01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030418013
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903041801
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Sehr gut informiert zeigt sich in dieser Beziehung die Presse Spaniens, das ja in hohem Grade an der marokkanischen Aktion Frankreichs interessiert ist. Nach ihr bestehen in Frankreich drei verschie dene, scharf ausgeprägte Richtungen be züglich dermarokkanischen Krage, und zwar eine Partei, welche die Regulierung der Grenze von Al gier mit der Okkupation des ganzen Mulujatals, der Oase yigig und TuatS und Guararas im Süden verlangt: denn damit werbe die Provinz Oran eine gut zu verteidigende und zu beobachtende Westgrenze erhalten. In Wirklich keit würbe aber damit die marokkanische Pro vinz Uxda französisches Gebiet werden, und der Weg ins Herz des marokkanischen Reiches Frank reich offen stehen. Denn dem Laufe der Muluja folgend gelangt man leicht nach Tazza und von da durch das Tal desJnouauen nach Fez. Eine andere Partei aber wünscht die fran- zösrsche Herrschaft in Nvrdasrika zu arron dieren und ist einfach für die vollständige Eroberung ganz Marokkos. Da Frankreich Algier und Tunis beherrsche, so meinen ihre Anhänger, befinde sich keine andere Nation in einer besseren Lage oder habe mehr Recht, diesen Winkel von Afrika zu okkupieren, der eine Schmach der Civtlisation und ein Herd beständiger Aufstände und Streitigkeiten sei. Marokko dürfe nicht länger im Zu stande der Barbarei und Anarchie bleiben, und Frankreich könne mit Rücksicht auf die Sicherheit Algiers und Tnnis' nicht zugeben, daß irgend eine andere europäische 'Macht dasselbe erobert. Eine dritte Partei aber vertritt die Aus fassung, daß niemand das Recht habe, das marokkanische Gebiet zu schmälern und noch weniger zu erobern. Und daß dies ein Unternehmen sei, welches enorm viel Menschenleben und Geld kosten würde, und besten Resultate, anstatt für Frankreich gewinn bringend, für dasselbe verhängnisvoll sein würden: denn sie würden es militärisch nnd wirtschaftlich schwächen. Da gegen würde es unter Benutzung der Vorteile, die Algiers Besitz und die Len Handel begünstigende gemeinsame Grenze den Franzosen biete, weit sicherer, wirksamer und praktischer sein, eine zielbewußte friedliche Invasion durchzusühren, die Frankreich ein großes Absatzgebiet und die wirtschaftliche Vorherrschaft, sowie einen friedlichen und civilisierenden Einfluß im ganzen marokkanischen Reiche sichern werde. In Verfolg dieser Tendenz hat der französische Zchiffsleutnant Louts-Say an der Küste von Kitz, 10 Kilometer von der Mündung der Muluja gegenüber -en C b a s a r i n a s - I n s e l n in der Nähe von Melilla eine Handels st atton errichtet und dort den Hafen Port-Say angelegt, der den eigenen Landsleuten von Oran in Nemvur, Nedromah und Marnia scharfe Konkurrenz macht, prosperiert und sich schnell entwickelt. Dieser Hafen aber vermag der direkte Ausgangspunkt für de» Getreide- und Viehcrport und an derer Produkte der Kabulenstämme der Bent-Snasten, der Triffa, der Kebdana und der Mad Masor zu werden und diese Stämme mit den europäischen Produkten zu versehen, deren sie bedürfen, wird das ganze Muluja-Tal mit seinen 400 000 Hektaren fruchtbaren Bodens dem allge meinen Handel eröffnen und ein für allemal ein Tor bil den, welches den Handelsweg nach Tazza und Fez offen hält. Betreffs der Frage, welcher der drei Richtungen die französische Regierung zuneigt, erscheinen die konkreten Tatsachen von besonderem Gewicht, und bezüglich des Moments der Regulierung der Grenze zwischen Marokko und Algier sind diese Tatsachen die folgenden: Artikel 1 des französisch - marokkanischen Vertrags vom 18. März 1843 bestimmt, daß die Grenze zwischen Marokko und Algier dieselbe sein solle, wie zur Zeit der Abhängigkeit Algiers von der Türkei. Artikel 3 desselben Vertrages legt die Grenzlinie fest, und führt die Stämme an, die im französischen Gebiet von Algier abhüngcn sollen. Artikel 4 stipuliert, daß es in der Sahara keine territoriale Grenze zwischen beiden Ländern geben und daß jeder Staat die Souveränität über seine Untertanen in der ganzen Ausdehnung der Wüste voll ausüben solle. Ferner führt er die Stämme ausdrücklich an, die von Al gier und die von Marokko abhängen sollen. Tie Un sicherheit der Grenzen in einzelnen Gegenden, die Be wegungen der nomadisierenden Grenzkabylen und der be ständige Wunsch der Franzosen, ihr algerisches Gebiet nach Westen zu erweitern, waren die Ursachen, daß seit 1845 von französischen Politikern beständig eine Grenzrcgu- lierung mit Gebietserweiterung auf Kosten Marokkos ge fordert wurde. Allein die französische Regierung setzte der end- giltigen Festlegung der marokkanischen Grenzen aus dem Grunde Widerstund entgegen, den Waddington sc'mcr- zcit mit den Worten kennzeichnete, daß ver Mangel an festen Grenzen zwischen zwei Staaten stets ein Nachteil für den Schwächeren sei. Frankreich könne nur im Falle offen barer Notwendigkeit das absolute Recht des Sultans von Marokko über Gebiete anerkennen, in denen seine Autori tät eine nur nominelle sei nnd welche es eines Tages zu be anspruchen Veranlassung haben könne. Zn der Tat be nutzte General Saussier 1882 die Unsicherheit der Grenzen dazu, das Gebiet von Ain - Safrazu gewinnen, indem er so die verbündeten Stämme der Amur, die seit 1845 marokkanische Untertanen waren, Algier einvcrlcibte. Um jedoch die damit verknüpfte Schwierigkeit zu umgehen, er wähnte Saussier in seinem Erlaß vom 29. März 1882 die Amur nicht, sondern jeden einzelnen der drei Stämme, aus denen sie bestehen. Auf gleiche Weise wurden die Kabylen- stämme der Dicmba Algier einverleibt und vollzog sich 1892 die Okkupation von M e n g u b. Bezüglich des Stam mes der Ehcurfa schlug Frankreich ein anderes Ver fahren ein. Dieser Stamm war im Vertrage nicht er wähnt, vielleicht weil kein Zweifel darüber bestehen konnte, daß er ein echt marokkanischer sei. Trotzdem annektierte ihn Frankreich, ungeachtet des Protestes des Sultans von Marokko, der nachwics, daß es sein eigener Stamm sei. Allein Frankreich hielt die Annexion mit der Erklärung aufrecht, daß in dem Vertrage nicht festgesetzt sei, daß die Cheurfa Marokkaner seien. Genau ebenso diente der Mangel an Grenzen an der Sahara den Fran zosen dazu, sich der äußersten Region von Tuat zu be mächtigen und in Figig einzurückcn. Somit aber ist sehr begreiflich, daß die französische Regierung der ge nauen Festlegung der Grenzen zwischen Algier und Marokko widerstrebt. Die äußersten Gebiete des Südens, wo der unabhängige Sultan Ahmed Salum die Maureustämme der Travzaö beherrscht, sind so ent legen und haben so wenige Verbindungen mit Europa, daß nur sehr sehr Wenige jenseits der Meerenge wissen, was dort vorgeht. Der Sultan verlangte im Febrnar 1902 die Jntervenno» der Franzosen am Senegal, um einen seine Herrschaft bedrohenden Ausstand seines Neffen, des Prin zen Nidi, niederzuwerfcn. Der französische General gouverneur Seneaambiens, Noume, benutzte dies An suchen, um direkt im Süden Mauretaniens zu inter venieren, indem er ein B e o b a ch t u n g s k o r p s nach Kheo, im Norden von Podor, zur Unterstützung Ahmed Talums sandte. Prinz Sidi zog sich darauf nach dem Norden zurück, und als der Sultan hierauf erklärte, er bedürfe der französischen Unterstützung nicht mehr, kehrte dieselbe zwar nach St. Louis zurück, allein ein französischer Militär - Resident mit einer starken Infanterie-Truppe blieb in Kheo beim Sultan zurück. Dieser Vorgang aber leitete die definitive Okku pation des Landes ein. und der Gouverneur des Senegal gebietes erreichte nicht nur die ständige Errichtung eines Postens in Kheo, sondern auch den Verzicht des Sultans Ahmed Salum auf die Vorteile, die ihm der Vertrag von 1891 gewährte. Dies alles aber beweist deutlich, daß die französische Negierung entschlossen ist, energisch im Süden von Mauretanien zu intervenieren, und der neue Gouver neur des Senegal-Gebietes hat dafür gesorgt, daß schon im ersten Jahre seiner amtlichen Tätigkeit die französische Fahne über jenen maurischen Gebieten im Süden des Rio de Oro wehte: indem er ohne Lärm und ohne einen Schuß zu tun, die Intervention vorbereitete rrnd sie zu genau derselben Zeit durchsnhrte, in der in der Nähe von Fez der Aufstand B n - Hamaras ausbrach. Aus allen diesen Vorgängen ist klar ersichtlich, welche Politik Frank reich bezüglich Marokkos verfolgt, auch wenn Minister, Negierungen und die Verhältnisse wechseln. Aber diese Politik der langsamen und methodischen Besitznahme des marokkanischen Reiches könnte in dem Widerstande der übrigen europäischen Mächte aus ein Hindernis stoßen, und darum ist verständlich, warum der Minister Deleassö sich unlängst, wenn auch nicht offiziell, mit England über die Angelegenheit zu verständigen suchte. Wenn diese Ver ständigung auch gescheitert ist, so kann doch sür diejenigen, welche den Verlauf der Ereignisse aufmerksam verfolgt haben, kein Zweifel über die Pläne und Absichten Frank reichs bezüglich Marokkos bestehen. Deutsches Reich. * Leipzig, 17. April. (Ueberlastung deS Reichs gerichts.) In der „Denticken Juristen - Zeitung" vom 15. Aprst veröffentlichte NeichsgerichlSrat Ur. Hagens eine» Artikel „Die Ueberlastung des NeichSgericktS und die Mittel der Abbiilfe". Abbülfe, meint er, sei geboten sowohl aus dem Gebiete des Straft echts wie auf dem des Zivilrechts. WaS das Strafrecht anlangt, so fühlt er sich als Mitglied eines Zivilsenats nicht berufen, in dieser Richtung Borichläge ;u machen, er bält aber die vorgeschlagene weitere Vermeh rung der Mitglieder de« Gerichtshofes nicht sür ein geeignetes Mittel der Abhülse. WaS das Zivilrecht anlangt, so wäre eS seines Erachtens dem mechanischen Mit'el ver Erhöhung der R visionösumme auf 3000 „E, das stets als ultimo » reko- zium übrig bleibe, vorzuziehen, wenn es gelänge, an Hand der bisher gemachten Erfahrungen daS Rechtsmittel derart umzugestalten, taß die damit verbundene Arbeit sich verein facht und durch Ausscheidung deS liebe»flüssigen und weniger Notwendigen auf das erträgliche Maß berabmindert. In dieser Richtung macht er folgende Vorschläge. Zunächst soll d:e Revision nur darauf gestützt werden können, baß die Ent scheidung aus der Verletzung eines Reichsgesetzes beruht. Ferner soll die NevisionSfnst auf 6 Wochen mit der Maßgabe erhöht werden, daß gleichzeitig mit der Einlegung de« Rechts mittels die Begründung, sowie die Bezeichnung der verletzten Rechtsnormen