02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030416025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903041602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903041602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-16
- Monat1903-04
- Jahr1903
-
-
-
2776
-
2777
-
2778
-
2779
-
2780
-
2781
-
2782
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS »Preis 1» der Hailptexpcdtttou oder deren Ausgabe» pellen obgeholt: viertel jährlich ^tl 3.—, bel zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau» ^l 8.76. Durch die Post bezogen für Deutsch» land u. Oesterreich vierteljährlich 4.60, für di« übrigen Länder laut Zritungspreisliste. Ne-aktion und Lrveditiou: Johannisgaffe 8. Fernsprecher 163 und S22. Filialevprditioue» r Alfred Hahn, Buchhandlg., UniversitätSstr.3, L. Löschs Latharinenstr. 14, u. KöuigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden : Marien straße 84» Fernsprecher Amt l Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: Aarl Dmrcker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg, Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603 Abend-Ausgabe. Wp)M TlilMM Anzeiger. Amtsblatt des Aöinglichen Land- und des Hönigkichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Votizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen. Preis die 6gefpaltene Petitzeile LS Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 76 vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 60 H. Tabellarischer und Ziffernlap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (exct. Porto). (?rtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expeditton ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr- Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 181 Donnerstag den 16. April 1903. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. April. ,Luviel des Guten". Seitdem im vergangenen Winter Prinz Maximilian von Baden und seine Gemahlin Marie Luise, eine Tochter des Herzogs von Cumberland, am Berliner Hofe zum Besuche geweilt baden und daselbst mit besonderer Auszeichnung aus genommen worden sind, wollen, vornehmlich in der auswärtigen Presse, die Gerüchte von der geplanten Berlobung des deutschen Kronprinzen mit der Prin- zessin Alexandra, der zweiten Tochter des Heizogs von Cumberland, nicht verstummen. Der Besuch des Kaisers in Kopenhagen mußte den SensationSpolililern als Beweis für die Richtigkeit ihrer Verniulung dienen, ob wohl doch dieser Besuch an sich lediglich die natürliche Folge deS Besuchs war, den der dänische Kronprinz unserm Kaiser» Hause abgestattet hatte, und der Zeitpunkt des kaiserlichen Besuchs durch den 85 Geburtstag des Königs Cbrislian ge geben war. Trotz alledem spukt der kaiserliche Besuch und in Verbindung damit das Verlobungsgespenst noch immer nach. Heute meldet der „Voss. Ztg" em Telegramm aus London: Der Kopenhagener Berichterstatter des „Daily Telegraph" er fährt, zwischen dem Kaiser und dem König sei die Cumber landfrage verhandelt worden. Der König war durch das Ergebnis der Konferenz befriedigt. Es wurde beschlossen, der deutsche Kronprinz soll im Laufe des Sommers Leu Prinzen und die Prinzessin Max von Baden in Karlsruhe besuchen und dort der Prinzessin Alexandra von Cumberland begegnen. Daß zwischen dem Kaiser und dem König Christian die cumberländische Frage berührt worden in, mag zutrefffn; daß aber beiondere Vereinbarungen getroffen worden seien, halten wir gleich dem