02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030418027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903041802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903041802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-18
- Monat1903-04
- Jahr1903
-
-
-
2822
-
2823
-
2824
-
2825
-
2826
-
2827
-
2828
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
VezugS-Preis dt der Hauptexpedtttvll oder deren Ausgabe' stellen abgeholt: vierteljährlich 8.—, bei pvetmaltger täglicher Zustellung tus HauS 8.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch laud u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für di« übrig« Länder laut ZeitungSpreisliste. Ne-aktion und Ln>edition; Jvhannisgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. FMalrupedttlsrr«, r Alfred Hahn, Buchhaudlg, UuiversitätSstr.3» L. Lösche, Kathariueustr. 14, u. Königspl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marieustraße 84. Fernsprecher Amt I Nr. 171L Abend-Ausgabe. Anzeiger. Haupt-Filiale Serlin: Earl Duncker, Herzgl. Bayr. Hofbuchhandlg, Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603 Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen. Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem RedaktionSstrich s4 gespalten) 75 vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellanscher und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto) Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 185. Sonnabend den 18. April 1903. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 18. April. Die BorgSnge in Trier sind augenscheinlich auch der Zentrumspresse, mit alleiniger AuSnabme der „Trier. LandeSztg.", höchst unbequem. Alle diese Blätter konnten sich, als Bischof vr. Ko rum sein Publikandum ergehen ließ, der Einsicht nicht entziehen, daß der Bischof dem zur Abbröckelung deS Jesuit enge setzeS bereiten Reichskanzler in die Suppe spucke und den Gegnern dieser Abbröckelung den Nacken steife. Die neue Wühlerei io Trier muß also den ZentrumSpolüikern peinlich sein. Offen mögen sie vaS zwar nicht sagen, aber eü läßt sich herauSlesen auS der ärgerlichen Bemerkung der „Germania", die Darstellung der „Franks. Ztg." von der Mmier-Arbeit der Trierer Geistlichkeit sei eine Denunziation, deren Wider legung das Beichtgeheimnis verbiete. Alle Widerlegungs versuche würden freilich nichts nützen, denn der ge heimen Minier-Arbeit ist bereits das Borgeben in voller Oeffentlichkeit gefolgt. So wird berichtet, der Pfarrer von St. Laurenzius habe von der Kanzel herab verkündet, der aus Beranlassung des Ministers erfolgte Widerruf des Korumschen PublrkandumS stehe nur auf dem Papier; in Wirklichkeit sei der Befehl des Bischofs nicht außer Kraft getreten und die Eltern dürften ihre Kinder nicht aus die paritätische Töchterschule schicken! Ganz im gleichen Sinne äußert sich in einem vier Spalten langen Artikel die „Trier. LandeSztg.". Typisch für den Geist, in dem dieses Blatt den Kampf führt, ist die Behauptung: „Die Vorkommnisse an der parilätifchcn Töchterschule sind . . wiederum vollgültige Beweise für die Tatsache, daß Simultanjchulen den religiösen Frieden nicht sördern, sondern stören." Als ob die paritätische Trierer Töchterschule den religiösen Frieden gestört hätte! Wer in Wirtlichkeit den religiösen Frieden gestört bai, das ist niemand anderes, als der Bischof von Trier vr Ko rum. Mit aller Schärfe ist dies m der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 2. März 1903 sowohl vom Grafen Bülow wie vom Kultusminister vr. Studt festgestellt worden, denen parteiische Befangenheit zu Ungunsten der katholischen Kirche und ihrer Organe gewiß nicht nach zureden ist. Laut dem stenographischen Berichte hat damals Graf Bülow wörtlich gesagt: „Ich muß zunächst meinem Bedauern, meinem tiefen Bedauern Ausdruck geben über die Art und Weise, wie der Bischof von Trier durch sein Vorgehen den konfessionellen Frieden gefährdet hat." Und Kultusminister Or. Slubt führte wörtlich aus: „Ich möchte ausdrücklich noch einmal feststellen, daß der Herr Bischof . . keinerlei Klagen oder Beschwerden bei mir erhoben und daß er sein Kanzclpublikandum erlassen hat, ohne auch nur den Versuch zu machen, bei mir als dem Chef der Unterrichtsvrrwaltung eine Abhülfe zu verlangen. In gleicher Weise kann ich bei dieser Gelegenheit feststellen, daß auch sonst von keiner Seite über angeb. liche Mißstände an den Trierichen Anstalten Beschwerden bei mir erhoben worden sind . . . Ohne weiteres hat man unter Zurück- greisen aus lang» zurückliegende Vorkommnisse den Streit vom Zaune gebrochen." Setzt sich somit die „Trierische LandeSztg." in schroffen Gegensatz zur Staalsregierung, obwohl die Rektifikat»on deS Bischofs von Trier durch die Kurie die Rich tigkeit der staatlichen Auffassung auch für die Katholiken erhärtet hat, so entschlüpft dem genannten Trierer Organ bei seiner prinzipiellen Bekämpfung der pari tätischen Schule ein Bekenntnis, das der schroffsten Ver leugnung deS berühmten Toleranzan tr'ageS vom 23. No vember 1900 gleichkommt. In diesem Anträge lautet ß 1: „Jedem Relchsangehörigen steht innerhalb des Reichsgebietes volle Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften, sowie der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen ReligionSübung zu." Die wahre Auffassung deS KlerikaliSmuS betreffs der Freiheit des religiösen Bekenntnisses offenbart jetzt die „Trier. LandeSztg.", indem sie die paritätische Schule deshalb bekämpft, weil dieselbe „in der Praxis gleichbedeutend mit einer Anerkennung des Protestantismus" ist! Auf der Höhe einer solchen „toleranten" Anschauung steht die weitere Behauptung, daß in Simultananstalten für die katho lischen Schüler die Gefahr der „Herausbildung von sittlich laxen Anschauungen" bestehe, da „bei den ver schiedenen liberalen Richtungen in protestantischen Kreisen dort bisweilen Ansichten vorherrschen, welche der strengen katholischen Moral nicht entsprechen." Hierin liegt der Vorwurf, daß die Simultanschule daS Seelen heil der Schüler gefährde, ein Standpunkt, den Kultusminister vr. Studt am 2. März dss. Js. „mit aller Schärfe" grundsätzlich abgelebnt bat. Erwähnt man endlich, daß die „Trier. LandeSztg." die Simultanschulc auch deshalb verwirft, weil sie Gelegenheit zu gemischten Ehen gebe, so hat man die wesentlichsten Punkte hervorgehoben, welche die Haltung der „Trier. LandeSztg." als durch den eng herzigsten Kon fessi onalismus und die größ'e Unduld samkeit bestimmt kennzeichnen. „Gegenseitige" Duldsamkeit von Seiten der Konfessionen hat Gras Bülow anläßlich der Trierer Znteipellaiion verlangt und seine zweite Rede mit der Erklärung geschlossen: „Gegenüber der Intoleranz dürfen und werden wir nicht tolerant sein". In wie weit man dieses Programm durchzusühren gedenkt, darüber muß die Beilegung deS Trierer Schulstreites demnächst Auf schluß geben. Deutsche und englische Steuern sür HcercSzweckc. Wenn der „Vorwärts" sich wegen eines Asm gemachten Vorwurfs ereifert, so lann man immer annebmen, daß er sich von diesem empfindlich getroffen fühle. Augenscheinlich bat diese Wirkung ein Artikel geübt, den wir unter der vor stehenden Ueberschrift in unserer Nr. 18l vom 9. d. M. ver öffentlichten und der den sozialdemokratischen Behauptungen gegenüber den Nachweis führte, daß die steueiliche Be lastung in Großbritannien geringer als in Deutschland und die Heeresaufwendungen dort erheblich größer als bei unS seien. Diesen Nachweis sucht das sozialdemo kratische Zentralorgan unter reichlicher Aufwendung der üblichen Anwürfe zu entkräften. Aber vergebens. Wenn der „Vorwärts" darauf hinweist, daß die Heeres- und Marineausgaben Großbritanniens im Jahre 1901/02 auch die Aufwendungen sür den südafrikanischen Krieg in sich schließen, so sagt er nichts anderes, als waS wir selbst bei Angabe der betreffenden Summen hervor gehoben batten. Aber auch der im Budget sür 1903 vorgesehene Aufwand sür Heer und Flotte in Großbritannien, den der „Vorwärts" selbst annähernd ricotig auf 69 Millionen Pfund, d. h. 1380 Millionen Mark, angibt, beträgt immer noch beträchtlich mehr, als was in Deutschland absolut und ins besondere auf den Kopf der Bevölkerung an Geldmitteln für diese Zwecke verwendet wird. Denn bei einer Bevölkerung von 41,6 Millionen Einwohnern stellen sich die britischen Kosten für Heer und Flotte im laufenden Jahre aus etwa 33 Mark auf den Kopf, also nahezu doppelt so hoch wie bei uns. Ferner ist es allerdings richtig, daß, wenn man die steuerliche Belastung in Großbritannien und bei unS genau vergleichen will, man auch unsere LandeSstcuern in Betracht ziehen muß. Wir wollen daher unsere Angaben nach dieser Richtung hin ent sprechend ergänzen. Im größten deutschen Staate, in Preußen, wurden im ganzen 261 Millionen Mark an direkten und indirekten Steuern erhoben. DaS macht auf den Kopf der Bevölkerung 7,60 ^4! aus. Im ganzen kommen also an Reichs- und LandeSsteuern in Preußen auf den Kopf 25,20 .6, während die steuerliche Be lastung in Großbritannien im Jahre 190l/02 sich auf nicht weniger als 65 auf den Kopf belief. Ferner ist eS nicht richtig, daß der größte Teil der englischen Ein nahmen aus Einkommen- und Erbschaftssteuern stieße. In Großbritannien wurden im Jahre 1901/02 nicht weniger als 70 Millionen Mark an Zöllen und Ver brauchsabgaben erhoben und zwar zu einem großen Teile von Gegenständen, die zum Verbrauch der breiten Masten dienen, wie Zucker, Thee, Bier. Dagegen spielen unter den britischen Einnahmen aus den Zöllen die Schutzzölle so gut wie keine Rolle, während in Deutschland der Hauptteil der Einnahmen aus den Schutzzöllen fließt, sür welche der deutschen Bevölkerung, insbesondere der Arbciterbevölkerung, ein mehr als ausreichender Ausgleich durch die Sicherung der Arbeitsgelegenheit und deS Arbeits verdienstes gewährt wird. Wenn endlich der „Vorwärts" darauf hinweist, daß nur ein Teil der britischen Bevölkerung von der Einkommensteuer betroffen wird und daß diese erst von 8000 aufwärts nach dem vollen Einkommen erhoben wird, >o übersieht er, baß auch in Preußen zwei Drittel der gesamten Bevölkerung einkommensteuerfrei sind und daß der Satz von 3 Prozent erst bei einem Einkommen von 9500 beginnt, die Sätze für die geringeren Einkommen dagegen stark absallen bis zu wenig mehr als Prozent in der ersten Stufe der Einkommensteuer. Al>o auch nach dieser Richtung kann das deutsche Steuersystem den Vergleich mit Vern englischen durchaus auShalten, und eS bleibt in vollem Umfange die Tatsache bestehen, daß der englische Steuerzahler sür den Staat mehr als daS Doppelte von rem auszuwenden hat, was der preußische Steuerzahler für Reich und Staat zusammen leistet. (»in angloamerikanischer Bischof für die Pflege der deutschen Sprache. Bei der Papstjubelfeier in San Franzisko sagte der B isch os Mon lgom ery in einer Ansprache an die dortigen beutschamerikanischen Katholiken: „Pfleget die deutsche Sprache! Ich stehe hier vor Euch frei und unabhängig, nicht beeinflußt durch irgend etwas. Ich sage Euch nun mit aller Erfahrung und mit allem mir zu Gebote stehendem Nachdruck: Bewahret und pfleget sorgfältig den kostbaren Schatz Eurer lieben und trauten Muttersprachei Seht Ihr nicht, wie alljährlich Tausende vo u Amerikanern ihre Söhne und Töchter nach Deutschland schicken, um sie dort erziehen und die deutsche Sprache erlernen zu lassen? Und was andere unter großen Opfern an Zeit und Geld sich zu erwerben suchen, das wolltet ihr, die ihr eS schon besitzt, verachten und zu Grunde gehen lassen? Seid nicht so töricht! Englisch ist zwar die Landessprache und wird auch die Landessprache für immer bleiben. Das zu lernen sollt Ihr nicht unterlassen, noch auch Eure Kinder von der Erlernung dieser hier so notwendigen Sprache abhalten. Aber pflegt vor allem auch, zumal in der Familie, die schöne deutsche