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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030321028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903032102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903032102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-03
- Tag1903-03-21
- Monat1903-03
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Hasse nicht da» Wort ergriff, um die Angriffe abzuwehren, denen er infolge seine» Hinweises auf das Verbalten der Magyaren gegen die ungarischen Deutschen sich ausgesetzt sah. Wir können jedoch mitteilen, daß Herr Pro fessor Haffe nur durch die plötzliche Erkrankung eines naben Anverwandten, die ibn in die Heimat rief, von einer Eni- gegnung abgehalten wurde. Einstweilen veröffentlichen die „Alld. Bl." an der Spitze eines Flugblattes das Folgende: „Graf Bülow glaubte durch Verlesung von Erlassen des Fürsten Bismarck in betreff de» Verhalten» der Magyaren zu Sen ungarischen Deutschen einen besonderen Triumph gegen Pro fessor Hasse auSgespielt zu haben. Prüft man das Material aber genau, so sieht man, daß die Antwort, die der Reichs kanzler schon fertig auf eine noch gar nicht gehaltene Red« de» Abg. Hasse mitbrachte — vermutlich wohl aus diesem Grunde — nicht recht paßte. Eine diplomatische Intervention zu Gunsten Les ungarischen Deutschtums hat Pro- tessor Haffe gar nicht verlangt Aber man ziehe doch folgenden Vergleich: im ungarischen Reichsloge wird die deutsche Sprache wiederhvlt al» „ Hundesprache" bezeichnet, ohne Laß sich Ler Präsi dent oder Herr von Szell im mindesten veranlaßt sieh!, hiergegen Berwahrung einzulegen. Wenn nun Proiessor Hasse darüber Be schwerde führt, so nimmt Graf Bülow sofort Anlaß, dies zu „bedauern", während er für dir Beschimpfung der deutschen Sprache im ungarischen Parlament nicht ein Wort des Tadels findet. Im übrige» beweist doch der Erlaß des Fürsten Bismarck an den Generalkonsul von Thielau, daß er zwar keine diplomalijchen Schritie für da« ungarische Deutschtum unternehmen wollte, Laß ober anderseits der Generalkonsul doch angewiesen war, mit der Anschauung nicht zurückzuhallen, daß die schablonenhafte Behandlung von Deutschen, Slawen usw. dem Reichs- kauzler gerade im Interesse Ungarns sehr unzweckmäßig erscheinen; gerade der Schluß in diesem Erlaß, worin der Generalkonsul belehrt wird, wie er den ungarischen Staatsmännern diesen Ratschlag in seiner Weise zu Gemüte führen foll, ist besonders bezeichnend. Wir möchten doch wissen, ob Graf Bülow jemals einen ähnlichen Erlaß an den Generalkonsul in Ofen-Pest gerichtet hat? Während nun so Fürst Bismarck docb auf inoffiziellem Wege für da» Deutschtum in Ungarn eine mildere Behandlung zu er- wirken suchte — Kaiser Wilhelm I. hatte sich bekauntlich auch in diesem Sinne süc das deutsche Theater in Osen-Pest ein gesetzt — hat der neue Kurs sehr im Gegensätze zu dem vom Grasen Bülow proklamierten Grundsätze, sich in die inneren Ver hältnisse sremder Staaten nicht einzumischen, geradezu gegen das ungarische Deutschtum und für die Magyarisierung gewirkt. Denn bekanntlich beruft sich der brutale Magyarijator Baron Banfsy beständig darauf, daß der deutsche Kaiser ihm den Rat gegeben habe, Ungarn zu einem magyarischen Nationalstaat zu machen; und wenn, wie wir ja wohl aunehmen müssen, diese Behauptung eine dreiste Erfindung Banfsy» ist, dann ist unsere Regierung doppelt mitschuldig, weil sie trotz wird erholter Aufforderung aus nationalen Kreisen ein Dementi nicht von sich gegeben hat." Auf die Sache selbst — da« Verhalten des neuen Kurse? im Gegensätze zum alten den deutschfeindlichen Magyaren gegenüber — wird zuiiickzukommen sein. WaS aber das vorgestrige Verhalten des Herrn Reichskanzlers dem Abg. Or. Hasse gegenüber betrifft, so sei daran erinnert, daß eS lediglich die Wiederholung eines früheren Vorganges ist. Es bandelte sich um die Boerenfrage; Abg. Or. Haffe verlangte damals ebenlowenig eine diplo matische Intervention, wie vorgestern, sondern gab nur in maßvoller Weise seinem Bebauern Ausdruck darüber, daß das offizielle und offiziöse Deutschland gegen England eine wohlwollendere Neutralität beobachte, als den Boeren gegenüber. Ein sozialdemokratischer Redner dagegen erging sich gegen die deullche Politik in schärfster Weise. Graf Bülow rühmte darauf die Mäßigung des sozialdemokratischen Redners und wendete sich gegen den Abg. ür. Haffe in einer Weise, als ob dieser die sozialdemo kratische Rebe geredet hätte. Man nahm damals an, er hätte sich seine Entgegnung vorher zurecht gemacht und sie dann genau so gehalten, wie er sie in dein Wunsche, vom Führer des Alldeutschen Verbandes schärfer als von den Sozial demokraten angegriffen zu werden, sich ausgearbeitet hatte. Ganz ähnlich mag es vorgestern gewesen sein. Daß er aus einen Angriff wegen seines Verhaltens den Magyaren gegenüber gefaßt war, ergiebt sich aus der Fülle von Alten- stücken, mit denen er sich bewaffnet batte. Er glaubte auch annebmen zu dürfen, daß der Abg. vr. Hasse die Frage an schneiden würde. So präparierte cr sich auf eine schneidige Ab fuhr des Mannes, den er mit besonderer Gegnersckait beehrt, und bemerkte bann im Eifer gar nicht, baß ihm Herr Hasse gar nicht den Gefallen getan hatte, so zu reden, baß die präparierte Gegcnreve auf ibn paßte. Das kann ja auch dem besten Redner einmal passiren. Wenn eö sich aber wiederholt und zur Methode wird, so siebt cs jedem Redner übel an, am übelsten, wenn er Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident, der Abgeordnete aber ein Mann ist, der seiner nationalen und selbstlosen Haltung wegen mindestens eben dieselbe Rücksicht verdient, die den- Redner» des Zentrums bei jeder passenden und nicht passenden Gelegenbeil von demselben Staalsmanne ge zollt wird. Ob sich noch im Laufe der Tagung und der zu Ende gehenden Legislaturperiode Gelegenheit findet, mit dem Herrn Reichskanzler über dieses Thema ein Wörtchen zu reden, und ob dann der Abg. Or. Paasche einsiebt, daß er vorgestern sein Knixchen nach der falschen Seite gemacht hat, hängt ganz von der Geschäftslage ab. In ter heutigen Sitzung, die schon um 10 Uhr beginnt, hofft man mit dem Kolonialetat und allen EtatSresten in zweiter Beratung fertig zu werden. Dann soll am Montag und DienSlag die dritte ElalS- beralung erledigt werden und sofort der Beginn der Oster ferien erfolgen. Ob nach diesen das HauS noch einmal Zusammentritt, weiß es selbst noch nicht. Herabsetzung Ser Zuschustaulcihe. Die Bemühungen in der Budgetkomnnssivn, den Betrag der wenig gut berufenen Zuschußanleibe berabzuminbern, sind bis zu einem gewissen Grabe von Erfolg begleitet ge wesen. Es ist dies wesentlich mit darauf zurückzusübren, daß man sich bewogen gesunden bat, dem Reichsickatzamle das Konzept seiner Berechnung der mutmaßlichen Ein- nabmen aus der Zuckersteuer zu korrigieren. Die Be rechnung des ReichsichatzamlS beruht darauf, daß für die Zeit vom 1. April bis zum 1. September die Einnahmen nach dem Satze von 20 für die zweite Hälfte nach dem Satze von 14 berechnet und für etwa durch Verbilligung des Zuckers ,u erwartende Mehreinnahmen der Betrag von 1 Million in den Voranschlag eingestellt wurde. Von den Bruttoeinnahmen gebt natürlich ab, WaS an AuSfubrver- gütungen biS zum Inkrafttreten der Brüsseler Konvention, d. h. bis zum l. September d. I., zu zahlen ist. Die Mehr heit der Budgelkommission bat die Höbe der Brutto einnahmen in Eiwartung einer nicht unerheblichen Zunahme des Konsums im Jnlande wesentlich herauf- und den Betrag der zu zahlenden AuSfuhrvergütungen ziemlich stark herabgesetzt. Dadurch vermindert sich der Betrag der Zuschußanleibe in einer Höhr, von der einstweilen nur zu hoffen, nicht aber zu erwarten ist, sie werde erreicht werden. Nicht ohne Interesse war, wie auch Bestrebungen her vortraten, die Einnahmen auS den Zöllen höher zu berech nen, als im Bundesräte geschehen. Von Seiten des ReichS- schatzamteS wurde hiergegen Einspruch erhoben und darauf verwiesen, wie speziell die Einnahmen in den letzten beiden Jahren aus den Gelreidezöllen infolge der minder günstigen Ernten so hoch sich berechneten, wie daS im neuen deutschen Reiche bisher noch nicht der Fall gewesen. Das könne aber doch nicht bestimmend fein, auf «ine Stetigkeit in dieser Einnahme-Entwicklung zu rechnen. Das Zentrum brachte eine Resolution zur Annahme, die dahin geht, daß, wenn mehr Einnahmen aus den Zöllen erzielt werden, als be- lechnet sind, dieser Mehrbetrag für Herabminderung der Zu- schußanleihe zur Verwendung kommen soll. Hiernach muß man aunehmen, baß das Zentrum von der Idee, die Zuschuß anleihe überhaupt zu bekämpfen und für Deckung beS Fehl betrags im Etat für 1903 durch erhöhte Matrikular- beit räge so lange einzulreten, bis der BundeSral sich zur Aufhebung de« ß 2 des Jesurtengesetze« verstanden bat, fallen gelassen habe. Die Reformen in Makedonien. Der „Kölnischen Zeitung" wird aus Berlin tele graphiert: Nach den neuesten lstcr vorliegenden Berichten ans Makedonien arbeiten die Behörden mit Eifer an der Einführung der Reformen. Auch von den fremden Konsuln wird anerkannt, daß der Generalinspektor Hilmi Pascha sich seiner Aufgabe mit großer Geschicklichkeit und Tatkraft hiugibt. Die Einrichtung der Zweigstellen der Ottomanbank soll in einigen Tagen vollendet sein, und die Pforte wird alsdann den Botschaftern von Rußland und Oesterreich-Ungarn das besondere Reglement vorlegcn, durch welches die Erhebung und Auszahlung der Provin zialeinkünfte geregelt wird. Es ist Hilmi Pascha, wie ver lautet, gelungen, die leicht erregbaren Albanier soweit zu beschwichtigen, daß man von ihrer Seite keine Gewalt tätigkeiten zu befürchten hat. Bedenklich wird die Sache nur dadurch gemacht, daß das Bandenunwesen andauert, und nach türkischer Behauptung durch ungehinderten Zu zug aus Bulgarien stets frische Nahrung erhält. Das Telegramm bemerkt sodann, daß es nur eine Forderung der Gerechtigkeit sei, daß den Türken in der schonungs losen Unterdrückung des Bandenunwesens freie Hand ge lassen werden muß. In dieser Beziehung scheinen alle Mächte — Rußland nicht ausgenommen — einer Ansicht zu sein, und eine gewisse Abneigung sei eigentlich nur zu verzeichnen in der Sprache einflußreicher französi scher Blätter, die ununterbrochen gegen die Türkei Hetzen und das russisch-österreichische Neformprogramm als ganz unzulässig hinstcllen. Hierbei wendet sich das Tele gramm ^gegen den „Temps", welcher Griechenland ange raten habe, mit den slawischen Völkerschaften in Make donien gemeinsam gegen die Türkei Front zu machen; eine solche Einigung sei aber praktisch ausgeschlossen. Di« Ratschläge des französischen Blattes gehen aber nicht dahin, das Werk des Friedens im allgemeinen und die Be ruhigung Makedoniens im besonderen zu fördern, und sie stehen somit in einem nicht uninteressanten Gegensätze zur russischen Politik und zu der amtlichen Zustimmung, mit Ler Herr Delcassö die russischen Reformpläne begrübt hat. Rechtspflege in Finland. Die russische Regierung scheint in Finland die ständige Praxis einzuführen, daß unbequem« Gerichtsverhand lungen einfach verboten und nötigenfalls gewaltsam ver hindert werden. Bekannt sind die Vorgänge, die sich vor einigen Wochen in einein höheren finländischen Gerichte abfpielten und schließlich damit endeten, daß die Richter genötigt wurden, ihre Amtstätigkeit einzustellen. In den letzten Tagen hat sich in Willmannsstrand ein ähnlicher Vorgang abgespielt. Es handelte sich dort freilich nicht um eine Gerichtsverhandlung, aber um einen gerichtlichen Akt von nicht geringerer Bedeutung. Der örtliche russische Pope Warfolomejeff hatte seine kommunalen Abgaben nicht bezahlt, und der Magistrat hatte infolgedessen die Pfän dung seines Mobiliars angeordnet. Als der Verkauf des letzteren stattfinden sollte, erschien der Gouverneur Mjasso- jedoff, der als Russifikator bekannt ist, in der Stadt, teilte dem Magistrat mit, daß er den Verkauf verbiete, und ließ eine hierauf bezügliche Bekanntmachung an der Türe des Popen anschlagen. Der Magistrat wollte sich dabei nicht beruhigen, doch wurde das Haus, in dem Warfolo mejeff wohnt, von einer Abteilung Polizei besetzt, und die Beamten, die zur Ausführung des Verkaufes erschienen, ließ man nicht herein. Der Verkauf kam tatsächlich nicht zu stände, der Pope behielt seine Sachen, und der Magistrat kann nun den ausstehenden Steuerbetrag als verloren aus seinen Büchern streichen. Auf diese Weise wird die Ausübung der Rechtspflege in Finland gewaltsam zur Un möglichkeit gemacht. Argeuttnten und die Monroe-Politik. AuS Pari», 19. März, schreibt mau der „Intern. Korresp.": Die diesige argentinische Gesandtschaft bat eine ziemlich genaue Aufklärung über den angeblichen Antrag Argentiniens, betreffend den Schutz der amerikanischen Staaten gegen europäische Schuldeneintreibungen, gegeben. Nach dieser Darstellung batte die Anfrage Argentiniens genau den ent gegen gesetzten Inhalt von dem, was von Washington auS darüber gemeldet wurde. Die Anfrage lautete etwa folgender maßen: „Ist die Regierung der Vereinigten Staaten geneigt, mit den Regierungen der übrigen amerikanischen Republiken ein Ab kommen zu treffen, wonach bei Streitfällen finanzieller Art, welche zwischen europäischen Mächten und amerikanischen Staaten eintreten, sämtliche amerikanischen Republiken gemeiusam für die Vermittelung und Beilegung des Streite» aufzutreteu baden?" — Der Wunsch, eine derartige Verein barung zwischen allen Staaten deS amerikanischen Weltteils zu treffen, ist dem unangenehmen Gesühle entsprungen, da durch da» einseitige Eintreten Nordamerikas für Venezuela in Argentinien und wohl auch in anderen süd amerikanischen Staaten bervorgerufen wurde. Es war natür lich, daß man in Südamerika allgemein für Venezuela Partei ergriff; aber weniger auS persönlicher Zuneigung für diesen Staat oder dessen Regierung. Nur die all gemeine Interessengemeinschaft des lateinischen Amerika sprach dabei nut. Um so weniger aber konnte man Forrillotsn. IS, Miß Rachel Zaltonu. Roman von Florenc« Marryat. SiachdrnU vrrbole». „Sind Sie nicht mit ihr verlobt?" „Nein." „Haben Sie auch nicht die Absicht, sich mit ihr zu ver loben ?" „Nein." „Sind Sie auch »richt in sie verliebt?" „Nein", wiederholte Geofsry, einige Töne Kobalt aus die Malerei bringend, die er mit seitwärts geneigtem Haupte betrachtete, als ob sein ganzes Interesse dem verdorbenen Himmel gehöre. ,Warum haben Sie sie dann geküßt?" fragte Rachel mit weit aufgertsseuen, erstaunten Augen. „Ach, danach müssen Sie sie selbst fragen." „Das habe ich schon getan, und sie brachte mich zu der Annahme, daß Sie beabsichtigten, sie zu heiraten." „Sie hat Die getäuscht, fürchte ich. Komm«» Sie, Miß Saltonn, lassen Sie uns dieses Pofscnfpiel be endigen. Sie haben mich tn eine äußerst schwierige Lage gebracht, da ich als Mann Ihnen kaum die sämtlichen Umstände auseinandersetzen kann; aber als meiner Wirtin und Auftraggeberin fühle ich mich zu einigen Er klärungen Ihnen gegenüdcr gezwungen. Wollen Sie sich damit begnügen, wenn ich Ihnen sage, daß nichts, was sich gestern zutrug, auf mein« Veranlassung oder mit meiner Zustimmung geschah, und daß Mrs Eranley augenblicklich die letzte Person von der Welt ist, die ich semalS Wiedersehen möchte?" Rachel starrte ein paar Sekunden schweigend auf seinen Rücken — denn cr hatte sich, während er sprach, nicht nach ihr umgcwandt — und warf sich dann, in «inen Strom von Tränen ausbrechend, auf das Sofa. „O, wie töricht bin ich gewesen", schluchzte sic, „wie furchtbar töricht! WaS müssen Sie von mir denken?" Er legte Pinsel und Palette hin und trat, durch bas Zimmer schreitend, auf sie zu und nahm einen Stuhl neben ihr. Was ich von Ihnen denke?" wiederholte er. „WaS glauben Sie denn, was ich von Ihnen denke? Bin ich »ährend unsere» sechswöchigen täglichen Verkehr» denn so töricht verschlossen gewesen, daß Ihnen das nicht klar geworden ist?" „Aber mich in Ihre Privatangelegenheiten zu misch"!, Ihre Handlungen auszuspionieren und Sie dessen zu be schuldigen, was Sie nicht vermeiden konnten! Sie müssen mich ja hassen und verabscheuen. Alles sieht Ihnen so wenig ähnlich." „Und Ihnen vor allem nicht, so daß ich cs nicht glaube, obschon Sie es sagen. Sie sehen, es ist alles die Schuld unserer gemeinschaftlichen Freundin. Erst führte sie mich in die Irre, dann Sie und schließlich wir uns beide. Das Merkwürdigste dabei ist nur, daß sie Ihnen etwas davon gesagt hat; denn das Ganze gereicht ihr nicht gerade zur Ehre." „Ich sagte Ihnen ja, daß ich es selbst sah. Ich warf es ihr vor, und wohl um sich zu entschuldigen, sagte sie, sie wäre noch nicht ganz entschlossen, ob sie Sie heiraten wollte." „Das war unter allen Umstünde» wahr", versetzte Geoffry lachend; „sie ist noch nicht entschlossen, und ich nehme an, daß es lange dauern wird, bis sie zum Ent schlüsse kommt. Aber vorausgesetzt, daß ich ihr die Ge legenheit böte, würden Sie nicht damit zufrieden sein?" „O nein, sie ist keine Frau für Sie. Sic... sie ist nicht gut genug!" „Finden Sie? Aber Sic wissen, Miß Saltonn, daß ich nicht zu hoch hinausblicken darf. Tas ist mein Miß geschick: meine Kunst erhebt mich in den siebenten Himmel, aber ich darf ihr nicht folgen. Meine Seele hat sich das schönste Frauenidcal gebildet; aber sie weiß, daß es auf Erden höchstens im Lande der Träume für sie existiert." „So haben Sie die Verkörperung Ihres Ideals nicht gefunden?" „Doch. Und ich glaube, sie weiß, daß ich sie gesunden habe. Nennen Sic mich nicht anmaßend — sie ist so weit von mir entfernt wie die Sterne, zu denen ich in Sommernächten anfblicke — aber sie wird immer, bis an das Ende meines Lebens das Ideal bleiben, das mich be geistert. Sie wird auf meiner Leinwand fort und fort wiederkehren, um meine höchsten Gedanken von der Weiblichkeit zu verkörpern. Sind wir auch weit von einander, so wird sie doch immer um mich sein, da sie in meiner Seele lebt, und meine Seele und ich können nicht getrennt werden!" „Geoffry!" rief das Mädchen mit halbgeöffneten Lippen aus, indem sie sich aufrtchtete und ihn anblickte: „Bin ich es?" Es lag ein Ton von Angst in ihrer Stimme — so, als ob eine große Offenbarung plötzlich über sie gekommen sei und sie sich fragte, ob sie es wagen dürfe, ihr zu folgen. „Ob Sie es sind!" jagte cr weich. „Ob Sie eS sind, dle mir die glücklichsten Gedanken, die glänzendsten Träume, die reinste Offenbarung edler Weiblichkeit geschenkt haben, die ich je erfahren!" Seine Hand legte sich leicht um ihre Gestalt, während er sprach, und zog sie näher zu sich heran. „Ja, Rachel! Sie sind es und nur Sic allein. Sie haben mein Leben zerstört oder neu geschaffen. Die Well enthält für mich nur eine Frau, nur eine einzige, und das sind Sie." „O Geofsry!" rief sie plötzlich aus und schmiegte sich in seine Arme, „ich liebe dich!" Sic vergaßen in diesem Augenblicke alles und empfanden nur, daß sie Mensckrcn waren . . . frei und jung und geliebt. Ihre Gesichter näherten sich einander unbewußt, und seine Lippen drückten sich in sanftem Kusse auf die ihrigen. Einen Augenblick lang waren sie im Himmel, dann kehrte ihnen die Erinnerung nur zu bald zurück. Rachel gewann zuerst wieder die Herrschaft über sich. Geoffry blickte auf ihr Antlitz herab und sah, daß die warme Glut, die der Augenblick hervorgerufen, einer Blässe wich, und ihre Züge sich schmerzlich verzogen. Sie richtete sich rasch auf und stürzte bis an das andere Ende des Zimmers. „Was habe ich getan?" rief sie. „Oh, was habe ich getan?" „Sie haben mich unaussprechlich glücklich gemacht", erwiderte Geoffry mit glühendem Antlitz „Nein, nein! Sprechen Sie nicht so! Es war alles ein Irrtum. Ich wußte nicht, was ich tat. Oh, ich schäme mich so! Ich schäme mich auf das Tiefste!" sagte Rachel und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Geofsry Salter staud auf rnrü folgte ihr. „Weswegen schämen Sie sich, Rachel? ES ist nicht» Unrechtes geschehen." „O doch. Ich bin gerade so schlimm wie Mrs. Tran- lcy Ach, vergessen Sie es, Mr. Salier. E« ist unmvg- lich . . . ganz unmöglich!" „Was ist unmöglich?" „Daß . . . daß . . . O, Sie wissen, wa» ich meine. Ich habe es Ihnen ja oft gesagt. Ich beabsichtige, niemals zu heiraten." Geoffry Salier senkte den Kopf. Des Rätsels Lösung lag klar vor ihm. Sie liebte ihn, sie würde es nie gesagt haben, wenn sie ihn nicht liebte, — aber der Strumpf wirkerladen stand zwischen ihnen. Das Blut stieg ihm in die Wangen. Er hob den Kopf stolz in die Höhe und sah ihr gerade ins Gesicht. „Ja, ich glaube, ich hörte Sie vor längerer Zeit der gleichen sagen. Und ich glaube, ich sagte dasselbe." „Lassen Sie uns also dabei bleiben. Es war eine gute Entscheidung und wird uns mehr Frieden bringen, als . . . als irgend etwas Anderes. Und können wir nicht trotzdem Freunde bleiben, die besten und treuesten Freunde von der Welt?" Das Mädchen blickte ihn förmlich herausfordernd an, als sie ihm in raschem Antrieb diese Frage stellte. Sie hatte sich an die Wand gelehnt und richtete sich zu ihrer vollen Höhe auf, wie wenn sie sich vorbereitete, den Kamps mit ihrem Schicksal arefzunehmen, das sie zu überwältigen drohte. Geoffry schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, nein. Ich fürchte, wir sind niemals Freunde gewesen, höchstens für ganz kurze Zeit. Wir haben geschlafen, Miß Saltonn. und die Träume während un seres Schlummers waren sehr süß; nachdem wir aber wach geworden sind, wird es sehr schwer sein, uns wieder in Schlummer einzuwiegen. Daraus komm» ja auch wenig an. Heute ist Donnerstag, und Sonnabend bin ich fort. Sie brauchen nur ein Wort zu sagen — und wir sehen uns nie im Leben wieder." Er kehrte zu seiner Beschäftigung zurück, den Schaden zu verbessern, den sie ihrer Malerei angetan hatte, indes Rachel stillstand und zitterte bei dem qualvollen Gedanken, der ihre kurze Wonne zu Boden geschmettert hatte — der Erinnerung an die ungeheure Scheidewand, die sich zwischen ihr und diesem Manne aufrichtete, und dem furchtbaren Schmerze, den sie voraussah, wenn sie dieser Scheidewand gestattete, ihr LebenSglück zu zerstören. ES war ihr nicht entgangen, daß er zu der früheren Form der Anrede zurückgekehrt war, und sie hatte nicht den Mut, eS nicht ebenso zu machen. „Mr. Salter", beaann sie mit bebender Stimm«, „tadeln Sie mich nicht! Halten Sie mich nicht für dreist oder leichtfertig! Ich habe Sie sehr, sehr ger«, und e» ge- schah tn der Ueberraschung. Ader wir sind so gut« Freund,
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