citiertcn Blatte für unwahr. Der Herzog von Cumberland batte Kopenhagen verlassen in demselben Augenblick, als bekannt wurde, daß der Kaisei dorthin kommen würde, und erst nach der Abreise des Kaisers ist der Prrnz Georg Wilhelm aus Gmunden mr Geburtstagsfeier des Königs in Kopenhagen cingelroffen. Der Herzog hat durch dieies Verbalien zu erkennen gegeven, daß er nicht mit dem Kaiser zusammenzutreffen wünschte. An eine Aussöhnung in dem Sinne, wie die Welfen sic wünschen, ist nicht zu denken. Ter Herzog wird den Ver zicht auf Hannover nicht ausiprechen. Daß der deutsche Kronprinz sich nicht mit einer cumbcrländischen Pnnzessin verloben wird, solange der Herzog von Cumberland cen durch die Ereignisse des Jahres 1866 geschaffenen staatsrechtlichen Zustand als zu Recht bestehend nicht anerkannt hat, muß als selbstverständlich gelten. Man ist ja allerdings in Deutsch land nachgerade daran gewöhnt, daß daS berühmte Wort Bismarcks „Wir laufen niemand nach" ebenso in den Rauch fang geschrieben worden ist, wie so manches andere; aber daß der Kaiser etwaigen Anregungen zum Entgegenkommen gegen den Cumberländer gegenüber dasselbe Wort sich aneignen würde, das ibm die Deutsch-Amerikaner soeben zugeruieu: „Zu viel des Guten", sieht denn doch Wohl außer Zweifel. Klerikale Lstcrfcicr in Trier. Unmittelbar vor dem Osterfeste wiesen wir auf einen Artikel der dem Bischof I)r. Ko rum nahestehenden „Trier. Landesztg." hin, der darauf vorbereitete, baß in der Diözese Trier trotz des von der preußischen Regierung mit Hülfe deS Vatikans über den streitbaren Bischof errungenen „Sieges" die Ost er beichte zu einem neuen Kreuzzuge gegen die paritätische höhere Töchterschule würde benutzt werden, ob wohl der Bischof die Erteilung katholischen Religionsunter richts an dieser Anstalt zugestanden batte. In der Tat ist es so gekommen, wie man nach den Auslassungen der „Trier. Landesztg." erwarten mußte. Der „Franks. Ztg." wird nämlich aus Trier berichtet: „Wir lünneii sesislellen, daß trotz der Zurücknahme des Publi- kandums tatsächlich von der Trierer Geistlichkeit ganz im Sinne dieses Pnblikandurns verfahren wird. Schon vor einiger Zeit wurde uns berichtet, daß Bischof Korum nur äußerlich nachgegebe» habe, dagegen in einem Geheim erlaß au sämt liche Geistliche Triers das Vublikandum vollständig aufrecht erhalte; demgemäß wurden die Gläubigen bei ihrer Ost er be ich te ermahnt, ihre Kinder aus der „konsessionslosen" Schule hinwegzunehmen, widrigenfalls sie Las nächste Mal die Absolution nicht erkalten könnten. Wir haben daraufhin weitere Erkundigungen eingezogen und durch Angaben von verschiedenen Stellen diese Mit teilung vollauf bestätigt gefunden. Ob es sich dabei um einen sor- mellen Erlaß handelt oder um ein weniger formelles Einverständnis, ist dabei nebensächlich. Es ist uns indessen auch von anderer Seite bestätigt morden, daß den Geistlichen vor Ostern durch ein vertrauliches Schreiben anbesobleu worden ist, in der Beichte über den Besuch der paritätischen Schule zu befragen und die Absolution nur gegen daS Bersprechen zu er teilen, daß die Kinder der paritätischen Anstalt entzogen werden. Tatsache ist jedenfalls, daß die Trierer Geistlichen, sicherlich doch im Eiuversiändnis mit Bischof Korum, die Eltern der Schülerinnen der städtischen Schule aufge- sucht und ihnen mit Verweigerung der Absolution gedroht haben, wenn die Kinder weiter die städtische höhere Töchterschule besuchen. Teilweise soll