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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030212019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903021201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903021201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-02
- Tag1903-02-12
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Donnerstag den 12. Februar 1903. Arrzelgerr-PreiS die 6 gespaltene PetüzcUe L5 Nekl«»«» nut« de» Redaktton-Lrtch (»gefpaltmü 7S vor d« Famtüeunach- richten (S gespalten) 50 Tabellarisch« and Htfferusatz «atspr»ch«ud höher. — Vebübrra nlr Nachweisung«» nnd Offertemumahm« LS (excl. Porto). Extra-Vella-« (gefall »»» »V der Morgen-Ausaab«, atz», Pvstdeförderung Sch-» nett Poftdafördmmg ^l 7V^-> Amuchmrschluß str Lryei-eu: Abend-AnügaLer vormittag» 10 Uhr. vtorg»»->u»gaLet Nachackttag» - Uhr. Untz-i-e» find stet» u di« tzhqmdttton P> richten. Die Expedition ist Wochentag- mnmterbrvche, geöffnet von früh S bi- abend» 7 Uhr. Druck and Verla- v« 0. polz in Leipzig. 97. Jahrgang. Vie Kriegserklärung -es Lundes -er Landwirte. Den Landwirten, die als Parlamentarier für den Zoll tarif gestritten haben, obgleich er nicht alle ihre Wünsche erfüllt, hat beim Gastmahl de» Deutschen Land- wirtschaftörates Graf Bülow am vorigen Donnerstag seinen Dank ausgesprochen. In denselben Tagen hat in Stendal eine KreiSversammloug deS Bundes der Laad wirte zwar bedauert, daß nicht höhere Zölle beschlossen wor den sind, sich aber dagegen verwahrt, wider diejenigen Ab geordneten einen Borwurf zu erheben, die mit dem Anträge Kardorff daS Erreichbare auuehm« zu sollen geglaubt haben. Ja, man bat den konservativen Abgeordneten Himburg, der für den Tarif gestimmt hat, ausdrücklich, bei der bevor stehenden Neuwahl wieder zu kandidieren, und versicherte: „Wir werden einmütig fürihu eiutreteu." Unter ähnlichen Gesichtspunk ten ist der Beschluß des Deutschen Landwirtschaftsrates zu stände gekommen, der dem Borstand« für die Zustimmung zum Tarif mit 4V gegen 17 Stimmen das Vertrauen votiert hat. Generale ohne Soldaten hat alsbald in der „Deutschen Tageszeitung" der BuudeS-Publizist vr. Oertel diese Landwirte genannt und den Grafen Bülow davor gewarnt, sich auf diese Kreise zu stützen. Je näher der Tag der großen BundeS- Heerschau heranrückte, umso lauter wurde dieses Motiv instrumentiert, bis die KampfeSweise ertönte für die Wahlen und di« Handelsverträge: „Da- ist der schwerste, der ent scheidende Kampf. . . Aber der deutsche Mann freut sich deS Kampfes". Der Ouvertüre hat das Stück entsprochen. Galt eS doch zugleich, daS zehnjährige Bestehen de» Bundes zu feiern und zu zeigen, daß man seit jenem Aufrufe von Ruprecht-Ransern daS Schreien noch nicht ganz verlernt hat. Herr v. Wangen hei m zwar, der nicht das Temperament eine- Ploetz besitzt, ver wahrte sich dagegen, daß die deutsche Landwirtschaft durch die Schärfe deS Kampfes sich hinreißen lassen könnte, Scenen herbeizuführen, die mit Ruhe und Würde nicht im EinNang stehen. Aber vr. Hahn nimmt daS nicht so genau. Vor allem die Männer der Regierung hat er seinen Zorn fühlen lassen io Formen, die mit Würde nicht viel zu tun haben. Daß er absichtlich die Namen Bülow und Caprivi mit einander verwechselte, hat natürlich seinem Publikum ge- fallen. Es waren ja auch gegen 8000 Mann beisammen, also eine Volksversammlung, die sich langweilt, wenn ihr keine Späße vorgemacht werden. Andere denken darüber ander-, wie auch über die Art und Weise, wie er ein „Votum extrahierte", indem er die Tausende auf die Frage, ob sie für den Tarif gestimmt haben würden, mit „Nein" antworten ließ. Emphatisch bezeichnet er die Männer de» Landwirte- Bunde- als Stützen der Monarchie. Das hindert ihn aber nicht, wie der routinierteste Demagog den Reichskanzler und die Staatssekretäre als Abtrünnige vom BiSmarck- Wilhelmschea Geiste zu schelten und ihnen vorzuwerfen, sie sei« nicht» al» liebenswürdig. Die richtige Politik zu treiben, sei daher heilige Pflicht des Bundes. Tragisch ist da» allerdings nicht zu nehmen, ebenso wenig wie die Pfui-Rufe, die Herr v. Wangenheim „extrahiert" hat, indem er vom Grafen PosadowSky behauptete, er habe der deutschen Landwirtschaft den Anspruch auf besondere Berücksichtigung ihrer Inter essen bestritt«, da sie numerisch bereit- so weit zurückgegangeu sei. Die Leiter de» BuodeS halten es jedenfall» für einen taktisch« Fehler, wollten sie schon im jetzigen Stadium der Wirtschaftspolitik den Regie rung« gegenüber etwa» andere» zur Schau tragen, al» den Pessimismus, vor dem Graf Bülow sie so eindringlich ge warnt hat. Die gleiche Erwägung bestimmt ihr Verhältnis zu den Partei«. Die Konservativen werden, soweit sie für den Antrag Kardorff — da» „größte wirtschaft liche Unglück" — gestimmt hab«, zwar nicht gerade freundlich, aber doch noch mit einiger Rücksicht behandelt. Die Versammlung ließ d« jovialen Herrn v. Kröcher, der die zustimmende Haltung zum Tarif mit den Argument« des verstäodigea Mannes und erfahrenen Politiker» rechtfertigte, ganz ruhig auSredrn und spendete ihm sogar hier und da Beifall. Aber dir Nati onal liberalen wurden schwarz angestrichen. Da war e« Liebermann v. Sonnenberg, der sich io geschmacklosen Redensarten geradezu erschöpfte. Boa den Männern, deren Votum genau auf der Linie ge blieben ist, die für die Partei seit Jahren feststand, von der einzig« Partei, die nicht „umzufallen" brauchte, um für die Borlag« der verbündeten Regierungen zu stimmen, sagte er, mit Unrecht habe ein pfälzischer Redner sie mit Burgruinen ver- glichen. „Burgruinen haben etwa» Ehrwürdige» an sich, auch wenn der Wind durch abgedeckte Hallen pfeif», aber di« nationalliberal« Partei in ihrem jetzigen Zustand« hat nicht» Ehrwürdige» mehr für sich." Liebermann verglich st« mit Binsen, auf di« man sich nicht stützen könne, und rief „Krieg d« Nationalliberal«»!' Wahrlich, »in Meisterstück politischer Taktik angesichts der Verhältnisse, wie sie gerade der Kampf um den Zolltarif gezeitigt hat! Aber die ganze Veranstaltung dieser BuudeSparade wird eben nicht von dem Geiste politischer Berechnung, nicht von sachlichen Erwägungen getragen. Sie verfolgt auch beute noch die agi tatorischen Zwecke in allererster Linie. Begründet auS einem wirk lichen Bedürfnis heraus, ist der Bund in den zehn Jahren seines Bestehens zu gewaltigen Dimensionen angewachsen. Eine Viertelmillion beträgt auch heute noch die Zahl seiner Mitglieder. Dem entsprechend hat er große Organisationen für seine Verwaltung geschaffen, die erschüttert würden, wenn die Mitgliederzahl zurückginge. Die Existenz des Bunde- wird den Führern immer mehr Selbstzweck, und schon deshalb legen sie auf temperamentvolle Behandlung der politischen Fragen da» Schwergewicht. Gleichzeitig wird versucht, die werbende Kraft über den Kreis der BerusSgenoffen hinaus auSzudehnen, vor allem für die künftigen Reichs- tagSwahlen auch außerhalb der Landwirtschaft 'Stimmung zu machen. Freiherr v. Wangeuheim sprach daher von der Bedeutung de» Mittelstände-, als des wichtigsten Stande- sür Erhaltung von Reich und Staat. Seine Erhaltung sei noch wichtiger, als die der Landwirtschaft allein. Herr Oertel kam in die Versammlung geflissentlich zu spät, weil er „im Reichstage die schwere Pflicht hatte, sich mit dem Staatssekretär Grasen v. PosadowSky über die Frage auSeinauderzusetzea, ob der Mittelstand erhalten werden könne, ob er zu den Dingen gehöre, die abstrrbeu müssen, weil sie nicht erhalten werden können." Dem Verlauf entspricht die politische Bedeutung dieser Zehn Iahre-Feier des Bunde- der Landwirte. Er besitzt nach wie vor di« Macht über die Landwirte, ihre politische Stellung nach ihren wirtschaftlichen Interessen zu be stimmen. Da- ist auch in Zeiten, die in solchem Grade, wie die Gegenwart, im Zeichen der Wirtschafts politik stehen, von solche», ihren rein wirtschaftlichen Sonder zweck rücksichtslos verfolgenden Männern nicht ander- zu er warten. Die politischen Parteien aber fühlen dem gegen über doppelt stark die Verpflichtung, die politischen Gesichts punkte hinter den materiellen Interessen nicht zurücktreten zu lassen. Sie haben keine Veranlassung, den Liebermannschen Ruf variierend und unbekümmert um die politischen Folgen die Parole auSzugeben: „Krieg dem Bunde der Landwirte." Sir werden e- aber ablehnen, ihre Kandidaten für den nächsten Reichstag lediglich unter dem Gesichtspunkte zu wählen, wie viel Pfennig oder Mark der einzelne für diese oder jene Position der Vertragstarife zu fordern bereit sein wird; sie werden eS ablehnen und überall, wo dem bündlerischen Kandidaten ein für die politische Entwickelung deS Reiche» nicht gefährlicherer Gegner gegenübersteht, diesem zum Siege verhelfen. Deutsches Reich. 6. 8. Berlin, 11. Februar. (Der Aufmarsch zur Schlacht.) Sehr schnell vollzieht sich sür die nächsten Reichstagswahlen der Aufmarsch der verschiedenen Parteien. Fast alle bekannten Führer kandidieren wieder; viel neue» Blut wird also i» den neuen Reichstag wohl nicht kommen. Trotzdem wird er bei der Stimmung im Lande mehr Geld kosten als irgend einer seiner Vorgänger. Ja den sozial demokratischen Kreisen wird daher wildem größten Eifer gesammelt; Tausende und Abertausende sind allein in den letzten Tagen eingekommen. Dir Genossen hoffen überdies ganz bestimmt, daß vom Ausland« diesmal sehr hohe Summe» eingehen werden; eS soll gelungen sein, die Sozialdemokraten der übrigen Länder für die deutschen Neichstagswahlen mobil zu machen. Eine kleine Cigarreumacher-Uniou in New Pott hat, wie versichert wird, bereit» 100 Dollar kür die deutschen Reichstag-Wahl« bewilligt und weitere Beiträge i» Aussicht gestellt. Anarstcht- dieser Tätigkeit und Opserwilligkeit der Sozialdemokratie erheben sich immer zahlreichere Stimmen, welche die bürgerlichen Parteien zur Einigkeit mahn«. Aber diese Stimmen verhallen im Lärme der Schlachtrufe; nicht einmal di« freisinnigen Parteien werden auf gemeinsamer OprrationSbasi» Vorgehen und trotz der Mahnung de» Präsidenten deS Abgeordnetenhauses v. Kröcher in der Bundesversammlung der Landwirte laufen die Bündler selbst gegen die am weitesten nach rechts stehenden Nationallideralen Sturm. Daß die Polen arg« da» Zentrum rüsten und selbst den Grafen Ballestrem »u verdräng« suchen, ist bekannt. So droht denn der Wahlkampf an Schärfe und Heftigkeit alle vorheraegaagenen zu übertreffen und am verderblichsten unter den bürgerlichen Parteien zu wüten, zum Triumphe der Sozialdemokratie, in deren .Reihen alle Risse überbrückt, alle Gegensätze «»»geglichen sind. Und da nach unsren In formationen nicht mehr daran zu zweifela ist, daß der Wahl kampf End« Mai oder Anfang Juni auSgefochten wer den soll, so ist e» allerhöchste Zeit, daß wenigsten« da, wo eS »och möglich ist, einander nahrsteheode Parteien dir Strritart begraben und zu gemeinsamem Vorgehen gegen die Sozial demokratie sich verbünden. -i- Vertin, tl. Februar. kDi« Kaution im Straf verfahren und dir Sozialdemokratie.) Es ist keines wegs verwunderlich, daß die Flucht de- Kurpfuscher» Nardenköttrr, der gegen «ine Kaution von 1b 000 hatte in Freiheit bleiben dürfen, von de» Sozialvemokratie auSgrbeutet wird. To schreibt der „Vorwärts": „Bedenkt man, mit wrlchrr Forsche Berliner Richter früher inSozialisienprozessrnan der Untersuchungshaft unter Umständen festhielt«, wo eine Flucht Wahnsinn gewesen wäre, so kann mau nicht umbin, seiue Verwunderung darüber auszusprechen, daß in diesem Falle der Gerichtshof einem vom ersten Tage au al« Erz gauner gekennzeichneten Menschen zutraute, daß er im Lande bleiben und eme sehr harte Gefängnisstrafe auf sich nehmen würde." Wir können in diesem Falle dem sozia listischen Blatte nicht ganz Unrecht geben, denn auch wir waren in dem Augenblicke, wo Narvenkölter gegen die Leistung der Kaution in Freiheit gelassen wurde, davon überzeugt, daß er vurchbrrunen und die 15 000 im Stiche lassen würde. Sieht man aber von dem einzelnen Falle ab, so muß man generell zugebrn, daß das ganze Institut der Freilassung gegen Kaution von den besitzlosen Klassen als „Klassenjustiz" angesehen werden kann, weit eS zweifellos ein Privilegium des wohlhabenden Missetäters gegenüber dem armen Delinquenten schafft. Deshalb sollte von dieser Ein richtung so selten wie möglich Gebrauch gemacht werden, jedenfall» aber nur, wen» «S sich um di« Freilassung gegen Sicherheitsleistung während de» UatersuchungSver- fahren« handelt. Dann kann man sagen, daß e» «ine Härte wäre, eine» Angeschuldigten, der in der Lage ist, Sicherheit zu leisten, unter Umständen Monate laug in Haft zu halten, wo doch immerhin die Möglichkeit vorhanden ist, daß die Hauptverhandlung zu seinen Gunsten verläuft. Handelt e» sich aber um die Verhaftung eine- Angeklagte» während der Hauptverhandlung, so sollt« von der Entlassung gegen Kaution nie Gebrauch gemacht werden. Der Haftbefehl ist ja doch nur zulässig, wenn dringendste Verdaühtgründe vor liegen und der Angeklagte der Flucht verdächtig ist, weil er voraussichtlich eine hohe Strafe zu gewärtigen hat. So lag iS im Falle Nardenköttrr: di« Beweisaufnahme gestaltete sich sofort derart zu Ungunst« de» Angeklagten, daß gar nicht mehr daran zu zweifeln war, daß er.eine sehr hohe Ge fängnisstrafe erhalten würde. Dann aber können wir kein« besondere Härte gegen einen Angeklagten darin erblicken, wenn er, der voraussichtlich mehrere Jahre lang hinter Ge- fängniSmaueru wird ^ubringea müssen, während der acht oder höchsten» vierzehn Tage der Hauptverhandlung in der Untersuchungshaft, bei der eS ihm ja gestattet ist, sich alle möglichen Bequemlichkeiten zu verschaffen, verbringen muß. Sieht man die Sache rein vom praktischen Standpunkte an, so besagt doch die Freilassung gegen Kaution in einem solchen Falle nicht» andere-, al» daß «S in da- Be lieben deS Angeklagten gestellt ist, entweder für Jahre auf sein« Freiheit oder auf eine gewisse Geldsumme »u Verzicht«, eine Wahl, die ihm wohl besonders dann nicht schwer wird, wenn di« Kautionssumme nicht höher ist, al- der Gewinn, den Nardenköttrr bei seinem Schwindelverfahren in kaum einem Vierteljahre einzustreichen pflegte. Der An geklagte, der nicht in der Lage ist, die Kaution zu stellen, hat auch nicht die Wahl frei; er muß, wenn es zu seiner Verurteilung kommt, unter allen Umständen die Gefängnis strafe absttzrn. Dieser Unterschied in der Behandlung der Wohlhabenden und der Besitzlosen wird ganz naturgemäß von den letzteren als kapitalistischer Zuschnitt der Straf gesetzgebung aufgefaßt. AuS sozialen und politischen Gründen müssen wir deshalb wünschen, daß von der Haftentlassung gegen Kaution während der Hauptverhandlung allen falls bei hochgradiger Kränklichkeit deS Angeklagten oder auS sonstigen triftigen Gründen Gebrauch gemacht werde, nicht aber bloß aus dem Grunde, daß seine Mittel ihm gestatten, die Kaution zu hinterlegen. Daß die Kaution im Falle der Flucht dem Staate verfallt, ist absolut kein Trost; denn die Strafjustiz ist nicht dazu da, damit der Staatssäckel gefüllt werde, sonder» damit dein Angeklagten sein Recht werde. D Berlin, 11. Februar. (Telegramm.) Der Laifer unternahm gestern vormittag in Potsdam einen Spaziergang durch die Stadt und wohnte dem Exerrieren einiger Kom pagnien des 1. Garde-Regiments zu Fuß im Lustgarten bei. Um 12*/i Uhr kehrte der Kaiser, wie schon erwähnt, mit Sonderzug nach Berlin zurück und empfing um 2 Uhr den Kommandanten des Zeughauses, Generalleutnant von Usedom und den Bildhauer Brütt. Hierauf ritten der Kaiser und die Kaiserin im Thiergarten spazieren. — Heute morg« machte der Kaiser mit der Kaiserin eine Promenade im Tiergarten, hatte eine Konferenz mit dem Reichskanzler und hörte im königlichen Schlosse di« Vorträge de» Chefs des Militärkabinett», de» Chef» de» AdmiralstabeS und des Ches» de- Mariaekabinett». Später empfing der Kaiser de» Kardinal Fürstbischof v. Kopp. — Zur FrühstückStafel bei dem Kaiserpaar Ware» geladen Prinz und Priozessin Heinrich, Kardinal Fürstbischof v. Kopp und Herzog von Croy. D Berlin, 11. Februar. (Telegramm.) Bon einem Parlamentsberichterstatter wird mitgeteilt: Ja einer heute vor Beginn der ReichStagSsitzunz abaehaltenen Besprechung deö SeniorenkonvenIS teilte der Präsident mit, daß nach einer ihm gewordenen, allerdings noch nicht amtlichen Nach richt die Retch-ta-Swatzlen Mitte Juni stattfiudeu werden. (-) Berlin, 11. Februar. (Telegramm.) In einer Zuschrift an die .Kreuzzeitung" erklärt der ReichStags- abgeorduete Graf Noan seinen Au-tritt au» de« vnnde der Landwirte, weil Frhr. v. Wangenhrim in der Bundes versammlung am S. Februar ausdrücklich erklärt habe, daß da» Rundschreiben de» Vorstände» vom 13. Dezember 1902 nicht »urückzenommen worden sei. Damit sei die den für den Antrag Kardorff stimmenden Deutschkouservativen zugefügt« Kränkung, ohne Widerspruch ia der Versammlung zu find«, aufrecht erhalte», statt sie zu bedauern und zu ent schuldigen. Graf Roon schließt: Obwohl er selbst für da» Wohl der Landwirtschaft treu besorgt sei, stehe ihm doch da» Ansehen der alten christlich-konservativen Partei huadertmal höher al» der Bund der Landwirte. — Der Reichskanzler Gras v. Bülow bat dem „Graud. Ges." für seinen Kaiser-Geburt-tag-artikrl in einem Schreiben aedankt, in dem er sagt: Aufrichtig danke ich Ihnen für die frische, warme, im besten Ginn« liberale Würdigung unseres Kaiser- in dem GeburtStagSartikel des „Geselligen", dessen tüchtige Sprache mir oft gefallen bat. Es wäre für mich keine kleine Genugtuung, wenn meine ron Ihnen so bereitwillig anerkannten Aeußerungen im Reichs tage dazu beitragen würden, ia allen nationalen Kreisen reu Sinn für eine vorurteilslose Beurteilung unseres kaiserlichen Herrn zu beleben. — Zum Falle Peter» wird sder „Weser-Ztg." aus Berlin geschrieben: Aus der Reich-Partei wird eine Interpellation wegen deS Falles Peters angekündigt. Peters selbst ist hier anwesend und sucht mit allen Mittel» sein« Rehabilitierung zu betreiben. Im Reichs tag werden diese Bemiihungeu für nicht auSsichtSvoll gehalten. Sie könnten vielleicht di» Folg» haben, daß die Regierung sich entschlösse, den Wortlaut d«S seinerzeit von dem Disziplinargericht-Hof gefällten Erkenntllisse» zu veröffentlichen. vr. PeterS richtet jetzt in einem längeren Artikel im „Tag" au die Kolonialabteilung die direkte Aufforderung rur Neuaufnahme des Verfahrens gegen ihn. Er tritt besonder- der Behauptung entgegen, daß er sich falsche Berichterstattung an die Kolonialabteilung habe zu Schulden kommen lassen. — Herr von Loßberg veröffentlicht in der „Deutschen Hochwacht" seine den Fall Peter« betreffende Unterredung mit dem Geh. Legations rat Hellwig ia der Kolonialabteilung. Wie man dem „Hamb. Korrrsp." erzählt, hat er bei einer Anzahl bedeuten derer Blätter vergebens angeklopft, bevor er da- in weiteren Kreisen unbekanut« antisemitische Blatt erfolg reich um Aufnahme seiner Mitteilungen anging, die an einzelnen Stellen, da wo von einem Tür an Tür mir vr. Carl Peter» wohnenden „bekannten" Geheimagenten des Amte« die Rede ist, stark an eia« politische» Hintertreppen roman erinnern. Hat Herr von Loßberg, dessen Bekun dungen angeblich unter dem frischen Eindruck des Inter views niedergeschrieben sind, richtig und sinngemäß wieder gegeben, waS er gehört hat, so wird Herr Geheimer Rat Hellwig allerdings den Dorwurf auf sich nehmen müssen, daß er manche- gesagt hat, wa- er besser ver schwiegen hätte; aber der Beamte wird anderseits stets darauf Hinweisen können, daß er glaubte, einem Manne gegenüberzustehe», mit dem sich das Thema vertraulich be sprechen lasse, und selbst die heutige Darstellung des Interview- von Seiten LoßbergS läßt sich zum Beweise dafür ansühren. Jedenfalls wird man ja eine weitere Auf klärung der Angelegenheit, die, nebenbei bemerkt, für die Be urteilung deS Herrn vr. PeterS und seines Falle- von ver hältnismäßig geringem Belang ist, erwarten dürfen. — Die Berliner Polizei gebt gegenwärtig scharf gegen die Frauenrechtlerinnen vor, da» bewies der Umstand, daß die neuliche Generalversammlung des Verein- „Frauenwohl" von einem Polizrihauptmann und einem Schutzmann über wacht wurde, obwohl die Vorsitzende darauf hinwie-, daß nur innere VereinSangrlegenheiten zur Verhandlung ständen. Da die polizeiliche Ueberwachung dennoch aufrecht erhalten wurde, so hat der Vorstand deS „Frauenwohl" eine Beschwerde an daS Polizeipräsidium eingereicht. — ReichtagSkandidaturrn: ES war gemeldet worden, daß die Natioaallibrralen im 1. und L. ReichStaaswahlkreis« eigene Kandidaten aufstellen würden. Wie die „Rat. Korresp." mtttrilt, ist da» noch ungewiß. Als Reichstagskandidaten werden ausgestellt: in LandSberg-Soldin von Konservativen, Antisemiten und Bündlrrn der LandtagSabgrordnete Gutsbesitzer Böning, in Höchst-Homburg von der Freis. Bolkspartei der Rechts anwalt vr. Helff, in Bochum von den Nationalliberalen der bisherige Abg. Franken. Im Reichstag-Wahlkreise Dessau- Zerbst ist von den Natioualliberalen Rechtsanwalt vr. Rhode- Berlin als Kandidat für die Wahlen ausgestellt worden. Der Wahlkreis wird gegenwärtig, und zwar schon seit dem Jahre 1890, durch den Abg. Roesicke (Freis. Verein.) vertreten, für den früher auch die Nationalliberalen gleich im ersten Wahlgange ge stimmt haben. — Im RrichStagSwahlkrrise Ko bürg beschloß am Sonnabend ein« Vertrauensmänner-Versammlung deS Bundes der Landwirt«, von der beabsichtigten Ausstellung eines eigenen Kandidaten sür di« nächsten Wahlen abzusrhen und den Kandidaten der Nationalliberalen, Generalsekretär Patzig zu unterstützen. — Für den Wahlkreis Magdeburg ist der Fabrikbesitzer Rudolf Arendt, der Mitinhaber der Firma Mundlo» L Co., seitens der natioualliberalen Partei al» Kandidat für die bevorstehende ReichStagSwahl in Aussicht genommen, und dieser soll auch geneigt Pn, die Kandidatur anzunehme». — Nach Melduagen einiger Blätter soll der nationaltiberale ReichStagSabgeordnete Hilbck- Dortmund beabsichtigen, im Falle seiner Wiederwahl der Fraktion nicht mehr beizutreten, sondern fraktionSloS zu bleiben. Wie die „Nai.-Ztg." au» bester Quelle mitteilen kann, ist die ganze Nachricht völlig aus der Luft gegriffen. — In einer Wählerver- sammluna der Deutschen Partei in Besigheim erklärt« der natioual- liberale Redner vr. MilczewSky, daß, fall» in Württemberg der Bund der Landwirte sein» Drohung verwirkliche und allen nationalliberalen Kandidaten Tonderkandidaturen zum Vorteil der Bolkspartei entgegensetz», di« Nationalliberalen ihrerseits in allen Wahlkreisen de» konservativen Besitzstandes, namentlich gegen den ReichstagSabgeordneten Schrimpf, eigene Kandidaten aufsleLen werden. — Der konservative Laudtagsabgrordnrt« für den Wahlbezirk Saqan-Sproitau, der Maioratsbrsitzer und Kammrrherr Graf zu Dohna-Mallmitz ist aus dem Bund der Landwirte aus getreten. D Bchle»t»t», 11. Februar. (Telegramm.) Bei der am 9. Februar vorgenommenen ReichStaaSersatzwabl (Stichwahl) im Wahlkreise Schle-wig-Eckernförde sind für Spethmanu (sreis. Bp.) 7388, für. Hoffmann (Soz.) L277 Stimmen abgegeben worden. Spelhmann ist somit gewählt. <2 Köln, 11. Februar. (Telegramm.) Die „Köln. Volks,tg." berichtet au» Niederdronn: Der frühere elsässische Reich»tag«adgeordaete Kanoniku» vr. Stmoni« ist beute gestorben. ^V. Ktuttgart, 11. Februar. (Privattelegramm.) Bei der heutigen Schlußabstimmung Uber das ganz« Gesetz nabm di« Abgeordnetenkammer di« voll-schul- novell» mit bä gegen 25 (Zentrum«-) Stimmen an.
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