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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030411019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903041101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903041101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-11
- Monat1903-04
- Jahr1903
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BezugS-Preis i» der Hanpterpeditton oder deren Ausgabe, stell« obgebolt: vtertrkjährltch 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung i»S Hau- S.7K. Durch die Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, sür die übrig« Länder laut Zeitungspreisliste. Redaktion und Expedition: JohanntSgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. FUi«rlrvpeditio»rn: Alfred Hahn, Buchhandlg., UutverMtSstr.3, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marieustraße 84. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serliu: E«l Duncker, Herzgl. Bayr. Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603. Morgen-Ausgabe. MWigtr.TaIMM Anzeiger. ÄmlsVlatt des königlichen Land- und des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes -er Stadt Leipzig. Tonnabenb den II. April 1903. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem RedaktionSstrich (4 gespalten) 75 vor den Familiennach richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuannahme 25 H (excl. Porto). Grtra-Beilagen (gesalzt), nur mit oer Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abrnd-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. 87. Jahrgang. Amtlicher Teil. Handelskammer Leipzig. Sonnabend, den II. d. M., werden unsere Geschäftsräume und die Bibliothek nur bis '/,! Uhr mittags geöffnet sein. Beglaubigung von Ursprungszeugnissen ersolgt an diesem Tage nur LI Uhr vormittags. Leipzig, am 9. April 1903. Die Handelskammer. Zweiniger, vr. jur. Wendtland, Vorsitzender. Syndikus. Der städtische Lagerhof in Leipzig lagert Wuaren aller Art zu billigen Tarifsätzen Die Lager- scheiue werden von den meisten Bankinstituten belieben. Leipzig, den 7. Januar 1899. Tie Deputation znm Lagerhofc. Letzte Nachrichten. * Berlin, 10. April. Gestern nachmittag fuhren beide Majestäten nach dem Kurfürstendamm und unternahmen von dort aus einen Spaziergang nach Ko lonie Grünewald. Der Kaiser wohnte darauf der liturgischen Andacht in der Dom-Jntcrimskirche bet. Zur Abendtafel, an welcher die Prinzen Adalbert, August Wilhelm und Oskar teilnahmen, waren Einladungen nicht ergangen. — Heute besuchten beide Maje stäten den Gottesdienst in der Garnisonkirche. * Berlin, 10. April. Vor kurzem ging die Meldung durch einige Blätter, der albanesische Prätendent Caftriota sei vom Reichskanzler Grafen von Bülow empfangen worden. Diese Meldung ist nach der „Post" falsch; Graf o. Bülow soll den Prätendenten nie gesehen haben. * Berliu, 10. April. Der „Hamb. Kvrresp." läßt sich von hier melden: Wie mir erfahren, gibt die Rede Balfours über die Bagdadbahnangelegen heit an hiesiger amtlicher Stelle zu keiner Einwendung Anlaß. Die Ausführungen des englischen Ministers ent sprechen der deutschen Auffassung von der Sachlage. * Berlin, 10. April. Es wurde berichtet, man er wäge, in Verbindung mit dem Ehrhardtschen Etablissement eine staatliche Geschütz fabrik zu errichten. Nach Essener Informationen der „Frkf. Ztg." ist diese Meldung nicht richtig. „Wenn zwischen Kriegsverwaltung und Ehrhardt überhaupt Unterhandlungen schweben, so beruhen sie auf ganz andern Grundlagen." * Berlin, 10. April. Der Reichstags- und Landtags abgeordnete Justizrat A u g u st Munckel ist heute mit tag 1 Uhr hier g e st o r b e n. * Aus Mecklenburg. Zur Frage des Zusammen schlusses der deutschen evangelischen Lan deskirchen hat der Vorstand der kirchlichen Landes konferenz für die beiden Grvßherzogtümer Mecklenburg- Schwerin und Mecklenburg-Strelitz einstimmig Beschlüsse gefaßt, die im wesentlichen auf eine Ablehnung dieser Bestrebungen hinanslaufen. In den Beschlüssen wird die Bekenntnisfrage als ein Haupthindernis des engeren Zusammenschlusses der Landeskirchen bezeichnet. Ein weitergehender Zusammenschluß, als er in der bereits bestehenden Eisenacher Konferenz bewirkt worden, sei ohne Gefährdung des Bekenntnisstandcs und der ge schichtlich gewordenen Selbständigkeit und Eigenart der einzelnen Landeskirchen auf die Dauer unmöglich. Da her verwahrt sich der Vorstand gegen jeden Zusammen schluß, durch den der ohnehin durch das Gewicht der Massen übermächtigen unierten Kirche ein überwiegender Einfluß gegeben werde, also insbesondere gegen jeden Zusammenschluß, durch welchen der Vorsitz der größten unierten Landeskirche zufalle oder durch den der Sitz der ausführen den Behörde nach Berlin verlegt werde. (!) Unter allen Umständen sei jeder Kirche ein Rücktritt aus der Vereinigung vorzubehaltcn. Die Erklärung schließt mit einem Appell an die Großherzögc, alles zu tun, „was zum Schutz unserer bedrängten Kirche erforderlich ist, und alle Eingriffe in deren Selbständigkeit und Bckenntnisstand" abzuwehren. * Quakenbrück, 10. April. Der frühere preußische Landwirtschaftsminister Freiherr v. Hamme rstein- Loxten erlitt dieser Tage auf feiner Besitzung bei Nor trup einen Unfall, der leicht verhängnisvoll für ihn hätte werden können. Bei einem Spaziergange am Schloßteiche gab plötzlich der Boden nach, der vom Wasser nnterspült mar. Zum Glück konnte der bereits fünfund- siiebzig Jahre alte Herr sich durch Ausbrcitcn der Arme vor weiterem Versinken retten; erst nach längerem Rufen kam Hülfe aus der nahcgelgcnen Sägemühle. Leider hat sich der Minister bei dem Unfall einen Fußknöchel bruch zugezogen, der bei dem Alter des Patienten nicht ganz unbedenklich ist. * Kastel, 10. April. Der nativnalliberalc Abgeordnete Geh. Sanitätörat vr. E n d c m a n n, Mitglied des Reichs tages und des preußischen Abgeordnetenhauses, begeht heute seinen 70. Geburtstag. In den beiden Parlamenten erfreut sich Endemann nicht nur bei seinen engeren Partei freunden größter Beliebtheit, auch die Mitglieder der anderen Parteien beweisen ihm das größte Vertrauen, was sich erst letzthin bekundete, als er die schwierigen Kommissionsverhandlungen zur Krankenkassen-Novelle leitete. Seine Vaterstadt Kastel verlieh ihm zu seinem Geburtstage das Ehrenbürgerrecht. — Geheim rat Endemann beabsichtigt bekanntlich nicht wieder für den Reichstag zu kandidieren. * Wie», 10. April. Der Kaiser hat die Wahl vr. Luegers zum Bürgermeister von Wien bestätigt. * Rom, 10. April. Der gestrige Abend verlief voll kommen ruhig. Es finden Verhandlungen statt, um eine Beilegung des allgemeinen Ausstandes her beizuführen. — Das Gerücht, es hätten zahlreiche Fremde die Stadt verlassen, ist falsch; im Gegenteil bringen die Züge sehr zahlreiche Touristen. — Die Vereinigung der Schriftsetzer und die Arbeiterkammer hielten in der Nacht eine Sitzung ab und beschlossen, eine K u n d - ge bung zn veröffentlichen, in welcher alle Klassen der Arbeiter, mit Ausnahme der Schriftsetzer, aufgefordert werden, dieArbeitwiederaufzunehmen ; gleich zeitig wird in der Kundgebung der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es den von einigen angesehenen Bürgern unternommenen Vcrmittelungsvcrsuchcn gelingen wird, auch eine Einigung zwischen den Schriftsetzern und deren Arbeitgebern hcrbeizuführen. Die Veröffentlichung der Kundgebung ist heute früh erfolgt. Die Arbeiter werden die Arbeit unverzüglich wieder aufzunehmcn. * Rom, 10. April. In der Schlußsitzung des Inter nationalen H i st o r i k e r - K o n g r e s s e s, die gestern im „Kollegium Romannm" stattfand, hielt der Präsident Senator Villari eine Schlußansprache an die Teilnehmer und verlas Begrüßungsdepeschen des Unterrichtsministers Nasi und des Bürgermeisters von Rom. Vizepräsident Professor H a r n a ck - Berlin sprach dem Präsidenten den Dank des Kongresses aus. Der nächste Kongreß wird, wie bereits gemeldet, 1906 in Berlin stattfinden. * Amsterdam, 10. April. Die Beleuchtung der Stadt mar gestern nacht eingeschränkt. Nur ein Teil der Laternen wurde unter militärischem Schutze angezündet. Der Verein der Schriftsetzer beschloß eine Agita tion zu Gunsten des Ausstandes des Personals der großen Zeitungen zu beginnen, aber ein Teil des Personals für Herstellung der Frühausgaben ist in den Druckereien anwesend. Die Stadt ist vollkommen ruhig. — Der Sekretär des Schutzcomttes hat soeben den Zeitungen den Beschluß mitgeteilt, den allgemei nen Aus st and he Ute mittag aufhören zu lassen. * Amsterdam, 10. April. In einer Mastenversamm lung, welche die gesamten Arbeitervereinigungen unter dem Vorsitze des Schutzcomttes im Jndustriepalaste ab hielten, wurde der Beschluß des Schutzcomitss, den Aus st and einzu st eilen, nicht gebilligt. In dem allgemeinen Lärm waren die Mitglieder des Cvmites verhindert, das Wort zu ergreifen. Die Ver einigungen beschlossen, den Ausstand auch ohne Einver ständnis des Comites fortzusctzen. Infolgedessen dauert der Ausstand heute fort, ausgenommen bei den Diamant schleifern. * Kopenhagen, 10. April. Prinz Albert von Glücksburg ist gestern nach Deutschland zurückgereist. * Petersburg, 10. April. Der „Regierungsbote" meldet, der Kaiser habe befohlen, daß das im Dezember 1902 beim finnländischen Staatssekretariat errichtete besondere Comitä zu Spendensammlungen für Not leidendem Finnland am 1. April d. I. seine Tätig keit ein st eile. * Konstantinopel, 10. April. Nachdem der Kron prinz und Prinz Eitel-Frieürich gestern um 11 Uhr in feierlicher Weise vom Sultan Abschied ge nommen hatten, unternahmen sie auf der Jacht „Saphire" eine Fahrt auf dem Bosporus und machten bann im Park der deutschen Botschaft in Therapia einen längeren Spaziergang in Begleitung des türkischen Ehrendienstes und der Mitglieder der Botschaft. Hieran schloß sich um 5 Uhr die Abfahrt nach dem Piräus. * Konstantinopel, 10. April. Der russische Konsul tn Mitrowitza Schtscherbina ist gestern abend g e - st o r b e n. * Konstantinopel, 10. April. Im Bezirke Kral- jewa, Bilajet Uesküb, zeigte sich eine bulga rische Bande. Ferner wird berichtet, daß im Sandschak Serras, Vilajet Saloniki, zwischen dem Struma und dem Mestafluß im Distrikt Melnik, eine etwa 80 Mann starke Bande, und im Distrikt Nevrokop eine aus etwa 30 Mann bestehende Bande aufgetaucht seien. — Wie hier verlautet, hat die Pforte die Verurteilung des Soldaten Ibrahim der russischen Botschaft mitgeteilt. Letztere habe jedoch die Note mit der Erklärung zurückgegeben, Ibrahim müsse entweder für die ein gestandene Mordtat zum Tode verurteilt oder, falls er Fettilleton. Die letzte Flasche. Novellette von Sophus Bauditz. Aus dem Dänischen übersetzt von Julia Koppel. ^acbdrucl verboten. Kommandant Lind speiste regelmäßig an allen Svnn- und Feiertagen bei seinem alten Frennde, Admiral Rörby. Der Kommandant war unverheiratet, der Admiral ver heiratet, beide aber waren sie schon seit geraumer Zeit pensioniert und hatten deshalb vollauf Zeit, die Angelegen heiten der Marine zu verhandeln und gemeinsame Jugend erinnerungen aufzufrischen. „Prachtvoller alter Rum", sagte der Kommandant eines Tages zum Admiral, als sie nach Tisch eine Cigarre rauchten und ihren Kaffee tranken. „Den hast du selbst mitgebracht. Lind!" „Ja, ja, ich entsinne mich wohl — es war während unserer Leutnantstage mit der „Bellona" — Westindien war doch ein herrliches Land, du, blauer Himmel und Palmenbäume, und Schildkröten und Ananas!" „Na, und die Damen!" „Donnerwetter noch eins! Kannst du dich noch der Tochter erinnern, draußen auf der Plantage — wie hieß sie doch gleich?" „Wer? Die Plantage oder die Tochter?" „Ach, die Plantage kann mir gestohlcm werden — ich meine natürlich die Tochter!" „Ich entsinne mich nicht mehr." „Du warst übrigens ordentlich in sie verschossen!" „Na, und du erst!" „Du aber noch mehr! — Ah, da ist deine liebe Frau!" „Ich störe doch nicht", sagte die Admiralin, die herein getreten war, und sich zu den beiden alten Herren setzte. „Wir sprachen von Westindien", fuhr der Kommandant fort. „So einen Rlim, wie diesen hier, gtbt's hentzntage gar nicht mehr. Dieses Aroma! Wenn ich ihn nnr rieche, sehe ich ganz St. Croir vor mir und spüre die Abendbrisc! Hast du noch viel davon, Rörby?" „Oh ja, ich kann dich noch bis an dein Lebensende damit traktieren", antwortete der Admiral, ohne eigent lich zu wissen, waS er sagte, und erst als der Koinmandant ganz ernst antwortete: „Das mag schon sein?" wurde der Admiral ängstlich und sagte: Unsinn! Wer kann wissen —" „Nein, niemand kann wissen", räumte der Kommandant ein, und von Westindier, wnrde an diesem Abend nicht wieder gesprochen. * * * i Ein halbes Jahr später saßen die beiden alten Käme- I raden wieder an einem Sonntag nachmittag beisammen, I und der Ldmiral war gerade im Begriff, sich selbst eine I Taffe Kaffee einzuschenken, als der Kommandant ausrief: j) „Nanu! Trinkst du keinen Rum mehr?" l „Nein", brummte der Admiral, „ich glaube, Cognac bekommt mir besser." Der Kommandant warf ihm einen raschen Blick zu; aber der Admiral sah vor sich nieder, und dann sprachen sie von anderen Dingen. Aber einige Monate später platzte die Bombe. „Soll dieser Fingerhut vielleicht ein Glas vvrstellcn?" fragte der Kommandant, als der Admiral ihm einen Schnaps von dem alten Rum eingcschenkt hatte. „Da möchte ich doch in aller Bescheidenheit um eins von den gewöhnlichen Gläsern gebeten haben!" „Wir haben ein neues Likörgestell bekommen", stam melte der Admiral. „Meine Fran fand, daß die alten Gläser reichlich groß seien, sür zwei ältliche Kavaliere, wie mir!" „Du sprichst ja die Unwahrheit, Freundchen!" sagte der Kommandant ruhig. „Du hast diese Puppengläscr nnr ««geschafft, um am Rum zu sparen!" „Na ja, um dir einen Genuß, auf den du Wert legst, so lange wie möglich zu verschaffen", antwortete der Admiral nervös. „Zum Kuckuck, du bist doch nicht abergläubisch, daß du —" „Was?" fragte der Kommandeur und erblaßte. „Ach, du weißt ja ganz gut, was ich meine!" „Nein, zum Teufel noch eins! Was hast du dir für eine abscheuliche Wortklauberei angcwöhnt! Sag' mir ehrlich: bin ich bei der letzten Flasche?" „Nein!" „Wieviele sind noch da?* „DaS weiß ich wirklich nicht!" „Doch, du weißt es ganz genau!" „Na, wenn du es denn absolut wissen willst, Lind, es ist noch eine da. Wenn die ansgetrunken ist, mußt du, ebenso wie ich, zum übergehen! — Der ist auch gesünder!" fügte der Admiral etwas forciert hinzu. „Also noch eine Flalchc — da weiß man sa, woran man sich zu halten hat! — Wieviele von diesen Miniaturgläsern gehen auf eine Flasche, und wieviele Sonn- und Feiertage gehen auf ein Jahr?" „Nein, weißt du. Lind" tagte der Admiral, und fast klang eS, als zittere seine Stftnmc. „Das geht denn doch zu weit! Weil ich "neS TaaeS aauz gedankenlosen Unsinn schwatzte, gehst dn bin und — ach, -s ist ja geradezu lächer lich! Du hast vielleicht die Absicht, nach und nach überhaupt nicht mehr zu uns zu kommen, nur um den Rinn zu sparen." -> „Nein, mein Alter ich komme, so lange ich kann", ant wortete der Kommandant, „genau wie ich cS wahrend der letzten zehn Jahre gehalten habe. Hab' Dank sür treue Kameradschaft." Wahrend oer nächsten Tage war der Admiral ganz .«erstvrt, und ovgletch der Kommandant die folgenden Sonntage leinen Rum trank, ohne auf das heilte Thema zuructzutvmmen, endigte c-> ovch damit, daß der Admiral gch seiner Frau anvertraute und ihr erzählte, wie die Sache stand. Die Aomiratln hatte die rasche Auffassungs gabe der Frau und die Gabe, einen Ausweg zu finden, oort wo die Männer nicht mehr weiter wissen. Sie sagte gleich, was zu tun sei, und der Admiral mußte einräumen, daß sie recht habe. Es war Weihnachtsabend geworden, und der Komman dant war wie gewöhnlich vei Admirals. „Hier ist etwas sür Sic!" sagte die Admiralin und überreichte dem Kommandanten ein Paket: es war die letzte Flasche von dem alten Rum. „Nun, kannst du dir einen Schnaps nehmen, wann du willst, Lind", sagte der Admiral, „und wenn du nicht willst, tannst du es lneiben lassen!" Der Kommandant sah aus, wie ein zum Tode Ver urteilter, der auf dem Richtplatze begnadigt wird, und als er abends mit seiner Flasche nach Hause ging, und es gerade Glatteis war, ging er so vorsichtig, als trüge er lein Leben in der Hand. Dann kam der Geburtstag des Admirals. — „Was! Tu trittst mit Geschenken an!" rief der Admiral aus, als der Kommandant gleichzeitig mit seinem Glückwunsch ein Pater überlieferte. „Was — ^"S soll das bedeuten! Das ist ja meine — deine — Flasche!" „Ja siehst du", antwortete der Kommandant und lächelte still, „es hat ja keinen Zweck, daß sie bis nach meinem Tode liegen bleibt. Ich kann mich doch nicht dazu entschließen, sie auf meiner einsamen Bude zu trinken, aber wenn du mir ein Glaö davon geben willst, wenn ich hierher konmie, dann habe ich Vergnügen daran, so lange noch etwas darin ist, und wenn sie ausgetrunken ist, dann verlege ich mich auf Cognac, wie du mir geraten hast. Von den dum men Grillen bin ick kuriert!" „Na, Gott sei Dank!" sagte der Admiral, und nach dem Mittagessen genoß der Kommandant das erste Glas von seiner letzten Flasche. Der Admiral glaubte wirklich, daß der Kommandant kuriert sei. Als er aber einige Monate später sah, wie sein alter Freund heimlich die Flasche nahm und sie gegen das Licht hielt, und als er den Blick sah, womit er dies tat, wurde es ihm klar, daß er doch keineswegs geheilt sei, und wieder vertraute er sich seiner Fran an und bekam aber- mals einen guten Rat. Kurze Zeit darauf gaben Admirals eine größere Mit tagsgesellschaft. Nach Tisch saßen die Herren zusammen im Rauchzimmer und das Gespräch kam auf einen gemein samen Bekannten, einen alten Freund, der kürzlich unver mutet dahingegangen war. „Ja, der Tod läßt nicht mit sich spaßen", sagte Einer. „Wie meinst du das?" ,^Hast du nie die Beobachtung gemacht, daß mitunter alte Leute von einer seltsamen Lust befallen werden, häufig nmzuziehcn? Wenn sie dann die alte Wohnung verlassen, denken sie: hier hat der Tod mich noch nicht erhaschen können!" „Nein, wir Menschen können weder Gott noch den Tod zum besten haben", sagte der Admiral. „Ich erinnere mich, als Friedrich VI. im Sterben lag, ging ich als Knabe mit meinem Vater am Schloß vorbei. Ich wußte, daß der König sehr krank sei, und als ich die Schildwachen so ernst vorm Portal auf und abschreiten sah, bildete ich mir ein, sie sollten aufpaffen, daß der Tod nicht zur Tür hinein käme. Als ich dann am nächsten Tage hörte, der König sei gestorben, dachte ich mir, daß der Tod wohl die Hinter treppe hinaufgekommen, wo keine Schildwache gestanden hatte. Es war eine Art unbewußter Vorstellung davon, daß man Gott und Tod nicht zum besten halten kann!" Während der Admiral sprach, hatte der Kommandant seine Flasche angesehen — niemand anders wie er hatte daraus bekommen. Er schaute und schaitte, wurde immer bedenklicher, aber sagen tat er nichts. * * * Der Kommandant wurde krank, sehr krank; cs war Gichtfiebcr und er hatte starke Schmerzen. Früher hatte ihm nie etwas gefehlt, sodaß er jetzt doppelt ungeduldig war und sehr klagte. „Kann ich dir nicht irgend etwas mitbringen, Lind?" fragte der Admiral, der ihn besuchte. „Nein, danke, ich kann ja doch nichts genießen! — Doch das einzige wäre ein GlaS von meinem Rum — bring die Flasche mit, wenn du morgen kommst." Das tat der Admiral, und der Kommandant, der noch elender war, als am vorhergehenden Tage, konnte nur mit Anstrengung die Flasche in der Hand halten. „Rörby", sagte er mit matter Stimme, „du weißt, daß man von alten Seeleuten sagt, daß sie nicht sterben können, bevor Ebbe eingctreten sei. Weißt dn nun, was ich glaube: ich soll sterben, aber ick? kann nicht und liege hier und gnäle mich, weil dieser Rest noch nicht ausgetrunken ist — nein, unterbrich mich nicht, ich weiß, was ich sage! Nenne es meinetwegen Aberglauben, aber wir selbst haben den Termin gesetzt, und der Termin war abgelanfcn. Du hast ihn künstlich verlängert — jawohl! Dir hast gemogelt, Freundchen, du hast nachaefüllt — in bester Absicht selbst redend! — und ich war feige genug, dazu zu schweigen, ob gleich ich es wohl bemerkte! Aber ans die Dauer kann man weder unseren Herrgott noch den Tod zum besten haben, und darinn will ich jetzt ein Ende machen." Damit trank der Kommandant den Inhalt der omi nösen Flasche in einem Zuge aus, gab dem Admiral die Hand und sagte: „Das tat gut! Grüß deine liebe Fran und danke ihr für all ihre Freundlichkeit. Wenn der Himmel mir gnädig ist, gibt eS wohl noch ein Wiedersehen für uns. Leb wohl, mein Alter!" Und am nächsten Tage starb Kommandant Lind.
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