Sprache! Sprechet sie gerne, leset gerne deutsche Bücher und leset Eure deutschen Zeitungen! O, wie sehr bedauere und beklage ich es, daß ich als Euer Bischof nicht die deutsche Sprache sprechen kann! Wie wäre ich stolz darauf und wie würde lch mich freuen, wenn ichs könnte. Darum nochmals meine Mab- uung: Liebet und pfleget die deutsche Sprache!" Wenn ein Mann, dessen Muttersprache die englische ist, daS Deutsche für so wichtig, ja unentbehrlich bält, dürften manch andere, statt es wütend zu befeinden, ihm doch auch eine bescheidene Daseinsberechtigung zugestehen, feiens nun Polen, Tschechen oder Magyaren, deren Sprachbereich ja doch nicht ganz so weil ist, wie der des Englischen. Deutsche kulturelle und wirtschaftliche Aufgaben im Orient. Daß Franzosen, Rusten, Engländer und sogar auch die Italiener in ihren Maßnahmen weit voraus sind, um sich die Vorteile zu sichern, welche man von der Erschließung Klein-Asiens durch die Bagdadbabn erhofft, darauf bingewiesen zu haben, ist das Verdienst des Deutschen Kolonialkongrestes, der Herrn vr. Paul Rohrbach Gelegen heit gab, sich darüber auszuiprechen. Er warf zum Schluffe seines Vortrages über die Bedeutung der Bagdadbahn die Frage auf, was Deutschland schon jetzt, vor der Er bauung der Bagdadbahn, zu tun habe, um nach Beendi gung des Werkes auch wirklich mit der Zeit in den Genuß der erhofften Vorteile zu treten. Er machte dazu folgende bemerkenswere Ausführungen: „Wenn uns heute Jemand, so wie wir gehen und stehen, die Bagdadbahn fertig schenken wollte, so wäre das meiner Ueberzeugung nach ungefähr so das Schlimmste, was uns in Lieser Sache passieren könnte. Weshalb? Weil wir noch in keiner Meise daraus vorbe reitet sind, uns des neuen Instruments auch richtig zu bedienen; an dere aber, unsere wirtschaftlichen Rivalen im Orient, sind r», uud zwar in ausgezeichneter Welse. Es wird nicht unbekannt sein, daß in erster Linie die Franzosen, ebenso aber auch die Italiener und andere europäische Nationen, im Orient über ein ausgedehnte» System von Schulen, Erziehungsanstalten, Hospitälern und ähn lichen Instituten verfügen. Diese Anstalten repräsentieren nach un seren deutschen pädagogischen und medizinischen Begriffen vielfach keine besonderen hohen absoluten Werte — aber ihre Bedeutung sür den Orient, wo eS aus einheimischer Initiative außerhalb der Hauptstadt Konstantinopel so gut wie gar nichts dergleichen gibt, ist eine geradezu ungeheure. Der ganze französische Levantehandel beruht zum großen Teil auf der Tatsache, daß Französisch unter allen europäischen Sprachen die bei weitem größte Verbreitung im Orient genießt. Die Konkurrenzbedingungen, unter denen die fran zösische Industrie im stände ist, sür den türkischen Markt zu liefern sind im ganzen schlechter, als die unsrigen. Trotzdem ist die französische Einsuhr in die Levante der deutschen sehr über legen, und ich könnte eine lange Reihe von Fällen vorführen, in Lenen französische Produkte bezogen worden sind, obwohl sie nicht nur teurer, sondern auch augenscheinlich schlechter waren als deutsche — allein auS dem Grunde, weil wegen der Sprache dem Feuilleton. 141 Das Gold vom Widwatersrand. Roman von F. Klinck-LütetSburg. Nachdruck verbalen. „Du wirst nicht versuchen, im letzten Augenblick durch dein Eintreten für eine verloren gegebene Sache mich um den Preis einer vieljährigen Arbeit zu bringen, Wilm", sagte er jetzt in einem Tone, den Wilm noch aus einer früheren Zett kannte, und der ihm ehemals eine Warnung gewesen war, den Zorn des Vaters zu reizen. „Ueberlasse mir die Aktien. Ich verlange sic nicht zu dem gegenwärtigen Kurs; du und Frau van Senden mögt ihn bestimmen." ,Ach kann nicht, Papa, ohne ein in mich gesetzte- Vertrauen zu täuschen. Fast gewinnt es den Anschein, alS ob unsere Interessensphären weit auseinander gingen. Dringe nicht weiter in mich. In verantwort licher Stellung, sehe ich mich genötigt, über geschäftliche Angelegenheiten zu