02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030313020
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903031302
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Und da beschlußfähige Sitzungen des Plenums zu den Seltenheiten gehören, so gehören auch Kommissions beratungen, an denen die Mehrheit der Mitglieder teil nimmt, zu den Ausnahmen. Kein Wunder, wenn dann im Plenum die KommissionSbeschlüsse zu zeitraubenden Bemäkelungen Anlaß geben oder gar umgcstvßen wer den. Jedenfalls hätte gestern das Plenum die Weiter- beraiung des Mtlitäretats erheblich mehr fördern können, wenn es gewissenhaftere Kommisfionsarbeit hinter sich gewußt hätte. So hatte bekanntlich die Geschäftsord- nungskommifston kürzlich in einer schwach besetzten Sitzung, in der bas dem Abg. Hegelmaier bekannt lich wenig freundschaftlich gesinnte Zentrum über die Mehrheit verfügte, dem Amtsgericht in Stuttgart beige pflichtet, das diesen Abgeordneten unter Androhung ge setzlicher Zwangsmaßregeln als Zeugen vorgcladen hatte. Wider diesen, gegen alles Herkommen verstoßenden KommisitonSbeschluß wurde nun gestern von rechts und links scharfer, wohlbegründeter Widerspruch erhoben, der zur Zurückverweisung der ganzen Sache an die Kom mission führte. Sogar baS Zentrum konnte nicht umhin, für die Zurückverweisung z» stimmen. Nachdem der Ge- schäftsordnungSkommtsston dieses Mißtrauensvotum er teilt worden war, kam die Bubgetkommission an die Reihe. Sie freilich in diesem Falle ohne zureichenden Grund. In ihr hatte Generalmajor v. Gall Witz die Erklärung abgegeben, für die Verlegung der Düsseldorfer Husaren nachKrefeld seien die Düsseldorfer Gebäude- und Exerzierplatz-Verhältnisse maßgebend gewesen, und nicht das bekannte Versprechen des Kaisers, das erst lange nach der getroffenen Ent scheidung gegeben worden sei. Dte Kommission empfahl daher die Bewilligung der Kosten. Der Vertreter Düsseldorfs, Abg. Kirsch, glaubte aber auch in diesem KommissionSbeschlüsse ein über das Knie gebrochenes Votum erblicken zu dürfen, das umgestotzen werden müsse. Ob er durch daS Herumreichen der Photographien der Krefelder Ehrenjungfrauen beweisen zu können glaubte, daß die Düsseldorfer Gebäude- und Exerzierplatz-Ver hältnisse eben so tadellos seien, wie diese Jungfrauen, Kat das Haus schwerlich begriffen. Es entschied sich im Sinne der Budgetkommission, obwohl der Abg. Müller- Sagan beantragte, auch sie zur nochmaligen Prüfung der Sache zu verknurren. Ob sie in der Frage des Truppen übungsplatzes Ne «Hammer in Schlesien im Sinne des Plenums gehandelt hat, kam gestern noch nicht zur Entscheidung. Bekanntlich hat sie wegen der mehrere Millionen betragenden Nebers chreitung des Voranschlags für Erwerbung und Zubereitung des Terrains einen Abstrich von 500 000 vorgenommen, nm der Militärverwaltung zu bekunden, daß sie cs in diesem Falle an der gebotenen kaufmännischen Sorgfalt habe fehlen lassen. Gestern warf sich nun der konser vative Abg. v. Sa lisch zum eifrigen Verteidiger aller bei der Angelegenheit beteiligten Beamten auf und schil derte das vom Grafen Alfred Dohna erworbene Terrain als sehr wertvollen Besitz. Abg. vr. Sattler ver langte genauer« Aufschlüsse darüber, wie die falschen Dispositionen hätten getroffen werden können und ob die Zustimmung des Reichskanzlers zu der Etatsüber schreitung eingeholt worden sei. Zu allgemeiner Über raschung antwortete weder der Kriegsminister, »och einer seiner Kommissare, worauf das Haus sich vertagte. Die Debatte über Neuhammer ist aber schwerlich schon be endet, wahrscheinlich wirb heute nochmals Auskunft ver langt und erst dann das Urteil des Plenums darüber gefällt, ob die Budgetkomtssion sich genügende Infor- urationen geschafft habe. Die Abwehr des Bisch»,S KarE. In einem mehr als vier Spalten füllenden Leitartikel erörtert die „Trie rische Landeszeitung" die Frage: „Werträgtdie Schuld andemTrierer L ch u l st r« i t e?" Zweifellos steht Bischof vr. Korum diesem Artikel nicht fern; schon die vollständige Einseitig keit, mit der der Standpunkt des Bischofs als der allein berechtigte verteidigt wird, deutet darauf hin. Um so größere Beachtung wird man diesem Versuche einer Ab wehr gegenüber der prelißischen Regierung zu schenken haben. Der Herr Bischof von Trier will durchaus nicht an dem Ausbruche des Trierer SchulstreiteS schuldig sein: verantwortlich dafür ist — die „Trierische Landeszettung" sagt es — dte preußische Negierung. Denn eS ist gar nicht wahr, baß der Bischof von Trier bet der StaatSregierung über die Trierer Schulverhältnisse nicht Klage geführt habe. Die hier sich aufdrängenbe Frage, wann denn solche Klage erhoben sei, wird in der Trier. ÄandeS-tg." durch keine einzige positive Angabe beantwortet. DaS Sprachrohr vr. KorumS zieht sich vielmehr auf dessen Schulbroschüre zurück, und -war auf folgend« Stelle: „Ich möchte hier ein für allemal erklären, daß in -en nahezu 22 Jahren meiner Amtstätigkeit seitens der Staatsbehörde kein einziger Schritt zu einem Vergleiche geschehen ist. Man hat mich wohl zu verschiedenen Malen ersucht, der Anstalt einen ReligionSlehrer zu gewähren, aber dabei an dem Charakter der Schule ohne jegliche Milderung unentwegt festgehalten. Tin Vorschlag wird aber nicht dadurch annehmbarer, daß er lediglich von Zeit zu Zeit wiederholt wird." — Hiermit soll der Be weis geliefert sein, daß der Bischof von Trier bei der Staatsregierung über die Verhältnisse in der Trierer Lehranstalt Klage geführt habe! Gerade der Hinweis auf den lparitätischen) Charakter der Trierer Anstalt aber zeigt auf das deutlichste, wie wenig die von Bischof Korum jetzt geltend gemachten Einzelheiten gegenüber dem Kar dinalpunkte, dem paritätischen Charakter der Trierer Anstalt, in Betracht kommen; was aber eben jenen .Kardinalpunkt anbelangt, so hat der preußische Kultusminister am 2. März d. I. laut dem Stenogramm erklärt: „Die Unterrichtsverwaltung mutz eS mit aller Schärfe grundsätzlich ablehnen, daß die paritätischen höheren Schulen an sich als unzulässig und das Seelenheil gefährdend zu erachten seien." — Hält man sich diese Er klärung des Ministers vor Augen, so würdigt man zu treffend die Ankündigung der „Trierischen Landesztg.", daß mit der Zurücknahme des bischöflichen Pnblikandums „an der Sachlage selb st wenig g e ä n d e r t i st." — Im Anschluß hieran macht die „Trie rische LandeSzeitung" eS den katholischen Eltern in Trier zur GewiflenSpflicht, zu prüfen, ob sie ihre Kinder ohne die schwerstwiegenden Gründe der Trierer Lehranstalt anvcrtrauen dürfen: „Dazu bedarf es", schreibt die „Trie rische Landesztg.", „absolut keines Erlasses von Seiten der Pfarrer oder -er bischöflichen Behörde, dazu verpflichtet sie einfach Gottes Gesetz". — Außerhalb der Diözese Trier lautet „Gottes Gesetz" bekanntlich ganz anders. Zu mal in Köln hat der Erzbischof dte mismo «Lnonioa für dte Erteilung des Religionsunterrichts an etnex paritä tischen Lehranstalt erteilt. Doch über diese Kleinigkeit hilft sich die „Trier. Landesztg." Her-Hast hinweg, indem sie erzählt, der selige Karbinal-Erzbischof Melchers, der seinerzeit der paritätischen höheren Mädchenschule in Köln einen Religionslehrer bewilligte, habe wiederholt, und zuletzt noch im Jahre seines Todes (!), erklärt, „daß er eS aufs tiefste bedauere, damals so nachgiebig gewesen zu sein." — Auf derselben Höhe, wie diese Angabe, steht die weitere, welche die „Trier. LanbeSztg." einem in „einer Abendgesellschaft" gewesenen „Protestanten" in den Mund legt: „Der Bischof (Korum) ist durchaus in seinem Rechte. Es wäre undenkbar, daß man im umgekehrten Kalle den Protestanten solches zu bieten wagte." — Die im Vor stehenden wiedergegebenen Proben aus der Abwehr vr. Korumsseienpwch durch die Behauptung vervollständigt, des Bischofs Vorgehen sei vom päpstlichen Stuhle „ab solut nicht verurteilt worden". — Eine kirchliche Zensur hat die Kurte allerdings nicht über vr. Korum verhängt; aber die päpstliche Anweisung, daS Publikandum vom 15. Februar zurückzuztehen, bedeutet der Sache nach dte schärfste Verurteilung des unklugen Vorstoßes. Der jetzige Versuch in der „Trierischen Landeszeitung", die Rektifizierung des Bischofs vr. Korum durch Rom abzu leugnen, läßt erkennen, welchen Eindruck die Zurücknahme des Publikandums aus die Trierer Katholiken gemacht hat. Aus dem sonstigen Inhalte der Verteidigung Vr. Kormns aber geht hervor, daß die preußische Staats regierung den partitätischen Charakter der Trierer Lehr anstalt gegenüber dem Bischof von Trier mit demselben Nachdrucke schirmen muß, mit dem der preußische Kultus minister am 2. März das Recht der paritätischen höheren Schulen grundsätzlich verfochten hat. Der Ultra« »ntauiSmuS in Holland Am 10. Mär- waren M Jahre verflossen, seitdem die katholische Hierarchie in das Königreich der Niederlande ihren Einzug gehalten hat, wodurch der durch die Losreißung der Republik von Spanten zer rissene Friede symbolisch wieder angeknüpft worben war. Hierzu wird dem „Schwäb. Merk." aus Amsterdam ge schrieben: Wenn man das Einst und Jetzt vergleicht, staunt man über den Umschwung der Zeiten: damals, im Jahre 1853, kämpften Katholiken und Liberale gemeinschaftlich für die Freiheit der katholischen Kirche, nur die Kalvi nisten sahen in der Wiederkehr der Bischöfe ein National unglück, und in glühendem Hasse standen sie den Katho liken gegenüber, heute marschieren Ultramontane und Kalvinisten Arm in Arm zur Wahlurne, um den ver haßten Liberalismus zu bekämpfen und zu vernichten. Umsonst sind die Bischöfe allerdings nicht gekommen, und noch weniger haben sie vergeblich gearbeitet, sie haben in erster Linie den Sturz der konfessionslosen Schule ver ursacht, sic haben dafür gesorgt, daß sich das Land mit Klostern und geistlichen Anstalten aller Art bedeckte, und sie haben es vor allem dahin zu bringen gewußt, daß das, was man in anderen Staaten unter „liberalen Katho liken" versteht, hierzulande durchaus unbekannt ist. Als im Jahre 1870 das UnfehlbarkeitSdogma verkündet wurde, verwunderten sich die hiesigen Katholiken dar über, daß r» einer solchen Veranstaltung, wie des Konzils, bedurft hätte, da man dieses Dogma in Holland von jeher geglaubt habe! Wenn man sich erinnert, wie in katholischen Blättern die Zurücksetzung der Katholiken eine stehende Rubrik bildete, wie man sich damals aber noch damit begütigte, zu bitten und an das Billigkeitc- gesühl zu appellieren, während heute die maßlosesten Forderungen in kategorischem Tone aufgestellt werden, denen man regelmäßig durch Drohungen den gehörigen Nachdruck zu geben weiß, dann erst merkt man, daß man in anderen Zeiten lebt. Daß sie aber besser sind, als die früheren, werden nur wenige behaupten können. Die englische« Telegrapheubeamten. Der 23. Jahreskongreß des englischen Telegraphen beamten-Vereins (Postal Tele graph Clerks' Association) tagte vorige Woche in Leeds. Es waren ungefähr 100 Delegierte anwesend. Der Ver ein hat 5567 Mitglieder und zählt 154 Zweigvereine, seine Einnahmen betrugen im letzten Jahre 1069, seine Aus gaben 7S3 Pfund Sterling. Sein offizielles Vereins organ, der „Telegraph Chrontele", befindet sich in privatem Besitz, und es wurde darüber beraten, ob der Verein es nicht in seinen Besitz übernehmen solle. Doch hielten das einige Delegierte angesichts der jüngsten richterlichen Entscheidungen gegen die Trabe Unions nicht für ratsam. Eine Resolution, die angenommen wurde, verlangt st eben stündigen Arbeitstag für Te legraphenbeamte. Alle Arbeitszeit über 42 Stunden pro Woche und alle Nachtarbeit (von 9 Uhr abends bis 7 Uhr morgens) soll um die Hälfte höher bezahlt werben. Mit Bezug auf die Frage der Beschäftigung von Frauen im Telegraphendtenste wurde auch verlangt, daß in keinem Bureau mehr als 80 Prozent Frauen beschäftigt würden und daß der Unterschied zwischen den Gehältern fürMänner und denen für Frauen nickt mehr als 25 Proz. betrage. Der Kongreß sprach sich auch sirr d r re k t e Ver tretung der Telcgraphenbeamten im Parlament durch ein Mitglied des Telegraphenbeamten-Verein» aus. Ferner wurde die Errichtung eines Sanatoriums für lungenkranke Mitglieder beschlossen. Das Sanatorium soll 40 Patienten sassen, und zur Erbauung desselben sollen 8000 Pfund Sterling durch wöchentliche Beiträge von je einem Penny pro Mitglied, und zur Unterhaltung desselben sollen 8250 Pfund Sterling jährlich durch wöchentliche Beiträge von je einem halben Penny pro Mitglied aufgebracht werden. Rußland und die Waffeneinfuhr «ach China. Aus Petersburg, 10. März, wirb der „Internat. Korresp." geschrieben: In den amtlichen russischen Kreisen zeigt man sich sehr ungehalten darüber, baß die Schritte Rußlands, die Waffeneinfuhr nach China zu unterdrücken, bei den übrig«» Mächten fast gar keine Unterstützung ge funden haben. Die in immer stärkerem Maße wieder auS- brechenden Unruhen in Mittelchina sind zweifellos die Folgen der Nachsicht, welche die Mächte gegenüber dem un erlaubten Waffenhandel gezeigt haben. Die Einfuhr geht fast ausschließlich über Nordamerika. Auch englische und belgische Gewehrhändler schicken ihre Sendungen über Kalifornien, von wo auS Waffen und Schicßbedars in zahllosen Dampfern und Segelschiffen nach kleineren chinesischen Häfen eingeschmuggelt werben. Di« russische Negierung hatte daher schon vor zwei Monaten ihren Bot schafter in Washington, den Grafen Cassini, -beauf tragt, die Regierung der Bereinigten Staaten auf diesen unhaltbaren Zustand aufmerksam zu machen. Staats sekretär Hay antwortete jedoch ausweichend, und alk Graf Cassini am 24. Februar die Angelegenheit abermals im Fenilleton. 6) Miß Kachel Saltonn. Roman von Florenc« Marryat. Vtachdiuck verboten. Rachel schritt ihm sofort voraus nach der Terrasse auf der Rückseite deS Hauses. Sie konnte sein Wesen nicht ganz verstehen. Er war ja ganz höflich, schien aber auf jeden Versuch einer vertraulichen Annäherung gleich einen kalten Wasserstrahl gießen zu wollen. Nun, er sollte sich nur zurückhalten, so viel er wollte. Sie hatte gan- gewiß nicht den Wunsch, auf vertraulichem Fuße urit ihm zu stehen. Rachel war an diesem Nachmittage äußerst vorteilhaft gekleidet. Ihr Kostüm hatte verschiedene olivgrüne Farbentöne, und als sie vor Geosfry dahinschritt, bewun derte er die warme rötliche Färbung ihres HaareS, daS sich schön von dem Grün des breitrandigen FilzhuteS darüber abhob, und die Grazie ihrer schlanken Gestalt. Die breite Terrasse war von einem steinernen Gelän der eingefaßt und von einem Ende bis zum andern mit großen Orangebäumen und andern Sträuchern in grünen Kübeln besetzt. Unter ihr lag ein weicher Rasenplatz mit Blumenbeeten, die jetzt in reichster Blüte prangten, und dahinter blickten die stattlichen Wipfel der Bäume des Parkes herüber. „Wie schön!" rief Geosfry aus. „Welch ein entzücken der Fleck Erde." Sein warmes Lob brachte Farbe in Miß GaltonnS ge wöhnlich blasse Wangen. „Oh, das ist noch nichts. Sie haben noch nicht die Hälfte, nicht den vierten Teil von Catherstone gesehen. Mein Park ist zweitausend Morgen groß. Man kann sich ganz darin verlaufen. Dort links durch das Gesträuch kommt man dahin. Rechts sind meine Blumengärten und der See. Dort hinter der Brücke ist «ine reizende kleine Ecke, die ich Sie zu malen bitten werde. , Meine Ställe liegen links, nahe dem Hause, aber mein Obstgarten und dte Treibhäuser, sowie der Meierhof be finden sich auf der rechten Seite hinter den Blumen. Oh, eS wird Ihnen gefallen, wenn Sie alles kennen. Ich habe noch rin anderes, sehr großes Gut in Sussex: Fernleigh, und mitunter gehe ick im Sommer mit einigen Freunden dorthin, die Luft ist so stärkend; aber mein Herz ist doch immer in Catherstone. ES ist die schönste von meinen Be sitzungen und mir der liebste Ort auf der Welt." „Sie sind sehr glücklich, seine Herrin zu sein", ant wortete Geosfry Satter gelassen. Ihre fortwährende Anspielung auf ihren Besitz, der lviederholte Gebrauch des Fürwortes „meine Gärten", „mein Park", „mein Gut" berührte ihn unangenehm. Er war weit davon entfernt, sie zu beneiden oder den Wert ihrer Besitztümer herabzusetzen; aber die fortgesetzte Er- wähnung der Tatsache schien sie beide jedesmal auSetn- andcrzurücken, wenn sich di« Möglichkeit bot, näher mit einander bekannt zu werden. „Aber Sie bewundern eS nicht so sehr, wie ich dachte", sagte sie etwas enttäuscht. „Gewiß bewundere ich es und habe das ja auch aus- gesprochen." „Warum sehen Sie denn so ernst drein?" „Ich dachte nur darüber nach, was sie wohl mehr lieb ten: Ihre Besitzung ober Ihre Kunst?" Rachel errötete tief. „Sie meinen . . . wenn ich zwischen beiden wählen müßte, ob ich Catherstone ausaeben oder die Kunst an seinen Wänden und in den Gängen auSlöschen würde? O fragen Sic mich nicht danach! Ich könnte eine solche Frage nicht beantworten. Dieser Ort nimmt für mich sozusagen dte Stelle meiner Eltern ein. Ich wurde hier geboren und bin hier aufgewachsen. Er ist gary eins mit mir. Wir Taltonns haben einen großen Familien sinn, Mr. Satter. Wir hängen an den alten Häusern und den alten Leuten und würden die ganze Welt für den alten Namen aufgeben. Wenn jemals ein Mitglied un serer Familie — Gott sei Dank, ist es selten vorgekommen — etwas getan hat, um ihn zu schänden, dann haben wir es mit Stumps und Stiel auSgerottet und hätte eS auch unser eigenes Herzblut gekostet. Wir sind sehr stolz, wie Sie sehen, und schrecklich exklusiv." „Ich sch« c»." . . „Wissen Sie", rief sie plötzlich und ivandte nch ihm zu, „daß vor vielen, vielen Jahren einer unserer Angehörigen etwas Schmähliche» tat. und wir trieben ihn hinaus, wie JSmael in dte Wüste getrieben wurde, und erkannten ihn nicht mehr al» den Unsrigen an. Seine Eltern und Ge- schwtster rissen sich von ihm los, sie opferten ihre Liebe der Ehre ihrer Familie. So denken die Taltonns im Punkte der Ehre, Mr. Talter!" „Wirklich?" antwortete er fragend. hieraus können Sie sehen", fuhr Rachel etwas weni ger triumphierend fort, „wie hoch wir unfern Besitz und den Grund und Boden schätzen, der durch die Generatio nen unbefleckter Namen auf uns gekommen ist. Halten Sie eS nicht für edel, Mr. Satter, seine Prtvatgefühle der Ehre der Familie zu opfern?" „Vielleicht." „Nur vielleicht?" „Nun, ich finde, das hängt ganz von dem Verbrechen ab. Was tat er eigentlich?" „O, das kann ich nicht sagen. Ts war schändlich, em pörend! Ich mag gar nicht daran denken. Aber, Gott fei Dank, gehört er nicht mehr zu uns. Er kann kein echtes Blut in sich gehabt haben." „Nun, ich muß sagen, er oder seine Kinder sind darum auch nicht schlechter", bemerkte Geosfry. „Mr. Satter!" rief Rachel unwillig aus. „Ich habe Sie hoffentlich nicht beleidigt, Miß Saltonn. Aber ich glaube nicht, daß das Glück davon abhüngt, hoch geboren oder reich zu sein. Niemand ist wirklich glücklich in dieser Welt, dagegen haben die Armen ihren Anteil daran ebenso gut wie dte Neichen. Doch vielleicht ist es besser, diesen Gegenstand nicht weiter zu verfolgen, denn Sie würden einen schrecklichen Radikalen in mir entdecken, und ich bin überzeugt, daß meine Gefühle nicht mit den Ihrigen übereinsttmmen würden." „Nein, allerdings nicht", erwiderte Rachel aufgeregt und führte ihren Gast die Marmorstufen hinab dem Ge hölz zu. Sie hatte die Schönheiten ihrer Besitzung nicht über trieben. E« befanden sich reizende schattig« Winkel und malerische Plätze in ihrem Parke. Zuerst führte sie den Künstler zu einer Lichtung -wischen den Bäumen, wo ein Bach über Steine plätscherte, dte von Vergißmeinnicht und Moos bedeckt waren. „Hier", sagte sie, «pflegte ich stundenlang al» Kind zu spielen, hier ließ ich meine Papierschtffchen auf dem Wasser schwimmen und wartete ich auf die Elfen, von denen ich gelesen hatte. Ich habe viel« Stunden lang da im Grase gelegen", fügte sie plötzlich mit tiefem Seufzer hinzu, „und Träume geträumt, die sich nie verwirklichten. Da» gelbe Kraut und die Gänseblümchen pflanzte ich selbst und ich nannte die Stell« den Slfengrund." „Er verdient seinen Namen", erwiderte Geosfry. ,Von welchem Punkte aus soll ich ihn aufnehmen und soll es bei Sonnenlicht oder Mondschein sein?" „O, bet Mondschein; und wenn Sie ein paar Elsen anbrirrgen könnten, würde es mich freuen. Sie würden mir ganz natürlich vorkommen, so, als ob meine kindischen Träume sich erfüllt hätten." „Ich werde sie nicht für fremde Augen malen, sondern nur zu Ihrer eigenen Freude, Miß Saltonn. Sie sollen einen Schimmer davon in dem aus dem Gaffer steigenden leichten Nebel erblicken oder in dem silberigen Glanze des Mondlichtes auf den Blättern." „Das ist ja gerade, was ich gesagt haben würde!" rief das Mädchen mit gefalteten Händen aus, „wenn ich nick: fürchtete, von Ihnen für albern gehalten zu werden." „Dann müßte ich ja auch Shakespeare für albern er klären, daß er uns in Versen Oberon und Titania malte. Wir können heutzutage die Elfen nicht sehen; aber ich glaube, sie sind nichtsdestoweniger um uns vorhanden", sagte Geosfry mit leichtem Lachen. Er hatte ein paar Striche gemacht, dte nötig waren, nm ihn an den Elfengrund zu erinnern, und erklärte sich be reit, weiter zu gehen. ,Hier kommt ein düsterer kleiner Fleck; aber ich liebe ihn doch sehr",sagteRachel, als st« bei einem kleinen dunklen Teiche stehen blieb, dessen Wasserfläche ganz von weißen Wasserrosen bedeckt war. ,Hter pflegte ich nach dem Tode meiner armen Mutter zu sitzen und starrte immer in dao Wasser, bi» sie dachten, ich könnte mich hineinstürzen, und mich geradeswegs in eine Pension nach Brüssel schickten." „Aber daS hätten Sie doch gewiß nicht tun können", bemerkte Geosfry. ,Hch weiß nicht. Warum sollte man e» nicht? Man geht nur ein paar Stunden früher zur Ruhe als ge wöhnlich, da» ist alle»." „Die An*fassung habe ich glücklicherweise nicht davon. Aber, wenn eS so wäre, wie träge oder feige wäre es, schlafen zu gehen, eh« die Arbeit bc» Tage» getan ist!" „Aber ich habe nicht da» Geringste zu tun. Ich muß nur mein Gelb auSgeben und mich vergnügen, und das wird mir oft recht leib." ,Wtr haben alle eine Aufgabe. Miß Saltonn; aber mitunter erkennen wir sie nicht. Ihr Geld muß Ihnen doch manche» zu tun geben; e» wurde Ihnen doch nicht nur zum eigenen Genüsse gegeben." „Ich veduch«, es auRznstreuen", versetzt« Rachel er- rötend; „aber ich scheine immer mehr Unheil al» Gate»
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