01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030304013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903030401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903030401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Anzeigen-Preis die Sgripalteue PelUzeüe üb Netto««» »ut« d«, Nedaktto^strtch (8,«spellt«) 78 «or d« Famw«ä«ch. richt« (Sgefpaltm) 80 Vabellartscher and Hifferofatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisung« and Offerteuamrayia« »8 H (exrl. Porto). Grtra-Veilagra (gesalzt), ,»r «tt der Mora«'Aosgab«, »ho« Postbes»rd«nwg 80.—mit Postbesürdavalg »Äl 10^^ Aunahmeschluß für IlMi-nn U»«»d-A»iaab«r M>t«lNag« U» Sh« Morg«»-Aa»gab«r NacharMag» 4 Uhr. Anzeig« find st«W « di« Expadttion g» richt«» Di« itzpedittoa ist wochrutog« ummtervroch«, geöffnet o«, früh S bN abend» ff Uhr. Druck und Anlag von E, -al, l» Lestqig. Nr. M. 97. Jahrgang. Mittwoch den 4. März 1903» Staatliche Penfionsverficherung. Wir haben bereits gemeldit, daß am 1. März die Ver treter von achtzehn Verbänden von Angestellten in Berlin versammelt waren, um in Sachen einer staatlichen Pensions versicherung Weitere Beschlüsse zu fassen und überhaupt einen Arbeitsplan ju besprechen, nach dem der Ausschuß dieser Bereinigung stin weiteres Vorgehen einrichten soll. Die Frage einer PensionSversichrrung der Privatangestellten ist alt, die Gründung zahlreicher PensionSkassen und die Be teiligung an ihnen zeigt, daß Bedürfnis für die Sicherung der Zukunft der eigenen Person und der Witwen und Waisen vorhanden ist, und zeigt ferner, daß man diesem Bedürfnis nur in recht verschwindendem Maße entgegenlommt. Daß in dieser Frage mit einer großen Portion Lauheit und Un verstand zu kämpfen ist, ist leider eine offenkundige Tatsache. Indessen diese Indolenz hat zwar den Zugang zu den Kaffen gehemmt, sie ist jedoch glücklicherweise nicht groß genug gewesen, um lebensfähige Rentrnkaffen zu verhindern. Infolge deS neuen VersicherungSgesrtzeS sind viele Kassen demVersicherungSamte für Privatversicherung unterstelltworden und diese- hat denn auch, da eS durch seine Genehmigung der Kaffen eine gewisse Verantwortung übernimmt, die Statuten der bestehenden Kaffen einer sehr genauen Prüfung unter zogen. Diese Prüfung erstreckt sich nicht nur auf den Inhalt der Statuten, sondern insbesondere auch auf die Verpflich tungen der Kaffen ihren Mitgliedern gegenüber und darauf, ob die Zusammensetzung der Mitglieder und deS Vermögens der Kaffe eine dauernde Gewähr für die Auszahlung der ent sprechenden Renten giebt. Nicht alle Versicherungskaffen haben diese Gewähr übernommen, sondern einen PaffuS in ihre Statuten eiugefügt, der sie nicht mehr als Versicherung-- kaffen i« strengen Sinne, sondern nur al« UnterstützungS- kaffeu kennzeichnet. Wie scharf diese Prüfung seitens de» Amte« gewesen ist, geht darau- hervor, daß unseres Wissen den allen Renten- und Pension-kaffen der verschiedenen deutsche« Verbände aller Art Privatangestellter bisher nur die Alters- und Invalidenkaffe de- Verbandes Deutscher HandlungSgehülfen genehmigt wurde und die Genehmigung seiner Witwenkaffe nach verschiedenen vom Amte geforderten Satzungsänderungen dieser Tage zu erwarten ist. Ma« ersieht hieraus, daß nicht nur die Lauheit der Glieder eines Standes, sondern auch die scharfe Kontrolle de- Aussichtsamtes die Gründung einer Pensionskaffe sehr erschwert. Unter solchen Umständen muß die Forderung einer staatlichen Pensionskasse für die Privatangestellten immer mehr Beachtung finden, und man wird dem in Berlin ge wählten Ausschuß und seinen Arbeiten gewiß reges Interesse entgegenbriugen. Bei der staatlichen Pensionsversicherung handelt eS sich in erster Linie um eine PeusionS pflicht und um die Auf bringung der Kosten einer ausreichenden Versicherung nicht allein durch die Versicherten. Man ist daher in zwei Forde rungen einig: 1) durch Reichsgesetz wird eine Versicherungspflicht für Alter, Invalidität, Wittwen und Waisen der Privatangestellten, gleichviel mit welchem Einkommen, festgesetzt, 2) zu den Steuern trägt der Arbeitgeber, Prinzipal, einen Teil (die Hälfte oder ein Drittel) bei. Darüber, ob das Reich einen Zuschuß, wie jetzt bei dem Invalidengesetz für die Versicherten mit Einkommen bis zu 2000 gewähren soll, oder ob eS durch die unentgeltliche Verwaltung der Renteuanstalt dieser die bedeutenden Organisa tionskosten abnimmt, besteht noch Meinungsverschiedenheit. Die letztere Frage ist zwar nicht bedeutungslos, indessen fallt sie vorläufig nicht inS Gewicht. Sie muß unerledigt bleiben, bis die Bewegung unter den Privatangestellten stark genug ist, einen Druck auf di« Reichsregierung und den Reichstag in dieser Hinsicht auSzuüben. Vorläufig ist an eine andere als abwägende Stellung dieser beiden Faktoren nicht zu denken. Man begegnet in den Kreisen der Regierung diesen Be strebungen der Privatangestellten mit Kühle und Reserve, wie ja auch au« den Worten deS Staatssekretärs des Innern, Grafen PosadowSky, hervorgeht, der in der Sitzung de» Reichstags vom 9. Februar äußerte: »Die Invaliden versicherung der Privatbeamten ist ja bereits geregelt. Die unter 2000 Einkommen find zwangsversichert, die andern können sich freiwillig versichern." WaS hier der Herr Staatssekretär aussprach, da» zeugt doch von einer falschen Auffassung der ganzen Sachlage. Gewiß befindet sich unter den jetzt nach dem Invalideogesetze Berflcherung»pflichti-rn schon eine ganze Anzahl Privat angestellter, so wett man al» eine solche Kategorie die auf Grund der Bestimmungen de» Handelsgesetzbuches und de» 8 K22 de» Bürgerlichen Gesetzbuch» Angestellten im Gegen sätze zu den nach der Gewerbeordnung beschäftigten Arbeitern bezeichnen kann; allein diese Anzahl umfaßt eben nur die jenigen, die bi» zu 2000 Gehalt erhalten, und die ganz wenigen freiwillig (zugelassen bi» zu 3000 Einkommen) versichert«; dagegen ist dir große Menge aller anderen höher besoldeten Angestellten auSgeschwfleu. Für diese ist jedoch «ine ausreichende Pension-Versicherung ebenfalls eine dringende Notwendigkeit. Im Reichsamte deS Innern, wo einige Herren Vertreter jener zusammengetretenen Verbände eine Besprechung hatten, um sich über die Stim mung daselbst zu der Frage zu vergewissern, scheint man von der Notwendigkeit freilich nicht überzeugt zu sein. Unter den drei Fragen, die man jenen Herren behufs Prüfung der staatlichen Pensionsversicherung vorlegte, befand sich auch die nach der Bedürftigkeit, und man gab den Herren den Rat, durch ein« statistische Befragung ihrer Mitglieder sich über die BedUrfnisfrage klar zu werden und in dieser Hinsicht dem ReichSamte deS Innern Material zu unterbreiten. Dieser Rat erregte in der Versammlung am 1. März Befremden, und er läßt jedenfalls die Bereitwilligkeit des Reichsamts, der staatlichen Pensionsversicherung selbst näher zu treten, nicht als groß erscheinen. Wir meinen, daß die Notwendig, leit einer solchen Versickerung klar auf der Hand liege und daß eine Befragung wahrscheinlich sehr mangelhaft aus- fallen würde, da nicht jeder gern seine geheimsten Vermögens verhältnisse, die Festigkeit seiner Stellung, die Fähig keit seiner Frau, sich als Witwe fortzuhelfen, usw. kundgeben wird. Au-schlaggebrnd sind hier die große Be geisterung, welche die Bestrebungen nach einer staatlichen Pension-versicherung überall in den beteiligten Kreisen gc- weckt haben, die anerkannte Pflicht de« Reichs, der Einzel- staaten und der Gemeinden, ihren Beamten und deren Witwen und Waisen Pension zu gewähren, und die Beispiele, die uns alle Tage vor Augen kommen, au- denen wir die schlimme Lage aller Privatangestellten, gleichviel welchen Be ruf-, und ihrer Witwen erfahren können. Bei der Zunahme der Großbetriebe und der Zunahme der Angestellten gegen über den Selbständigen überhaupt (1888: 307 268 Angestellte in Handel, Industrie und Landwirtschaft, 1895: 621 825>, bei der großen Schwierigkeit, angesicht- der pekuniären An forderungen an den Stand, die Lebenshaltung der Familien, die Bildung der Kinder usw. für eine Sicherung der Zukunft genügende, ja überhaupt nur Mittel zurückzulegen, liegt die Notwendigkeit einer Pension-Versicherung auf der Hand und ein „statistischer Nachweis" de« Bedürfnisses ist kaum nötig. Gewiß ist die Organisation dieser Versicherung ein große« Werk und r» bedarf dazu großer Mühe und Arbeit, allein das kann und darf die Regierung nicht ab halten, der Sache selbst naher zu treten. Man hat gemeint, da der Stand der Privatangestellten sich zum Mittelstand rechne und an und für sich reichstreu sei, so könne die Regierung die Angelegenheit als wenig brennend ansehen; allein wir finden, daß dies kein Grund sein könne, der Sache selbst eine nur spontane Beachtung zu schenken. Rühren sich doch schon die kleineren selbstständigen Kaufleute und Gewerbetreibenden, um auch ihrerseits eine solche Versicherung zu erlangen. Auch die andere Frage, welche die Räte im ReichSamte den anfragenden Herren vorlegten; wer falle unter den Begriff Privatangestellter und wie wäre eS möglich, die jetzt schon versicherten Privatangestellten aus der bestehenden Invalidenversicherung herauszuziehen, scheint, weil an Privat personen gerichtet, denen die Kenntnis deS amtlichen Materials, die Verwaltung-Praxis und die ganze amtliche Erfahrung abgeht, eher auf eine Erschwerung al» auf eine Erleichterung des in Rede stehenden Projektes hinzudeuten. Das ist indessen ohne Belang. Auch in der Regierung wechseln Meinungen und Ansichten, und eS ist keineswegs ausgeschlossen, daß, wenn die Bewegung unter den Privatangestellten mehr anschwillt, sie eine freundlichere Beachtung in Berlin erfährt. Daß eS, ehe eS zur Gesetzwerdung einer staatlichen Pension-versicherung für Privatangestellte ohne Begrenzung des GrhalteS für Alter, Invalidität, Witwen und Waisen kommen wird, noch einer mehr oder weniger längeren Reihe von Jahren bedarf, das ist zweifellos. Die Hauptsache ist, daß ein Wille da ist; ist eia Wille da, findet sich auch ein Weg. In Bezug auf letzteren wurde in der Tagung der Vertreter der Verbände am 1. März manches verhandelt, und danach scheint, wie eS in dem angenommenen Leitsätze heißt, «die Schaffung einer besonderen Kafleneiurichtung für die Privatangestellten gemäß ß 10 de» Invaliditätsgesetzes" als ein glücklicher Gedanke und ein Hinweis auf die richtige Bahn, in der die Lösung der drängenden Frage sich voll- ziehen kann. Deutsches Reich. Berlin, 3. März. (Die Krankenversiche- rungsnovelle.) Der Verweisung der Krankenoer. stcherungSnovelle an eine Kommission wurde anfangs so- wohl von konservativer Seite wie oom Zentrum wider strebt. Da» geschah aus denselben Gründen, aus denen seinerzeit die Meinung bekämpft wurde, durch eine Kom- mtsstonsberatung werde die Verabschiedung des Gesetzes erleichtert. Tatsächlich glaubte man in den Parteien, welche anfangs gegen die Kominisstonsverweisung waren, besor- gen zu müssen, wenn die Vorlage nicht ohne vorherige Kommissionsberatung alsbald in zweiter Lesung im Plenum beraten werde, lasse eS sich wahrscheinlich nicht ermöglichen, ihre Verabschiedung noch in der lausenden Session hcrbktzuftthren. Im Verlaufe der ersten Lesung hat man sich aber auf allen Seiten der Einsicht nicht »er schließen können, baß, wenn diejenigen Wünsche zum ge setzgeberischen Ausdruck in der Novelle resp. im Zusam menhang mit ihrer Verabschiedung gelangen sollten, welche sehr stark in den Vordergrund geschoben wurden, es unbedingt nötig sei, den von der deutschen Reichspartei ausgehenden Antrag auf Kommissionsverweisung als einen billigen Ausgleichsvorschlag anzusehen. Insbeson dere gehört zu diesen Wünschen der von den Sprechern der nationalliberalen Partei zur Anerkennung gebrachte, daß die Regelung der Stellung der Aerzte zu den Krankenkassen nicht sä «slenäas xrssess ver schoben, sondern in baldigste Aussicht genommen werden müsse. -r- Berlin, 3. März. (Die Polen in Rheinland- Westfalen.) Die Furckt vor der Aufstellung eigener polnischer Kandidaturen im rheinisch-westfälischen Industriebezirke ist der „Kölnischen Volkszeitung" gehörig in die Glieder gefahren. Das führende rheinische Zentrumsorgan bringt fast täglich Über diese Frage teils eigene Artikel, teils Artikel aus polnischen Organen, die den Polen im Westen von einem solchen Experiment abraten. Dabei ist eS ihm passiert, daß es ohne jeden Kommentar einen in einem Posener polnischen Blatte enthaltenen Artikel abdruckte, dessen Quintessenz etwa dahin ging: in urdeutschem Gebiete, wie es Rheinland-Westfalen sei, müßten die Polen ohne weiteres die Zentrumskandidaten unterstützen, in urpolni- schem Gebiete, wie Ober schlesien, hätten die Polen das Bestimmungsrecht über die Kandidaturen und das Zentrum müßte sich nach ihnen richten. Hat die „Kölnische Volks zeitung" den auf Oberschlesien bezüglichen Satz, für den Graf Ballestrem und seine oberschlesischen Gesinnungsgenossen sich bedanken werden, überseben, oder handelt sie nach dem naiven Egoismus des bekannten Sprüchlein-: „Heiliger Florian, laß mein Laus stehen, zünd' andere an" ? Over hält endlich das rheinische Blatt das polnische Feuer sür so bedenklich, daß eS die schlesischen Gebäude des Zentrums für ohnehin verloren ansieht und das Rettungswerk deshalb auf Rheinland-West falen konzentrieren will? Die „Köln. Volksz." gibt aber nicht nur ihre Gesinnungsgenossen in Oberscklesien preis, sondern überhaupt jeden Zentrumsmann, der sich jemals unterstanden ha», polnischer Anmaßung die Zähne zu zeigen. Das Blatt schreibt: „Die Haltung der Partei als Ganzes muß aus schlaggebend sein, nicht aber törichte Redensarten dieses oder ;enes ZentrumSmanneS. Gewiß kann sich ein Pole ärgern, wenn ein deutscher Katholik die Klagen der Polen über die Bekämpfung ihrer Sprache abtut mit den Worten „die Polen sollen deutsch lernen" ... Zudem triff: man nicht diejenigen, die es vielleicht verdienten, sondern das ganze Zentrum". Es war ein katholischer Geistlicher, der den Polen, die eine polnische Pastorierung in Berlin verlangten, entgegnete, sie sollten in einer deutschen Stadt hübsch deutsch lernen. Wenn die „Kölnische Volkszeitung" etwa auf diesen Geistlicken das Wort von den „törichten Redensarten" gemünzt hat, so entspricht das nicht gerade dem Respekte, den jever Katholik angeblich vor seiner Geistlich keit hat. Beiläufig klagen auch die rheinisch-westfälischen Polen darüber, daß sie nicht in polniscker Sprache pastoriert werden, und eS ist dies einer der Hauptvorwürfe, die sie gegen daSZentrum erbeben. Die „Kölnische Volkszeitung" ist erbittert darüber, daß „eine solche Torheit" immer noch wiederholt werden kann. WaS habe denn eine politische Partei mit der Seelsorge zu tun? Wir haben gewiß keine besonderen Sympathien für die rheinischen Polen im allgemeinen und für ihr Verlangen nach polnischem Gottesdienste im beson deren, aber wir können eS nicht für gar so törickt finden, wenn sie ihre Vorwürfe ans Zentrum richten. Die Zentrumspartei scheint nach dem bewährten Grundsätze verfahren zu wollen „wie'S trifft". Das eine Mal spielt sie sich direkt darauf hinaus, daß eS ihre Obliegenheit sei, die religiösen Interessen des Katholizismus zu verfechten und daß deshalb jeder Ka tholik für sie eintreten müsse; hier aber spielt sie sich auf die „politische Partei" hinaus, die mit der Seelsorge nichts zu tun habe. Das Blatt ist aber bemüht, die Polen auck in dieser Hinsicht zu besänftigen, und es kann ihnen mitteilen, daß bereits in einer kirchlichen Konferenz in Dortmund be schlossen worden sei, die Seelsorge sür die katholischen Polen zu verbessern und „nichts zu versäumen, um Klagen des polnisch sprechenden Teiles der katholischen Bevölkerung in Bezug auf mangelnde Seelsorge abzuhelfen." So hat also die „politische Partei" doch wohl mit der Seelsorge zu tun, denn man geht gewiß mit der Annahme nicht fehl, daß dieser Eifer, den Klagen der Polen abzuhelfen, einigermaßen mit der Hoffnung m Verbindung steht, auf diese Weise die Auf stellung eigener polnischer Kanvidaturen in Duisburg, Dort mund und Bochum zu hintertreiben. O. H. Berkin, 3. März. (Die Dienstwoh nungen der Reich sbea m te n.) Ein soeben ver öffentlichter kaiserlicher Erlaß, betreffend die Vorschriften über die Dienstwohnungen der Reichsbccnnten, verdient allgemeine Beachtung. Seine Vorschriften finden Anwen dung auf alle Dienstwohnungen der Reichsbcamten; aus geschlossen blekbcn nur die Dienstwohnungen des Reichs kanzlers und der Vorstände solcher Amtszweige, hinsicht lich deren eine Stellvertretung des Reichskanzlers nach Maßgabe des Gesetzes vom 17. Mär- 1878 zulässig ist; fer ner die Dienstwohnungen der Botschafter und der servis berechtigten Beamten der Militär- und der Marinever waltung. Unter Dienstwohnung im Sinne dieser Vor schriften ist jede Wohnug zu verstehen, deren Benutzung mit einer Amtsstelle verbunden ist. Die zuständige Auf sichtsbehörde hat die Erfüllung der den Wohnungs inhabern obliegenden Verpflichtungen zu überwachen, von dem Zustande der Dienstwohnungen sowohl während der Benutzung seitens der Inhaber, als auch während der Uebergaltgsfrist zwischen der Rücknahme und der Ucbcr- gabe durch ihre BerwaltungSbeamten oder Fachleute Kenntnis zu nehmen und bet Wahrnehmung von Ver stößen und Mängeln Abhülfe anzuordnen. Diese Vor schrift gilt für die im AuSlande gelegenen Dienstwoh nungen nur insoweit, als durch ihre Ausführung nicht un verhältnismäßige Unkosten entstehen. Veränderungen in der Anordnung und Ausstattung der Dienstwohnungen nebst Zubehör sind nur unter Genehmigung der Aufsichts behörde und unter Berichtigung deS Vestandverzetchnisses statthaft. Die Aufsichtsbehörde hat bei Genehmigung des Gesuchs zu bestinnnen, ob Sei der Rückgewähr Oer frühere Zustand wieder herzustellen oder die Abänderung betzube halten, sowie ob und welcher Beitrag zu den Herstellungs kosten ans Reichsnntteln zu leisten ist. Zu jeder Belastung der Reichskasse mit Ausgaben, die mehr oder weniger nur den jeweiligen Interessen des einzelnen Wohnnugs- inhaberS und nicht -er Befriedigung eines dauernden Be dürfnisses dienen, ist die Genehmigung -er obersten Reichsbehörde einzuholen, welche, wenn es sich um einen Beitrag von mehr als 1000 handelt, mit der Reichs- finanzverwaltung ins Benehmen zu treten hat. Ueber jede Dienstwohnnng nebst Zubehör muß ein vollständiges und übersichtliches, geeignetenfalls mit einem Grundplatte ober doch mit einer Handzeichnung zu versehendes Verzeichnis in zwei gleichlautenden Ausfertigungen angelegt und durch Nachtragung aller während der Benutzungszeit ge nehmigten Abänderungen vervollständigt werben, so baß das Verzeichnis stets den zeitigen Stand der Wohnungen erkennen läßt und eine ausreichende Grundlage für die Rückgewähr 'bildet. Die eine Ausfertigung ist bitrch die Aufsichtsbehörde >8 3f, die andere durch den Wohnungs inhaber aufzubewabren. Die Ueberlassuttg der Dienst wohnung erfolgt nach Maßgabe des Etats. Der Inhaber einer Dienstwohnung ist ohne Genehmigung der Aufsichts behörde nicht berechtigt, deren Gebrauch ganz ober teil weise einem anderen zu überlassen, insbesondere sie zu vermieten. Mit der Genehmigung ist zugleich zu bestim men, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der andere eine Vergütung an die Reichskasse zu entrichten hat. Aus der Zuweisung einer Dienstwohnung erwirbt der Beamte keinen Anspruch auf dauernde Belassung. — Ueber die mutmaßliche Stellung -er ein zelnen Regierungen zu der Frage der Auf hebung des 8 2 des Iesuitengesetzes bringt die „D. Tages-Ztg." „von recht gut unterrichteter Seite" folgende Wahrscheinlichkeitsrechnung: Es werben sicher für die Aufhebung des 8 2 abgegeben werden die 17 Stimmen Preußens, die 6 Stimmen Bayerns und, wie verlautet, auch die Stimme Lübecks; dagegen dürften abgegeben werden die 4 Stimmen Sachsens, die 4 Stimmen Württembergs und etwa 20 Stimmen der kleineren Staaten. Ob von diesen letzteren Stimmen einige dafür abgegeben werden, kann ja noch fraglich scheinen. Jeden falls werden es verhältnismäßig wenige sein. Ausschlag gebend wird die Haltung Badens und Hessen» sein, über die noch nichts bekannt geworben ist. Soviel ist sicher, baß die Mehrheit, die sich eventuell für die Aufhebung aus sprechen dürfte, sehr gering sein wird. — Im „Vorwärts" ist zu lesen: „Der Unterzeichnete ist veranlaßt worden, über einige Fra gen seine Meinung abzugeben, die seit längerer Zeit größere Kreise der Partei beschäftigen und eine Stellungnahme des Vorstandes nötig machen. 1)Kann es mit den Interessen der Partei für vereinbar erachtet werden, daß Parteigenossen als Redakteure oder Mitarbeiter an bürger lichen Preßunternehmungen tätig sind, in denen an der sozialdemokratischen Partei ge hässige oder hämische Kritik geübt wird? Ant wort: Nein! 2) Kann ein Parteigenosse Redakteur oder Mit arbeiter eines bürgerlichen Blattes sein, auf welches obige Voraussetzung nicht zutrifft? Diese Frage ist zu bejahen, so weit Stellungen in Betracht kommen, in denen der Partei genosse mäst genötigt wird, gegen die sozialdemokratische Partei zu schreiben oder gegen dieselbe gerichtete Angriffe aufzu nehmen. Im Interesse der Partei sowohl wie im Interesse der in solchen Stellungen befindlichen Parteigenossen liegt es jedoch, daß den letzteren keine Vertrauensstellungen übertragen wer den, weil solche sie früher oder später in Konflikt mit sich und der Partei bringen müssen. Berlin, den 2. März 1903. Der Parteivorstand." Es ist widerlich, diese Leute über „gehässige und hämische" Kritik urteilen zu hören. Zur Illustration dieser Tugendbolde erfährt jetzt die Kruppkam pagne des „Vorwärts" in einem Aufsätze Paul Göhr es in den „Sozialistischen Monatsheften" über „Die Sozialdemokratie und die Monarchie" freimütige und nachdrückliche Verurteilung. Er. stehe nicht an» sagt Göhre, offen zu erklären, daß er „zu drnjcnigen Partei genossen gehört habe, die die Veröffentlichung des „Vor- wärts"-Artikels mit den Enthüllungen über Krupps Leben auf Capri nicht billigten". Wenn eS wahr wäre, daß der „Vorwärts" seine Enthüllungen allein aus Rücksicht auf die durch den 8 178 gequälten Kranken ver öffentlicht hätte, so hätte „eben diese Rücksicht" den „Vor wärts" nach Göhrcs Ansicht gerade abhalten müssen, auch den Namen Krupps der Oeffentlichkeit preiszugebcn. Glaubte man aber trotzdem, diesen einen Kranken zu Gunsten der Befreiung aller seiner Leidensgefährten opfern zu dürfen, so war jede medizinische oder juristische Zeitung mit ihrem neutralen Boden der viel gegebenere Ort der Veröffentlichung als der „Vorwärts". — In Berlin hat sich eine Gesellschaft zurBe- kämpfung desKurpfuschertumS gebildet. Dem Vereine ist bereits eine größere Zahl von Acrztcn und Laien aus den verschiedensten Ständen beigetretcn. Der Zweck der neuen Gesellschaft ist die Aufklärung des Publi kums über daS schädliche Treiben der Kurpfuscher für daS Gemeinwohl in gesundheitlicher und wirtschaftlicher Be ziehung. — Retchstag-kandidaturen: Die Konservativen und die Mittelvarteien baden al- Kandidaten sür dir Reich-tag-mahl im Wablkrei» Rorddausen-Mrafschaft Hohrostein den Ritter- qutspächter Franke in Großwerlher ausgestellt. Franke wurde auch zum Landtagskandidateo au-rrseben. Die freisinnige Volk-vartei bat für beide Wahlen den bi-berigen Verirrt» im Land tag und Reichstag, Redakteur vr. Wien,er-Berlin, ausgestellt. Der «und der Landwirte sür das Fürstentum Schwarz bürg- Gondershausen bat beschloss«n, bei der bevorstehenden Reich-- tag-wahl «tt dm Ratto»illiberalen zufammeozugeheu.
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