schweigen, um so mehr, als ich sehe, daß wir uns Konkurrenz machen." Wilm hatte versucht, mit den letzten Worten einen scherzenden Ton anzuschlagen, aber er war ihm mißglückt. EgnatiuS van Senden blickte auch nichts weniger als heiter gestimmt in die Welt. „Du kannst doch deinem Vater keine Konkurrenz machen, ohne in dein eigenes Fleisch zu schneiden", fuhr er auf. „Für euch sind die Aktien nichts wert, und ich wiederhole dir, daß ich den Preis, den ihr bestimmt, dafür zahlen will. Nun möchte ich misten, welche Gründe dich bewegen könnten, mir zu schaden." „Dir, Papa? Muß nicht fedecki einzelnen, der An teilscheine an den Gruben Hai, daran liegen, daS Unter nehmen wieder in seinem alten Glanze erstehen zu scheu?" „Du wirst es nie in seinem alten Glanze erstehen lasten", eiferte Mynheer Egnatius mit bemerkbarem Hohn, „ aber ich — ich!" „Warum gerade du?" „Weil ich Steinkohlenlager in der Nähe habe." „Dteinkohlcnlagcr?" fragte Wilm zweifelnd. „Onkel Peter hat Bohrversuch« nach allen Richtungen hin an- fteüe» lasten. Es ist nichts gefunden worden." „Sie sind trotzdem vorhanden." Die bestimmte Sprache wirkte überzeugend. Wilms Züge nahmen einen lebendigeren Ausdruck an, in seinen Augen leuchtete es. Steinkohlenlager in der Nähe der Gruben! Welche Aussicht! Dampf, fließendes Wasser, Elektrizität würden bei der Ausbeutung als Triebkraft Verwendung finden können und damit alle Schwierig keiten gehoben sein, die eines Tages den Abbau störend beeinflußten. „Woher weißt du es, Papa?" Egnatius van Senden lachte laut auf, indem er sich die Hände rieb. „Ich werde doch meine eigenen Kohlenlager kennen!" „Deine Kohlenlager? Du hast nie davon gesprochen. Warum setztest du sie nicht in Betrieb?" „Daß ich ein Narr gewesen wäre! Da arbeitet unser einer anders. Als seiner Zeit die Betriebs-Oberleitung Bohrversuche auf Kohle unternommen hatte, wollte man den Vorstellungen eines Obersteigers, betreffend Tiefbau anlagen zur Ausbeutung von Steinkohlenflötzen, nicht nachgeben, und ich habe, nachdem die Verhandlungen darüber erst zur Ruhe gekommen waren, nichts Eiligeres zu tun gehabt, als mir die abbauwürdigen Kohlenlager samt Grund und Boden für einen Spottpreis zu sichern. Damit kann ich die Entwickelung unseres Bergbaues und sonstiger industrieller Unternehmungen in Ruhe abwarten. Mein Gewinnanteil an dem unschätzbaren Reichtum von Witwatersrand wird mir nicht mehr ge schmälert werden, und hoffentlich bist auch du jetzt zu der Einsicht gelangt, daß du kein Recht mehr hast, meine Be strebungen zu durchkreuzen." Wilm van Senden aber stand düsteren Blickes. Der Schleier, der ihm manches verhüllt, war weggczogen, und deutlich erkennbar entrollte sich vor seinen Äugen ein Bild, das ihm widerwärtig erschien. Nun brauchte er nicht mehr nach Gründen zu forschen, die den Kampf gegen den Verstorbenen und nun gegen ihn hatten ent brennen lasten. Nur mit Mühe hielt er an sich. „Mir ist in dieser Stunde Vieles erklärt, und ich kann nur bedauern, daß du an solchen Machenschaften dicht beteiligt, während du aus reellem Wege einen Vor teil erzielen könntest, der einer Goldausbeute sicher ent sprechen würde. Dem Bergwerksbctrieb fehlt Kohle. Laß sie unverzüglich fördern. Du wirst enorme Preise fordern können und sic doch gern gewährt sehen. Wozu nur all die Umwege?" Mynheer Egnatius van Senden war nicht länger im stände, seinen Aerger zu verbergen. Die Ansichten des Sohnes überraschten ihn nicht, und ein Gefühl von Furcht, sie entwickelt zu hören, hatte ihm allein ein Klar legen seiner Pläne und Absichten so schwer gemacht. Nichtsdestoweniger war er der Meinung gewesen, daß die Wilm lebendig vor Augen geführten Vor- und Nach teile, die sich aus seinem Tun uud Lassen ergeben würden, ihn bestimmen müßten, der Vernunft Gehör zu geben. Und nun sah der alte Herr sich bitter getäuscht. All sein Mühen war vergeblich, und er hatte obendrein ein Ge heimnis verraten, das, unter den obwaltenden