diele Drohung auch auS- < eiübrt und die Abiolulion verweigert worden sein. Ueberall wurde von den Eltern, wenn sie die Abwlution erhalten wollten, das feste Versprechen gefordert, daß sie ihre Kinder der versemten Schule entziehen wollten. Behauptete der eine Ehegatte zu seiner Ent schuldigung, er stoße damit bei dem andern Teil auf Widerspruch, so mußte er versprechen, olles zu tun, um den Widerstand zu brechen. Auch liberaler gesinnte Geistliche haben sich au diesem Gewtsseuszwung beteiligt. Der Hinweis aus die Zurücknahme des Publikaudums wurde einfach damit abgetan, daß der Bischof dabei uur einem auf ihn ausgeübten Drucke gewichen sei uud nach oben hin die Gemüter beruhigen wollte, daß die paritätische Lehranstalt aber nach wie vor als schädlich anzu'ehen sei und daß eine Los- sprechung nicht erfolgen könne, wenn die Eltern auf dem Besuche ihrer Kinder in dieser Schule beharrten. Auch wo es sich um gemischte Ehen handelt, ist gegen den katholischen Ehegatten der gleichesZwang angewandt und der Standpunkt vertreten worden, daß, wenn der andere Teil das Versprechen der katholischen Kinder- erziehung abgegeben habe, ein Ausnahmesall nicht vorliege. Allge- mein wurde es als eine Ehrenpflicht der Katholiken hingestellt, die Schlappe, die der Bischof erlitten habe, dadurch wieder gut zu nrrchen, Laß sie ihm durch die Tat ihre Zustimmung zu seinem Vorgehen ausdrückten." Wenn man bevenkt, daß der Bischof sein Publilandum auf Befehl des Vatikans zurückgezogen hat, so wäre sein Verhalten unbegreiflich, wenn nicht der Gewährsmann des Frankfurter Blattes, der seine Zuverlässigkeit durch seine ersten Meldungen über die Trierer Vorgänge dargetan hat, seiner eben citierten Mitteilung nicht noch folgende ansüzte: „In den Kreisen der katholischen Geistlichkeit in Trier herrscht große Freude, und ganz mit Recht. Hat doch der nene katho lische Regierungs- und Schulrat sich beeilt, seine Tochter der vom Bischof auf Kosten der staatlichen Töchterschule so deutlich empsohlenen und gelobten Ursulinerinnen-Anstalt zu über geben Es kann ja jeder innerhalb seiner Familie machen was er will, aber ein solches „Vertrauenszeichen" für die heißumkämpste Staatsanstalt, ausgegangen von dem nächsten staatlichen Aussichts beamten, und in dieser Zeit, wo eben oller Blicke auf Trier um dieses Schulstreites to lle» gerichtet sind: das ist denn doch eine aus fallende Erscheinung, um so mehr, als der Schulrat dabei gewiß nicht ohne Zustimmung seiner Vorgesetzten zu handeln sich bewußt gewesen sein muß." Unter diesen Umständen braucht freilich Bischof vr. Korum nicht zu befürchten, baß er abermals beim Papste werde ver klagt werben. Er varf aus dem Verhalten des neuen Regierungs- und Schulrats schließen, daß m Berlin nur die Form des bischöslichen Publikaudums m Pfallen hat, gegen die in der Stille betriebene Boykottierung der paritätuchen staatlichen Lehranstalt aber nichts eingewendel wird. Gras Bülow darf versichert sein, daß seine Art, den in Trier wirksamen, von dem Jesuiten von Hammerstein gepflegten „Friedensgerst" zu bekämpfen, den Widerstand gegen die Aufhebung des tz 2 des Jeiuilengesetzes von Tag zu Tage verstärkt. Der Parteitag -er belgische« Sozialdemokratie. Ein eigentümlicher Zufall hat es gefügt, daß der Partei tag der belgischen Sozialdemokratie sich fast zur selben Zeit zu Gunsten des G e n e r a l st r e i k s erklärte, wo der Mißerfolg des Generalstreiks in Holland bereits be siegelt ivar. Wenn der belgisch-sozialistische Parteitag abermals den Generalstreik für das beste Mittel zur Er reichung des allgemeinen, gleichen Wahlrechtes ausgab, so erscheint diese Verblendung wegen des Fiaskos, das ge rade in Belgien der Generalstreik erlitten hat, dopelt un begreiflich. Aber die belgischen Sozialistenführer vom Schlage eines Kurncmont sind der Meinung, cs be dürfe nur besserer SSorbereitungen, mn mit dem General streik Erfolge zu erzielen: Stärkung der Gewerkschafts organisationen, Ansammlung eines Kampffonds, Verbin dung aller Gruppen zu gemeinsamem Handeln —, auf die sem Wege verspricht sich Furnemont Erfolge bei einem Generalstreik. Der Chefredakteur des Hauptorgans der belgischen Sozialdemokratie, „Genosse" Devin ne vom „Peuple", hat sich sehr energisch gegen die Ueberschätzung der sozialdemokratischen Kräfte ausgesprochen und hervor gehoben, daß gerade das Nebertrciben der sozialdemo kratischen Stärke zum auten Teile die Niederlage beim Generalstreik des Vorjahres verschuldet habe. Trotz dieser Mahnung, trotz der Erfahrungen im eigenen Lande und trotz der allerneuesten Erfahrung im benachbarten Hol land hat sich der Parteitag der belgischen Sozialdemo kratie wiederum für das Phantom des Generalstreiks als Mittels zur Durchsetzung politischer Forderungen ausge sprochen; die Arbeiterschaft in Belgien wird zur gegebenen Stunde dafür büßen. Ter Vorfall aus den Karolinen. Ein an sich unbedeutender und noch nickt aufgeklärter Vorfall auf den Ostkarolinen bat die gelbe Presse in Amerika und ibre Absenker in England aufgeregt. Nach der „New Dort Sun" bat der Vorstand des amerikanischen Aus schusses für Milsionswesen im Auslände einen Bries vom 16. Februar erbatten, wonach die Mannschaft eines deutschen Kriegsschiffes die Zöglinge der VorbereitungSai stall für ein geborene Lehrer „nd Geistliche auf der Karolinenmsel Nuk sestgenvmmen und 300 engl. Meilen weit nach Ponape, dem Sitz der deutschen Regierung, transportiert habe. Die Zögt nge seien an Bord des SckiffeS schlecht behandelt und beschuldigt worden, gegen Deutschland gepredigt zu haben, was sie leugneten. — Deutscherseits wird nun zugegeben, daß vier eingeborene Zöglinge der sogencknnten amerikanischen Mission in Nuk festgenommen und vom Kommandanten des deutschen Kieuzers „Kormoran" nach Ponape geschafft und dort zur Haft abgeliesert wurden. Der Vorfall, dessent wegen die Festnahme erfolgte, liegt mehrere Monate zurück; angeblich soll es sich um eine Beleidigung der deutschen Flagge handeln. „Eine Beschwerde seitens der amerikanischen Regierung liegt bis jetzt nickt vor, eS ist aber nicht ausgeschlossen, baß diese den Vorfall zur Sprache bringen läßt. Eine politische Bedeutung ist ihm aber jedenfalls nicht beizulegen", so wird offiziös versichert. Es fehlte blos noch, daß wegen einiger jungen Eingeborenen der Karolinen die Diplomatie in Bewegung gesetzt würde. Tatsache ist, daß über die sich unter dem Deckmantel der Religion in Milanesien seit langem geltend machenden sogenannten Humanitären Bestrebungen der amerikanischen Mission großer Unwillen bei den dort ansässigen Deutschen herrscht. Wider setzlichkeit und Aufsässigkeit sei bei einem Teil dieser jungen Nichtstuer an der Tagesordnung, die unverstandenen Ideen von amerikanischer Freibeit suchten sie auch aus ihre Insel ;u übertragen. Hierzu kommt, daß bisher die Kräfte fehlen, um in der Schule deutsch zu lehren und so haben wahrscheinlich die jungen Leute sich großgetan und ihr von den Amerikanern gelerntes Pigeonenglisch den Stammes- genossen beibringen wollen. Da gerade die Ostkarolinen so ziemlich außerhalb deS Verkehrs liegen, kommt nur selten ein Kriegsschiff hin und sorgt für Ordnung. Zuletzt war im Dezember der „Kormoran" da und vorher im Januar 1902 dasselbe Sckiff. Daß sich von Januar bis Dezember mancher Zündstoff anbäufcn kann, ist möglich und daß der Kapitän der seinem eintägigen Aufenthalt sich nicht mit der Rechttprechung abgebrn kann, ist klar. So war e» das Beste, die kaiolinischen Jünglinge zur Untersuchung nach Ponape ru bringen, wo sie inzwischen wohl langst frei gelassen sind. Deutsches Reich. Berlin, 15. April. (Gegen den Mißbrauch geistiger Getränke.) Der soeben in Bremen tagende internationale Kongreß gegen den Alkobolismus führt hoffent lich zu Beschlüssen, die brauchbares Material für die Geietz- gebung liefern. In dem letzten Ardeitsabschnitte des Reichstags wurLe insbesondere von dem Mitglied der deutschen Reichsparlei Abg. vr. Stockmann die Vorlegung eines Gesetzentwurfs zur Bekämpfung der Trunksucht erneut angeregt. Die verbündeten Regierungen legten dem Reichstag einen bezüglichen Gesetz entwurf im Januar 1892 vor. Derselbe hatte einen teils gewerbepolizeilichen, teils privatrechtlichen, teils strafrecht- Feuilleton. »»»»« i2j Das Gold vom UNdwatersrand. Roman von F. Kliuck-Lütetsburg. Na »druck verboten. Es bestand kein Zweifel, daß der junge Mann die Unterredung als beendet ansah, und auch Generaldirektor Brandt hatte das Vergebliche weiterer Verhandlungen er kannt. Er verbeugte sich wortlos, indem er Wilm mit einem Blick ansah, der diesem sagte, daß er sich «inen un versöhnlichen Feind geschaffen. „Vielleicht überlegen Sie sich die Sache noch, Jonkheer van Senden", sagte indessen Herr Noch, der nur ungern einen ihm so glänzend geschilderten Vorteil schwinden soll. „Es bedarf keiner Ueberlegung, mein Herr", entgegnete Wilm. „Ich weiß nicht, was mir die Ehre verschafft, daß man mit so großer Zuvorkommenheit Interessen zu fördern wünscht, die ich vertrete." Die Tür fiel ins Schloß. Wilm trat ans Fenster, den sich Entfernenden nachzu- schauen, irnd hatte, indem sie den Garten durchschritten, Gelegenheit, zu beobachten, daß unter ihnen eine Mei nungsverschiedenheit sich entspannen hatte. General direktor Brandt bestieg auch nicht den bcreitstehenden Wagen, sondern verabschiedete sich mit einem flüchtigen Grub von seinen Begleitern, und schritt in entgegengc- setztcr Richtung davon, während jene der Stadt zu fuhren. Der junge Mann blieb noch längere Zeit allci», von seinen Gedanken vollauf in Anspruch genommen. Ins- besondere mar ihm die Aeußcrung des Generaldirektors ausgefallen, daß über die Gruben die Konkurs-Eröffnung beantragt werden müsse. Watz er im ersten Augenblick nur als eine im Eifer des Wortgefechtes entfallene Uebertreibung anfgesaßt, die er übergehen zu dürfen geglaubt hatte, erschien ihm mehr und mehr der Beachtung wert. So schlecht mar es um die Gruben immer noch nicht bestellt, obwohl das Versiegen benachbarter Flnblänfe in letzter Zeit wesentlich dazu bei getragen, eine fernere Ausbeute wegen der damit ver. bundeneii abermaligen Erhöhung der Bctrtcbsirnkvsten illusorisch zu machen, obwohl der gewonnene Goldgehalt sich um Tausende von Unzen gehoben hatte. Für ihn unterlag es nicht dem geringsten Zweifel, daß eine ener gische Inangriffnahme aller Neuerungen auf dem Gebiet der Goldgewinnung zu einer ganz bedeutenden Ren tabilität der Gruben führen werde. Daß der Berginspektor van Senden dieselbe Meinung gehabt, ergab sich schon aus dem Umstand, daß er einen großen Teil seines Vermögens in Aktien gerade dieser Gruben angelegt, und auch nicht zn einer Zeit verkauft hatte, als sie vor einem Preissturz gestanden und doch noch ohne großen Verlust an der Börse ihre Abnehmer ge funden haben würden. Im Verfolg seiner Betrachtungen erinnerte er sich, gerade in letzter Zeit, in verschiedenen Zcitttiigen Notizen und sogar längeren Artikeln begegnet zu sein, welche die Lage der Gruben als eine völlig aus sichtslose geschildert, die zu einer vorläufigen Einstellung des Betriebes geführt. Da diese letzteren Mitteilungen der Wahrheit entsprachen und Wilm noch nicht einen zuver lässigen Uebcrblick der Verhältnisse gewonnen, er vielleicht auch einen versteckten Angriff auf den verstorbenen Berg inspektor vermutet hatte, den er vorläufig nicht hätte widerlegen können, so hatte er jenen gelegentlichen Aus lassungen nicht eine besondere Beachtung geschenkt. Es war etwas Widersinniges in ihnen, das sicherlich nicht mit den gegen Peter van Senden gerichteten Vorwürfen in Einklang zu bringen war, wie jeder denkende Leser sich selbst hatte sagen können. Die vom Erfolg begleitete selbständige Tätigkeit Wilm van Sendens hatte in ihm schlummernde Fähigkeiten und Kräfte zur Reife gebracht, die er kaum selbst in sich ver mutet haben mochte. Er war zwar ein tüchtiger Arbeiter gewesen, so daß selbst Mynheer Egnatius van Senden, der sich mit Lob niemals verschwenderisch gezeigt, dem Sohn die besten Eigenschasten kaufmännischen Geistes nachge- rühmt, aber Mangel an Verantwortlichkeit neben einem herrschsüchtigen Vater hatte ihm jede Berufsfreudigkeit geraubt, die nun in hohem Grade von ihm Besitz ergriffen. Für die nächsten Tage fand er kaum eine Stunde Zeit für die Mittagspause, und Frau van Senden mußte die Beobachtung machen, daß er wenig Interesse für Dinge bezeigte, die seinem Herzen hätten naheliegcn müssen. Eine Frage, ob Anlaß zu neuen Sorgen vorhanden sei, beantwortete er kurz verneinend. Trotzdem äußerte er kein Wort, als Tante Grietjc ihm die Mitteilung machte, daß Eato sich nach Hause sehne, und sie den Entschluß ge faßt habe, die Tochter unverzüglich von Warmbad abzu- hvlen. „Eigentlich rönnen wir die Ursache, die Cato veranlaßt, von Johannesburg fortzugehcn, auch ja als beseitigt an sehen", fügte Frau van Senden noch hinzu. „Onkel Peter hat menschlich gefehlt, aber man wird ihm nicht den Vor wurf machen können, daß er sich an fremdem Eigentum vergriffen hat, wie man vordem getan." „Nein, Tante Grictje", entgegnete Wilm, und schon war er aufgcstanden, um das Eßzimmer wieder zu verlassen, „es handelt sich lediglich um eine civilrechtliche Frage. Viel wird allerdings daraus ankommcn, wie die Otrambor ok mine-« entscheidet. Hoffentlich verfährt sie milde mit uns." Es lag so viel gute Laune in den wenigen Worten, daß Frau Grietje sich angenehm dadurch berührt fühlte. Nichtsdestoweniger beschatteten Wolken ihre Stirn, nach dem der junge Mann das Zimmer verlassen hatte. Diese scheinbare Gleichgültigkeit bet dem Ucberbringen einer Botschaft, die, ihrer Meinung nach, mit offener Freude von ihm hätte begrüßt werden müssen, beunruhigte sie, nachdem sie schon seit längerer Zeit nur eine geringe Teilnahme für alles, was Cato anbctraf, bei ihm wahr genommen zu haben glaubte. Der Himmel mochte geben, daß ihrem Kinde eine Enttäuschung erspart blieb, die es in seinen Gefühlen für Wilm treffen würde. Frau van Senden reiste am darauffolgenden Tage ab, ohne daß ihr Neffe nur daran gemacht hätte, ihr Grüße an Cato auszutragen. Er war geschäftlich so vollkommen in Anspruch genommen, daß sein Geist absolut nicht noch andere Dinge umfassen konnte, und doch waren seine Ge danken nicht ohne Zusammenhang mit derjenigen, die er nie mehr geliebt, als zu einer Zeit, wo es ihm vergönnt war, Hindernisse aus dem Wege zu räumen, die ihrem beiderseitigen Glück sich cntgegcngestcllt. Achtes Kapitel. Tante Grictjcs Abwesenheit in den nächsten Tagen war Wilm nicht unwillkommen. In den Zeitungen wagte sich eine Polemik hervor, die das Verhalten der Regierung in der van Tendenschen Angelegenheit bekrittelte und ziemlich deutlich zu verstehen gab, baß es sich dabei um die Begünstigung der Absicht handele, offenkundige Beweise für einen jahrelang mit größter Frechheit verübten Be trug zu verdunkeln. Daran knüpfte sich teilweise eine jlussühruug über die Aussichtslosigkeit der Lage der beiden in Betracht kommen den Gruben. An der Hand von Zahlen wurde nachge wiesen, daß sie, obgleich die Aktionäre nur ein paar Jahre hindurch nennenswerte Dividenden bezogen, doch bis zu einem gewissen Zeitpunkt einen geradezu glän- zenden Ertrag geliefert. Wie bedeutend dieser gewesen, darüber möge am besten die unge heure Ausdehnung des van Sendenschen Grund besitzes Auskunft geben. Freilich habe seit dem Tage, an welchem die Wasserkraft dem Betriebe entzogen worden sei, und der gänzliche Mangel an Kohle im weite sten Umkreise nicht die Erwartung zulasie, andere Ele». mente dem Unternehmen dienstbar zu machen, die Gold ausfällung mehr und mehr nachgelassen, bis sich endlick gar die Notwendigkeit ergeben, den Betrieb cinzustellcn Ein Wiederaufnehmen desselben könne auch nicht in Frage kommen, einerseits nicht wegen der gesteigerten Unkosten und anderseits nicht, weil man zu der Ueberzeugung habe gelangen müssen, daß der Reichtum der Gruben, wenn er auch noch nicht ganz erschöpft sei, doch nicht mehr eine Aussicht auf Gewinn eröffne. Um so mehr aber würden die Aktionäre ein Recht haben, sich an den Erträgnissen derjenigen Jahrgänge zu beteiligen, die den Berginspektor van Senden zum reich sten Manne von Johannesburg gemacht. Der gesamte van Sendcnsche Grundbesitz sei mit dem Gold der Aktio näre bezahlt, und eS würde nur von dem Gerechtigkeits sinn der Chamber ok mines Zeugnis ablegen, wenn sie verfüge, daß den so schwer Benachteiligten ungesäumt durch denselben Ersatz geleistet werde." Wilm verhehlte sich nicht, daß diese Veröffentlichungen nicht uur aus die breiteren Schichten der Bevölkerung Eindruck machen würden, sondern vielleicht auch da, wo ihm daran liegen mußte, eine andere Ansicht aufrecht er halten zu sehen. Er faßte daher den Entschluß, den Ver such zu machen, ihn abzuschwächen, indem er gleichfalls den Weg der Lesfcntlichkeit. den er vorläufig zu vermeiden gewünscht, betrat. Die Kalkulationen der letzten Tage setzten ihn jedenfalls in stand, dem gehässigen Angriff mit Zahlen zn begegnen, und gleichzeitig die Aktionäre auf merksam zn machen, daß eine durch nicht» begründete pessi mistische Darstellung der Grubenvcrhältnissc berechnet sein könne, ihnen die letzte Hoffnung zu nehmen, während selbst in den Jahren, wo Betriebsstockungen infolge Wasser-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht