .. 'ckon weit hinter den Reisenden. Tic Schnelligkeit L-- - wurde geradezu unheimlich. Eine zehntel Se- > ->> -pißr — und es wäre aus gewesen. Jetzt spritzte der 'v 'ber die Reisenden hinweg. Sie schossen zwi'^ - .-blocken so hindurch, daß rechts und links keine : " : Eentimeier frei blieben, und zwar mit der Gcichwin: eines -ssurierzugcs. Plötzlich stürzte der Kahn über err natürliches Wehr hinab. Ter Boden bog nch. Zwischen der Faken drängte sich Wasser herein; ein Acnzsilicher hatte stck verloren gegeben. Gleich darauf '-^amm daS zerbrechliche Fahrzeug ganz ruhig in einer Art von kleinem Lee. Grüne Berge, bedeckt mit wilden, b Azaleen, bazwffchen orotSke Felkengrupven und stet« dabhänge, umgaben die Reifenden, cs herrschte eine idyllische Ruhe. Ta ging cs schon wieder los. Gischt, Schaum, Tosen, rasendes Fahren des Kahnes, dessen Boden erzitterte, Rufe der Ruderer, alle Nerve« gespannt, eine scharfe Wendung und abermals idyllische Ruhe in lieblichster Umgebung. So war diese Fahrt. Obwohl Jzuna und seine Bekannten die gefährliche Fahrt schon oster gemacht hatten, wurden sie doch sehr davon angeregt. Siradoma aber saß stumm im Boot und schien völlig geistesabwesend zu sein. ES schmerzte sie zu tief, daß ihr Mann kein Wort zu ihr sprach, sondern nur seine Genossen, nicht aber sie, auf die groß artigen Naturschönheiten aufmerksam machte. Er er kannte den Grund ihres Benehmens nicht, sondern sah darin nur den fortgesetzten Widerstand gegen japanische Art und Sitte. Darüber ärgerte er sich so, daß er sogar etwas seine Selbstbeherrschung verlor. Ziemlich hart sprach er auf deutsch zu ihr: „Es ist wirk lich abscheulich, wie du dasitzt, kein Wort sprichst und eiu so unlicbeuswürdiges Gesicht machst, daß man es kaum an- sehen kann. Wenn das so fortgeht, weiß ich wirklich nicht, wie es enden soll. Ich wiederhole dir nur das eine. Ent weder du wirst eine völlige Japanerin, oder wir müssen uns trennen. Ich werde dich jetzt einige Wochen bei meinen Angehörigen in Nagoya lassen. Dort wirst du hoffentlich gute Sitte lernen und, wenn wir unS Wieder sehen, dich so betragen, daß ich mich nicht mehr wegen deS Verhaltens meiner Frau vor meinen Bekannten schämen muß." Jedes einzelne Wort hatte sie in innerster Seele ge troffen. Sie ahnte nicht, welch große Mühe es ihn kostete, so hart zu ihr zu sprechen, wie er sich selbst bekämpfen mußte, um ihr wehe zu tun. Aber er sah nur in schroffem Auftreten noch eine Möglichkeit, seine geliebte Siradoma für sich zu gewinnen, denn fügen mußte sie sich ja, sonst war seine Stellung als Nntversitätsprofessor in Tokio nicht haltbar. Wie er sie nun bei seinem Tadel so schmerz haft zusammcnzucken sah, da vermochte er kaum seine Rolle aufrecht zu erhalten. Um nicht schwach zu werden, drehte er sich rasch herum und rief seinen Genossen in der ge wöhnlichen scherzenden Art etwas zu. Das verletzte seine Frau noch mehr. Sie sah in seinem Verhalten nichts als vvllständiac Herzlosigkeit, sic hielt seine Liebe für er loschen. Diese Ueberzeugnng nahm ihr jede Hoffnung, es raubte ihr die Besinnung, sie wähnte, eS sei für sie alles aus. Der kleine See endete wieder in einen schmalen Ab- fluß, die Dellen begannen abermals schneller und schneller zu tanzen da» nächste Felsenriff war noch etwa 200 Meter entkernt. Jzuna machte r n neuem gegen seine Genossen einen gezwungenen Scherz, da — ein plötzliches Auf schreien des Steuermannes und der beiden Hinteren Ru derer, ein Schlag, und als Jzuna sich blitzschnell umdrehte, sah er gerade seine Frau unter der Wasseroberfläche ver» schwinden. Welch ein Leben kam da in den kleinen Ja paner! Im Nu hatte er den Rock abgemorfen und war vom Platz aus in einem sogenannten Hechtsprung ebenfalls im Wasser untergetaucht. Mit einem Stotz der Arme er reichte er sie. Seine Schwimmbewegungen bewiesen eine solche Kraft, datz er sofort mit seiner Last wieder auf tauchte und sich über Wasser erhalten konnte. Siradoma hatte die Besinnung nicht verloren. Sie erkannte ihn. Ein Lächeln trat auf ihre Lippen, plötzlich kam es wie ein Blitzstrahl, wie eine Erleuchtung über sie: „Er liebt mich doch", da überliess sie sich widerstandslos seinen Armen. Er wollte mit ihr nach dem Ufer schwimmen. Unmöglich. Der Strom war schon zu stark. Er riß ihn mit. Da schrie er, so laut er nur konnte, den Schiffern zu, ihm ent gegen zu rudern. Tas taten sic an und für sich schon mit aller Kraft. Wenn sie gegen diesen Strom auch nicht auf kamen, so konnten sie doch die Schnelligkeit des Bootes so vermindern, datz der vom Wasser nachgetricbenc Pro fessor mit seiner Fran es gerade noch vor dem Riff er reichten. Die Bekannten J-unas griffen zu, schnell wurden beide in das Fahrzeug gezogen, da kam das Riff. Die Ruderer, besonders der Mann an der Spitze, bewahrten die Geistesgegenwart, verdoppelten ihre An strengungen, man kam glücklich vorbei. Eine Sekunde später, und alles wäre zerschellt, an den Felsen zer schmettert worden. Neue Felsblöcke nahmen die ganze Aufmerksamkeit der Ruderer in Anspruch. Auf dem Boden des Kahnes kauerte der triefende Professor und hielt seine Fran im Arm. Sie sah ihn mit strahlendem Blick an. Leise, aber doch für ihn verständlich flüsterte sie: „Du Geliebter, du Einziger!" Er fragte vorwurfs voll: „Wie konntest du mir so etwas antun? Ein« Minute später, und unsere Körper lägen zerfetzt auf dem Grunde des Stromes." Sie drückte ihm zärtlich die Hand und bat innig: „Wenn wir allein sind, sage ich dir alles." ES war auch nicht möglich, sich hier auSzusprechcn. DaS Boot schoss noch immer wie ein Pfeil zwischen den Felsengen hindurch. Man durfte sich nicht rühren, um den Schiffern nicht die Arbeit zu erschweren. Sobald aber die Fahrt vine ruhigere wurde, mußten Jzuna und seine Krau auf bi« beiden Bekannten des ersteren Rück sicht nehmen. Nun glitt bas Kahrzeug ruhig auf dem immer breiter und darum glatter werdenden Klub dahin. Jetzt hielt es; man war an dem Landungsplätze unterhalb der Stromschnellen angekommen. Siradoma empfand trotz der nassen Kleidung und der Kälte ein so wonnige», so beseligendes Gefühl, wie noch nie in ihrem Leben. Sic wußte ja jetzt, wie er sie liebte. Daher brachte sie es über sich, gegenüber den beiden Bekannten ihres Mannes zu scherzen. Als die Reisenden das Boot verlassen hatten und zur Haltestelle der Rikschas hinaufstiegen, erzählte sie eine Lüge. „Ich wollte sehen, wie tief das Wasser ist, neigte mich zu weit über den Bootsrand nnd fiel in den Strom. Ohne meinen tapferen Gatten wäre ich jetzt tot." Die Japaner glaubten zwar ihren Angaben nicht recht, denn sie hatten gesehen, daß sie sehr wett vom Boot weg und mit vollständig nach auswärts gerichtetem Gesicht im Wasser gelegen, was bei einem Fall kaum möglich ge wesen wäre. Aber sie gaben sich aus Höflichkeit den An schein, als ob sie von der Wahrheit ihrer Worte über zeugt seien. Unter Scherzworten stieg die junge Frau in ihrem nassen Anzug in den Rikscha, wobei sie Jzuna so sorgsam wie nur möglich unterstützte. Ebenso stieg sie lachend, obwohl man ihr ansah, wie sehr sie fror, in den Eisenbahnwagen. Auch hier war ihr Mann ihr be- hülflich, und dann nahmen er und seine Bekannten im gleichen Abteil wie sie Platz. „Wohin gehen wir denn in Kioto? So können wir doch nicht bei deinen Gastfreunden erscheinen." „Wenn du meinst, liebe Siradoma, so fahren wir vom Bahnhofe au« in das Kiotohotel und bttteu meine Freunde, möglichst schnell unsere Koffer dorthin besorgen zu lassen und uns einstweilen bet der Familie Nogawa zu entschuldigen» bis wir selbst uns erholt haben und uns persönlich wegen deS Umzuges rechtfertigen köunen. Bist du damit einverstanden?" „Gewiß, mein lieber Akira." Mes geschah nach dem Vorschläge deS Professors. Bald lag Siradoma warm in einem guten., europäischen Bett, ihr Gatte saß vor ihr und reichte ihr heißen Thee. Er hatte sich sehr schnell umgekleibet. Sie sah ihm un unterbrochen aufmerksam zu, wie er sich um sie bemühte und keinen anderen Gedanken zu haben schien, als nur sie und immer wieder ste. Als er ihr jetzt die Tafle ab nahm, um sie beiseite zu stellen, ergriff sie seine Hand, zog ihn an sich und wollte etwas sagen. Er aber küßte sie, damit sie nicht sprechen konnte, und bemerkte saust: „Da bist jetzt zu sehr angegriffen. Ruhe «st» wenig. Wenn du dick ercholt hast, bann können wir plaudern, wa» und so viel wir wollen. Bitte, versuche nun etn-irschlafen." (Kortsetzrmg folgt.)
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