Verhält nissen, am wenigsten sicher bei dem Sohne aufgehoben war. Er hatte keinen Compagnon gewonnen, sondern sich einen Konkurrenten geschaffen. „Weil du nichts, rein gar nichts von Dingen verstehst, die alle bedeutenden Männer der Gegenwart beschäftigen. Du Narr! Auf eine Hebung der Landwirtschaft hast du dich verbohrt. Sic kann in ewige Zeiten noch kein Gold einbringcn, wenigstens nicht eher, als wir den Zeit punkt für gekommen erachten, und es ist Sorge getragen, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Du wirst mir die Frucht meiner jahrelangen Arbeit nicht vorent halten. Der Keil, den Peter in unsere Pläne getrieben und wodurch er die Entwickelung eines Riesenunter- nehmens zum Stillstand gebracht, mutz unter jeder Be dingung ausgestoßen werden. Das merke dir! Ent weder mit uns, und du machst dich zum Teilhaber der Macht und des Reichtums, die uns winken, oder gegen unS, und du wirst zu Grunde gehen, wie Peter van Senden zu Grunde gegangen ist." Mit jedem Worte hatte die Leidenschaftlichkeit im Ausdruck sich gesteigert, je mehr Mynheer van Senden erkannte, daß seine Erwartungen vollständig Schiffbruch gelitten. Wenn aber noch ein Schimmer von Hoffnung vorhanden gewesen wäre, Wilm den Plänen des Vaters geneigt zu machen, er hätte vor dem ungerechten Zorn erbleichen müssen, mit welchem er sich überschüttet sah. Ungerechtigkeit hatte schon bei dem Knaben Troy her vorgerufen. „Ich bin dir dankbar, daß du mir wenigstens reinen Wein über das eingeschenkt, waS ich von deiner väter lichen Liebe zu erwarten habe", entgegnete der junge Mann, und ob auch ein leises Schwanken in der Stimme von der Erregung Kunde gab, in die er durch die heftige Sprache des Vaters versetzt worden war, so hatte er sich doch vollständig in der Gewalt. „Wenn ich im Laufe der letzten Zeit Neigung verspürt habe, mich an der Jagd nach dem Gold und der Macht zu beteiligen, die dich so vollständig beherrschen, daß für die idealen Güter des Lebens nirgends mehr Raum bleibt, so ist sie in dieser Stunde durch dich getütet worden. Ziele, die durch un redliche Mittel und auf verbotenem Wege erstrebt wer den, können keine großen und begehrenswerten sein, verwerfliche sind es, wenn sic jedes Rechtsgefühl ersticken und besseres menschliches Empfinden, ja die natürliche Liebe für die nächsten Angehörigen absterbcn lasten. Du drohst mir mit dem Untergang, weil ich nicht dein Bundesgenosse, weil ich nicht ein Betrüger werden will —" „Betrüger?" unterbrach Mynheer Egnatius den Sohn, schäumend vor Wut. „Nimm deine Worte in acht!" „Ich habe keine andere Bezeichnung dafür, wenn Bergwerksgesellschaften über den Wert ihrer Gruben in einer Weise getäuscht werden, wie eS in diesem Falle ge schehen ist, um sie zu einem Konkurs zu drängen und dann ihr Vermögen an sich zu reißen. WaS berechtigte dich zu der Erwartung, daß ich zu dieser Schurkerei meine Hand bieten würde? Ich werde im Gegenteil alles tun, was in meinen Kräften steht, noch im letzten Augenblick Laster und Sons zu bestimmen, den Gruben betrieb mit erweiterten Mitteln fortzusetzen. Dafür werden gewiß Finanzleute zu haben sein." Noch einmal öffnete Mynheer Egnatius van Senden den Mund zu einer Entgegnung, aber er brachte kein Wort mehr hervor. Sein Gesicht war aschfahl, seine Züge hatten etwas Verzerrtes. Er langte nach seinem Hut, um ohne ein weiteres Wort das Zimmer zu ver kästen. „Vater, warum ist denn nicht auf einem anderen Wege ein Zusammengehen möglich?" fragte Wilm, der sich eines Gefühls von Mitleid nicht erwehren konnte. Da wandte der Angercdete noch einmal an der Tür sich um. Er stand hoch aufgerichtet unter dem Eingang und ein haßerfüllter Blick traf den Sohn. „Weil ich nicht mit einem Schwachkopf einen Weg gehen will, weil ich nichts mit einem Undankbaren zu tun haben mag. Ich habe von Stund an keinen Sohn mehr, wohl aber einen Feind, den ich mit allen mir zu
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht