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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030226019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903022601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903022601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-02
- Tag1903-02-26
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Vezuk-Prei» Ke ho» Heneptexpedttton ob« deren Lrsgab» ßale» »dßoholt: »tortoltähikttch «.—. boi zwetmottger täglicher gnpellnna tu» Haas 6.7L Durch di« duft »«»ogeu ßir D«wch- la»L ». Oesterreich vterteljäbrüch 4,60; ür di« ädrigen Länder laut ZeitungSpreiSltste. Ne-aktto» und Expedition: JohanntSgaffe 6. Aernsprech« 168 and WL FUi»1ovp»dM-«o« r tzllfrad Hast». Bnchdandlg, üniverMtSftr.S, ».»»sch«. «atharüeenstr. Ich «. «V-tg-pl.7. HrnPt-FUilür Vresde»; Etrohlen« Straß« 6. Farnsprrcher Luck l Nr. 1713. Haupt-Filiale Serliu: E«ck vuncker, Herzgl. vayr. Hofbuchhandlg., Lützowstratze 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4SVK. Morgen-Ausgabe. MMMrIagtUM Anzeiger. Ämksvlatt des Äönigkichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigeu-Prei- die ögejpaftene Petitzette NS Rekln««» «ter dem «kedakttonsstrsth (-gespalten) 76 vm den YamNieunach. richt« (6 gespalten) 60 Tabellarischer and Ztssernsatz «atsprechend höher. — Gebühre» mr Nachweisung« und Ofsertenallnahm« 06 (exrl. Porto). Srtrn veilag« (gesalzt nnr «tt der Morgen-AuSgab«, oha« PostbesSrdernnß ^ll SL—» «U PostbofSichoamg ^6 Ale— Funahmrschluß fSr Luzeip« Ub«»d-U»«gn6er Sor»M»g» 10 Uhr. Dkor-o»-I»«-ad« stkachnüttng« 4 Uhr. Anzetg« sind stet» an dte Expedttto» Pi richte». Die lkrpedttio» ist wochentags »mmterbrocheU geöffnet vo» Mh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck and Verlag vo» E. Polz in Leipzig. Nr. 103. Donnerstag den 26. Februar 1903. 97. Jahrgang. Eine staatsrechtliche Leite -er Aufhebung von 8 L -es Jesuitengesetzes. L Di« Erklärung des Herrn Reichskanzler« von Bülow, durch die er al« preußischer Ministerpräsident seine Geneigt heit zur Aufhebung von 8 2 de« Iesuitengesetze- aussprach, hat «eben ihrer sachlichen auch em« groß« verfassungsrechtliche und versaffungSpolitische Bedeutung, die man bei der Beur teilung de« ungewöhnlichen Vorgänge« nicht außer Betracht lasten darf. Der Verfasser' dieser Zeilen hat bereit« im März 1901 in einigen Artikeln, denen da« T." Aufnahme gewährt hat, zu» sogeuauutiu Toleranz« »trage de« Zentrums darauf aufmerksam gemacht, wie unsicher nach der Reichs- Verfassung die Lage in Bezug auf die gesetzliche Regelung des Ver hältnisse« vou Staat und Kirche in Deutschland ist. Auf der einen Seit« die Ausschließung diese« Verhältnisse« vou der Zuständig keit de« Reich« nach Art. 4 der Reich-verfaffuog, auf der ander» Seite da«, namentlich durch die Beschlüsse de« Vati kanischen Konzil« über da« UufehlbarkeilSdogma hervor gerufene, berechtigte Bestreben, derartigen welthistorischen Er- eiguiffeu gegenüber für da« ganz« Reich Stellung zu nehmen. Und dazu nun die nicht klaren Bestimmungen der Reichs verfassung über die Erweiterung der Zuständigkeit des Reichs. Die beiden BundeSstaatSverfaffungeu, die gewissermaßen als Vorbilder für die deutsche ReichSverfastung betrachtet werden können, find iv beiden Beziehungen systematischer und gründ licher. Insonderheit hat di« Schweiz, allerdings nach der harten Lehre de« SoaderbundSkriege«, der ja wegen der Jesuiten entstanden ist, und unter dem Eindrücke der Vati kanischen Dekrete, eine Reihe von Artikeln (49—58) in die i« Jahre 1874 frstgestellte revidierte BundeSvrrsassuug aus genommen, welche einerseits die religiöse Freiheit aller Schweizer Bürger gewährleisten, anderseits aber dem Staate da« Eingreifen in die kirchlichen Verhältnisse im Interesse der Aufklärung und de« konfessionellen Friedens ermöglichen sollten. Zu den letzteren Bestimmungen gehören namentlich Art. 51, welcher lautet: Der Orden der Jesuiten und die ihm affiliirrteu Gesellschaften dürfen in keinem Teile der Schweiz Aufnahme finden, und e« ist ihren Gliedern jede Wirksamkeit in Kirche und Schule untersagt. Diese« Verbot kann durch BuudeSbeschluß auch auf andere geistliche Orden »»«gedehnt werden, deren Wirksamkeit staatsgefährlich ist oder den Frieden der Konfessionen stört; ferner Art. 52, der die Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster oder religiöser Orden für unzulässig erklärt, und endlich Art. 53, der den bürgerlichen Behörden die Der- fügung über die BegräbniSplätze einräumt und sie verpflichtet, dafür zu sorgen, daß jeder Verstorbene schicklich beerdigt wrrden kann. Es liegt nicht in dem Zwecke dieser Zeilen, hier in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob die Be stimmungen der Schweiz. Bundesverfassungen allenthalben das Richtige treffen, sie mögen nur dazu dienen, klar zu machen, daß einerseits au» der Natur eines Bundesstaates durchaus nicht folgt, da« Lande-kirchentum zu beseitigen oder an sich zu ziehe», anderseits aber e« seinen Zwecke» und Aufgaben wohl eutspricht, wenn er gewisse grundlegende Bestimmungen trifft, die im Interesse seine« eigenen Bestandes notwendig find. Eine solche organische Gesetzgebung würde aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen in Deutschland wohl zu tiefgreifenden Gegensätze« führen und so wenig Gewähr für emeu günstigen AuSgang bieten, daß daran Wohl schwerlich gedacht werden kann. Nur beiläufig mag unseren Sozial demokraten und sog. Freisinnigen gegenüber, welche immer für Aufhebung de« Iesuitengesetze« sind, weil es ein Aus nahmegesetz sei, darauf hingewiesrn sein, daß die noch schärfere Ausschließung der Jesuiten in der freien Schwei, einen Teil der Verfassung bildet und daß die dortigen Sozialdemokraten und Liberalen bi« jetzt, unsere« Wissens, e« noch nicht unternommen haben, mittel« eine« Referendums dies^ .Ausnahmegesetz" au« der Verfassung zu beseitigen. Mau gibt eben dort etwas auf Belehrung durch die Geschichte. In den Bereinigten Staaten Nordamerikas ist bekanntlich das Prinzip der Trennung von Kirche und Staat so vollständig durchgeführt, al- e« in einem Rechtsstaate überhaupt möglich ist, aber Religionsfreiheit ist nicht, wie man häufig glaubt, durch die Bunde«verfassung garantiert. Diese enthält nur zwei auf die Religion be zügliche Bestimmungen. Sie verbietet, die Fähigkeit zur Bekleidung eine« Bundesamtes vou einem religiösen Test abhängig zu machen, und sie verbietet dem Kongreß, ein Gesetz zu erlassen, das die freie Ausübung einer Religion verbietet. Wenn mau sich trotzdem genötigt gesehen bat, Gesetze -egen die Vielweiberei der Mormonen zu machen, so erklären die letzteren und auch Nichtmormonru diese Gesetze für verfassungswidrig. Im übrigen ist die Regelung de« Verhältnisses zwischen Kirche und Staat der Gesetzgebung der Einzelstaate» überlassen, welche zwar im wesentlichen auch von dem Prinzip« der Treunnog von Kirche und Staat au«- gehen, aber doch die Kirchengemeinden als Privatkorporationen mannigfachen Beschränkungen, insbesondere in Bezug aus Vermögensverwaltung, BermögenSerwerb, Besteuerung u. drgl. unterstellen und namentlich das Recht der Inkorporation, also der Erwerbung der Rechtsfähigkeit, nicht einer Ge- samtkirche, sondern immer nur der einzelnen Gemeinde zu gestehen. Bei der Lage unserer Reichsgesetzgebung bezüglich de« Ber- HLltnifseS von Staat und Kirche ist es aber, da wir eS in der Hauptsache mit einem unbeschriebenen Blatt zu tbun haben, vou um so größerer Bedeutung, daß über die Voraussetzungen einer Aenderung der ReichSverfaffung volle Klarheit uud Sicherheit bestehe. Auch hier möge zuerst ein Blick auf die beiden Bundes verfassungen, der Vereinigten Staaten von Nordamerika und der Schweiz geworfen werden. In der ersteren sind für die Amendierung der Verfassung im V Artikel verschiedene Wege vorgesehen — vgl. v. Holst, da« Staat-recht der Vereinigten Staaten von Nordamerika in der Marquardsrnschen Sammlung S. 14l. — Die Ini tiative kann entweder von dem Kongreß oder von den Staats- legislaturen ergriffen werden. Letztere dürfen jedoch selbst keine Amendement« Vorschlägen, sondern der Kongreß muß eine Konvention zu diesem Behufe berufen, wenn zwei Drittel der Legislaturen sämtlicher Staaten es fordern. Da ist bi- jetzt noch nie geschehen. Alle Amendements sind vom Kongreß ausgegangen, in dem beide Häuser mit Zwei- drittel-Majorität für den Vorschlag sein müssen. Ob seinen Anträgen Folge gegeben werden soll, haben immer die Staaten zu entscheiden; aber der Kongreß bestimmt, ob daS Votum der Staaten von den Legislaturen oder or.» eigens zu diesem Zweck berufenen Konventionen abzuzeben ist. In beiden Fällen ist eine Majorität von drei Vierteln sämtlicher Staaten zur Annahme eines Amendements er forderlich. Von einer Verpflichtung der Staaten, sich über ein vorgeschlagene« Amendement schlüssig zu machen, spricht die Verfassung nicht, und die Praxis hat die Frage dahin ent schieden, daß eine solche Verpflichtung nicht besteht. Zu diesen, wie man sieht, mit äußerster Vorsicht gezogenen Grenzen für die Abänderung der Bundesverfassung kommt nun weiter hinzu, daß die Entscheidung des Bundesgerichtes gefordert werden darf, wenn die Verfassungsmäßigkeit eines Bundesgesetze« in Zweifel gezogen wird. In der Schweiz — vgl. Blumer-Morel, Handbuch des schweizerischen StaatSrechtS, Bd. I, S. 179 und Bd. III, S. 239 fg. — ist die Frage einer Revision der Bundesverfassung in der revidierten Verfassung von 1874 durch die Art. 118 bis 121 geregelt. Danach kann die Bundesverfassung jederzeit revidiert werden, sie geschieht auf dem Wege der Bundesgesetzgebung. Wenn eine Abteilung der Bundesversammlung die Revision beschließt und die andere nicht zustimmt, oder wenn fünfzigtauseud stimmberech tigte Schweizerbürger die Revision der Bundesverfassung verlangen, so muß im einen wie im andern Falle die Frage, ob eine Revision stattfinden soll oder nicht, dem schweizerischen Volke vorgrlegt werden. Sofern in einem dieser Fälle die Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger über die Frage sich bejahend ausspricht, so sind beide Räte — Nationalrat und Ständerat — neu zu wählen, um die Revision zur Hand zu nehmen. Die revidierte Bundesverfassung tritt in Kraft, wenn sie von der Mehrheit der stimmenden Schweizerbürger und von der Mehrheit der Kantone angenommen ist. Da« Ergebnis der Volksabstimmung in jedem Kantone gilt al- StandeSstimme desselben. Daneben werden die Kom petenzstreitigkeiten über die Grenzen der Bunde«- und Kan tonalsouveränität dem BundcSgerichte übertragen, nur daß, ab weichend vom amerikanischen Vorbilde, daS Bundesgericht die Verfassung-Mäßigkeit der von der Bundesversammlung er lassenen Gesetze nicht prüfen darf. ES ist charakteristisch, wa« der citierte Verfasser, der Bundesgerichtspräsident war, a. a. O. IS. 179 über diese Abweichung von der nord amerikanischen Verfassung sagt: „ES liegt somit allerdings in der Hand der Bundesversamm lung, ihre Kompetenzen allmählich weiter aoSzudehnen, was, im schroffen Gegensätze zur nordamerikouischen Anschauungsweise, ein zum Einheitsstaat hinneigrnder deutscher Schriftsteller (Held, „Die Verfassung de« D. R.", G. 17,152) bet der «esprechung der Reich«. Verfassung ganz natürlich gefunden hat. Wir möchten hier eher sagen, der Mangel einer rechtlichen (nicht bloß moralischen) Garantie für die strikte Jnnehallung der Bundesverfassung auch aus dem Gebiete der Gesetzgebung lasse di» voll« Wahrheit der in Art. S mit etwelcher Emphase ausgesprochenen Souveränität der Kantone als pröble- matifch erscheinen. Doch sorgt nun wenigsten« da« neu eingesührte fakultativ« Referendum dafür, daß bei allzugroßer Ausdehnung der BundeSkompetenz da« immer noch ketne«wrg« unilarisch gesinnte Schweizervolk fein Beto etnlegen kann, wie e« dieses bereit« beim Gesetzentwürfe über da« politische Stimmrecht im Jabrr 1875 getan hat, welcher allzusehr la bisherige kantonal« Gewohnheiten »ingrrif«. Besser gewahrt sind die den Kantonen verbliebenen HoheitSrechtr durch den in unserer Bundesverfassung vorgrschriebrneu Revision«, modu«, deau wenn auch für Erweiterung der Vundessouveräaität auf d«n Wege der Lersassnug-kevsii»» allerdings nicht Einstimmig. keit der Kantone verlangt wird, so kann doch wenigstens auch nicht die Mehrheit de- SchweizervolkeS entscheiden, sondern eS muh zu gleich die Mehrheit der Kanton« zu jeder Einschränkung ihrer Rechte ihre Zustimmung erteilen." Wie verhält sich nun zu diesen beiden BundeSstaatSver- saffungen die deutsche Reichsverfassung? Nach Art. 2 der ReichSverfaffung übt innerhalb des Bundesgebietes da- Reich die Gesetzgebung nach Maßgabe dieser Verfassung und mit der Wirkung au«, daß die Reichsgesetze den LandeSzesetzen vorgehen. Durch Art. 4 sind sodann die Angelegenheiten genau bestimmt, welche der Beaufsichtigung des Reiches und der Gesetzgebung desselben unterliegen. Art. 78 der Reichs- Verfassung bestimmt nun „Veränderungen der Verfassung erfolgen im Wege der Gesetz gebung. Sie gelten als abgelehut, wenn sie im Bundesrate 14 Stimmen gegen sich haben. Diejenigen Vorschriften der Reich-Verfassung, durch welche be stimmte Rechte einzelner Bundesstaateu in deren Verhältnis zur Gesamtheit frstgestellt sind, können nur mit Zustimmung des berech tigten Bundesstaates abgeändert werden." Deutsches Reich. --- Berlin, 25. Februar. (Zweierlei Maß.) Bei einer Landtagswahl in Württemberg hat das Zentrum in sofern einen teilweisen Erfolg errungen, als der Zen trumskandidat mit der höchsten Stimmenzahl in die Stich wahl mit einem volksparteilichen Bewerber gekommen ist; der Bund der Landwirte gibt mit den in der Hauptwahl auf seinen Kandidaten gefallenen ungefähr 1500 Stimmen den Ausschlag. Das bayerische führende Zentrumsorgan apostrophiert nunmehr den Bund der Landwirte folgen dermaßen: „Der Bund hat bei ber Stichwahl zu zeigen, ob für ihn die Sorge für das Wohl der Landwirtschaft, das beim Zentrum jedenfalls besser aufgehoben ist, als bei der bauernfeindlichen BolkSpartei, oder aber die p r o t e st a n- ttsche Engherzigkeit maßgebend ist." Es ist merk würdig, daß die klerikale Presse diese konfessionelle Eng- Herzigkeit nicht als vorhanden anerkennt, wenn es sich beispielsweise um eine Stichwahl in der Ostmark zwischen einem evangelischen reichsparteiltchen oder nationallibe ralen Bewerber und einem Polen handelt. Wir sollen meinen, daß das Band nationaler Gemeinsamkeit zwischen evangelischen und katholischen Deutschen doch wohl noch stärker sein müßte, als das Band gemeinsamer agrarischer Anschauungen, und daß also, wenn das bayerische Zen- trumsorgan es als konfessionelle Engherzigkeit ansieht, wenn ein Bündler für einen protestantischen VolkS- parteiler stimmen will, diese konfessionelle Engherzigkeit noch zehnmal mehr hervortritt, wenn die klerikale Presse die deutschen Katholiken ermuntert, für einen deutschfeind lichen Polen zu stimmen, und wenn sie dabet ganz offen den Grundsatz proklamiert, erst kommt die Konfession, dann kommt die Nationalität. Zur Sache selbst wollen wir nur noch das eine bemerken: wir sind durchaus keine Freunde der schwadronierenden süddeutschen Bolkspartet und wir könnten es an sich einem Bündler schon gar nicht verargen, wenn er für einen Bolksparteiler sich nicht ent scheiden möchte; aber angesichts der unausgesetzten „Ehrungen und Konzessionen", die die Reichsregierung gerade gegenwärtig für das Zentrum übrig hat, angesichts ferner des gewaltigen Erfolges, den soeben das Zentrum in dem Württemberg benachbarten Königreiche Bayern errungen hat, angesichts endlich aus diesen Erfolgen resul- tierenden, im Trierer Schulfalle so eklatant hervortreten, den, Uebermutes des Klerikalismus sollte es sich auch der Bund der Landwirte in Württemberg doppelt und drei fach überlegen — nicht aus „protestantischer Engherzig keit", sondern ans sehr triftigen allgemeinen politischen Gründen — die parlamentarische Position des Zentrums auch noch in diesem Staate zu stärken. v. L. L. Berlin, 25. Februar. <Die „CiviltL Lattolica" über die katholisch -theolo- gische Fakultät in Straßburg.) Ueber die in nltramontanen Kreisen so willkommen geheißene Straß burger Schöpfung des Diplomatengeschicks des Freiherrn v. Hertling spricht sich nun auch daS offizielle Blatt des Jesuitenordens aus. In der Nunnner vom 7. Februar sagt die römische „CiviltL Cattolica": „Die katholische Fakultät von Straßburg ist vom Heiligen Vater unter solchen Bedingungen errichtet worden, welche die Juris- diktion und die Autorität des Bischofs über sie, aber gleichzeitig auch die des Heiligen VaterS sichert. Die Professoren muffen unter der formalen Mitwirkung des Bischofs ernannt werden, welchem das volle Recht Vorbehalten wird, über ihre Lehren zu wachen, dergestalt, daß, wenn ein Professor vom Bischof gemaßregelt wird, es ihm nicht nur nicht mehr erlaubt ist, zu lehren, sondern er auch von der Uni versität entfernt werden muß. Die feindlichen Zeitungen - machen der Negierung Vorwürfe, daß sie der Kirche diese Konzessionen ringe- räumt hat; wir aber hoffen, daß die katholische Fakultät ein Za un für gewisseLehrcn sein wird, die in anderen Fakultäten gelehrt werden." Nebrigens entsprachen die Bedingungen, unter welchen die Straß burger Fakultät eröffnet wird, durchaus der Enzyklika LeoS XIII. vom 8. Dezember 1902 an die Bischöfe Italiens über die Erziehung des KleruS; es heißt da unter anderem: „Es dürfte sicherlich wünschenswert sein, daß die jungen Tkklesiastiker alle, wie eS Pflicht ist, den Lauf ihrer Studien immer im Schatten der heiligen Institute vollführen könnten. Aber da bisweilen ernste Gründe eS ratsam erscheinen lassen, daß einige von ihnen die öffent- lichen Universitäten besuchen, so vergesse man nicht, mit welchen und wie großen Kautelen die Bischöfe ihnen das erlauben dürfen." Und an einer anderen Stell«: „Sie werden abgesondert gehalten von ber Berührung und noch mehr von dem Zusa,Innenleben mit Jünglingen, die nicht nach dem Priesteramt begehren. Solches Zusammen sein wird man auS gerechten und ernsten Gründen zeit weise dulden können, aber mit sonderlichen Kautelen, so lange, als keine völlige Versorgung im Geiste ber kirch lichen Disziplin zu erwirken ist." Kür diese Diszipli nierung der Straßburger jungen Priesterel«ven wird der dortige Bischof wohl sorgen. Der Staat hat ja seinerseits dafür gesorgt, daß sie ihre Studien im „Schatten ber heiligen Institute" voüführen können. * Berlin, 25. Februar. lBedingt« Begnadi- u n g.) AuS der dem Reichstage zugegangenen tabellari schen Denkschrift über die bedingte Begnadigung er gibt sich, daß von allen Fällen, in denen jugendliche Misse täter während der letzten Jahre in Deutschland nach ihrer Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung vor der Berührung mit dem Gefängnis bewahrt blieben, achtzig Prozent die erhofften Erfolge gezeitigt haben, indem sich die Verurteilten während der nächsten Jahre keiner neuen Straftat schuldig machten. In den Fällen dagegen, wo deg Strafaufschub mit Aussicht auf spätere Begnadigung erst einsetzte, nachdem ber jugendliche Uebeltäter bereits einige Zett im Gefängnis gesessen hatte, ist nur bet 55 Prozent der erwartete Erfolg eingetreten. In diesen Ergebnissen sieht die„Nationalzettung"mitRecht ein scharfes Urteil über die Vollstreckung von Gefängnisstrafen an Jug«ndltchen nach dem in Deutschland herrschenden System, wonach nicht das Gericht über den Strafvollzug ober dessen Auffchub entscheidet, sondern die Bollstreckungsbehördc die bedingte Begnadigung für den Verurteilten nachfuchen kann. Nach erfolgter Bewährung erlischt dann aber nicht die Strafe in den Akten, sondern es ist nur die Vollstreckung der Strafe erlassen. In den meisten Übrigen Ländern überwiegt die bedingte Verurteilung, wodurch die Entscheidung über Strafvollzug oder Strafaufschub in die Hand der Gerichte gelegt ist. Nach Ablauf der Bewährungsfrist gilt die Strafe als überhaupt nicht verhängt. DaS deutsche System wird aber auch in den einzelnen Bundesstaaten nicht gleichmäßig beobachtet. Die Denkschrift macht darüber folgende Angaben: In Preußen und den meisten übrigen Bundesstaaten wurden vornehmlich nur Jugendliche be rücksichtigt, ohne daß Erwachsene grundsätzlich ausge schlossen waren. Dagegen griff in Hamburg und Schwarz- burg-SonderShansen «in Unterschied zwischen Erwachsenen und Jugendlichen nicht Platz; anderseits waren in Baden noch bis vor kurzem Erwachsene grundsätzlich ausge schlossen. In Schaumburg-Lippe und Lübeck war die be dingte Begnadigung auf solche Personen beschränkt, die eine Freiheitsstrafe noch nicht verbüßt haben, während anderwärts in dieser Beziehung Ausnahmen gestattet wur den. Die meisten Bundesstaaten hatten ein Höchstmaß der Freiheitsstrafe in dem Sinne festgesetzt, daß für ein« da rüber hinausgehende Strafe nur unter besonderen Um ständen von der bedingten Begnadigung Gebrauch ge macht werden sollte. In Lübeck und früher auch in Baden schloß dagegen «ine bestimmte Höhe der erkannten Frei heitsstrafe die Vergünstigung unbedingt auS. In den meisten Bundesstaaten war die Prüfung der Frage, ob die Aussetzung des Vollzuges beantragt werden soll, den Strafvollstreckungsbehörden überwiesen, also hinsichtlich der von den Amtsgerichten oder Schöffengerichten Verur teilten den Amtsgerichten, hinsichtlich aller übrigen Ver urteilten den Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten. Nur in wenigen Bundesstaaten (Württemberg, Mecklen burg-Schwerin, Schaumburg-Lippe, Bremen und neuer dings auch in Baden) war die Mitwirkung des erkennen den Gerichts vorgesehen. Auch die Vorschriften über die Bemessung der Bewährungsfrist stimmten nicht durchweg überein; in vielen Bundesstaaten waren Anordnungen nach dieser Richtung überhaupt nicht ergangen. Seit dem 1. Januar d. I. ist diesen Verschiedenheiten eine engere Grenze gezogen, nachdem unter Vermittelung des Reichs justizamtes eine Vereinbarung über die Handhabung des bedingten Strafaufschubes zwischen den Bundesregie rungen stattgefunden hat nnd die dabei festgestellten Grundsätze nunmehr überall in Kraft getreten sind. Ihr wesentlichster Punkt ist, daß nunmehr überall eine Aeuße- rung des die Strafe verhängenden Gerichts über die Be willigung des bedingten Strafaufschubs herbeigeftthrt werden soll. (-) Berlin, 25». Februar. (Telegramm.) Gestern nachmittag besichtigten der Kaiser und die Kaiserin in der alten Kunstakademie da- Modell zu der Statue der Kaiserin Friedrich von Fritz Gerth und unternahmen sodann einen Spaziergang im Tiergarten. — Heute morgen batte der Kaiser eine Konferenz mit dem Reichskanzler Grafen v. Bülow und hörte im königlichen Schlosse die Borträge des Hausministers v. Wedel, des Stellvertreter- des CbesS des Civilkabinett« v. Valentini und deS Geb. Reg.-Rais Mießuer. 6. H. Berlin, 25. Februar. (Privattelegramm.) Der preußische Kultusminister Ttudt bat dem Pi äsidenten desAbgeordnetenhause« mitgeteilt, daß er die national- liberale Interpellation wegen ber Vorgänge in Trier am nächsten Montag beantworten wolle. — Zum Rücktritt des Magdeburger Regierungs präsidenten v. Arnstedt wird Berliner Blättern geschrieben: Der Rücktritt des Präsidenten rufe die Erinnerung an den jahrelangen Kommunalkonflilt in Salzwedel und an seine Folgeerscheinungen wieder wach. Nachdem die Stadt Salzwedel jahrelang von einem beispiellosen Konflikt der städtischen Körperschaften unter dem früheren Bürgermeister Preiß heimgesucht worden war, wäblten die Stadtverordneten im Sinne der überwiegenden Majorität der Bürgerschaft den Gegner de- Bürgermeisters Preiß, vr. Kersten, zum Bürger meister von Sal,wedel. Der Regierungspräsident v. Arnstedt verweigerte die Bestätigung der Wahl. 1)r. Kersten wurde aber vom Minister bestätigt. Die „Mgdd. Ztg." glaubt da gegen nicht, daß diese alte Geschichte, in der Herr v. Arnstedt überhaupt gar keine so bervorstechcnde Tätigkeit cnlwickelte, mit seinem jetzigen Rücktritt vom Amte zu tun habt. * Bonn, 24. Februar. Di« Stadt Bann bot dem deutschen Kronprinzen zur Erinnerung an seinen Studienaufenthalt rin Album in kostbarem Einband mit Ansichten der Stadt und ihrer Sehenswürdigkeit«» gestiftet. -r. Vera, 25. Februar. In der heutigen Sitzung des Laub tage- wurde u. a. — uud nn Gegensatz zu der bi«-
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