01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.02.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030228013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903022801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903022801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-02
- Tag1903-02-28
- Monat1903-02
- Jahr1903
-
-
-
1488
-
1489
-
1490
-
1491
-
1492
-
1493
-
1494
-
1495
-
1496
-
1497
-
1498
-
1499
-
1500
-
1501
-
1502
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug-.Prek- G d« Hmlptrxpedtttoo oder der»» AXgadv- ßelrn «d,«tz»lt, »i«rt«ti-httich , bet poetmatt«, «t-Nch« ZoNelloo, üo» S.7». Durch bt, Post be.vae» Nt, Deut ch- tp»d «. Oesterreich vierteljährlich 4.50, fü« »tu «bri-en Lttndn taut Seitun,«p«t»ltste. Redaktion vnd Lrprdition: Iohannt-gaffr S. Fernsprecher 168 und 222. LtltOteuPudtti«»,»«, Ltfred Huh», Vuchhundl», llulversititSstr.S, A Lösch«. Kathartnenstr 14, u. KSntgsvl. 7. Hanpt-Fittalk Vres-e»: Strehleoer btraß« 6. Uerusprecher «ml I Rr. 1718. Morgen - Ausgabe. MMer Tagcblatt Anzeiger. Harvt-Filiale Serlin: U«rl Duucher, Herzgl. Bayr. Hostuchhaudlg^ Lützowstraße 10. -enchpkuche, Amt VI Sir. LAA, Ämtsklatl -es Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aates und -es Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen Pret- die 6 gespaltene Pelitzeile 25 H. Reklame» unter dem Redakttoa-ftrich <Lgespalten) 78 vm den Famtliennach- richten (»gespalten) 60 Lobellnrischer und Ztsfernfatz entsprechend höher. — Bebiihren für Nachweisungen und Offertenannahme »6 H (exrl. Porto). Frtra-Beilagen (gesalzt^ nnr mit der Morgen.VlaSaabe, ohne PostbeflttdenmD >l SO.—, mit PostdesSrdernug 70.—. Ännahmeschlnß fnr Ä«zritzem «baub»«u<qabe: vormtttug» 10 Uhr. Mvrgeu-LuLgabe: Nachmittug« L Uhr. Arqetge» find stet« an dto Expedition AN richten. Dir Erpedtttou ist wochentags mumterbroche, geöffnet von früh S bt- abend« 7 llhr. Druck and Berlag von S. Pol- t»L«tp-«G. Nr. 1«7 Sonnabend den 28. Februar 1903. 87. Jahrgang. Für Monat März kann da» „Leipziger Tageblatt" zum Preise von Mark 1,00 (Mark 1,25 bei freier Zustellung ins Haus) sowohl durch sämtliche Zeitungsspediteure, wie auch durch die nachstehenden Ausgabestellen bezogen werden. Ausgabestellen des „Leipziger Tageblattes": Im Jeatrum. Brühl 58, C. F. Sckubert'S Nachf., Kolonialwarrnhdlg. »attzartueuftr. 14, 8. Lösche, Cigarreuhdlg. 2935 Nttterftr. 4> Linckrsche Leihbibliothek und Buchhdlg. I« »tordea. Gerberstr. 8, H. L. Kröger, Dutterhdlg. 8624 Gnelseuauftr. IS, B. Uhlich, i. Fa. Ida Hartmann, Papierddlg. Löhrstr 15, E. Hetzer, Kvlonialwarenhdlg. 979 . Aorkftr. 82 (Ecke Berliner Straße), F. W. Kietz, Kvlonialwarenhdlg. 2« Osten. TahtMUtLs»»« 8, Hauptrxpedition 222 Nanstfche Gaste G, F. Fischer, Kvlonialwarenhdlg. Achützeustr. 5, I. Sckümicken, Kvlonialwarenhdlg. 1178 Lauchaer Sir. 13, E. R. Reichel, Drogeuhdlg. 8341 I» Gilde«. Arudlstr. 85, I. F. Canitz, Äolonialwareuhdlg. 3033 vatzersche Str. 45, H. Nrumrister, Cigarreuhdlg. 3984 K-atgsplatz 7, 8. Lösch«, Cigarreuhdlg. 7505 Ntrnber-er Str. 45, M.E. Albrecht, Kvlonialwarenhdlg. Jettzer Str. 85, V. Küster, Cigarrenhdlg. Im Weste«. Veettzaveustr. 21, Th. Peter, Kolonialwarenhdla. 3901 Araukfurter Str. 22 (Ecke Waldstr.), L. Siever«, Kvlonialwarenhdlg. hiaustitdter Stetnwe, 1, O. Engelmann, Kolonialwhdlg. 2151 Walbftr. 39, G- Betterlein, Kolonialwarenhdlg. Westplatz 82, M. Leißner, Cigarreuhdlg. 2402 I« de« Dor» u«d -kachbarorten. Auger-Crottendarf, B. Friedel, Cigarreuhdlg., Zwei naundorfer Str. 6, O. Oehler, Beruhardstr. 29 Cauuewty, Frau Fischer, Hermannstr. 28 o Fritz Koch, Pegauer Straße 17 Eutritzsch, Robert Altner, Buchhdlg., Delitzscher Str. 25 820 Gautzsch, Ioh. Wolf, Ecke Ring- und Oetzscher Str. 8526 GatzU», Robert Altner, Buchhdlg., Lioventh. Str. S 820 » Paul Schmidt, Brüderstraße 8 Aletuzschacher, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7a n, L-Plagwitz 2586 Leutzsch, Albert Lindner, Wettiner Str. 51 in L-Liadenau Ltudeua«, Alb. Lindner, Wettiner Str. 51 in L.-8indenau Möckern, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L--Gohli« Neustadt, Paul Kuck, Annonc.-Exped., Eisenbahnstr. 1 Neuschönefeld, Paul Kuck. Annoncen-Cxp., Eisenbahustr.1 vetzsch, Earl Scheffel, Ecke Ost- und Mittelstr. 6475 VlaGattz, G. Grützmann, Zschochersche Str. 7a 2586 Neuduitz, W. Fugmann, Marschallstr. 1 1516 « O. Schmidt, Koblgartenstr 87 1739 » Beruh. Weber, GabelSberaerstr. 11 Schleutzlß, G. Grützmann, Könncritzstr. 56 2586 Selerhausr«, O- Oehler, Anger-Crottendorf, Bern- hardstraße 29, Part. Gitin-, O. Oehler, Anger-Crottend., Beruhardstr. 29, p. Lhauderg, R. Häntsck, Reitzenhainer Str. 58 ValstuarSdars, Paul Kuck, Ann.-Exped., Eisenbabustr. 1 » Georg Niemann, Konradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.) Wahre«, Paul Schmidt, Brüderstr. 8 in L^Gohli«. Dir „Genossen" unter sich. Mau muß dir Sozialdemokraten aufsuchen, wenn sie unter sich sind, um zu finden, daß sie e« viel schlimmer machen, alß di« bekämpft« Bourgeoisie und daß sie eigentlich viel egoistischere Bourgeois sind, al- die „Ordnungsparteiler". Wa- für die große Menge an der Oberfläche schwimmt, da ist zumeist nur Phrase; wenn man dir Leute kennen lernen will, muß mau ihre Gewerkschaften aufsuchen und beobachten, wie bei ih»eu Rechthaberei, Wortklauberei, Streit um dir größtr Nichtigkeit, Neid und Eigensinn zu Hausr sind, oder man muß sir dort aufsuchen, wo sie Unternehmer sind, io den Konsum- vereinen, um ein Destillat aller dem wirklichen Bourgroi« augrdichtetrn Schlechtigkeiten zu sehen. Der Sozialdemokrat als Unternehmer ist ein Kapitel, au- dem man viel lernen kann. Die Konsum vereint, die unserem augesrfsenen Kauf- mqnpsstand da- Leben so schwer machen und die immer mehr unter sozialdemokratische Leitung kommen, sind rein geschäftlich« Unternehmen und jede GefüblSpolitik ist hei ihrer Leitung au-geschlosseu. Das macht sie auch so groß und führt zu einem immer grüß««« Anwachsen. Dir Lagerhalter und Angestellten, die Parteigenossen der Vor- stände und AufsichtSräte können, obgleich nach bitteren Kämpfen manche Verbesserungen und Gehaltserhöhungen eingeführt wurden, heut« noch ein Lied von den „Genossen"-Vorgesetzten singen und die geschäftlich rührige Rücksichtslosigkeit gegen ihre Mitglieder ist alles andere als genossenschaftlich. Die Sozialdemokraten sind ohne Zweifel gerissene GeschäftSmänner und verstehen, wa- di« Konsumvereine anbetriffk, ihre Sacke sehr gut. Diese« gute Verständnis zeigt sich auch im Einkauf. Noch laufen sich manche Fabrikanten und Grossisten die Füße wund, um Aufträge von den Konsumvereinen zu er halten, und während dessen entwickelt sich ihr Haupt konkurrent zu einer unheimlichen Größe. In weiterem Ausbau des GenossenschastSprinzipS haben sie in Ham burg eine Wareneinkaufsgenossenschaft gegründet, die in jeder Weise bi« jetzt prosperiert. Diese Großeinkaufsgenossen schaft Deutscher Konsumvereine, wie sie sich nennt, hat ihren Umsatz immer mehr vergrößert. Sie setzte um 1900 7 956 335 1901 15 137 761 - 1902 21 500 000 . und in diesem Jahre wird sich der Umsatz gegen das Vor jahr auch wieder um ca. 40 Proz. erhöben. Nun darf man jedoch nicht denken, daß diese Ziffern die Umsätze der sämtlichen Vereine umfassen. Im Gegenteil wird nur der kleinste Teil der Waren bis jetzt von dieser Groß einkaufsgenossenschaft bezogen, aber die Tendenz geht dahin, sich ihrer immer mehr zu bedienen. So bezog uufer Leipziz-Plagwitzer Konsumverein, der jetzt auch in Reudnitz ein eigenes Haus baut, bei einem Umsatz von 10 393 653 nur etwa für 1800 000 von der GroßeinkausSgenossen- schast. ES würde den Lehren der Sozialdemokratie widersprechen, wenn die einzelnen Vereine eine größere Selbständigkeit besäßen. Bei einer weiteren Ausbildung der Konsum vereine mit Anschluß von Schlächtereien, Bäckereien und Fabrikation von Textilwaren, Cigarren usw. würden die Lokal- giößen einen Einfluß und eine Selbständigkeit erhalten, die einmal dem ganzen Prinzip« gefährlich werden könnten. Daher müssen die einzelnen Vereine sich mehr an die Groß- einkausSgenoffrnschaft anschließen, sie mehr benutzen und diese ihrerseits wird damit die Allmacht auch bei ihren Produzenten, den FabrikationSgeuoffenschasten geltend machen und die Regierung des wirtschaftlich-sozialdemokratischen Staate» innerhalb des deutschen Reiches bilden. DaS haben aber die Sozialdemokraten schon lange ein gesehen, daß sir nur so lange daS Heft in Händen haben, al« sie ein« strafft Organisation, al« sie einen souverän herrschen den Vorstand besitzen. Reden und wühlen können die Ge noffen soviel sie wollen, immer jedoch nur im Rahmen de« enggezogenen Parteischema-. Wer dagegen lökt, fliegt hinaus. Bei einem Geschäft, bei dem eS fick um Kaffee und Zucker, um Mehl und Petroleum, Reis. Graupen, gebackene Pflaumen» Wichse und Honig handelt, kann man jedoch nicht diktatorisch Vorgehen. Man muß wenigsten« den demokra tischen Schein wahren, und deshalb gab man dem Haupte deS sozialdemokratisch-wirtschaftlichen Organismus eine Ver- fassung, bei der dem kaufenden Vereine ein Einfluß eingeräumt wurde. Indessen machte man die Sache so geschickt, baß es erst einer ganzen Weile bedurfte, bis die kleinen Vereine sahen, wie sie bei der demokratischen Einrichtung über den Löffel barbiert wurden. Nach dem neuen tz 16 des Statuts der Großeinkaufsgenoffenschaft hat jeder Verein eine Stimme, diese Stimmenzahl steigt jedoch mit der Höhe der Waren entnahme. Vereine mit einer Warrneatuahme von 100 000 bis 600 000 ^k haben 2 Stimmen, mit solcher von 600 000 bi« 1 Mill. Mark 3 Stimmen usw. Man siebt, wie geschickt mau da« Interesse an der GroßeinkaufSgenossenschaft anzu- regen versteht. E« kann nicht wunder nehmen, daß, wenn auch jetzt noch nicht, so doch später die großen Konsumvereine die kleinen in de, Großeinkanf«grnoffenschaft bevormunden können. Daher jetzt allgemeine Entrüstung unter den kleinen Vereinen, die ihre Selbständigkeit gefährdet sehen. Diese Entrüstung könnte un« jedoch ganz kalt lassen, wenn sie nickt in dem Organ der Genossenschaft zu recht offenherziger Aussprache geführt batte, aus der zu entnehmen ist, wie trefflich sich die leit«nden Sozialdemokraten zu Kapitalisten ausgebildet haben und mit welchen So- pbistereiea sie da» Ueberwirgen de« Kapitalismus in ihrer wirtschaftlichen Organisation verteidigen. Nur rmz«lne solcher Sophismen mögen herau-gehoben sein. Die Gegner des 8 >6 wenden ein, daß er ein Klaffengesetz schaffe, di« Ver teidiger suchen si« zu belehren, daß „bei dem politischen Klasseuwahlrechl der einzelne Wähler nach seinem Vermögens besitz, nach seiner Kapitalmacht gewertet werde, während beim § 16 die Zahl »nd der Verbrauch der Genossen bei der Zentral« als Wertmesser angenommen sei". Mit diesem Scheinargument« werden sie wobl nickt auskomme», denn was bei dem Klassensvähler der Besitz, da- ist eben hei d«m Konsumverein der Verbrauch und iu einer Stadt mit guten Löhnen können die Genossen mehr ver brauchen als in einer solchen mit schlechten Löhnen. DaS Kapital spielt hier wie da eine Rolle. Im andern Falle jonglieren die Anwälte der GroßeinkausSgenofsenschaft mit dem Begriffe Verein und Genossen. Jeder Fernstehende wird sofort begreifen, daß eS sich hier nur um den Einfluß der vertretenen Vereine handeln kann. Um die Abschwächung dieses Einflusses zu bemänteln, führen die Verteidiger des 8 16 die Zahl der Mitglieder der einzelnen Vereine ins Feld. Sie sagen: „Angenommen, der Verein hätte 1000 Mitglieder, der Verein L deren 30 000. Nach dem Grundsatz „jedem Verein eine Stimme" hätte der einzelne Genosse in dreißig Mal soviel Gewicht in der Generalversammlung als der einzelne Genosse in ö." Na, wenn daS nicht gruselig macht und den armen Demokraten eine Gänsehaut überläuft! Noch possierlicher ist die Demonstration mit den Bezirken. Es heißt da: „Ist der Grundsatz: „jedem Verein eine Stimme" der Gipfel demokratischer Gerechtigkeit, warum dann nicht auch beim Reichstagswahlrecht die Forderung: Jedem politischen Bezirk eine Stimme? Dann häkle Berlin ebenso seinen einen ReichstagSabgeordneten zu wählen, wie irgend ein ländlicher Kreis!" Mit solchen Beweisgründen, mit kindlichen Unterstellungen und Verwechselungen sucht man den tz 16 durchzudrücken und die kleineren Vereine, die aus lokalen und wirtschaftlichen Gründen nicht mehr Mitglieder haben und nicht mehr be ziehen können, und die politisch zum Teil noch nicht echt ge färbt sind, von dem Einfluß auf die Großeinkaussgenoffen- fchast in Zukunft zurückzudrängen. Wir würden keinen Anteil an dem Kampfe der Sozial demokraten unter sich nehmen, wenn wir nicht einmal das groß« Publikum einen Einblick gewinnen lassen wollten, wie sie eS unter sich machen, und wenn wir nicht schon heute auf die Gefahr, die dem selbständigen Handel droht, Hinweisen wollten. Denn, daß die neuen Statuten der Großeinkaufs genossenschaft angenommen und damit die aufsaugcnde, kapitalistische Tendenz der sozialdemokratischen Konsumvereins bewegung weiter Platz greift, ist außer Zweifel. Deutsches Reich. --- Leipzig, 27. Februar. (Staatliche Pensions versicherung für Privatangestellte.) Die „Kaufmännische Reform", das Organ des Verbandes Deutscher Handlungsgehülfen, tritt in einer ausführ lichen Erörterung von neuem für die staat liche Pensionsversicherung der Privat angestellten ein. Was in den Kreisen der Angestellten aller Berufe vor allem gewünscht wird, ist eine Er weiterung der staatlichen Invalidenversicherung, mit der Maßgabe, daß alle Privatangestellten gezwungen werden, sich für Invalidität und Alter zu versichern. Da jetzt der Kreis der Versicherungspslichtigen mit dem Gehalt von 2000 geschloffen ist, handelt es sich also zunächst um eine Erweiterung dieses Kreises. Dieselbe kann verschieden gedacht sein. Entweder sind nur Angestellte versichernngs- pflichtig, die bis zu einem gewissen Betrage (8000, 4000, 5000 ^) ein Einkommen aus ihrem Arbettsverhältnis haben, oder alle Angestellten sind versicherungspflichtig, und zwar diejenigen, deren Gcüalt die festgesetzte Lumme übersteigt, bis zu dieser Summe. Politisch und sozial er scheint der letztere Weg der „Kaufmännischen Reform" als sehr sympathisch. Die Hauptsache aber sei, daß der Zwang ausgesprochen werde. Unter der Voraussetzung des Zwanges könne die Versicherung vor sich gehen in freien Rcntenkassen, analog den freien Hnlfskassen für Krankheit, oder in territorialen Anstalten, oder in beruf lichen Verbänden, oder in einer Reichskasse. Werde der Zwang ausgesprochen, so müsse ihm ein Recht entsprechen, und dieses Recht sei der B e i t ra g d e r A r b e i t g e b e r zur Kasse: der Staat habe nur dann die Befugnis, jemand zu einer wirtschaftlichen Leistung zu zwingen, wenn er etwas dafür gewähre; bestimme er den Beitrag der Arbeitgeber, dann sei die Gegenleistung geboten. Ver sichert müßten natürlich sowohl die männlichen wie die weiblichen Angestellten werden. Im Falle der wünschens- werten Errichtung einer Witwen- und Waisenversichcrung hätten auch die I u n g g e s e l l e n in die letztere Kasse zu zahlen. Die „Kaufmännische Reform" verspricht sich davon einen heilsamen Einfluß auf die Vermehrung der Ehe- schließungcn, und damit zum Teil auf die Entlastung des Arbeitsangebots der Frauen und Mädchen. Beschränkt sich die Gesetzgebung auf den Zwang zmn Beitritt und den Beitrag der Arbeitgeber, so reichen, meint die „Kauf, männische Reform", die vorhandenen und die zu gründen- den Kaffen aus. Werbe aber ein Beitrag von der Ge meinde und vom Reiche verlangt, so genüge diese Orga nisation nicht, man müsse vielmehr auf die territo- rialen oder die Reichs-Versicherungsanstalten zu kommen. Auch staatlich bernslichc Kaffen, wie die Be- riffSgcnoffenschaftcn, wären angesichts der Gefahrenklasse nicht zu verwerfen. Erscheine nun die Erweiterung der Invalidenversicherung als das einfachste, so bleibe doch zu wünschen, daß das Reich den Privatangestellten schon der Witwenverficherung halber ein eigenes Gesetz gebe. Ein Teil der Kosten sei außer von den Arbeitgebern vom Reiche, vielleicht auch von der Gemeinde, aufzubringen. Wenn ein Barzuschuß deS Reiches ausbleibe, dürfe mindesten- die kostenfreie Verwaltung der Pensionsver- sichcrung durch das Reich verlangt werden. Sv lange die staatliche PensionSversichcrnng aber fehle, müßten die be stehenden Rcntenkassen, wie die des Verbandes Deutscher Handlungsgehülfen, bentvtzt werden, um die Zukunft -u sichern. * Berlin, 27. Februar. (Die Vorlage betreffend die Kaufmannsgerichte.) Es dürfte wobl ziemlich sicher sein, daß der Gesetzentwurf, betreffend die Kaufmanns gerichte, in diesem Reichstag nicht mehr zur Erledigung kommen wird. Schon im BundeSral haben sich größere Schwierigkeiten ergeben, als die Verfasser des Gesetzentwurfs angenommen baben werden. EmeAnzahl von Bundesstaaten,z.B. Bayern,Bade», die Hansestädte, haben, gestützt aus die Gutachten ihrer kaufmännischen Körperschaften, sich grundiätzlich gegen die weitere Ausdehnung des LondergcrichlSwesenS auSgesprochrn und vorgeschlagen, daß an sich die Zuständigkeit der ordent lichen Gerichte auch sür die Streitigkeiten aus dem kauf männischen Dienstverhältnis nicht ausgeschlossen werde. Im Reichstage wird, falls der Gesetzentwurf im BundeSral doch eine Mehrheit finden würde, diese Frage ohne Zweifel gleich falls angeregt werden, umjomehr, als der in dieser Sache vom Reichstag zuletzt angenommene Antrag Baffermann ebenfalls den Anschluß der kaufmännischen Schiedsgerichte an die Amtsgerichte fordert. In juristischen wie in kauf männischen Kreisen ist man sich in den letzten Wochen der Gefahr immer mehr bewußt geworden, die der Rechtsprechung in kaufmännischen Streitigkeiten aus einer weiteren Aus- tehnung des SondergerichtSwesens droht. Der sozial politische Zweck, der durch die neue Regelung der Entscheidung in kaufmännischen Streitigkeiten erreicht werden soll, läßt fick auf anderem, weniger bedenklichem Wege ebenso gut er reichen, wie auf demjenigen einer Erweiterung der Zuständigkeit der Gewerbegerichte. Es brickl sich jetzt immer stärker die Ucberzeugung Bahn, daß für Streitigkeiten aus dem Dienst verhältnis überhaupt bei den Amtsgerichten ei» billiger und zu rascher Entscheidung führender Weg geschaffen werden muß und kann. Den Vorzug hiervon würden dann nicht nur die Angestellten im Haudelsgewerbe, jondern noch un zählige andere angestrllte Personen haben. Die Begründung des Gesetzentwurfs führt aus, daß eS sich nicht empfehle, diese Frage letzt aufzurollen. Man fürchtet eben die Einbuße an GerichtSkosteu, die durch eine Ermäßigung der Ge bühren sür alle Lohnproresse entstehen würbe. Aber dieser Konsequenz wirb man sich auf die Dauer dock nicht ent» riehen können. Was dem einen recht ist, ist dem andern billig. Wenn der Fabrikarbeiter und jetzt auch der HandlungS- gehülfe einen billigen Rechtsweg für die Verfolgung seiner Lohnansprüche erhält, so wird man dem landwirtschaft lichen Arbeiter, dem Dienstboten usw. den gleichen Anspruch nicht versagen können. Abgesehen von der Finanzsrage würbe es aber nicht die mindesten Schwierigkeiten machen, die jenigen Bestimmungen des Gewerbegerichtsgesetzes, welche sich in Bezug auf die Herbeiführung einer schleunigen Ent scheidung bewährt baben, auf das Verfahren in alle» amts gerichtlichen Lohnprozesfen auszubehnen. Schließlich muß aber noch betont werben, daß gerade der Vorschlag, die Beisitzer der Kaufmannsgerichte aus allgemeinen Wahlen der Interessenten hervorgehen zu lassen, in den weitesten Kreisen große Bedenken hervorgerufrn bat. Einmal wird heute überhaupt schon genügend gewählt. Sodann aber er scheint es wenig richtig, gerade die Richterämter einem partei politischen Wahlgetriebe auszusetzcn. An und für sich werben die Beisitzer von StandeSgerichten schon geneigt sein, instinktiv für die Interessen der ihrem Stande anaebörenden Partei stärker einzutreten, als sich mit der vom Richter zu fordernden Objektivität vereinigen läßt. Wenn nun aber gar ein lebhafter parteipolitischer Wahlkampf um die Richterämter entbrennt, so wird die richterliche Unparteilichkeit noch mehr in die Brüche gehen, und cs wird dann nicht mehr nach Recht und Gesetz, sondern nach Neigungen und Wahlprogrammen entschieden. Mit Recht ist deshalb gefordert worden, daß die Ernennung der Beisitzer der Kausmannsgerichte ebenso wie diejenige der Schöffen und Geschworenen aus einer vorher aufzustellenden Jabresliste durch das Los erfolgt. Es ist nickt zu verkennen, daß die richtige Regelung größere Schwierigkeiten macht, als beim ersten Anblick der Sache an genommen wird. Handelt es fick dock nickt nur um eine sozialpolitische, sondern vor allem auch um eine für die gesamte Rechtspflege bochbcdeut'amc Frage. (Köln. Zig.) * Berlin, 27. Februar. (Zum 80. Geburtstage General v. Werders.) Der General, General adjutant und frühere russische Botschafter am russischen Hofe Bernhard v. Werder begeht heute, wie gemeldet, seinen achtzigsten Geburtstag. Aus diesem Anlasse wird der „Schles. Ztg." geschrieben: „Mit der Person des Generaladjutanren v. Werder ist die Ge schichte der russisch-preußischen und russisch-deutschen Beziehungen auf das engste verknüpft. Fast 20 Jahre lang hat der General seine einflußreiche Stellung im Gefolge Kaiser Alexanders II. und dessen Nachfolgers bekleidet und stets den jedesmaligen poli tischen Ereignissen zunächst gestanden, wenn ihn dieselben in seiner Sonderstellung auch nicht direkt berührten. General v. Werder trat, damals noch Oberst, als Nackfolger des Gc ncrals v. Schweinitz im November 1869 seine Stellung als Militärbcvollmächtigter in Petersburg an. Im Frühjahr 1870 begleitete er den Kaiser Alexander II. nach Berlin und Ems und machte von da an alle Reisen des .Kaisers in dessen nächstem Gefolge mit. Die beginnenden deutsch-französischen Per Wickelungen trafen den Kaiser bereits in Petcrhof; er hoffte damals sehr auf eine friedliche Beilegung derselben, doch als der Krieg ausgcbrochen war, zeigte Kaiser Alexander öffentlich vor seiner gesamten Umgebung dem General v. Werder gegen über, wie sehr er mit seinen Gefühlen auf deutscher Seite stand. Jede eingclaufcnc Tagcsnackricht teilte er sofort selbst dem General mit. Am bezeichnendsten für die Stellung des letzteren zum Kaiser und dessen persönliche Teilnahme für Deutschland ist dir Mitteilung der Depesche über den Sieg bei Sedan. Eben von einer. Trnppcnbesicktigung bei Moskau in das Palai- zu- rückgckchrt, erhielt er die bewußte Depesche und rief den Ge neral v. Werder mit den Worten herbei: „Welch' ein Erfolg!" und umarmte daraus den General vor allen Anwesenden. Bei der daraus folgenden Mittagstafel brachte der Zar da« Wohl
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht