01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.03.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030328014
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903032801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-03
- Tag1903-03-28
- Monat1903-03
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Ämtsbkatt des königlichen Land- nnd des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates nnd des Volizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen.Prei- die 6 gespaltene Petitzeile LS Reklamen unter dem Rrdaktiontstrich <4 gespalten) 73 vor den fsamiltennach' richten («gespalten) 30 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuannahm» 23 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesärderung ^l SO.—, mit Postbesärderung 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abrud-Au-gabe: Bormittag« 10 Uhr. Morgeu-Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« an bt« Expedition zu richte». Die Erpedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abeud« 7 Uhr. Druck und Verlag vo» E. Polz t» Leipzig. 158. . Sonnabend den 28. Mürz 1903. Amsularrefornr iu den Vereinigten Staaten und Deutschland. Die aus Washington gemeldet wird, haben Präsident Roosevelt und der Staatssekretär des Auswärtigen Hay durchgreifende Aenderungen im Sonsular- dienft der Bereinigten Staaten beschloffen. Die Politik Mrd au- dem Konsulardtenst völlig ausgeschaltet werden; weiter sollen alle Beamten, die in irgend einer Beziehung den Ansprüchen deS Dienstes nicht genügen, aus ihren Stellungen entfernt werden. Eine solche Konsularreform ist schon früher mehrfach von einflußreichen und klar sehenden Politikern der Vereinigten Staaten gefordert worden, Loch konnte sie bislang nicht durchgeführt werden, obgleich ziemlich allgemein zugegeben wurde, daß der Konsulardienst der Union sehr im Argen liege und darum auch längst nicht den Nutzen bringe, den man von ihm er warten könnte. Die Hauptursache für die Verwahrlosung, die mit der Zeit im amerikanischen Konsularwesen ein- gerissen ist, liegt ohne Zweifel darin, daß in den Ber einigten Staaten die Konsulate als wertvolle politische Beutestücke angesehen und demgemäß vielfach solchen Personen übertragen werben, denen nicht nur jede allgemeine Bildung, sondern auch jede besondere Eignung zu tüchtigen Verwaltern eines Konsularamtes fehlt. Außerdem bringt eS der häufige Parteiwechsel in der Bundesverwaltung mit sich, daß auch daS im Konsular dienste beschäftigte Personal beständig wechselt. Dadurch wird natürlich eine gründliche Kenntnis der ausländischen Verhältnisse dem jeweiligen Konsul unmöglich gemacht. Unter den bestehenden Verhältnissen sehen manche amerikanische Konsuln ihre Hauptaufgabe darin, während ihrer manchmal nur vierjährigen Dienstzeit möglichst viel Geld zu machen oder sich im Auslände auf eigene oder aus Staatsunkosten gründlich zu amüsieren. Mehrere besonders krasse Fälle der letzten Zeit, in denen amerikanische Konsuln sich in einem recht bedenk lichen Sichte gezeigt haben, dürften vor allem dazu beige tragen haben, Roosevelt zu einer energischen Reinigung des Augiasstalles zu veranlaßen. Angesichts der Partei verhältnisse in den Vereinigten Staaten muh sein Begin nen wirklich als eine Herkulesarbeit erscheinen; denn bei dem Versuche, den Konsulardienst völlig von der Politik zu trennen, kann es ohne Verletzung gewisser Elemente deS Senates nicht abgehen. Manche Senatoren betrach- teten e» geradezu al» ihr Privileg, sobald sie in Amt und Würden gekommen waren, dem Präsidenten Leute, denen sie sich verpflichtet fühlten, zur Verwendung im Konsular- dienste zu empfehlen, und wehe dem Präsidenten, der solche Empfehlung unbeachtet ließ. Mr. Roosevelt ist nun aber einmal eine Kampfnatur, und da er mit dem Senat ohne hin so schlecht wie möglich steht, so hat er in dieser Be ziehung vielleicht auch wenig zu verlieren. Es ist ihm deshalb schon zuzutrauen, daß er zu einem guten Ende führen wird, was seinen Vorgängern bisher mißlungen. In Deutschland hat das Konsularwrsen -er Union sich häufig eine recht herbe Kritik gefallen lassen müssen. Dieser Kritik gegenüber sei jedoch auch auf die Lichtseiten deS ame- rikanischen Konfularwesens hingewiesen. Der gesamte Konsulardienst kostet der Union keinen Heller, er bezahlt sich selbst, und was das heißen will, wird man leicht ein sehen, wenn man einmal nachschlägt, was beispielsweise Deutschland für feine Konsulate auSgibt. Wenn ander seits der amerikanische Konsul manchmal zu wenig von dem Gefühle durchdrungen ist, daß er auf exponiertem Posten auch die Würde der heimischen Beamtenschaft zu vertreten hat, so ist eS der deutsche Konsul meist viel zu sehr. Der deutsche Konsul ist nur zu häufig durch und durch Bureaukrat, der amerikanische Konfus ist Geschäftsmann. Ebe er in den Konsulardienst eintrat, war er in vielen Fällen Leiter großer geschäftlicher Etablissements, zu denen er nach seinem Ausscheiden aus dem Amte wieder zurückkehrt. Er hat meist einen guten kaufmännischen Blick, und wenn er auch häufig nicht ganz uninteressiert ist, so vermag er seinem Lande doch noch mehr zu leisten, als der steife deutsche Beamte, dem oft die praktischen Grundlagen fehlen. Wenn der amerikanische Konsul sich etwas mehr al» Beamter und der deutsche sich etwas mehr al» Vertreter geschäftlicher Interessen fühlenwollte, so würde der eine dem Prestige seine» Laude», der andere dessen Handelsinteressen besserzudienenvermögen,al»daSbiSher derFallwar. Deutsches Reich. --- Berlin, 27. März. (Deutschlandskolonial- politische Aufgabe.) Vizeadmiral a. D. Freiherr von Schleinitz, der koloniale Verhältnisse in Afrika und in der Südsee aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, übt im Aprilheftc der „Deutschen Revue" an der deutschen Kolontalpolitik, Siautschau ausgenommen, scharfe Kritik. Im Mittelpunkte dieser Kritik steht Deutsch lands Verhalten, betreffs der Eingeborenen- Frage. Schleinitz beklagt, daß Deutschland nicht den wahren Schatz gehoben habe, der uns zur Mehrung von Ansehen und Macht in der Kraft der Eingeborenen zuge fallen war, daß sich vielmehr Deutschlands kurzsinniges Bestreben auf die Ausbreitung des den Eingeborenen ge hörigen, ihnen fortzunehmenden Bodens richtete. Blindlings habe man das Verfahren anderer Kolonial mächte zum Vorbilde genommen, ohne den veränderten Zeitläuften und dem Kulturstande Rechnung zu tragen. Heutzutage aber klinge es schon fast unglaublich, daß söge- nannte koloniale Praktiker offen aussprechen und auch damit Glauben finden konnten, daß die Schwarzen nur eine Abart des Menschengeschlechtes und von Rechtswegen durch die Weißen, gleich dem Tiere, auszunutzen seien, während das von anderer Seite gestellte Verlangen der Anerkennung ihrer Menschenrechte, menschenwürdiger Behandlung und Hebung auf höhere Kulturstufen als Humanitätsdusel bezeichnet sei. „Da konnte", bemerkt hierbei Schleinitz, „das Vorkommen der bekannten Aus schreitungen eines Leist, Wehlan u. a., deren Untaten bei manchen durch die dem Tropengewohnten lächerliche Fabel vom Tropenkoller als unverschuldete Krankheit angesehen worden und selbst bei den Richtern eine unbegreiflich milde Beurteilung fanden, nicht wunder nehmen. Die Allgemeinheit bis in hohe Kreise hinein war sich der eigenen Urteilslosigkeit zur Sache bewußt und nahm einige gcwifscnlosc, großsprecherische Menschen, die in Afrika noch mehr verroht waren und mit ihren Erfahrungen prahlten, alS Autoritäten in der Eingeborencn-Frage hin." — Im Gegensätze zu den kolonialen Praktikern dieses Schlages vertritt Schleinitz unter Berufung auf eine große Zahl von Kolonialbeamten und von sonstigen Fachmännern die Auf fassung, daß die Arbeitsunlust des Negers durchaus keil', von der Raffe untrennbares Uebel, sondern durch die Enk- Wickelung erzeugt, durch eine Reihe von Einflüssen des sozialen Lebens begünstigt sei. Auch auf dem letzten Kolo nialkongreß sind unter dieser Voraussetzung gewichtige Stimmen laut geworden, die auf die Notwendigkeit einer wohlwollenden und heraufziehenden Behandlung der Ein geborenen hinwiesen. Schleinitz gelangt von seinem Standpunkte aus u. a. zu folgenden Forderungen: Kein Land mehr in größeren Komplexen vergeben, sondern nur an Ansiedler oder Kaufleute auf Grund von Kaufver trägen, die unter Negierungskontrolle mit den einge borenen Eigentümern abgeschlossen sind; Einführung einer Landordnung oder eines Erbpachtsystems zur Ver hütung der Landspekulation; keine weitere materielle Unterstützung der großen Konzessionsgescllschaften, außer Schutz; größere Strenge in Bezug auf die Einhaltung übernommener Verpflichtungen durch die Konzessionsge sellschaften; umfassenden Rechtsschutz der Eingeborenen gegen Uebergriffe der Weißen; Verbot des Branntwein imports, soweit er für di« Eingeborenen bestimmt ist; Er ziehung der Bevölkerung zur Kultur, nicht bloß durch Förderung der Mission und der Schulen, sondern auch durch Belehrung und Anleitung für ertragreiche Einge borenenkulturen aller Art; Abnahme und gute Bezahlung ihrer Erzeugnisse durch Begünstigung des privaten Han dels; Einführung einer mäßigen Besteuerung der Einge borenen erst dort, wo Aufwendungen sür eine gerechte Verwaltung und für Verkehrsmittel gemacht und dem Eingeborenen kenntlich geworden sind; Anlage von Wegen und Bahnen zur Beförderung der Landcscrzeugnisse und der Einfuhr auf Reich-skosten, durch Privatunternehmer nur unter der Bedingung, daß ihnen kein, Land an der Bahn oder nur insoweit abgetreten wird, als es zum vorteilhaften Bahnbetriebe gebraucht wird; allmählich Einrichtung von Polizeitruppcn aus den Eingeborenen, später Einführung einer den Umständen angepassten Mili- tärdienstpflicht bei ihnen, damit sie sich im Falle einer Be- kriegung Deutschlands unter Führung deutscher Offizier« selbst schützen können. Von der Durchführung eines solchen Programms verspricht sich Freiherr von Schleinitz für Deutschland die Aussicht, eine starke Kolonialmacht zu werden. Berlin, 27. März. lDie Wahl in Holz- minden-Gandershetm.) Der Entschluß der so genannten nationallibcralen Vertrauensmänner im Reichstagswahlkreiss Hokzminden - Ganders heim, die Kandidatur des Welsen v. Damm zu unter stützen, ist nicht nur eine gröbliche Verleugnung funda mentaler Grundsätze der nattonaUiberalen Partei, son dern auch eine arge Verhöhnung der „Mit teilungen für die Vertrauensmänner der nationalliberalen Partei". Das genannte parteioffizielle Organ hat erst in seiner Nummer 7 vom 1. Dezember 1902 an leitender Stelle einen „Welfische Umtriebe" überschriebenen Artikel veröffentlicht, der folgendermaßen beginnt: „Die Welfen, die Demokraten nnd die Sozialdemokraten pflegen ihre Agitation ganz besonder- auch durch Kalender zu betreiben . . . Hatten sich die Welfen bisher damit begnügt, ihren gelben Hannoverschen VolkSkalender unter die Leute zu bringen, so sind sie nun dazu über gegangen, auch das Land Braunschweig mit einem Sonderkalender dieser Art hetmzusuchen, der in der Tat unter den VorhetzungjS Mitteln de» Fahre» 1908 den ersten Rang bean. fpruchen kann." Die „Mitteilungen für die Ver trauensmänner der nationalltberalen Partei" druckten im Anschluß hieran ein« lange Kennzeichnung jenes wel- fischen Machwerke» ab, wie sie in der „Kreuzztg." sich ge funden hatte, und setzten hinzu, daß sie dieser Kritik kein Wort hinzuzufüyen brauchten. Die Kritik der „Kreuz- Ltg.? aber besteht tn de« Nachweise, daß durch de« alt ¬ braunschweigischen Bolkskalender ein Geist des Haffes und der Aufreizung gegen Preußen sich hindurchzieht. Die „Mitteilungen für die Vertrauensmänner der nationalliberalen Partei" ermangelten ferner nicht, auch die Nutzanwendung ihren Lesern mitzuteilen, welche die „Kreuzztg." der Kritik des wölfischen Hetzkalenders bei gefügt hatte. Darin heißt es wörtlich: „Es darf uns keineswegs gleichgültig sein, wenn die prinzipielle Oppo sition einige Stimmen im Reichstage gewinnt. In Lebensfragen der Nation können, bet der Verworrenheit unserer Parteiverhältnifse, leicht wenige Stimmen ent scheiden, und bei den künftigen Reichstagswahlen wird es daher in Braunschweig wie in Hannover heißen müssen: niedermit den Welfen." — Nur wenn die Nationalliberalen im Reichstagswahlkrcise Holzminden- Gandersheim dieser Parole folgen, handeln sie gemäß den nationalliberalen Grundprinzipien; nur dann haben sie einen begründeten Anspruch darauf, sich national- liberal nennen zu dürfen. * Berlin, 27. März. (Delegiertentag der konservativen Partei.) Ueber den am Mittwoch in Berlin unter Beteiligung von mehr als 400 Mitglie- dern der konservativen Partei aus allen Teilen -es Reiches, unter Ausschluß der Berichterstatter der Presse, abgehaltenen Delegiertentag bringt die „Kons. Korr." jetzt ausführliche Mitteilungen: Die Verhandlungen wurden dvrch den Parteivorsihenden Frhrn. v. Manteuffel-Krossen mit einer Ansprache eröffnet, in der er auf den bevorstehenden Wahlkampf hinwies, der für die Partei scharf und äußerst ernst sein werde. Die Sozialdemokratie bereite einen mächtigen Ansturm vor; die Regierung aber begegne dieser Partei nicht mit der nötigen Energie. Den Konservativen sei es in erster Linie zu verdanken gewesen, daß die Kraftprobe der Sozialdemokratie im Reichstage zurückgcwiesen wurde; man hätte deshalb er warten können, die Regierung werde auf dem geschaffenen ge meinsamen Boden mit den Konservativen den Kampf gegen die Sozialdemokratie und deren Helfershelfer aufnehmen. WaS sei aber geschehen? Die Antwort der Regierung sei ein Ent gegenkommen an die Linke gewesen. Es sei die Verheißung de« „Klosettgesehes" und das bekannt Revirement erfolgt, dessen politischer Charakter hauptsächlich in der Provinz Hannover hervortrete. Diese Ausführungen wurden mit lebhaftem Bei fall ausgenommen. Hierauf wurde in Punkt 1 der Tagesord nung „Organisation und Wahlen" eingetreten. Die vom Berichterstatter Herrn v. Locbcll vorgctragcncn orga nisatorischen und taktischen Vorschläge des Partcivorstandes fanden allgemeine Zustimmung. Als der Redner den bevor stehenden Kamps gegen die Sozialdemokratie als einen Kampf des Glmibens gegen den Unglauben charakterisierte, nahm der Beifall „den mächtigsten Umfang" an. Das Referat über den zweiten Punkt der Tagesordnung „Allgemeine poli tische Lage" erstattete Graf zu Limburg-Stirum. Nachdem er unsere jetzige Auslandspolitik, die „soweit wie möglich die Bahnen Bismarcks verfolge", günstig besprochen hatte, erörterte er die Polenbewegung, die Handelspolitik, deren Hauptfehler die „Scheu vor Konflikten mit dem Aus lande ,-u Gunsten des reinen Handels und der Schiffahrt" sei, Heer, Marine, Kolonien, Rcichsfinanzen usw. Ferner besprach erdieStellungderBeamtenzurkonservativen Partei und zur Regierung und erntete „brausenden Beifall", als er denjenigen Beamten Dank und Anerkennung aussprach, welche wegen ihres parlamentarischen Votums bei der Kanalvorlage gemaßregelt worden waren. Als Korreferent erörterte hierauf vr. v. Dziembow ski die O st m ar ke n fr a g e. Als Sachverständiger und lang jähriger Beobachter der polnischen Bewegung brachte der ge nannte Referent, Landeshauptmann von Posen, eingehende Darlegungen zum Vortrag, die später in extenso veröffentlicht werden sollen. Nach einer kurzen Debatte, in welcher nament lich Frhr. v. Durant darauf hinwies, daß dem Liberalismus als Vorfrucht der Sozialdemokratie und als Gegner aller pro grammatischen Forderungen der Partei keine Konzessionen auf politischem Gebiete gemacht werden dürften, ergriff Graf v. Mirbach-Sorquitten das Wort zu seinem Referate über Punkt 3 der Tagesordnung „Wirtschaftspolitik". Es gelangte folgende Resolution zur Annahme: „1) Es wird gefordert, daß die bestehenden Han delsverträge baldigst gekünd.igt werden, 2) daß bei Neuordnung unserer Handelsbeziehungen die Meistbegünstigung nicht ohne vollkommen) gleichwertige Gegenleistungen eingeräumt wird. 3) Es soll nur solchen Handelsverträgen zugcstimmt werden, welche unter gleich mäßiger Berücksichtigung aller Fabrikationszweige die Lage der Landwirtschaft wesentlich bessern und für ihr Gedeihen ausreichende Grundlagen bieten. 4) Eine Ab schwächung der gegenwärtigen Börsengesetzgebung ist zu verhindern." Zum Schluß sprach Frhr. v. Richthofcu--Mcntschütz über „Arbeiterfürsorge und Mittelstand". ES wurde folgender Resolution zugcstinnnt: „l. Die konservative Partei treibt nicht Sozialpolitik, um die Gunst von Wählermassen zu erlangen, und macht nicht unerfüllbare Versprechungen; Wohl aber will sie die un erschütterlichen Grundsätze des Christentums und deren Be tätigung in der Gesetzgebung zur Geltung gebracht sehen. ll. Die Fürsorge für die wirtschaftlich Schwachen, welche durch die Allerhöchste Botschaft Kaiser Wilhelms I. vom 17. No vember 1881 eingeleitet ist, hat sich nicht nur auf die Arbeiter, für welche durch Arbeiterschutz- und Versicherungsgesctze in zwischen bereits Bedeutendes erreicht worden ist, zu erstrecken. Der Mittelstand in Stadt und Land (Handwerker, Klein gewerbe, kleiner und mittlerer Grundbesitz usw ), von deffen Gedeihen die Erhaltung de» Vaterlandes abhängig ist, er scheint aus da» höchste gefährde» und ist zum Teil unter die 97. Jahrgang. wirtschaftliche Lage von Lohnarbeitern herabgesunken. — Die M den Mittelstand unabweisbaren Maßnahmen sind nicht länger hinauszuschieben. III. Daneben erstrebt die konservative Partei: 1) die weitere Ausgestaltung des Arbeiterschutzes, namentlich mit Bezug auf die Arbeit der Frauen und Kinder, soweit Ge sundheit und Familienleben gefährdet erscheinen, 2) die Ver besserung der ArbeiterversicherungSgesetze, wobei dem Plane einer Witwen- und Waisenversicherung ernstlich näher zu treten ist. IV. Der konservativen Partei würde das freudige Eintreten für die Arbeiterfürsorge wesentlich erleichtert werden, wenn die Regierungen im Reich und in den Einzelstaaten sich ausnahms los entschließen möchten, 1) für die Erhaltung und Förderung des Mittelstandes, 2) für einen besseren Schutz der nationalen Produktion, 3) gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der jede göttliche und menschliche Autorität untergrabenden Volksverführer zielbewußt und energisch vorzugehen." (D Berlin, 27. März. (Telegramm.) Der Kaiser, die Kaiserin und Prinz Adalbert unternahmen heute vormittag einen längeren Spazierritt nach dem Grünewald. Die Kaiserin stürzte bei diesem Ritte mit dem Pferde und zog sich einen leichten Unterarmbruch zu. (-) Berlin, 27. März. (Telegramm.) Di« „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Der württembergische Staatsminister deS Auswärtigen, Frhr. ». Soden, früherer Gouverneur von Ost afrika und Kamerun, ist heute Morgen hier eingetroffeu und hat ein Frühstück bei dem Staatssekretär de» Auswärtigen Frhrn. v. Richthofen eingenommen. Ferner Ware» ge laden der württembergische Gesandte Frhr. v. Varnbueler, die württembergische» Bevollmächtigten zum BundeSrate, Staatssekretär Kraetke, der UnterstaatSfekretär und die Direktoren deS Auswärtigen Amtes, der deutsche Gesandte in Bern, v. Bülow, sowie die Gouverneure von Südwest afrika und Ostafrika Oberst Leutwein und Major Graf v. Götzen. (-) Berlin, 27. März. (Telegramm.) Gegenüber einer Meldung der Konstantinopeler Korrespondenten de« „Brrl. Tageblattes", der deutsche Botschafter Freiherr »«« Mar schall habe den Oekumenischea Patriarchen und den bulgarischen Eparchen ausgesucht und ihnen nahegelegt, in ihren Diözesen allen Einfluß zur Auf rechterhaltung zurRuhe geltend zu machen, erklärt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": Zn Wahrheit wieder holte ter Botschafter dem ökumenifchen Patriarchen gegen über lediglich einen ibm von diesem abgeslatteten Höflich keitsbesuch, ohne dabei irgendwie eine Andeutung in dem behaupteten Sinne zu machen. Den bulgarischen Eparchen hat der Botschafter überhaupt nicht besucht. — Im Reichsamt des Innern wurden gestern unter dem Vorsitz de« Geheimrats vr. van der Borght die Er hebungen über die Syndikate und Kartell« fort gesetzt; e« fand der „Köln. Ztg." zufolge eine Besprechung statt mit Vertretern des rheinisch-westfälischen Kohlensyndi- kals und der oberschlesischen Kohlenkonvention, sowie mit mehreren Vertretern der Landwirtschaft und verschiedener Industriezweige in den nördlichen und östlichen Teilen des Reiches und in Elsaß-Lothringen. AuS der Enquete-Kom mission waren die ReickStagSabgeordneten vr. Beumer, Gothein, vr. Spahn und Molkenbuhr zu dieser Erörterung eingrladen. — Von einer auffälligen Ordensver leihung erfährt man aus dem preußischen „Staatsan zeiger" durch die Erteilung der Königlichen Erlaubnis zum Tragen des Ordens; es handelt sich um die Ver leihung des Ehren-Großkomturkreuzes des Olden- burgischen Haus- und Verdienstordens des Herzogs Peter Friedrich Ludwig an den Bischof von Trier, Korum. Die politisch« Würdigung d«r An gelegenheit hängt von dem Zeitpunkte derVer- leihung ab. Liegt dieser vor dem Trierer Pu tz l i k a n d u m Korums, so kann die Sache sehr harmlos sein ; liegt er n a ch ihm, so mutz die Auszeichnung als eine Demonstration Oldenburgs aufgefaßt werden, und dann könnte man daraus auch seine Schlüffe auf die Stellung Oldenburgs zum Jesuitengescye ziehen. Bei dem Schneckentempo der offiziellen Pubükations- Maschinerie ist aber der erstere Fall wahrscheinlicher. * Aus dem rheinisch-westfälischcn Iadustriegebiete wird der „Köln. Ztg." unter der Uebcrschrift „Besuch aus Pole n" geschrieben: Auf eine Anfrage des Abg. Mizerski hat der Eisenbahnminister bestätigt, daß zum 1. April eine Anzahl Eisenbahnbeamtcr wegen ihrer polnischen Agitation aus dem Osten nach dem Westen versetzt werden soll. Es ist namentlich das rheinisch-westfälische Industrie- gebiet, in das diese Beamten — man spricht von drei hundert — in diesen Tagen ihren Einzug halten werden. Für den Osten ist eine derartige Maßregel fa durchaus erfreulich, zumal es sich um einen Austausch handelt, also an die Stelle jener polnisch gesinnten Beamten Männer treten werden, deren Heimat dafür bürgt, daß sie gut deutsch sind bis in den letzten Blutstropfen. Aber für den Westen und besonders für das Industriegebiet bedeutet diese neue Durchsetzung mit entschieden polnischen Ele menten eine keineswegs geringe Vermehrung der Schwierigkeiten, die das Anwachsen der polnischen Vevöl- kerung dort hervorgerufen hat. Nach der letzten Volks zählung ist die Zahl der Polen in der Provinz West- falen gestiegen in den Jahren 1890 bis 1900 von 24 000 auf 91 000 im Kreise Gelsenkirchen von 74 vom Tausend auf 138, im Kreise Recklinghausen von 89 vom Tausend auf 141. Auch in den Kreisen Dortmund und Bochum hat die Zahl der Polen sehr stark zugc- nommen. Die Schwierigkeiten nun, die das Einströmen der Polen regelmäßig im Westen hervorruft, liegen tn ihrem nationalen und kulturellen Abschluß von der andern Bevölkerung, in der Pflege de» polnischen Fanatismus, der genau wie im Osten bis zu dem Boykott deutscher Ge- schäfte herabiustetges pflegt. S» scheint »nL nu« -u de«
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