Bilder. Wir haben damit ein einzigartiges Material zum Studium der Frage, wie der mittelalterliche Bücherschreiber „Porträts“ kopiert, d. h. wie er ein günstigenfalls wiedererkennbar nach dem Leben gemaltes Bildnis weitergibt. Was scheint ihm am Bild wert, besonders genau wiederholt zu werden? Wir schlagen so die Brücke zu den Forschungen nach den Wert urteilen des mittelalterlichen Menschen, müssen aber dabei eine Einschränkung machen. Wir können günstigenfalls etwas von den Anschauungen und Wertungen des Abschreibers erfahren und dürfen unsere Ergebnisse nicht ohne weiteres verallgemeinern. Der Mensch, der sich um das Werk De laude S. Crucis bekümmert, ist der gelehrte Kleriker. Ihn interessieren die barocken Künste leien der Versordnung, er bewundert sie und schreibt sie ab. Diese Art „Wissenschaft“ — wir würden sagen Technik — wird ihn und seine Standesgenossen interessieren, die anderen Menschen des Zeitalters aber kaum. Die Handschriften werden für den Ge brauch der Gelehrtenstube abgeschrieben. Deshalb wird der Ab schreiber sich nicht die Mühe geben, noch besonders durch prunk volle Ausstattung wirken zu wollen. Die bildliche Ausstattung wird von schwächeren Kräften unternommen sein und nicht von den großen Künstlern stammen, deren Kräfte durch die kostbaren Prunkhandschriften der Evangelien und Psalterien auf fürstliche Bestellung bzw. für fürstlichen Gebrauch in Anspruch genommen waren. Aber in einer Beziehung bleibt auch ein solches künstlerisch minder wertiges Bild für uns wichtig. Es soll ein Bild von Hrabanus sein. Wir erfahren aus der Darstellung, wie sich der Hersteller das Bild des Hrabanus vorstellt, und wie er sich zu den ihm vorliegenden Hrabanusbildern verhält. Ein Streben, die äußere Erscheinung wiederzugeben, müßte sich auch in rohen Darstellungen nachweisen lassen, wenn es vorhanden wäre, und ein etwa vorhandenes Inter esse des Kopisten an dem Vorbild, das sich auf das Äußere des Hrabanus erstreckte, müßte erkannt werden können auch in Bildern von Dutzendschreibern ohne künstlerische Begabung. Was lehren uns nun darüber die erhaltenen Darstellungen? Am instruktivsten würde es sein, wenn hier die ganze Reihe der fast 50 Hrabanbilder veröffentlicht werden könnte. Da aber die große Mehrzahl der dem 9. bis 11. Jahrhundert angehörigen Bilder