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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.02.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030223013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903022301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903022301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-02
- Tag1903-02-23
- Monat1903-02
- Jahr1903
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Extra - Beilage» (gesalzt^ »ar m« der Morgar-AnSaabe, oha, PoftbefSrdernng 66.—, mit Postbeftr-eowg ^8 7V.—. Armtchmeschluß für ZUyeigem Abord-Dr-gad«: «orarwag» LV llhr. Mo r,„-««»gab« Nachmttttrg» » llhr. Anzeige« stad stet» an die «rpedttton »» richte». Di« Expedition ist wochentags mumtrrbroche, geöffnet von früh S bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag vo» E. Polz tu sechzig. Nr. S7. Montag den 23. Februar 1903. 97. Jahrgang. Amtlicher Teil. Bekanntmachung, »ie Ausgabe der Trnckexemniare der Draschkenorbmmg und der neue» Lrsschkentarife an die Drofchkendefitzer betreffend Uut« Leznguahmr auf die Bekanntmachung vom 2. Februar 1903, den Erlaß einer neuen Drolchkenordnung betreffend, bringen wir hierdnrch zur Kenntniß, daß die Aoögabe der Druckexemvlare der oeueu Droschkeoordoung und der neuen Taristaseln an die Droschkenbrsitzer am 27. uud 28. Februar dtefe» Jahres vormittags von 10 bi» '/,1 Uhr und nachmittags von 3 bi» 6 Uhr im Polizei- amt, Erdgeschoß Zimmer Nr. 84 stattfindet. Bei der Abholung sind die allen Droschkenregulative und die alten Tarife zurückzogeben. Die Droschkenbesitzer sind dafür verantwortlich, daß am 1. März diese» Jahre« ihre Droschken mit deu neuen Tarlslafeln versehen sind; Droschken, bei denen die» nicht der Fall ist, werden bis zur Anbringung der neuen Tajrlu außer Betrieb gesetzt. Die Abgabe der Druckexemplar« der Droschkenordnuug und der ' neue» Taristaseln erfolgt unentgeltlich, doch haben diejenigen Droschkenbrsitzer, welchen vorläufig nur auf Pappe gezogene Tarife auSgedäudigt waren, für die neuen Tarife den Betrag von 80 Pfennigen zu entrichten. Leipzig, am 21. Februar 1903. Da» Psltzeiamt Ser Stabt Leipzig. 0. R. 832. Bretschneider. Nachlaß-Auktion. Mittwoch den 2ü. d., v. früh 10 Uhr an, kommt in Leipzig, Bayeri« ichtstraße SO, IV„ der Müller'sche Nachlaß, dabei 1 nußb. Kleider- schrank, Spiegel, Sopha, 1 Kommode mit 4 Kasten, Bettstellen mit Matratzen, Stühle, Tische, Wäsche, viel Kleider u. v. a. m. zur öffentlichen Versteigerung. Trrunmlltr. Lokalrichter. Die Sparkaffe Paunsdorf expedi«t täglich »an v—12 Uhr Bor- UN» 2—5 Uhr Nach mittags und verzinst Einlagen mit 31/20/0« Letzte Nachrichten. * Berti», 22. Februar. Der Kaiser empfing gestern »och in Audienz den Prinzen Alfred zu Salm-Salm und den Kaiserl. Gesandten Pclldram aus Anlaß seiner Ab reise nach Caracas. Nm 3 Uhr besuchten die Majestäten die Herzogin von Albany und unternahmen im Anschluß daran eine Spazierfahrt im Tiergarten. An der Abend tafel nahm der Kronprinz teil. — Heute früh besuchten beide Majestäten den Gottesdienst in der alten Garnison kirche. * Berli», 22. Februar. Gegen die Behauptung des „Vorwärts" von einem Wahlkartcll, welche das sozialdemokratische Blatt aufrecht erhalten hatte, schreibt di« „Nat.-Lib. Korr." jetzt: Wir wiederholen in bestimmtester Form: ein Kar tell oder der Plan dazu existiert nicht. Der „Vorwärts" glaubt Bezug nehmen zu können ans einen Entwurf dieses angeblichen Kartellplanes, der in seine Häude gelangt ist; im „Finden" vertraulicher Schrift stücke zeigt sich auch hier wieder der überraschende Spür sinn der Sozialdemokratie. Es handelt sich aber ledig lich um ein w a h l st a t i st i s ch c s Tableau, wie es jede Partei vor den Wahlen anzufertigen pflegt; in den diesem Tableau angefügten Anmerkungen sind die Aus sichten eines Kampfes mit der Sozialdemokratie in kurzen Sätzen erörtert. Aus dieser Statistik und den Anmerkungen kombiniert nun der vorwärts" ein Wahlkartell der Rationalliberalen mit den Konser ¬ vativen und dem Zentrum! Es haben aber keiner- lei Verhandlungen zwischen diesen Par teien stattgefunden; das bestätigen uns di« konser vativen und Zentrums-Organe. Mr wiederholen unsere neuliche Darlegung: Die ganze Geschichte des „Vorwärts" vom Wahlkartell beruht auf willkür lichster Kombination des sozialdemokratischen Organs. — Das dem „Vorwärts" auf unrecht mäßigem Wege zugegangene Schriftstück enthält übrigens keine Geheimnisse und braucht die. Oeffent- lichkeit durchaus nicht zu scheuen; die darin enthaltenen informierenden Angaben haben zu keiner Zeit als Grundlage zu Verhandlung«», mit anderen Parteien gedient. * Berli«, 22. Februar. Der Tag der Reichs tagswahlen soll, wie es neuerdings heißt, der 4. Juni sein. Berlin, 22. Februar. Es ist jetzt begründete Aus sicht vorhanden, daß der Gesetzentwurf über den Versicherungsvertrag, welcher im Reichsjustiz^ amt ausgearbeitet wird, im nächsten Monat zur Versen dung an die Bundesregierungen und gleichzeitig zur Ver öffentlichung gelangen kann. Eine der Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, bestand darin, daß im Ber- sicheruirgswesen nicht nur berufsmäßige Agenten tätig sind, sondern auch allerlei Personen aus den ver schiedensten Berufsständen, insbesondere auch Lehrer und sonstige Angestellte. Es war nicht ganz leicht, ohne zu tief in hergebrachte Verhältnisse einzugreifen, die ange brachtermaßen erwünscht erscheinende gesetzgeberische Formel zu finden, die auf alle Agenten paßte. * Pose«, 22. Februar. Das Abschiedsgesuch des Oberpräsidenten vr. v. Bitter ist, rvie das „Pos. Tagebl." mitzuteilen in der Lage ist, bi« ietzt v 0 ch n i -K t genehmigt worden. R. Seese», 22. Februar. sPrivattelegramm.) In Ildehausen äscherte eine große Feuers brunst 15 Anwesen mit den Nebengebäuden ein; viel Vieh, Getreide und Kutter ist verbrannt; 27 Familien sind obdachlos. * Kleineuberg, fKreis Büren), 22. Februar. In letzter Nacht sind bei starkem Süd-weststurm 44Häuserabge- brannt, darunter das Postgebäude, die Schule und das Pfarrhaus. Die Postsachen sind zumeist ein Raub der Flammen geworden. Verlust an Menschenleben ist nicht zu beklagen. * Hürtgen bei Düren, 22. Februar. Gestern abend 7 Uhr brach hier Feuer aus, das sich infolge des herr schenden Sturmes rasch ausbreitetc und über 90 Häuser ein äscherte, darunter die Postagentur und die Ober försterei. Viel Vieh, besonders Kleinvieh ist umge kommen. Stehen geblieben sind das Pfarrhaus und 5 bis 6 Häuser. Heute früh konnte, nachdem sich der Sturm gelegt hatte, dem Feuer Einhalt getan werden, lieber die Entstehungsursache ist nichts bekannt. * Breslau, 22. Februar. Die „Breslauer Morgen zeitung" teilt mit: Der Kommandeur des 8. Dragoner- Regiments „König Friedrich HI." in Oels Oberst Schalscha von Ehrenfeld, wurde auf der Rück fahrt von Breslau nach Oels im Zug« vom Schlage getroffen und vcrstarb auf der Stelle. 0. Breslau, 22. Februar. (P r i v a tt e l e g r a m m.) Nach einer Berliner Meldung der „Schlesischen Volksztg." soll der Landesdirektor der Provinz Brandenburg Frei ¬ herr v. Manteuffel-Crossen für den Posten des Oberpräsidenten von Posen bestimmt sein. * Karlsruhe, 22. Februar. PrinzKarl hat im Laufe der vergangenen Nacht zeitweise ruhig geschlafen. Die Temperatur, die gestern Abend noch geringe Fieber steigerung aufwies, war heute morgen normal, der Puls ruhig und regelmäßig; auch macht die Besserung des All gemeinbefindens stetige Fortschritte. Nürnberg, 22. Februar. Der Geschäftsführende Ausschuß der nationallibcralen Landes- parteitn Bayern r. Rh. Sitz Nürnberg (Borsitzen- der Justizrat Freiherr v. Kreß-Nürnberg) hat beschlossen, auf den 14. und 15. März in Nürnberg einen Partei tag einzuberufen. Am 15. März findet die Allgemeine Landesausschuhsitzung statt, zu der die Delegierten, Ver eine und Abgeordneten brieflich eingeladen werden. Am 14. März wird der Geschäftsführende Ausschuß zu ein gehenden Beratungen zusammentreten und abends findet im Industrie- und Kulturverein eine große Versammlung statt, in der hervorragende Parteiführer Referate erstatten. * München, 22. Februar. Der Staatsrat im Kultus ministerium, vr. Wchner, ist zum Kultusminister ernannt worden. * Wie«, 22. Februar. Die „Neue Freie Presse" meldet aus Prag: Der Ansturmauf die böhmische Sparkasse stellt sich als ein wohl vorbereiteter Akt tschechischer Agitation dar. In die tschechischen Städte und Dörfer sind Tausende von Briefen und Tele grammen verschickt worden, welche diesen Ansturm an kündigten und zur Zurückziehung der Einlage auffordern. * Prag, 22. Februar. Trotzdem gestern in der Böh mischen Sparkasse Auszahlungen bis in die späten Nachtstunden geleistet wurden, konnten doch nicht alle Per sonen, we.che Rückzahlungen ihrer Einlagen forderten, crbgefertigt werden. Diese und andere Einleger erschienen heute bei den Schaltern, doch war das Gedränge nicht mehr so groß; auch die Ansammluugen vor dem Spar- kafsengebäudc haben nachgelassen. Bis heute nachmittag 3 Uhr sind an 1005 Einleger 1280 000 Kronen zurückgezahlt worden. * Paris, 22. Februar. Der Deputierte und frühere Mi nister Poincarre tvurde zum Senator des Departe ments Meuse gewählt. Ein Gegenkandidat war nicht auf gestellt. * Rom, 21. Februar. (Deputiertenkammer.) Chicsi richtet eine Anfrage an die Regierung wegen der Geldzuwcndungen, welche der italienische Polizeiagent in Lon don Prina dem dieser Tage in Brüssel verurteilten Rubino gemacht habe, wie aus den Berichten über die Prozcßverhand- lung hervorgchc. Unterstaatssekrctär des Innern R 0 nchetti erklärt, der Minister wisse über die Sache nichts, als was die Zeitungen behaupten. Der Minister könne dem Treiben der Anarchisten nicht teilnahmlos gegcnüberstehen; wenn überhaupt solche Geldzuwcndungen stattgefunden hätten, so seien sie eine Folge der dem Minister obliegenden Pflicht, sich Informationen über diese Dinge zu verschaffen. * Madrid, 22. Februar. Auf der Station Alora stieß ein Personcnzug mit einem Güterz ng zusammen, wobei 13 Personen verletzt wurden. * Bigo, 22. Februar. Der Ausstand der Eisen- bahnangc st eilten breitet sich weiter aus. Auch die Maschinisten wollen, wie verlautet, in den Ausstand treten. Fünf Personen wurden verhaftet. * Haag, 22. Februar. Dem „Baderland" zufolge erklärte der Kricgsministcr die von dem sozialistischen Blatte „Hct Volk" gebrachte Nachricht, daß die Regierung beabsichtige, dieser Tage über Amsterdam, Rotterdam und den Haag den Be lagerungszustand zu verhängen, für durchaus unbe gründet. * Lokodja, 22. Februar. (Meldung des Reuterschcn Bureaus.) Die britischen Mitglieder der englisch-dcut scheu Grenzkommission zur Absteckung der Grenze zwischen Jola und dem Tschadsee sind am 10. d. M. hier eingc troffen und haben sich vorgestern im Automobilboot auf dem Benueflusse nach Jbi begeben. * Petersburg, 22. Februar. Der Kaiser empfing gestern nachmittag den deutschen Marineattache, Fregatten kapitän Frhrn. v. Schimmelmann, in Audienz. * Pera, 21. Februar. Die Vorschläge der gemein samen Note, welche heute von dem österreichisch ungarischen und dem russischen Botschafter dem Großvezier überreicht wurde, umfassen im wesentlichen folgende Punkte: 1) Ernennung eines Gcneralinspektors auf drei Jahre mit entsprechenden Vollmachten; 2) Ernennung von europäischen Gendarmerieoffizieren; 3) regelmäßige Zahlung der Gehälter durch Vermittelung der Ottoman-Bank, an die alle Einkünfte aus Zehnten und Steuern abzuführen sind. (Wdhlt.) * Belgrad, 22. Februar. Wie aus Makedonien gemeldet wird, haben sich in den letzten Tagen auf Anregung Sarafows insgesamt sieben bulgarische Banden zu je 200 bis 300 Mann organisiert, welche vollständig ausgerüstet sind. Die hiesigen Blätter bedauern, daß aus der Reform aktton Oesterreich-Ungarns und Rußlands die Frage der Ent- waffnung der Albanesen ausgeschicdcn sei, die für das serbische Element von ernster Wichtigkeit sei. * Peking, 22. Februar. Ein kaiserliches Edikt, das gestern veröffentlicht wurde, bestätigt Tschangtschitung als Gencralgouverneur der Provinzen Hupe und Hunan. * London, 22. Februar. Dem „Reuterschcn Bureau" wird aus Fez vom 16. d. M. gemeldet: Die Lage ist hi« zur Zett sehr zufriedenstellend. Der Prätendent, welcher in dem letzten Gefecht verwundet sein soll, befindet sich zur Zett in Riatta, in der Nähe von Tazza, während d« Kriegsminister El-Menebhi an der Spitze einer starken Truppenmacht vorgeht, um die Stämme zum Gehorsam zu zwingen. Der Hiaina- Stamm hat die vollständige Unterwerfung durch Stellung von Geiseln als Sicherheit für zukünftiges ruhiges Verhalten und für die Zahlung einer Entschädigung angeboten. Der britische Instrukteur Sir Harry Maclean, der die Lage sehr optimistisch bewachtet, hält die Macht des Prätendenten für voll ständig gebrochen. * Johannesburg, 22. Februar. Ein Kommissar, der von -er Minenkammer und der „Nativ« Labour Asso ciation" beauftragt ist, die Arbeiterverhältnisse in China zu untersuchen und darüber Bericht zu er statten, ist gestern abgereist. Nach einem Besuche in London beabsichtigt er, sich nach Kalifornien zu begeben und -ort eingehend zu prüfen, in welcher Weise in diesem Staate die Chinesen beschäftigt werden. Von dort wird der Kommissar die Reise nach China fortsctzen. — Die Be amten der „Native Labour Association" teilen mit, daß sich die Aussichten auf Ergänzung der Ar beite rk rüste bessern. Ein Beweis dafür sei, daß aus dem Norden Transvaals und der Kapkolonie eine ver mehrte Anzahl heimischer Arbeiter eintreffe; möglicher Weise sei dies darauf zurückzuführen, daß die Erhöhung der Lohnsätze unter den Kraals besser bekannt werde. * Caracas, 22. Februar. «Meldung des „Reuterschcn Bureaus".) Der Kongreß ist vorgestern wieder zu sammen getreten. * Washington, 22. Februar. (Meldung -es „Rcuter- schen Bureaus") Es ist das Versprechen gegeben worden, Feuilleton. Schneewittchen. Skizze von Anna Pötsch. Nachdruck verboleiu Krau von Halden stand in ihrem wundervollen Park vor den Blumenbeeten, die im vergangenen Jahre ihr Töcht«rch«n Ella noch gepflegt und deren Gedeihen sie mit lebhafter Freude verfolgt hatte. Jetzt war daS Kind tot, aber die Blumen trieben und buchten lustig weiter — für wen? Da fiel der trauernden Mutter eine Frage ein, die Ella einmal sinnend an sie gerichtet hatte: „Nicht wahr, Mama, es gibt viele Kinder, die nicht so schöne Blumen haben wie ich?" Ja, eS gab viel, viel solcher Kinder — warum sollten sie nicht das Erbe ihres toten Lieblings antretcn, nicht auch etwas Schönes hegen, pflegen und lieben lernen? — Wenige Stunden später fuhr Frau von Halden zn dem Direktor der nächsten Armenschulc und bat ihn um die Erlaubnis, an die Schüler und Schülerinnen der drei obersten Schulklaffen Blumentöpfe verteilen zu dürfen, die sie daheim pflegen und nach einigen Monaten zur Be- sichtigung wieder in die Schule bringen sollten. Die am besten abgewarteten wollte Fran von Halden dann prämiieren. Der Direktor war enthusiasmiert von diesem Gedanken. „Glauben Sie, gnädige Frau!" rief er im Gespräch auS, „unsere Proletarier würden weniger unpatriotisch sei« und mehr an der Scholle hängen, wenn in den Höfen, tu die sie au» ihren elenden Wohnungen herabsehen, in deuen ihr« Kinder spielen, auch nur ein kümmerliche» Pflänzchen sein Dasein fristete, das sic ihr eigen nennen, an dessen Wachstum sie Mitarbeiten dürften, das mit ihnen wachsen, das ihnen den Schauplatz ihrer Armut lieb machen könnte. Vielleicht, gnädige Frau, daß durch Ihr edles Beispiel andere, ich denke da vorzugsweise an die Fabrikbesitzer, sich veranlaßt fühlen, Gärten für unsere Arbeiter anzulegen, und —" Frau von Halden lächelte wehmütig; an so große Wir kungen dachte, glaubte sic nicht; sie wollte nur den Ge danken ihres toten Lieblings verwirklichen, sic wollte Kinderaugen leuchten sehen. Am nächsten schulfreien Nachmittag fand in der Aula, nachdem die Kinder mit Kaffee und Kuchen gespeist worden waren und der Direktor eine entsprechende Rede gehalten hatte, die Blumenverteilung in Anwesenheit der Geberin statt. Der Gärtner hatte in ihrem Auftrag (Karten nnd Gewächshaus reichlich plündern müssen, und so standen denn die Blumentöpfe in dem weiten, kahlen Raume aufgereiht, lauter leicht zu ziehende, dankbare Pflänzchen, mit kleinen, runden, blumenverbeißenden Knospen. Die Kinder durften nach eigenem Geschmack die Blumentöpfe auswählen, und es war interessant, die Ratlosigkeit, auch wohl die Stumpfheit zu beobachten, die einige beim Anblick der Pflanzen erfaßte, oder die zielbewußtc Entschlossenheit, mit der andere auf das Objekt ihres Wohlgefallens losstürzten. Unter der letzteren Kinderkategorie fiel Frau von Halden ein sehr ärmlich gekleideter bleicher Knabe auf, der sich mit glänzenden Augen ein sogenanntes „Schnee wittchen", eine bestimmte Fuchsienart mit weiß und roten Blüten, ansbat und wie einen heilig teuer« Schatz glück strahlend an seinen Platz — es war der letzte der Klaffe — trug. Diese Pflanzenart hatte immer mit zu Ella» Lieb- lingSblumen gehört, Frau von Halden nahm sich vor, den I Knaben und seine Blume besonders im Auge zu behalten. I Sic fragte auch sogleich den Lehrer nach dem Kinde, er- I hielt aber die wenig befriedigende Auskunft, daß Fritz Werner einer der unbegabtesten, mundfaulsten Schüler sei. Die Blumenvcrteilung war vorüber. Die Pflanzen auS dem herrschaftlichen Park hatten sehr unherrschaftliche Wohnungen, in Dachkammern, Kellcrräumen, feuchten Erdgeschossen von Hinterhäusern und Mietskasernen, be ziehen müssen. Aber allenthalben hatte man ihnen, ein gedenk ihrer hohen Herkunft und der Möglichkeit, durch sie einen Preis zu erringen, den lichtesten, sonnigsten Platz am Fenster angewiesen. Auch Fritz Werners Schneewittchen ward wie ein Prinzcßchcn in der engen Dachstube abgeivartet, Fritz tränkte es jeden Morgen, und seine lungenkranke, sieb zehnjährige Schwester Lene, die stets so fror und sehn süchtig nach der Sonne ausschaute, rückte cs verständnis innig immer so, daß möglichst viele Sonnenstrahlen darauf fallen mußten. Bon ihrer Porzellanmalerei, mit der sic bei dürftiger Armcnunterstützung sich und den Bruder ernährte, schaute Lenchcn jetzt manchmal auf und nickte wehmütig lächelnd den schwellenden Knospen, den grünen Blättern dort am kleinen Fenster zu. Aber die Freude sollte «richt lange dauern. Nach einigen Tagen kam der Vater der beiden, der wegen Trunkenheit und Herumbcttelns wieder einmal für längere Zeit im Arbeitshanse untergebracht gewesen war, von dort zurück. Den kärglichen Verdienst der letzten Woche«« hatte er sofort dazu verwandt, sich aufs neue einen Branntweinrausch anzutrinken. Lene, die mit offenen Augen fiebernd in, Bette lag, hörte schaudernd die wohlbekannten, schweren, taumelnden Schritte die I Stiege heraufkommen; bebend kroch sie unter die Deckel und wagte kaum z« atmen. I Der Bruder neben ihr, das merkte sie, schlief scsi, wenn er nur nicht erwachte! Jetzt «var der Vater nebenan in der Stube, die er fluchend anfgcschlvsscn hatte. Helene hörte ihn deutlich hcrumstolpern, Herunitappeu, und jetzt — ein lauter Krach, wie «venu etwas Schweres, Irdenes auf den Boden fällt. Gewiß, das «var Schnee wittchen! Der Trunkene «var tastend an das schmale Fensterbrett getreten und hatte den Blumentopf hcruntcr- gcrisien. Das Herz der Kranken krampfte sich zusammen — rvie würde sic die Blume wicdcrfindcn? — Sobald sie drinnen das regelmäßige Schnarchen des Berauschten ver nahm, schlüpfte sic in die Kleider und huschte, nicht ohne Furcht, den Schlafenden zu stören und von ihm geschlagen zu werden, mit einem Lichte in die Stube. Da lag die schöne Pflanze, zur Hälfte noch in ihren, Asch, dessen anderer Teil in mehrere Scherben zersprungen war. Aber welches Glück! Die Wurzeln standen noch fest in der Erde und von den vielen Knospen waren nur einzelne abgefallen. Leise suchte und faßte -Helene alles zusammen und trug es sorgfältig hinaus in ihr Kämmerchen. Am Morgen weckte sic früher als gewöhnlich den Bruder: „Der Vater ist zurückgekvmmen, er hat dein Schnee wittchen vom Fenster geworfen. Hier ist cs jetzt nicht mehr sicher, du «nußt cs heute, noch bevor du in die Schule gehst, auf den Friedhof zur Mutter tragen. Dort »vir es gut gedeihen, da kannst -u es jeden Tag besuchen, nnd ich gehe auch hin, so oft ich gut laufen kann." Fritz tat, wie ihm die Schwester gesagt hatte, un wirklich bekam der Fuchsia die stille, freie Kirchhofslnft noch besser als die sorgfältige Pflege am Bodenfcnsterchcn. Schneewittchen wuchs und blühte lustig und wußte nichts von den Skandalscenen und der Not, die in den nächsten Wochen über die Geschwister hereinbrachen. Denn Lene mußte jetzt ihren ganzen Scharfsinn und ihre ganz«
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