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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030404014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903040401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903040401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
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- Monat1903-04
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Bezug-»Prei- 1» d« Hauptexpeditto» oder deren Ausgabe stelle« abgebolt. vierteljährlich S.—, bei land «. Oesterreich viertel lahmch 4.1», für W «chrU» Länder iaut Znt—gsPveisüst«. Lrkktion md LrpedUi»»: J»h«e»iS»affe 8. Fernsprecher ISS und «2. Ktkfttkevp»I>k1i<W>n Alfred Hah», Bnchhandlg, lluiversitLtsstr.S, >. Äsche, Katharinenstr. 1< KönigSpl. 7. H«Pt-Fi!i«1e Vrrrde«: Marieustraße 34- Gemspercher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiate Serliu: U«l Demcker, HeiWl Ba,r. Hofduchhendl». Lützowstratze 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4303. Morgen-Ausgabe. MpMcr TagekÄ Anzeiger. Ämtsvlatt des königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiaintes der Stadt Leipzig. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem Rrdaktionsstrich (4 gespaltea) 73 vor den Famtlienaach' richten (S gespalten) 30 L». Tabellattscher und Htffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnannähme 83 (rxct. Porw> Lxtta-Beilage» (gesalzt), mit der Morgen-Ausgabe, ohne PostbesSrdernng SO.—, mit Postbesördernng uü 70.—. Annnhmeschinß für Anzeige«: Abend-AuSgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition z» richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh S bi» abe»dS 7 Uhr. Druck und Berlag von E. P»l- i» Leipzig. Nr. 171. Iwangspenfionskaffe für deutsche Rechtsanwälte. k. Im Jahre 1901 beschloß der Anwaltstag zu Danzig, dem Zuge der Zeit zu folgen und ein sozialpolitisches Gesetz anzustrebcn, durch welches den Rechtsanwälten, deren Widmen und Waisen Pensionen gesichert werden sollen. Zu diesem Zwecke wählte jener Anwaltstag eine Komuttffnm von SS Mitgliedern (auS jedem Kammrrbezirk de» Deutschen Reiches eine»), welche die Vorarbeiten leisten und diese dem nächsten Anwaltstage zu Straßburg im Jahr« 1008 znr Beschlußfassung vorlegen sollte. Diese Kommission hat nun unter Borsitz des Justizrates Elze in Halle a. d. S und unter Zuziehung de» Versicherung», techniker» Professor Vr. Wolf in Leipzig da» Material beraten und den Rechtsanwalt Kolsen in Berlin mit der Abfassung eines Gesetzentwürfe- nebst Tarifen und Motiven Srtrant. Diese Arbeit ist, wie bereits tele graphisch gemeldet worden, ferttggestellt und wird den be- teiligten Behörden -»gehen, auch in der „Juristischen Wochenschrift" veröffentlicht werden. Da die Klinke der Gesetzgebung in Anspruch genommen werben soll und die Sache insofern allgemeine» Interesse hat, teilen wir au» den Motiven die Grundzttge des Ent- wurses mit. Sie lauten: 1) Kür die Beitragszahlung find drei Dege in Erwägung gezogen worden, nämlich die Zahlung eines einheitlichen Beitrages, die Ab- ftufung nach Altersklassen und die nach dem Ein« kommen. Die Kommission hat sich für den ein heitlichen Beitrag entschieden. Die Abstufung nach Altersklassen wurde abgelehnt mit Rücksicht darauf, daß die Kaffe prinzipiell für die zukünftigen Generationen be gründet wird und -lese ziemlich gleichmäßig mit dem 30. Lebensjahre die Mitgliedschaft erlangen dürften, daß auch für die gegenwärtige Generation kein Bedürfnis für solche Abstufung besteht, weil die Höhe deS Einkommens vom Alter unabhängig ist. Auch die Abstufung nach dem Einkommen fand keinen Beifall, weil dadurch die Haupt last auf die mittleren Schultern entfallen würde, auch da- Klarlegen des Einkommen» nicht beliebt wurde. 2) Was die Einziehung der Beiträge an langt, fo erschien es praktisch, dieselbe den Kammern zu überlassen. Die Kammern müssen ohnedies die Kammerbeiträge einziehen und haben nicht erhebliche Mehrarbeit, wenn sie den Kaffen beitrag miteinziehen. Zudem haben sie bessere Fühlung mit ihren Mitgliedern, als die Zentralstelle der Peusionskaffe sie hätte. ES kommt hinzu, daß die Pension»- lasse Beiträge nicht missen kann, weshalb ausfallende Beiträge von den Kammern verauslagt werden müssen, denen da» nicht zahlende Mitglied «»gehört. Dieses System führt dazu, da- die Kammern die Gesamtbeiträge ihrer Bezirke an die PensionSkaffe abzuführen haben werden. Um die Kammern wegen der von ihnen verauslagten und vom Schuldner nicht einziehbaren Beiträge einiger- maßen schadlos zu halten, gibt ihnen der Entwurf das Recht, wenn demnächst die Renten fällig werden, alljährlich einen kleineren Teil derselben zn ihrer Deckung in An- spruch zu nehmen. 8) Für die Renten schließlich ist eine nach der Dauer der Mitgliedschaft steigende Skala für angemessen erachtet worden, weil es der Billigkeit entspricht, Mehrzahlungen an Beiträgen mit Mehrzahlungen an Rente zu vergelten. Im übrigen mußten die verschiedenen Kategorien der Rechtsanwälte verschieden behandelt werden. ». Der Normalfall ist, daß man bis zum 85. Lebens, fahre RechtSamvält wird. In diesem Falle sind natur gemäß die jährliche Steigerung und der Höchstbetrag der Rente am größten, weil diese Kategorie von Rechts anwälten durchschnittlich die meisten Beiträge zahlt. t>. Für diejenigen, welche erst nach vollendetem kB. Le-enSjahre Rechtsanwälte werden, mutzte ein be sonderer Tarif Vorbehalten werden, weil die oersiche- rungStechnifche« Grundlagen dafür fehlen; die Aufstellung desselben konnte dem BerwaltungSrat überlassen werden, weil der Fall nur ein« untergeordnete Bedeutung hat und durch eine während der fünf Karenzjahre aufzuftellende Statistik feine völlig« Klärung finden wird. a. Ein« nur »vrlibergehende Bedeutung, und -war nur für eiu Menschenalter, haben die Rechtsanwälte, welche bet In»lebentreten der Kaffe Rechtsanwälte sind. Sie und chre Hinterbliebenen konnten im MindeftVetrage eben soviel Rente erhalten, wie di« Katrgori« », dagegen konnten naturgemäß die jährlich« Steigerung und der HSchstbetrag der Rente hier nicht so hoch sein, wie dort, »eil die Beiträge durchschnittlich geringer sein werden. Al» Sitz der Kass« ist Leip-1g geplant. Sonnabend den 4. April 1903. S7. Jahrgang. Die Lalkamvirren. Don allen Stellen LeS Revolutions-Schauplatzes am Balkan kommen stürmische Nachrichten. ES ist, wie wenn plötzlich das Feuer auf der ganzen Linie zum Ausbruch gekommen wäre, wo bisher nur vereinzelte Funken um herflogen. In Mitrvwitza, hart an -er Grenze des öster reichischen Okkupationsgebietes, wird der jüngst erst in stallierte russische Konsul angeschossen, und eine förmliche Schlacht muß den Albanesen von den türkischen Truppen geliefert werben, um die Stadt vor einem blutigen Ueber- falle zu schützen.. Bei Niustapha-Pascha, der bulgarisch türkischen Grenzstation der Orientbahn, wird die Eisen bahnbrücke von den Aufständischen mit Dynamit gesprengt und nur durch «inen glücklichen Zufall eine schwere Kata strophe verhütet. Dom altserbischen Nordwesten bis zum bulgarischen Südosten Makedoniens flackert die Flamme des Aufruhrs jählings in die Höhe. Man kann nun nicht mehr zweifeln, baß die begonnene Durchführung desRe - formwerkes, zu welchem Oesterreich-Urrgarn und Rußland die Pforte bestimmt haben, die Unruhen in Make donien nicht zu ersticken vermocht hat; aber dieser Zweifel hat von Anfang an bestanden, und nirgends ist geglaubt worden, -aß diese Reformen auSreichen würden, die stür mische Gärung in Makedonien über Nacht zn beschwich tigen. Haben -och die beiden Mächte, welche die Urheber des Reformwerkes waren, sich selbst nicht verhehlt, daß dasselbe nur ein Anfang sei, von dem die friedliche Fortbildung und Entwickelung de» künftigen Verhältnisses der Bevöl kerung Makedonien» unter sich und zur türkischen Herr schaft ihren AuSgana nehmen könnte. Wenn sich jetzt zeigt, daß der seit Jahren geschürten Bewegung durch die begonnenen Reformen kein Einhalt getan, daß die bul garische Quelle, au» -er sie ihre Nahrung schöpft, nicht verstopft werben konnte, so ist doch, so schreibt die Wiener „Neue Freie Presse", der wir hier folgen, von einer Ent täuschung nur in sehr bedingter Weise zu reden. Die große Bedeutung -er österrei chis ch-r usstschen Aktion lag und liegt nicht darin, -atz ein Reformwerk in die Wege geleitet wurde, dessen sofortiger Erfolg von Beginn an problematisch war, sondern darin, daß die beiden Vkächte gmeinsam die Aktion in ihre Hände nahmen» und diese ist dadurch nicht unterbunden, weil -er Kunkenregen am Balkan plötzlich stärker geworden. ES können noch weiter die Nachrichten vom Aufstande sich häufen und die Aus sichten auf ein« baldige Pazifizierung der makedonischen BilajetS trüben. Die entscheidende Tatsache bleibt troü- bem, datzOesterrcich-Ungarn und Rußland entschlossen sind, das Heft bi« ans Ende in ihren Händen zu behalten, und diese Tatsache bedeutet mehr als alle geheime Wider spenstigkeit Bulgarien-, alles Schüren und Wühlen der makedonischen EomitSS, alles blutige Unwesen der Banden und alle wilde akbanestsche Aufsässigkeit. Es ist kein bloßer Zufall, daß gerade an dem Tage, an welchem seit -em Beginn der makedonischen Unruhen die aufregenden Meldungen am stärksten sich gehäuft hatten, die Petersburger „Norvoje Wremja" einen Artikel ver öffentlichte, der alle bulgarischen und makedonischen Hoff nungen unbarmherzig niederschlägt, und daß dieser Artikel von dem „Journal -e St. Pötersbourg", dem offiziellen Organ des russischen Auswärtigen Amtes, übernommen wurde. Diese kategorische Willensäußerung Rußlands be schränkt sich aber nicht bloß darauf, zu wiederholen, was schon bei -er Publikation der Resormnote in dem Kom mentar zu der letzteren den Bulgaren und Makedoniern feierlich zu wissen getan wurde,- daß Rußland nicht ge sonnen sei, einen Tropfen russischen Blutes der Unter stützung des Aufstandes zu opfern. Heute werden auch die Illusionen gründlich zerstört, als ob etwa von ander wärts her der Aufstand ein« Förderung zu Höften hätte, und da diese Illusionen in sehr auffälliger Weis« von Frankreich her durch da» Gekbbuch, durch Reden des Minister» Delcassv, durch die Presse und durch eine große DemonstrationS-Bersanmrlung aller philanthropischen Politiker von Pari» genährt wurden, so erlebt man das höchst eindrückliche und merkwürdige Schauspiel, daß von Petersburg mit -er rauhen Absage an die Bulgaren >md Makedonier zugleich ein kalter Wasserstrahl auf -en französischen Verbündeten nicdergeht. Und das ist wohl das bedeutsamste Zeichen, daß Rußland nicht gewillt ist, von der Haltung abzuweichen, die es gemeinsam mit Oesterreich-Ungarn dem makedonischen Aufstande gegen über sich vorgezeichnet hat. Allerdings hat man in Frankreich, wie das Gelbbuch handgreiflich zeigte, so getan, al» ob man, durch die Berichte de» französischen Konsul» In Saloniki veranlaßt, die Ini tiative zur Reformaktion ergriffen hätte, noch bevor in Petersburg und Wien an eine solche gedacht worden wäre; allerdings hat man dann nirgends so sehr wie von sran- zösischer Seite daß österreichisch-russische Reformwerk als unzureichend getadelt und nicht bloß am Balkan selbst, son dern auch anderwärts -en Anschein erweckt, als ob Frank reich als Bundesgenosse Rußlands zu Gunsten der make donischen Bewegung diejenige Arbeit verrichte, zn der Ruß land sich öffentlich nicht bekennen wolle. Dieser Schein wird jetzt von russischer Seite schonungslos und ohne jede RückstchtaufdenZweib und zerstört. Man wirb in Vari» von diesem Schlage der russischen Freundeshand betäubt sein; aber nicht minder schwer wird auch in Sofia die Vernichtung dieses letzten Hoffnung»- ankers empfunden werden. Frankreich hat sich unter fangen, im vertrauen auf das russische Bünditts ein biß chen vrientpolittk aus eigen« Fans» zu machen, und es hat dadurch gegen den Willen Rußlands den makedonischen Aufstand ermutigt. Rußland denkt aber nicht daran, sich von dem franzvsischen Verbündeten in seine orientalische Suppe löffeln und seine traditionelle Valkanpolitik durch kreuzen zu lassen. DaS wird den Herren in Paris heute mit der denkbar drastischsten Deutlichkeit vermeldet, und damit wird zugleich den Staatslenkern in Soft« wie den Aufttandsschürern in Makedonien die Illusion zerstört, als ob sie auf Rußland rechnen könnten, »te immer auch die Lhascerr Le» Aufstande» sich gestatten möchten. Deutsches Reich. H Berlin, 3. April. Das Reichsvermögen, wie es sich nach dem letzten Kriege in den verschiedenen damals gegründeten Reichsfonds darstellte, ist in der Zwischenzeit beträchtlich zusammengeschmolzcn. Der Reichseisenbahnbaufvnd» und der Festungs- baufonds sind längst aufgebraucht. Vom Reichs tagsgebäudefonds hat sich, wie der letzte Bericht der Reichsschuldenkommifsion ergibt, nur ein Betrag von noch nicht einer halben Million Mark erhalten. Jedoch diese Fonds waren dazu bestimmt, in verhältnismäßig kurzer Zeit aufgebraucht zu werden, sie haben ihren Zweck voll erfüllt. Anders steht es mit dem Reichsinva lidenfonds, der aus der französischen Kriegskosten entschädigung mit 561 Millionen Mark dotiert wurde, um die auf Grund des Mtlitärpensionsgesetzes vom Jahre 1871 zu leistenden Ausgaben sicherzustcllen. Er wird voraus sichtlich diesem Zwecke nicht genügen können. Ende Februar 1908 hatte er noch einen Bestand von 318,4 Millio nen Mark aufzuwcisen, in der Zwischenzeit waren aus ihm also 247,6 Millionen Mark entnommen worden. In der nächsten Zukunft wird die Entnahme noch schneller vor sich gehen, als früher, weil bekanntlich in den letzten Jahren die Deckung ganz beträchtlicher, neuer Ausgaben aus diesen Fonds angewiesen wurde. Im EtatSjahre 1903 werden voraussichtlich nicht weniger als 38,9 Millionen Mark aus seinem Bestand« entnommen werden müssen, nachdem die gleiche Entnahme für 1902 32,9 Millionen be tragen hatte. Je kleiner aber der Bestand wird, umso ge ringer werden auch die Zinserträge, die zur Deckung der laufenden Ausgaben verwendet werden können, und umso größer muß der Kapitalzuschuß werden. Selbstverständ lich werden die auf den Reichsinvalidensonds ange wiesenen Forderungen späterhin, wenn er aufgezchrt sein sollte, in anderer Art gedeckt werden müssen. Wie, das ist eine c-ura posterior; daß es geschieht, ist sicher. Aber es läßt sich damit die Tatsache nicht aus der Welt bringen, daß der Fonds, falls er nicht aufgefüllt werden sollte, nicht so lange bestehen wird, wie bei seiner Dotierung ange nommen wurde. Völlig unversehrt dagegen ist der Reichskriegsschatz, der 120 Millionen Mark ent hält. Er darf nur zu Ausgaben für Zwecke der Mobil- machung in Anspruch genommen werden. Seine Ver wendung darf nur erfolgen auf Grund einer kaiserlichen Anordnung, welche der vorgängig oder nachträglich ein- zuholendcn Beistimmung des Bundesrats und des Reichs tages bedarf. Hoffen wir, daß der Reichskriegsschatz noch recht lange in seinem vollen Bestände ausrechterhalten bleibe. Berlin, 3. April. (General von Roon als Marineminister.) DeS kommenden 100. Geburt-tages des Generals von Roon gedenkt die „Marine-Rund- schau" in ihrem neuesten Hefte, das den Heimgegangenen ehemaligen Kriegsminister als Marineminister würdigt. Roon bat in der Zeit von 1861—1871 an der Spitze deß preußi schen Marineministeriums gestanden, in Jahren also, die für di« Marine mebr eine Zeit der Wünsche und Hoffnungen als der greifbaren Erfolge gewesen sind. Am Deutschen Bunde führten die Verhandlungen wegen einer Küsten verteidigung durch Kiistenpanrer zu keinem Ergebnis; und al» Bremen nach dem Kriege von 1864 an Preußen mit erneuten Anregungen wegen einer Flottenkonvention hervortrat, war wohl Bismarck nicht abgeneigt, auf di« Vor schläge einzugeben, aber Roon erklärte: was 1862 allenfall» genüzt hätte, reiche jetzt nicht mehr zum Abschluß einer Kon vention auS, von der Bremen allein den Vorteil habe. Doch der preußischen Marine wenigstens sollte durch den „Plan zur Begründung der preußischen Flotte hinsichtlich der Kriegs schiffe und KriegShäsen" ein erweiterter Rabmen geschaffen werden. Jener Plan faßte für die Zeit von 1862—1869 den Bau von Panzerfregatten, Panzer-Kanonenbooten und hölzernen Kreuzern, eines Hafens auf Rügen, sowie die Fortführung des HasenbaueS an der Jade ins Auge. Vom StaalS- ministerium modifiziert, scheiterte dieser Flottenplan im Ab geordnetenhaus«, das „die große Situation, welche große Opfer rechtfertige", in seiner Konfliktsstimmung vermißte. Als die preußische Marine im Kriege mit Dänemark die Feuertaufe erhalten hatte, verlangte ein neuer Plan für 10 Panzersregatten, 10 Panzerfahrzeuge nebst zugehörigen Avisos und Korvetten zu nächst eine Anleihe von 10 Millionen Talern. Wiederum verwarf da» Abgeordnetenhaus unter ausdrücklichem Hinweise aus den Bubgetstreit den Flottenplan. Erst da» Jahr 1866 brachte die Norddeutsche Bundesflotte. Für ihren Ausbau bearbeitete Roon die dritte Floltenvorlage vom 15. Oktober 1867. Auch hierin wurden 10 Millionen Taler gefordert, damit i» lO Jahren lk Panzerschiffe und Fahrzeuge, 20 Kor vetten, 8 AvisoS und 22 Kanonenboote kriegsbereit seien. Dieser Plan fand dir Genehmigung der gesetzgebenden Körper- schasten, auf ihm konnte man weiter bauen und 1870 standen 3 für eine Seeschlacht verwendbare Panzerschiffe, da» ! Panzerfahrzeug „ArminiuS" und eine Reihe von Kor vetten und Kanonenbooten zur ^Verfügung. Die Ver säumnis von 8 unbenutzten Jahren war freilich nicht mehr gut zu machen, aber Roon und seine Berater konnte» sich mit Recht daraus berufen, daß an ihnen nicht die Schuld lag und daß sie ihre Zeit nach Kräften au-geoützt halten. Roon, der bei den großen Hafeobauten an der Jade und in Kiel persönlich hervorgelreten war, wurde 187 l auf sein Ansuchen von der Stellung deS Marine- miaister« entbunden. Seine Hauptssrge hatte naturgemäß der Arme« gehört, die Marine war damals und sollt« nur sein em nebensächliches Glied der vaterländischen Waffen- rüftuug. „Nichtsdestoweniger bat Roon," so schließt die .Manne-Rundschau" uater Berufung aas da» Altenmaterial, .auch der Manne eia erhebliche» Maß an Arbeit uad Für sorge zugewenbet, und die Marine erfüllt nur eine Ehren pflicht, wenn sie an dem lOOjährigcn Geburt-tage ihre» ersten Minister» sich daran erinnert, daß sie an den Tagen ihrer Kindheit ibin viele» und nicht geringe» zu danken batte." 0. 8. Berlin, 3. April. Die Hirsch - Duncker» scher» Gewerkveretrre wäre« in ihre« Spitze« (Zentralrat und Generalrat) in Berlin versammelt un- berieten in einer viele Stunden während«» Sitzung über die einzuhaltende Taktik. Man war einig darüber, daß man alle Kräfte zusanunensassen solle, um die Agitation so wirksam wie möglich zu betreiben. Es sollen junge Ber- bandsgenoffen zu Agitatoren herangebildet werden, um eine größere und raschere Ausbreitung der Gewerkvereine zu ermöglichen. In einer angenommenen Resolution wurde erklärt: „Die Agitation ist eine Löbensnotwendig keit für die deutschen Gswerkverein«, aus materiellem wie auf geistigem Gebiete. Es sind daher auf die Agitation alle verfügbaren persönlichen und Geldkräfte zu verwenden. Am meisten tut not die Agitation den mittleren und kleine, ren Gcwerkvereinen. Der Hauptgegenstand der Agitation muß die Verbesserung der Arbeitsverhältnisse neben der Beleuchtung und Befolgung der guten und wahren Ver ein sgruu-s ätze fein." Das Ergebnis -er Arbeits» losenzählung, welche die Gvwerkvereine am 15. Februar d. I. veranstaltet haben, liegt jetzt vor; eS be stätigt die erfreuliche Wahrnehmung, daß wir un» wieder in der langsam auf steigenden Konjunktur be finden. Es beteiligten sich an der ArbeitSlosenzählung 68 879 Mitglieder, 1202 — 1,76 Proz., waren am Zählungs tage arbeitslos; das sind etwa 1000 weniger als am 15. Februar 1802: damals wurden 2140 Arbeitslose — 8,1 Prozent gezählt. Die Gesamtzahl der Wochen der Arbeits losigkeit betrug diesmal 7228, am 15. Februar 1902 14 216. In der Rheinprovinz und in Westfalen war die Arbeits losigkeit ganz außerordentlich gering; nur 0,8 resp. 0,9 Prozent der Mitglieder waren arbeitslos; 44 resp. 41 OrtSvereine hatten gar keine Arbeitslosen. In der Pro- vinz Brandenburg dagegen betrug die Gesamtzahl der Arbeitslosen 15 Proz.; auch daS gibt zu denken. * Berli», 3. April. (Eduard der Abtrünnige.) Eduard Bernstein hat zu den Betrachtungen, die die sozialdemokratische Presse am 20. Todestage von Karl Marr anstellte, im Aprilhefte der „Sozialistischen Monatshefte" einen beachtenswerten „Epilog" ge schrieben, um das Recht -er bei jener Gelegenheit von der Partei-Orthodoxie wieder arg zerzausten Revisionisten zu wahren. Neu und interessant sind namentlich seine Ausführungen über die moderne Entwickelung der Familie, die in der Praxis die Theorie der Partei-Propheten gründlich Lügen straft. Bernstein schreibt: „Im Kommunistischen Manifest, auf das noch heute zu schwören uns von einigen der stramm Gläubigen zugemutet wird, wird die Auflösung der heutigen Familienform als Er gebnis der modernen Entwickelung vorausgcsehen. Nur für die Bourgeoisie existiere die gegenwärtige, die bürgerliche Fa milie vollständig entwickelt. Sie finde aber ihre Ergänzung in der erzwungenen Familienlosigkeit der Proletarier, infolge der großen Industrie würden alle Familienbande für die Pro letarier zerrissen. Das ist eine von der Erfahrung durckaus nicht bestätigte Verallgemeinerung einer Teilwahrheit. Ge wiß hat in bestimmten Industriezweigen, vor allem in der Textilindustrie, die kapitalistische Entwickelung zunächst auf lösend auf die überkommene Familie gewirkt. Aber das war nicht überall der Fall und hat außerdem unter dem Einflüsse gesellschaftlicher Gegenwirkungen aller Art bedeutend nachge lassen. Tatsächlich hat vielmehr die moderne Entwickelung die überkommene Familienfoym in der Arbeiterklasse nicht seltener, sondern häufiger gemacht, die Familicnbildung in der Arbeiterklasse verallgemeinert. Es kommen heute mehr Mitglieder der Arbeiterklasse dazu, einen eigenen Hausstand zu errichten, als in dec vorkapitalistischen Epoche. In der letzteren blieb der gewerbliche Arbeiter meist ledig, bis er es zur Selbständigkeit im Gewerbe gebracht hatte, und der Bauernknecht bleibt selbst heute noch vielfach sein Leben lang unverheiratet. Der gewerbliche Arbeiter unserer Tage aber, der als Produzent nur ausnahmsweise noch mit der Möglichkeit einer Selbftändigmachung rechnet, ist dagegen als Konsument durchaus Selbstwirtschafter geworden und heiratet daher in relativ größerer Zahl und früher, als der einstige Handwerks angehörige. Das ist eine sehr wichtige Tatsache, die der gan zen modernen Arbeiterbewegung ihren eigenen Charakter auf prägt und auf viele Beziehungen unseres sozialen Lebens rück wirkend sich geltend macht. Die gewerbliche Kinderarbeit ist durch das Gesetz teils ganz verboten, teils sehr eingeschränkt worden. Die Sozialdemokratie geht in dieser Hinsicht in Befür wortung von Verboten weit über das hinaus, was Marx für angemessen und möglich hielt, und wirkt damit, vom Standpunkt des konsequenten Marxismus aus, reaktionär; sie hilft, die alte Familienform zu konservieren. Ferner liegen Anzeichen vor, als ob in dem Maße, als die wirtschaftliche Lage der männlichen Arbeiter sich verbessert, auch die gctvcrbliche Arbeit der Frauen in der Arbeiterklasse wieder zurückgeht. So viel darf als sicher angenommen werden, daß eine Auflösung oder radikale Acnderung der jetzigen Familienform sich noch gar nicht ab sehen läßt. Wohl gibt ^s Faktoren, die auf eine Lockerung, wenn nicht Auslosung der bisherigen Familie hinwirken, sie machen aber erstens ihren Einfluß stärker in gewissen Kreisen der besitzenden Klassen geltend al» in der Arbeiterklasse, und zweitens stehen ihnen andere Faktoren entgegen, die gerade auf Befestigung de» Familienleben» hinwirken. ES sei hier unter anderem nur an den Kampf für Besserung der Volkswoh nungen erinnert. Man soll sich darüber nicht täuschen, daß all diese Dinge ihre eigenen sozialpolitischen Rückwirkungen haben und das Bild, das man sich ehedem vom Lauf der Entwickelung gemacht hat, wesentlich verändern." Bernstein schließt diesen Teil seiner neuen Revision mit dem Satze: „Das Ehe- und Familienleben der Arbeiterklasse verbürgerlicht sich -»sehend»." (D Berlin, 3. April. (Telegramm.) Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" erklärt gegenüber deu wiederholten Be hauptungen de» , Vorwärts', die Reichsregierung habe al« Wahlteruttn für Sie Reniuahle« zu* * Reicht«» den 17
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