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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030321010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903032101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903032101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-03
- Tag1903-03-21
- Monat1903-03
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Nachdem der Aufmarsch der Parteien sich so ziemlich vollzogen hat, kann man wohl die Aussichten Lerselben in dem gegenwärtigen Wahlkampfe beurteilen. Die Wahlen de« Jahres 1881 lieben zum letzten Male das fortschrittliche Bürgertum Berlin« auf der ganzen Linie über die Sozialdemokratie siegen. Bei den Wahlen von 1884 aber gelangten bereit« zwei Wahlkreise in den Besitz der Sozialdemokratie und mehrere andere wurden von ihr hart bedrängt, sodaß der Uebergang dieser Kreis« an den sozialen Radikalismus nur eine Krage der Zeit schien. Im Jahre 1898 gelang e« denn auch den Sozial« demokraten, nicht weniger als 5 von den 6 Berliner Reichstagswahlkreisen in ihren Besitz zu bringen. Merkwürdigerweise bracht«« die letzten allgemeinen Wahlen vom Jahre 1898 den Sozialdemokraten Berlins eine beträchtliche Enttäuschung, während doch sonst im Reiche bei diesen Wahlen die Sozialdemokratie an Stirn» menziffer und an Mandaten zunahm. Wohl vermehrte sich die sozialdemokratische Stimmenzahl im 4. und im 6. Wahlkreise, den beiden Hochburgen dieser Partei, aber mals: dafür aber ging die Stimmenziffer im 1. Wahlkreise um 400, im 2. um ebensoviel, im 3. sogar um 1800 zurück. Der 2. und der S. Wahlpreis, von den Sozialdemokraten bet den Wahlen von 1898 erobert, wurden in der Stich, wähl von den Fortschrittlern zurückgewonnen. E« wäre aber verkehrt, auö dem vergleich-weise gün stigen Abschneiden des Bürgertums bet den letzten allge meinen Wahlen schließen zu wollen, daß die Sozialdemo. kratie ihre gute Zeit in Berlin hinter sich habe. Schon bei einer im 2. Wahlkreise notwendig gewordenen Ersatz wahl gelangte dieser Kreis wiederum, und zwar im ersten Wahlgange, in -en Besitz der Sozialdemokratie, sodaß diese am Schluffe der Legislaturperiode über 4 von den 6 Ber liner Mandaten »ersügte. Auch bei in der Zwischenzeit ftattgehabten Stadtverordnetenwahlen der HI. Abteilung — nur in dieser kommt die Sozialdemokratie in Frage — zeigte e« sich, baß die sozialdemokratische Hochflut in Ber lin durchaus nicht im Zurückweichen begriffen ist. Im 1. Berliner Wahlkreise dürfte allerdings auch dies mal wieder der freisinnige Bewerber siegen, obwohl der wegen hohen Alters zurücktretende populäre Stadtver- ordnetenvosteher Itt-. LangerbanS nicht wieder kan didiert. Durch den massenhaften Bau von Geschäfts. Häusern an Stelle von Wohnhäusern in diesem Wahlkreise (beispielsweise liegen die Riesenmagazine von Wertheim und Tietz im Bereiche des 1. Wahlkreises) hat die Entvöl kerung des Wahlkreises weitere Fortschritte gemacht, namentlich auf Kosten der Sozialdemokratie, da sehr viele Hinterhäuser verschwunden sind. In allen übrigen Wahlkreisen aber stehen die Chancen der Sozialdemo, kratie ausgezeichnet. Im 4. und im 6. Wahlkreise siegen sie seit langer Zeit im ersten Wahlgange, im 2. dürften sie diesmal ebenfalls, wie schon bei der Ersatzwahl, ohne sich erst einer Stichwahl unterziehen zu muffen, siegen. Auch im 8. und im 5. Wahlkreise ist ihr Sieg höchst wahrschein, lich: den 3. Kreis haben sie schon bei den letzten allge. meinen Wahlen behaupten können und im 5. siegte der bürgerliche Bewerber in der Stichwahl nur mit der Zu. iall-mehrheit von 58 Stimmen. Wäre die Wahl deS Stadtschulrats I>r. Zwick, wie die Sozialdemokratie c« verlangte, für ungültig erklärt worden, so wäre der Wahl, kreis voraussichtlich schon während der gegenwärtigen Legislaturperiode an die Sozialdemokratie zurückgefallen. An und für sich wäre es durchaus nicht ausgeschloffen, außer dem 1. Wahlkreise auch den 2., 8. und 5. gegen die Sozialdemokratie zu halten: aber dann müßten erstens die bürgerlichen Parteien von vornherein zufammengehen und zweitens müßten sie andere Persönlichkeiten als Kan didaten haben. Bedenkt man, daß die Fortschrittler früher in Berlin Männer wie Alexander Meyer, Ludwig Löwe, Virchow, Schulze-Delitzsch, Sauckrn-Darputschen usw. auf. stallen konnte», so wirken Kämpf, Kreitling, Zwick usw. daneben doch recht schwach. TonnsbenD den 21. Mürz 1903. Und die sogenannte konservative Bewegung, die früher Männer wie Moltke, Adolf Wagner, Stöcker, Zedlitz auf. stellte, muß sich fetzt mit den Rechtsanwälten Ulrich und Hahn und dem Verleger der „StaatSbürger-Ztg." Bruhn begnügen. Auf -er andern Seite hat die Sozialdemo. kratie zwar den bis zu seinem Tode immer in Berlin ge- wählten Liebknecht al« „Renommierkandtdaten" verloren, aber an dem Rechtsanwalt Heine eine jüngere Kraft ge» wannen, die dem alten Liebknecht an Intelligenz, Schlag- ferttgkeit und Witz wohl überlegen ist. Man sollte eigentlich meinen» daß die bürgerlichen Par- teien ihre Ehre darein setzen müßten, in der RcichShaupt- stabt ihre allerbesten Namen in die Wagschale zu werfen. Daß sie sich mit -er Ausstellung von DurchschnittSkandt» baten begnügen, beweist, daß sie selbst wenig Hoffnung auf den Erfolg setzen, und dieses Eingeständnis bedeutet schon den -alben Sieg für die Sozialdemokratie. Superintendent v. Meyer-Zwickau eontis. „Lorddentjche Allgemeine". In dem in unserem gestrigen Morgenblatte be sprochenen Artikel der „Nordd. Allgem. Ztg", der den höchst verunglückten Versuch unternimmt, die beabsichtigte Aufhebung deS 8 2 des Jesuttengesetzes als durchaus Harm- los erscheinen zu lassen, war auch Bezug genommen auf eine in Zwickau abgehaltene Protestversammlung und einen in ihr von „einem Superintendenten" gehaltenen Vortrag. Wir unterließen eS, auf diesen Teil des Artikels einzugehen, weil wir annahmen, daß der an gegriffene Superintendent selbst das Wort zur Abwehr ergreifen werbe. Das ist geschehen. So sei denn zunächst nachträglich der Wortlaut der auf die Zwickauer Der» sannnlung und ihre Redner bezügliche Teil des offiziösen Artikels mitgeteilt. Er lautet: „Die AgitationSbewegung erhält einen eigentümlich künst, lichen Charakter nicht allein dadurch, daß sie sich auf die Ge samtheit des Gesetze« richtet, die gar nicht in Frage steht, sondern auch gegen die Gesamtpolitik de« Reichskanzlers, weil er seine Bereitwilligkeit erklärt hat, einem seit sieben Jahren wiederholt gefaßten und von wohlerwogenen Gründen der Führer der Mehrheit getragenen Beschlüsse deS Reichstags näher treten zu wollen, einem Beschlüsse, der, wie gesagt, nur den seit 30 Jahren ohnehin bestehenden tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Gibt in dieser Hinsicht schon die Berliner Resolution vom 11. März zu ernsten Bedenken Anlaß, so gilt dies in noch höherem Grade von einer Tag« zuvor in Zwickau (Dachsen) abgehaltenen Versammlung. Der Verlauf der letzteren muß um so mehr be fremden, als es drei protestantische Geistliche waren, die dort da« Wort gegen „die Dicderzulassung der Jesuiten" führten. Den Reichskanzler bezeichneten sie dabei, wenn ander« ein Be richt in Nr. 58 des „Zwickauer Tageblatts" richtig ist. als „HauS. meier des UltramontaniSmuS", er finde sich bei den Jesuiten „in bester Gesellschaft", das Zentrum lasse in seinem römischen Dettelsack „ein Privilegium nach dem anderen" verschwinden, der UltramontaniSmuS sei auf eine Höhe gelangt, „wie wir sie nur vom Mittelalter kennen" usw. Es erhellt auch aus diesen Reden, soweit der Bericht sie wicdergibt, daß die geistlichen Herren Redner entweder gar nicht wissen, um was es sich handelt, oder sich jedenfalls nicht die Mühe genommen haben, ihre Reden sachlich vorzubereiten. Ist ein Superinten dent wirklich die berufene Persönlichkeit, um darüber zu be finden, „daß kein Mann weniger geeignet sei, den Reichskanzler» posten zu bekleiden, als Graf Bülow" ? Wirklich, die berufene Persönlichkeit, um die kleinen deutschen Staaten aufzurufen, „daß sie Preußen vor seiner Regierung schützen" und diesem dadurch den Zoll deS Dankes für den Schutz gegen Frankreich ab» tragen? Dem Redner oder dem Bericht passiert dabei wieder» holt das Unglück, daß er von der „Aufhebung deS Jesuiten» gesctzcs" spricht, dem „die dankbaren Kleinstaaten" ihr Veto entgegensetzen sollen. Auch der Vorstoß des Bischofs Korum wird dem Reichskanzler angerechnet! Schließlich folgt der Hin» weis auf den Fürsten Bismarck. Der Herr Super intendent ist mit seinem Studium der BiSmarckschen Kirchenpolitik ersichtlich in den Anfängen stehen geblieben. Den Kirchensriedcn mit Rom hat Fürst BiSmarck vor mehr als 20 Jahren gemacht, er hat ihn seit 1878 mit als «ine seiner wichtigsten Aufgaben betrieben und seinen Amtsnachfolgern die besten Beziehungen zur Päpstlichen Kurie hinterlassen. Graf Bülow hat diese Beziehungen vorgefundcn, er war 1896, al« Herr v. Bennigsen seine mehrerwähnt« Erklärung abgab, noch Botschafter am Quirinal. Seine „Taktik" kann daher die innere Einheit nicht geschädigt haben, sie ist ohnehin darauf gerichtet, die unser Volk innerlich trennenden Momente tunlichst auSzu» schalten, wobei eine zuverlässige nationale Mitarbeit des Zen trums nur erwünscht sein kann. Auch das Zentrum in seiner jetzigen Stärke hat Graf Bülow vorg-funden, und er muß als Staatsmann mit gegebenen Größen rechnen. Im Interesse deS konfessionellen Friedens, zu dessen auf richtiger Bewahrung beide Teile, Evangelische wie Katholisch«, sich politisch und religiös verpflichtet fühlen sollten, wünschen wir, daß der Vorgang inZwickau vereinzelt bleiben und zum Einhalten, zrir Umkehr Anlaß geben möge!" Hierauf entgegnet Herr Superintendent 0. Meyer- Zwickau in der »Zwick. Ztg.' folgende«: 1) Wenn § L de« Jesuitengrsctzes fällt, ist § 1 wertlos. Ein« Regierung, die, um da« Zentrum zu belohnen, 8 2 auf gibt, wird auch in di« immer offenen Hände der Römischen noch § 1 legen und das deutsch« Volk mit der Niederlassung de« Jesuitenordens beglücken wollen, kftiucipii, ad^»l Da her die Opposition gngen veseiti-ung von tz L. 2) Die jetzige Bewegung gegen die Absicht des Reichs kanzlers wie gegen seine gesamte unerfreuliche Politik soll eine künstliche Mache sein. Der Herr Reichskanzler täte gut, sich etwas mehr um die Stimmung des protestantischen Volkes zu kümmern; dann würde er bald erfahren, daß durch dasselbe eine viel tiefere Erregung geht, als sie in den maß vollen Protestversammlungen Worte gefunden hat. 3) Schon als der Reichstag den unglücklichen Beschluß auf Aufhebung von 8 2 faßte, sind manche Petitionen an den Bundesrat gegangen, dem Beschlüsse nicht zuzustimmen. Tine energischere Gegenaktion war damals nicht notwendig, weil bekannt war, daß derBundeSrat sich zu dem ReichStagsbeschlusse ablehnend verhalte. Auch wußte man, daß Se. Majestät der Kaiser entschieden gegen jede Aenderung des JesuitengeseheS sei. Erst Graf Bülow ist zu der Einsicht gekommen, daß die konfessionellen Verhältnisse eS gestatten, den Jesuiten freieren Spielraum zu geben. 4) Der Herr Reichskanzler hält es für das Gedeihen deS Deutschen Reiche- für nötig, den konfessionellen Frie den zu pflegen. Wir auch. Aber dann darf er die Hand nicht zur Freimachung jesuitischer Tätigkeit bieten. Der Orden Loyolas lebt vom Angriff gegen den Protestantismus. Sowie die Loyalsten da sind, müssen auch die Evangelischen KriegSrüstung anlegen. Der konfessionelle Krieg ist da. Graf Bülow erreicht durch sein Ein treten für die Jesuiten gerade da« Gegenteil von dem, was er zu erstreben behauptet. 5) Ich bin nicht in den Anfängen des Studiums der D i S- marckschen Kirchenpolitik stecken geblieben. Ich habe den Abschluß des Kulturfriedens al« ein unheilv olle S Ereignis bezeichnet; in der Art, wie die Staatsgewalt zum Frieden mit Rom kam, gab der Staat den Grundsatz auf, um dessentwillen der Kulturkampf geführt worden war. Die Art des Friedensschlusses war einFehlerderBiSmarck- schen Politik. Will der Herr Reichskanzler ein Schüler Bismarck- sein, so soll er nicht dessen Fehler fortsetzen. Von welchem Geiste Fürst BiSmarck beseelt war, daS bekundet vor allem auch die Rede, die er in Jena gehalten hat. Diese verdient di« Aufmerksamkeit de« Herrn Grafen Bülow. 5) Daß der Vorgang in Zwickau nicht vereinzelt ge» blieben ist, ist wohl nun offenbar. Ein tiefe« Miß» trauen gegen die jetzige Kirchenpolrtik Preußens geht durch das evangelische Volk; diese Politik verwirtschaftet die Freude am Reich in den Kreisen, die des Reiches beste Stühe sind. Um das Reich machen sich die Mittel- und Kleinstaaten verdient, die gegen die jesuitenfreundliche Politik des derzeitigen Herrn Reichskanzlers Stellung nehmen. Deutsches Reich. O. 8. Berlin, 19. März. (Sozialdemokra tisches Pulver für dteReichStagswahlcn.) Die Zahl der Beiträge, welche im Februar bei dem sozial- demokratischen Partetvorstand etngelaufensind, ist angesichts der Reichstagswahlen eine außerordentlich große. lieber- all, in Werkstätten, bet Vergnügungen und Festlichkeiten, haben die Genossen gesammelt, die rote Hochzeit und das Grabständchen haben der sozialdemokratischen Agitation und dem Sammeleifer dienen müssen. Der größte Posten von 40 000 ist von der „nordischen Wasserkante" ge kommen: eS ist der Ueberschuß des sozialdemokratischen »Hamburger Echo". Der sechste Berliner Wahlkreis sandte 4200 der dritte Hamburger 4000 vr. Leo Arons, A. Bebel, Paul Singer stellten sich mit je 50 ein, ein noch reicherer Herr, ein vr. R. K., der im Wahlkreise HetneS wohnt, spendete 100 ^t!. Aber das ist das Charakte ristischste in der Sammelliste noch nicht: aus dem AuS - lande kam schon ein« Anzahl Beiträge, und für den März sind noch viel mehr angeiündigt, vielleicht auch schon ein getroffen. Aus Bern trafen 50 ein; die unseres Wissens sehr kleine Cigarrenmacher-Unton Nr. SO in New Vovk sandte 418,50 für den deutschen Wahlkampf ein: die deutschen Flaschenmacher in Jumet, dem Dörfchen, wo seinerzeit, 1886, bei dem Riesenstreike in Belgien der Fana tismus den Feuevbrand ergriff und die Fabrik zerstörte, 52 Diese Beiträge zeigen, daß überall, wo „Genossen" wohnen, die deutschen RcichstagSwahlen ein lebhaftes Interesse erwecken. An „Pulver" wird eS also den sozial» demokratischen Führern im Wahlkampfe nicht fehlen. Ebensowenig an anderen Mitteln zur Agitation, denn überall, selbst in den weltverloreirsten Winkeln, ist eS der Partei gelungen, Radfahrer-Kolonnen zu organisieren, die in nächster Zett Wahlflussblätter verteilen werden. Gestützt auf diese Vorbereitungen, haben die sozialdemo. kratffchen Macher mehrfach di« Ueberzcugung ausgc- sprvchen, daß die Partei es auf 100 Sitze und 8 Millionen Stimmen bringen werde. Hoffentlich sorgen die bürger- lichen Parteien dafür, daß die Prophezeiungen zu Wasser werden: bis jetzt freilich ist von einer Tätigkeit der bürger- lichen Parteien, die mit der sozialdemokratischen sich messen könnte, noch wenig zu spüren. * Berlin, 20. Mär,. (Zum „Kulturkampf' des Bischofs Korum.) Au» kein jetzt vorliegenden steno- graphischen Worilaui« der Sitzung de« Abgeordneten. Hause« vom 13. März ist erst za ersehen, wie gering über, baupt die Beschwerden gewesen sind, welche die ultramontanev Heißsporne in Trier gegen da« paritätische Lehrerinnensrminar daselbst geltend zu macken babeu. Der Abg. DaSback der journalistische Adjutant de« Bisckof» Korum in' dieser wie in vielen aaverea Fragen, bat sich aus olgrnde vier Punkt« brsckränft: Zunächst hätte da» Seminar schon um deswillen katholisch sein müssen, weil der Regierung». 663 977 Aalhol len, 1kl 091 Plvlesianten und Ouden zahle. Dann sei ein «Handbuch evangelischer Pädagogik gebraucht wvrdeu, während DaSback sich am Tag, vor der Sitzung, also am 12. März, darüber unterrichtet hab», daß es auch Haudbückn ia der k-tbolischen Pädagogik gebe. Detter hätte ein Lehrer de» Schülerinnen da» Lese» S7. Jahrgang. de» Zolascken Roman» Lourde» empfohlen, und endlich batten aus zwei Ausflügen Lehrer mit den Schülerinnen getanzt. Den in der Presse verbreiteten Boiwuif, daß den Lchülermnen in der Kunstgeschichte Abbildungen von nackten Gestallen, insbesondere von der eine Zierde der vati- kanisckea Sammlungen bildenden Laokoon-Gruppe, gezeigt worden seien, Hal Herr Dasbach sich erfreulicher Weile ge- schämt, vorzubringro. Wie nichtig und unbegründet seme Aussetzungen sind, das bat m sehr knappen und recht schlagenden AuSsührungeu der Ministertaldiieftor Sckwarykopff vom Kultusministerium dargetan. Danach unterhält der Staat augenblicklich in Rheinland und West» falen fünf katholische Lehrerinnensemmare: in Linien, Saar burg, Koblenz, Münster und Paderborn. Ihnen steht riu einziges evangelische« gegenüber. Daneben ist im ganze» Rheinland die einzige Gelegenheit, die der Staat de» Evangelischen bietet, um junge Mädchen in ihrer Konfession zu Lebrerinnea auSbilden zu lassen, da- paritätische Lehrerinnenseminar in Trier. Weiter wie» der Regierung«- kommiffar nach, daß Herr DaSback die Begriffe „Hand buch der Pädagogik" und „Quellenbuch der pädagogischen Schriftsteller" einfach verwechselt hat. In Trier handelt eS sich um ein Quelleubucb, und von diesem ist nur ein einzige« erschienen, das rn Trier benutzte Ostermannsche. Da» die angebliche, vom Lehrer bestrittene Empfehlung d«S Zolaschen Roman» betrifft, so ist festgestellt worden, daß die Sache vor drei Jahren gespielt haben soll, und daß der Ledrer feit zwei Jahren nicht mehr an der Anstalt wirkt. Der Fall kommt also nicht mehr in Betracht. Auch die Tanzangelegenheit ist in jeder Hinsicht aufgeklärt. Der Direktor hat, um die Mädchen von dem Tanzen in den gemischten Kursen m der Stadt abzu ballen, in sehr vernünftiger Weise für die jungen Madchea einen eigenen Tanzkursu» eingerichtet. Bei Gelegenheit eine» SommerauSfluze» und zur Feier de» Tage«, an dem die Prüfung der jungen Mädchen im Seminar stattgesunden batte, haben die Seminaristinnen unter sich getanzt. Der Direktor m,t seiner Frau war zugegen. Daß bei dem Au flage auch die Lehrer mit den zungen Mädchen getanzt Haden, wurde im Abgeordnetenbause mit heiterem Bravo begrüßt und mit Recht. Wir entsinnen uv», so schreibt die „Köln. Zrg", an allerer Zeit, wo noch nicht der Korumrche Ge'fl dre katho lische Geistlichkeit beherrschte, daß bei Hochzeiten in Rdeia- land und Westfalen selbst ehrwürdige katholische Geist liche sich nicht für za gut hielten, um eine Betei ligung an der Polonaise und selbst hier und da sogar an Rundtanzen anzunehmen. DaS bat ihrem Aa seben und ihrer Würde niemals geschadet, im Gegenteil nur da» gute Verhältnis zwischen Piarrgeistlichkeit und Pfarr angehörigen gekräftigt und gefestigt. Heutzutage Hal freilich ein großer Teil der katholischen Geistlichen ganz andere welt liche Sorgen und Aufgaben, beute haben sie die Seelen ihrer Pfarrangebörigen vor der Berührung mit Ungläubigen zu bewahren, heule baden sie ihre Herbe in tunlichst viele kon fessionelle BereinShürden emzmprrren, um dadurch umsomehr ihre hierarchischen Machtgelüste fördern zu können, heute baden sie darauf zu achiea, daß selbst nach dem Tove die Katholiken noch streng von den Protestanten geschieden werde». D Berlin, 20. März. (Telegramm.) Der Kaiser be gab sich heute morgen um 8 Uhr 45 Minuten mit Souverzug von Potsdam hierher, um de« OssszierS-Reilstunden-Bestch- tigungen der hiesigen Kavallerie-Regimenter beiznwohuen. DaS Frühstück nahm der Kaiser bei dem Osfizlerkorps de« 1. Gaide-Ulanen-RegimevtS ein. — Der zweite Vizepräsident be« Reichstage«, Büsing, hatte für gestern abend die nationalliberale Fraktion des Reilds- »anes zu einem Diner noch dem Kaiserdof geladen. Außer fast sämtlichen Fraktion-Mitgliedern war auch der HandelSminisier Möller der Einladung gefolgt. Auch die Herren von brr Frei sinnigen Bereinigung deS Reichstage« fanden sich grsler» abend zu einem gemeinschaftlichen Diner im Kaiserhof zusammen. * Posen, 19. März. DieAffäreEndell ist nicht tot zu kriegen, dafür sorgt unfreiwillig Herr Endell schon selbst mit seinen Angriffen, die natürlich nicht un erwidert bleiben. Es wurde schon gemeldet, daß der an gegriffene Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Eberl sich zur Wehr setzt; das eigenartige Verhältnis dieses Herrn zu seinem früheren Kammerpräsidenten Endell wird aber erst jetzt durch Veröffentlichungen von anderer Seite so geschildert, daß man sich einen Begriff von ihm machen kann. In einer Zuschrift an das „Berl. Tgbl." heißt es: Als der landwirtschaftliche Zentralvcrein in die Landwirt schaftskammer überging, wurde auch das Organ des Vereins, das „Landwirtschaftliche Zentralblatt", von der Landwirtschaftskammer übernommen und fortan von Kammcrbeamten redigiert. Um dem Generalsekretär Eberl eine Nebeneinnahmc zu schaffen, ging auf Endells Veranlassung — Endell und Eberl waren intime Freunde — das „Zcntralblatt" in den persönlichen Besitz des Herrn Eberl über. Und jetzt begann wieder die eigentümliche Ver quickung zwischen „amtlich" und „privat", da» iogenannte „System Endell". Alsbald wurde in der Plenarsitzung der LandwirtschaftSkammer der Antrag gestellt, daß sämtliche der LandwirtschaftSkammer unterstellten Vereinezwangs weise im Verhältnis ihrer Mitgliederzahl auf daS „Zentral blatt" abonnieren sollten. Ferner erließ der Kammervorsitzende Endell ein Edikt an sämtliche wissenschaftlich gebil deten Beamten der Landwirtschaftskammer, der landwirtschaftlichen Versuchsstation und sonstiger von der Kammer subventionierter Institute, daß sie in bestimmten Zwischenräumen für da« „Landw. Zentralblatt' Original artikel zu liefern hätten — selbstverständlich ohne Ho norar. Die redaktionellen Arbeiten blieben nach wie vor in den Händen von Kammerbeamten. Die Kassengeschäfte für das .Zentralblatt' verwaltete der Kassenrendant der Land« wirtschaftskammer. di« redaktionelle Tätigkeit wurde einem Kammerassistenten übertragen. Während der Dienststun den der LandwirtschaftSkammer wurden di« Ge- schäfte de» „ZentralblatteS" erledigt; di« betreffenden Kam«
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