01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030330019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903033001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903033001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-03
- Tag1903-03-30
- Monat1903-03
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BezugS-PreiS i» der Hauptexpeditton oder deren Ausgabe stellen obgekolt. vierteljährlich ^»3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau« ^l 8.78. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.80, für die übrigen Länder laut ZeitungSpretSllste. Redaktion und Expedition: Ivhanniögaffe 8. Fernsprecher 183 und L22. Filtalevprditionrn r Alfred Hahn, Buchhandlg., Universitätsstr. 3, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. köntgSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Serlin: Earl Duncker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg.» Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt Vl Nr. 4803. Nr. 161. Morgen-Ausgabe. KipMtr TllgMall Anzeiger. Ämtsvlatt des königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen «Preis die «gespaltene Petitzeile LS Reklamen unter dem RedaktionSstrtch (4gespalleu) 78 H, vor deu Familieuuach- richten (6 gespalten) 80 Tabellarischer uud Ztfferusatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Offerteuaunahme S8 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-Au-gabe, ohue Postbesörderuu, SO.—, mtt PostbesSrderuug ^l 70.—» Itavahmrschlnß für Anzeigen: Abeird-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgea-LuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeige» Pud stets an di- Expedition zu richteu. Die Grpedttton ist Wochentag« »nuuterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abeud« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol« tu Laipzig. Montag den 30. März 1903. S7. Jahrgang. Amtlicher Teil. Ausschreibung. Die WastwirtschaftS- und Gasthofs-Räumlichkeiten in, hiesigen städtische» Vieh- Illid Läilachtliosc, zu denen d e Woh nung sür den Pächter, ein Äartengebäude mit Garten, ein Remisen gebäude, ein AusspannuNgShos mit einem Stallgebäude usw. ge hören, sollen vom 1. Jul, dieses Jahres ab aus 10 hintereinander folgende Jahre an den Meistbietenden verpachtet werden. Die Pachibedingungen und das Verzeichnis der zur Verpachtung kommenden Räumlichkeiten und Gcbäude können bei der Verwaltung des Vieh- und Schlachlhofes, Altenburger Straße Nat. Nr. 356, während der Geschäftsstunden etngesehen oder gegen Zahlung von 1 >ll entnommen werden. Ebenso liegt daselbst da« Verzeichnis der AusstattungSgegenstände zur Einsichtnahme auS. Die Verwaltung LeS Vieh- und Schlachthofes wird auch den Bewerbern während der Geschäftsstunden weiter gewünschte Aus künfte erteilen und, soweit es angängig ist, die Besichtigung der Pachträumlichkeiten herbeisühren. Die Gebote sind an den Rat der Stadt Leipzig zu richten und verschlossen, sowie mit der Aufschrift „Gastwirtschaft im Vieh- unv Lchlachthos" versehe» bis tum 15. April LOO» nachmittag« 4 Uhr bei der Nuntiatur im Rathaus, l. Obergeschoß, einzuretchen. Wir behalten uns die Auswahl unter den Bewerbern und über haupt jede Entschließung vor. Leipzig, am 27. März 1903. loS. 885. Ter Rat der Stadt Leipzig. —I)r. Tröndlin. Winzer. Auktion. Montag, den 30. März, nachmittags 3 Uhr, soll Tauchaer Stratze 10-21 div. Restaurations-Inventar als: 1 Bierapparat mit Wasserdruck, 1 eiserner Kochherd, Rrstauratious Ttschc u. Stühle, div. Mobiliargegenstände re. öffentlich meistbietend versteigert werden. kraule«, Lokalrickter. Konkurs-Auktion? Markt 13 (Stieglitze ns Hof). Dienstag, den 31. März, von vormittag» 10 Uhr an, sollen zum Schluß nachfolgende'Gegenstände, als: 1 zweileit. Bierapparat m. Wasserdruckapparat, 1 Eisschrank- 1 Kochherd, 1 gr. Anrichte, mehrere große Wirtschaftsschränke und Regale, 1 gr. Fleischlose!, 2 Bogenlampen, 1 Veranda, gaseinrichtung, I Säugpumpe, sowie 3000 Stück Bierflaschen und 1000 Stück Wein- und Likörflaschen öffentlich gegen sofortige Barzahlung versteigert werden. lSvdnmsebmlät, Lokalrichter. Wiederholte Nachrichten. Aus dem gestrigen Sonntagsblatte wiederholt, weil zu spät eingetroffen, um auch in dem frühzeitig nach aus wärts versendeten Teile der Auflage Aufnahme finden zu können. * München, 28. März, lTelegramm.) Heute nach mittag fand im Rat Hause eine Sitzung des Ge- samtvorstandes des deutschen Flottenver eins statt. Bürgermeister Porscht-München begrüßte die Versammlung, worauf der Präsident des Flottenvereins, Fürst Salm-Horstmar, für die glänzende Aufnahme in München dankte. General Menges entwarf ein erfreu liches Bild über die Lage des Vereins. General .(keim sprach über die Ausgaben sür die nächste Zukunft und be tonte, daß die Aufklärungsarbeit des Flottcnvcrcins an gesichts der fortschreitenden Flottenrüstungen des Aus landes mehr als je geboten sei. Der Münchner Universi tätsprofessor Frhr. v. Stengel sprach über die nationale Bedeutung des Flottenvereins, dessen Ziele sich aus dem Parteigctriebe heranshöben. Es folgten noch einige weitere Referate. * Haag, 28. März. (Telegramm.) Die Regie rung beantwortete nunmehr den Bericht der Kommissionen in der Kammer, betreffend die Gesetzentwürfe, die sich mit den Ausständen beschäftigen. Danach hält die Regierung den Grundsatz und die Endziele der Entwürfe aufrecht. Der Berlust der politischen Rechte soll jedoch fortfallcn. Die Dienstvorschriften für die Eisenbahnangestellten sollen fortfallen. * Nom, 28. März. (Telegramm.) Kammer. Auf eine Anfrage bezüglich des in Neapel ver hafteten russischen Staatsangehörigen Goetz erwidert Unterstaatssekretär dcö Innern Rou- chetti: Goetz traf am 17. Mürz mit Familie in Neapel ein. Auf Anordnung des Ministers des Innern sei bei Goetz eine Haussuchung vorgenommcn worden, der die Verhaftung des Goetz folgte. Die Anordnung des Ministers des Innern ist aus Gründen der öffentlichen Ordnung ergangen. Nach dem Gesetz über die öffentliche Sicherheit ist die Haussuchung und Verhaftung vollkom men zu Recht erfolgt. Die Haussuchung und Verhaftung erfolgte in alleiniger Gegenwart des russischen Vizekvn- fuls, dessen Anwesenheit nötig war, um die Identität des Verhafteten festzustellen. Der russische Vizekonsul nahm in keiner Weise an der Haussuchung teil und erhielt von keinem der beschlagnahmten Papiere Kenntnis. Die Ne gierung wollte Goetz ausweisen, aber die russische Regie rung beantragte die Auslieferung, weil er der Teilnahme an der Ermordung Ssipjagins beschuldigt wird. Ueber diesen Antrag wird vom Gericht die Entscheidung getroffen werden. Der Minister des Innern, Gtolitti, führte noch aus: Die ganze Angelegenheit sei aufgebauscht. Goetz sei ein gefährlicher Mensch, und die Regierung habe die Pflicht, gefährliche Ausländer zu überwachen. Die beschlagnahmten Papiere sah niemand: sie würden von ihm — dem Minister — selbst verwahrt. Er glaube, daß die Papiere keinen Beweis für die Schuld des Verhaf teten enthalten. Sollte das Verbrechen, dessen Goetz be schuldigt wirb, politischen Charakters sein, werde die Aus lieferung nicht stattfindcn. Der Minister schließt mit der Erklärung, seine Politik habe keine Aendernng erfahren. (Sehr gut!) Der Zwischenfall ist damit erledigt. * Tauanarivo, 28. März. (Telegramm.) Gin heftiger Wirbelsturm verwüstete mehrere am Meere gelegene Städte auf Madagaskar. Der an- gepichtete Schade» ist erheblich. Menschen sind nicht um gekommen. Letzte Nachrichten. * Berlin, 29. März. Ueber den Unfall der Kaiserin erfährt der „Bert. Lok.-Anz." noch folgen des: Das Kaiscrpaar hatte mit dem Prinzen Adalbert, der augenblicklich seine Examenferien hier verlebt, und mit Gefolge einen Spazierritt nach dem Grünewald unter nommen. Die Herrschaften wollten sich nach Besichtigung des Kaiser Wilhelm-Turmes nach Schloß Grünewald be geben, wo das Frühstück bereit war. Später gedachten sie in Wagen nach Berlin zurückzukehren. Unweit der Lau bucht ereignete sich der Unfall, bei dem die Kaiserin die Verletzung erlitt. Das Pferd, das die hohe Frau ritt, war durchaus ruhig, es stolperte aber über eine Wurzel und glitt dann mit dem Huf so stark aus, daß die Vorder hand sich bis zur Erde beugte. Die Kaiserin glitt nun mit nicht allzu großer Gemalt zur Erde. — Ferner wird berichtet: Die Kaiserin wird voraussichtlich am nächsten Mittwoch nach Schloß Bellevue übersiedeln. Die Räume im Berliner Schlosse, der rege Verkehr im Schloßhvfe und auf der Straße sind für die ruhebedürfftige Patientin nicht sehr geeignet. Das Schloß Bellevue hingegen bietet die Annehmlichkeit des Komforts und des schönen Parks, der im Frühlingsschmucke doppelt reizvoll erscheint. Bon dem Oberhofmarfchallamt wurden die Räume bereits be sichtigt. Die Kaiserin wird den Südflügel bewohnen und von dem jüngsten Prinzen nnd der Prinzessin begleitet sein. Die Uebersiedclung wäre vielleicht schon erfolgt, wenn nicht noch einige Anordnungen im Bellevue zu treffen gewesen wären. Zunächst war die Ueberstcbelung in das Neue Palais in Erwägung gezogen worden. Allein durch den Bau eines Fahrstuhls herrscht dort zur Zeit eine solche Unruhe, daß hiervon Abstand genommen iverden mußte. An der Reise nach Italien im Mai dürfte die Kaiserin sicher teilnehmen, wenigstens verlautet, daß die dahin ihre vollständige Genesung erwartet werbe. — Der jetzige Unfall ist der dritte, den die Kaiserin erlitten hat. Am 18. Juli 1899 glitt sie in der Nähe von Berchtesgaden auf dem Waldwege nach der „EiSkapelle" bei St. Bar- tholomä am Königssee aus und zog sich neben einer Ver stauchung des rechten Fußgelenkes einen Wadenbeinbruch zu. Sic ward damals von Hessing behandelt. Am 12. August v. I. verstauchte sie sich in Kabinen -en Fuß. * Berlin, 29. März. Zu den Erörterungen über den Termin der Neuwahlen zum Reichstage schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.": Mtt dem Ferienbcginn des Reichstages ist zugleich der Termin für die Neu wahlen bekannt gegeben worden, gleichzeitig mit der Weisung an die Behörden, mit den Wahlvorbereitungen ungesämnt vorzugehen. Die Festsetzung des Termins hat auch den weiteren Erörterungen über die Dauer der Legislaturperiode ein Ende gemacht. Es ist karrm ein Zweifel darüber, daß die Legislaturperiode mit dem Wahltage als dem Geburtstage des jedesmaligen Reichs tages beginnt. Will man also nicht ein Bakmnn schaffen, so darf der Wahltermin niemals auf ein späteres Datum anberaumt werden, als das vorherige war. Der An beraumung der Wahl auf einen früheren Termin als der vorige würde, um zu vermeiden, daß eine Zeitlang zwei gewählte Reichstage vorhanden sind, die Auflösung des vorigen Reichstags vorauszugehen haben. Die verbünde ten Negierungen haben durch Anberaumung der Wahl auf den 16. Juni den einfachsten nnd natürlichsten Ausweg getroffen. Die Behauptung des „Vorwärts", als Wahl tag sei der 17. Mai in Aussicht genommen, ist also nicht stichhaltig. Als Ausgaben der kommenden Legislatur periode zählt das offiziöse Blatt heute schon die Lösung der folgenden Kardinalfragen: „Erneuerung der Handels verträge, Armeevorlage infolge Ablaufs deS Quingucnats, Gesetz über die A u s l a n d s f l ot t c, o st - afrikanische Zentralbahn, die Reichs fi n a n z r e f o r m dürfte sich dazugcsellcn." * Berlin, 29. März. Eine kaiserliche Ver ordnung vom 28. März 1903 setzt den Termin für die Neuwahlen zum Reichstag auf den 16. Juni fest. * Berlin, 29. Mürz. Der Rücktritt des Kriegs ministers v. G o ß l e r wird schon wieder einmal gemeldet: wie es heißt, soll er mit dem kommandierenden General des 1. Armeekorps, Frhrn. v. d. Goltz, den Posten tauschcn. * Berlin, 29. März. Dem „B. T." wird gemeldet, daß gegenwärtig Erhebungen darüber veranstaltet werden, um zu ermitteln welchen finanziellen Erfolg eine ge plante Erhöhung -er Brau st euer nach dem Ent- wurf von 1892 haben würbe. * Berlin, 29. März. Zur gestrigen Frühstück-tafel bei dem Kaiser war geladen der Stellvertreter de- Chefs deS Marinekabinetts Korvettenkapitän v. Krosigk. Nach mittags unternahm der Kaiser einen Svaztcrrttt und folgte abends einer Einladung zum Diner beim K. K. Oesterreichisch«Ungarischen Botschafter ». Szögyeny- Marich. * Berlin, 29. März. Der heutige Krankheitsbericht über das Befinden der Kaiserin lautet: Nach guter Nacht läßt da- allgemeine Befinden nichts zu wünschen übrig. Oertliche Schwellungen und Schmerzen fehlen, gez. v. Bergmann. Zuncker. * Hamburg, 29. März. Prinz Heinrich nahm gestern abend an dem Festesten deS Norddeutschen Regatta vereins teil und fuhr alsdann nach Kiel zurück. L. Königsberg, i. Pr., 29. März. (Privattele- gramm.) Eine hier lebende Oberstleutnants- w t tw e hat in einem Anfalle von Schwermut sich und ihren beiden Töchtern im Alter von zehn und sieben Jahren mit einem Mester die Kehlen durch geschnitten. * Pest, 29. März. Zu Ehren der Mitglieder der Kossuthpartei wurde gestern abend von den Stu. denten einFackelzug veranstaltet. Kostuth und andere Abgeordnete hielten Ansprachen. * Paris, 29. März. In der Sitzung von gestern Abend hielt der Senat die von der Kammer festgesetzten Petro leum-Abgaben aufrecht. Die Beratung des Budgets wird heute früh fortgesetzt. * Paris, 29. März. Der Senat erledigte, nach dem er auch nachmittags eine Sitzung abgehalten hatte, die Budgetbcratung. DaS Budget ging alSdann der Deputiertenkavnner zu, welche sich zu diesem Zwecke ver sammelt hatte. Die Kammer wird jedoch erst morgen über die vom Senat am Budget vorgenommeneu zahlreichen Abänderungen beraten. * Cherbourg, 29. März. Das Unterseeboot „Nar va!" stieß hcute mit dem Schlepper der Marinebauver- waliung „Navette" zusammen. Letzterer sank, die Mannschaft wurde gerettet. * Neapel, 29. März. Der deutsche Reichskanzler Graf v. Bülow ist heute hier etngetroffen und nach Sorrent wcttergcreist. * Petersburg, 29. März. Der „St. Petersburger Herold" schreibt an der Spitze des BlatteS: Der Un fall der deutschen Kaiserin ruft auch tri unserem Baterlande die allgemeinste Teilnahme hervor. Wir wissen unS eins mtt allen unseren Lesern in dem Wunsche, daß die Genesung der hohen Frau, die durch ihr selbstaufvpferndcs edles Wesen das leuchtende Vor bild des deutsche» Weibes ist, bald eintreten möge, sowie daß ihr, deren erhabene Lebensaufgabe das Stillen fremden Schmerzes ist, die Schmerzen eines längeren Krankenlagers erspart bleiben. * Bukarest, 29. März. Die Tagung deS Parla ments ist bis zum nächsten Sonnabend verlängert worben. * Sofia, 29. März. Die Bemühungen GeschowS, ein Kabinett zu bilden, sind bisher ohne Erfolg geblieben. Vielfach wird behauptet, daß ein koaliertes GeschäftSkabinett wahrscheinlich sei. Es verlautet, Paprikow befinde sich nicht auf der Liste, sondern Sawow. Das werde als Konzession Feuilletdn. Ein Mustermufikant. Kulturgeschichtliche Plauderei von Or. R. Krauß e. Im Jahre 1764 zog in der damals noch recht kleinen Residenz de- kunstsinnigen Fürsten Franz von Anhalt- Dessau, ein Künstler ein, Flötist seines Zeichens, Vsriusux cks la musiquo cio 8a Äasestä Io Roi cio krasse, ein kleiner, aber gut gewachsener Mann von etwa 30 Jahxen, mit schwarzem Haar und feurigem Auge, „mit großer, schön geformter Nase", ein Weltmann von den feinsten Manieren, gewandt und dienstfertig, munter und witzig, wie wenige, und — unbeweibt. Kein Wunder, daß besagter Flötist, wohlbestallter Kammer musikus Seiner Hvchfürstlichen Durchlaucht, alsbald der Liebling der Damenwelt ward, daß er bei Hofe und in der vornehmen Gesellschaft als gern gesehener Gast ver kehrte — zu derselben Zeit etwa, da ein Mozart bet Sr. Erzbischöflichen Gnaden unter der Dienerschaft rangierte. Georg Wilhelm Kottowsky, so hieß das Glückskind, war allerdings ein Künstler von be deutendem Rufe. Am 16. Mai 1735 zu Berlin geboren, war er in jungen Jahren der Schüler und bald der Lieblingsschüler des großen Flötenvirtuosen I. I. Quantz geworden. Erfolgreiche Konzertreisen in Deutschland, England und Frankreich hatten seinen künstlerischen Ruhm begründet und ihm die, wie ihm einer seiner Mäcenc schreibt, „angenehme Stellung" in Dessau ver- schasst. Nicht wenig zu seiner großen Beliebtheit trug seine vielseitige Bildung bei, die er besonders seinen aus gedehnten Kunstreisen verdanken mochte. Er sprach und schrieb, wenn auch nicht korrekt, so doch leicht und fließend Deutsch, Französisch, Englisch und Italienisch, war in der Literatur wohlbewandert und hatte einen offenen Sinn für alle Fragen der Zeit. Es nimmt uns daher nicht Wunder, daß der Fürst diesem klugen und vielgewandten Manu wiederholt gesellschaftliche unv andere Aufträge zuertciltc, namentlich bei Gelegenheit einer Reise nach Italien, auf welcher ihn der Kammer- musikuS begleitete, nicht selten selbst den Reisewagen mit ihm teilend. Die Korrespondenz Kvttowskys, welche das Herzoglich Anhaltische Haus- uud Staatsarchiv auf bewahrt, und woraus mein Gewährsmann Wilhelm Hosacus (in einer Monographie über Rust und das Dessauer Musikleben) geschöpft hat, gibt einige ergötzliche Proben von der Art jener Aufträge. Bald soll der Aller weltskerl von einem Kammermusiker Fenchelsamcn be sorgen: „es muß aber von dem Fenchel sein, den mau, wie Sie öfters gesehen haben, als Sellerie mtt Salz ist". In Tirol muß er Lärchensamcn und in der Gegend von Augsburg Samen von einer Art Tanne zu kaufen suchen, so man bei unS Silbertanne nennet". Auch andere Arten von Baumsamcn, „von solchen, die bcy uns nicht gemein seyn", wo er ihn nur findet, stellt er ihm anheim, nach Gutdünken zu erwerben. Als er dann mit dem Fürstlich Anhalttschcn Musikdirektor Fr. Wilhelm Rust nnd einem Dritten, die, wie er, auf Kosten de« Fürsten die Reise nach Italien mitgcmacht hatten, die Rückreise nach Dessau antrat, da war er eS, der als der Geübteste und Zuverlässigste die Reisegeschäfte besorgt. Wie seinem fürstlichen Herrn, so zeigte er sich auch seinen Freunden und Beamten gegenüber allzeit dienst fertig. PH. Em. Bach, der sogenannte Hamburger Bach, will einen Dessauer Altisten engagieren. Er wendet sich an Kottowsky: „Seyn Sie doch so gütig und bitten ihn in meinem Nahmen, daß er sich für Ihnen hören läßt und berichten mir, wie alt er ist, ob seine Stimme gut ist, ob er ein Falset hat, ob er gut trifft, ob er eine gute Singc-Art hat uud ob er sich gut aufführet.^ Ein anderer braucht ein Flötcnsolo, ein Dritter die Kopie einer Operette. Fast unglaublich ist's, so heißt es bei oben genanntem Hosaeus, mit wie desparaten Aufträgen man sich an ihn wandte und wie er sich mit den verschieden artigsten abzufinden wußte. War in Köthen eine Weibs person wegen Diebstahls zu Zuchthaus verurteilt, fragte die Köthener Regierung bet Kottowsky an, was die Unterbringung im Dessauer Zuchthaus koste. Konnte sich Herr v. Veltheim nicht auf die kontraktlichen Stipu lationen mit seinem Koch besinnen, mußte Kottowsky seinem Gedächtnis aufhelfen. Brauchten die Damen der Umgegend Gouvernanten, Bonnen, Friseure, Kammer jungfern, Ballroben, amüsante Lektüre, Zitronen, Nüsse und dergleichen, Kottowsky besorgte alles. Wollte jemand wissen, wie eS mit dem Philanthropin stehe, warum Campe heimlich „decampiert" sei, wo man am besten Pferde cnglisieren lasse (unser Musikus war auch ein flotter Reiter), wann der Marstall des verstorbenen Fürsten Dietrich verkauft werde, wie man am besten an Se. Majestät den König von Preußen oder an Se. hochfürst liche Durchlaucht von Dessau gelange — Kottowsky wußte alles, beantwortete alles aufs verbindlichste. Er war in der Tat das Faktotum aller Welt, nicht bloß der schönen und vornehmen Welt in und um Dessau, allen Barbieren zum Trotz. Selbst der von Sevilla hätte sich mit ihm kaum zu messen vermocht. Doch niemals hat er feine Vertrauensstellung gemißbraucht, niemals über den Strang geschlagen, und, was mir das Merkwürdigste scheint, bei alledem seine Kunst nicht vernachlässigt. Er füllte sein Amt alS Kammermusik»- in wünschens wertester Weise aus. Ja, er fand noch Zeit zur Mit wirkung in allerhand theatralischen Aufführungen, wie sie bet besonderen Gelegenheiten im Schlöffe und lange Jahre hindurch bei der Dessauer Theatergesellschaft in Uebung waren, als Länger und als Schauspieler, freilich nicht häufig und meist in untergeordneten Rollen. Es wird nicht viel gute Musikanten geben, die sich mit unserem Kottowsky an Vielseitigkeit vergleichen könnten. Darum habe ich ihn aus dem Dunkel der Bücherschränke hier gebllhreiid ins Licht gerückt zu Nutz und Frommen aller Jünger und Liebhaber der holden Kunst — nur um Gotteswillcn nicht zur Nachahmung. Es möchte ihnen am Ende gehen wie jenem, der im Leben so viele gute Tage gesehen, nach seinem Tode. Eine fürchterliche eitatio «iiotalis in den Dessauer „Wöchentlichen öffentlichen Nachrichten" vom 25. Juni 1791 breitet sich über seinen Nachlaß auS und sucht den Erben. Von dieser sei ein Stück al- Probe des sprach mörderischen juristischen Stiles jener Tage hier angefügt: „Demnach der gewesene hiesige Fürst!. Kammermustkuö, George Wilhelm Kottowsky, so viel bekannt, »d intvatato verstorben ist, und sich zu dessen nicht beträchtlichem in ckvpogitn befindlichen Nachlasse, nachdem dessen Schwester, die Frau Majorin Friderique Burdett, geb. Kottowsky, zu öarlsrntt«, ihre Ansprüche daran an ihre noch lebenden Geschwister abgetreten hat, niemand weiter als besten sich angegebener zu Eilenburg lebender Bruder, Meister Johann Christian Kottowsky, gemeldet, so werden alle diejenigen, welche mit dem sich gemeldeten ein gleiche- oder sonst ein Recht ober eiiwn Anspruch vx quoounqu« oapit« an besagten Nachlaß zu haben ver meinen, hiermit «iictalitsr sx psrvmtorio nud poon» psrpstu! oilontii, auch bei Berlust der r«ttituiio in intogrum geladen, sich entweder den Afften August, oder den 8ten Oktober, oder den Afften November a. o. auf Fürsts. Kanzlei allhier zu rechter Frühe zu melden rc.- (Der Satz ist noch lange nicht zu Endel) — Möge dem Un glücklichen die Erde leichter gewesen sein, al- diese- schwerfällige Nachruf von Recht- wegen.
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