und der sie verletzenden Teile des Urteils, sowie ter den Mangel deS Verfahrens begründenden Tatsachen er folgt. DaS Reichsgericht soll dann vorweg ohne mündliche Verhandlung prüfen, ob die Revision zulässig ist und ob sie nach den vorgebrachten Beschwerden Aussicht auf Ei folg bat. Wild eine dieser Fragen verneint, so soll die Revision durch Beschluß des Gerichtes zurückgewiesen oder, im Fall die Zu lässigkeit nicht genügend nachgewiefen erscheint, der Partei die Ergänzung aufgegeben werden. Erst wenn beide Fragen be- jadk wvldeu sind, soll ein Termin zur mündlichen Verbandlung anberaumt werden. Auch soll in diesem Termin ein Mitglied des Gerichtes über den Tatbestand und die Entscheidungs gründe den einleitenden Vortrag haben. I)r. Hagens meint, die Annahme feiner oder ähnlicher Vorschläge würde zur Zeil eine völlig genügende Entlastung de» RnchSgericbteS hervei- fübren und zwar in der Hauptsache infolge besserer Aus nutzung der erforderten Arbeit ohne wesentliche Beschränkung des Tätigkeitsgebietes. -r- Vertin, 17. April. (Besitz, Verschuldung und Volksver mögen iu den wichtigsten Staaten.) Das statistische Seminar an der Wiener Universität hat sich in der letzten Zeit mit dem Besitz der europäischen Staaten an mobilen Werten und mit ähnlichen Fragen beschäftigt. Die Ergebnisse dieser Forschung sind in der österreichischen »Statistischen Monatsschrift" niedergelegt, aus der Wolfs „Zeitschrift für Sozialwissenschaft" eine Reihe wichtiger und interessanter Punkte zusammengestellt bat. Dahin gehört zunächst die Tatsache, daß in der wirtschaft lichen Entwickelung des 19. Jahrhundert- das beweg liche Kapital die Hauptrolle spielte; vor hundert Jahren war dasselbe noch recht wenig bekannt. Wurden doch an der Pariser Börse im Jahre 1800 nur sieben Wertpapiere notiert. Und heute berechnet Alf. Neymark daS mobile Kapital in Europa auf über 400 Mil liarden Francs, während die Summe der in Zirkulation be findlichen Goldstücke und Banknoten in der ganzen Welt nur 25 Milliarden beträgt. Die eben genannte Ziffer von 400 Milliarden wnd übrigens übertroffen, wenn man die nach stehende Zusammenstellung ins Auge saßt. Auf Grund der Schätzung verschiedener Autoren, die in den Jahren von 1896 bis 1899 vorgenommen wurden, betrug nämlich das mobile Kapital in England 182,6 Milliarden Frcs., in Deutschland 92,0, in Frankreich 80—85, in Oesterreich 27,1, in Rußland 25,5, in Italien 17,5, in Holland 13,6, in Spanien 9.5, in Belgien 8,8, in der Türkei 4,3, in Po»tugal3,7, in Dänemark 2,7, in Rumänien 1,8, in Norwegen 0,8 Milliarden Francs; daS sind zusammen 469 Milliarden Francs. Für Ungarn, die Schweiz, Schweden, Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro fehlen die entsprechenden Zahlen; die An gaben für Spanien, Portugal und die Türkei werden von l Neymarck als höchst unzuverlässig bezeichnet. Von den aus- gesührten 469 Milliarden entfallen aus Slaalspapiere 125, auf Provinzial-, Kommunal- und Eifeiibahnanleihen 125, auf Bodenkredit 50 Milliarden, der Rest auf Jndustiie-, Kiekut-, Versicherung-- und Transportanlagen. Die Höbe der Staatsschulden beträgt in Frankreich 26,l Milliarden Frcs., in Rußland 16,2, in England 16,0, in Deutichlanv 15,7, in Oesterreich-Ungarn 13,9, m Italien 12,9, in Dänemark 2,7, in Belgien 2,3, in Holland 2,2, in Rumänien 1,2, in Ror- wegen 0,2 Milliarden Francs; das sind zusammen 109,4 Mill. Francs. Das Volksvermögen wird von verschiedenen Autoren geschätzt: in den Vereinigten Staaten auf 322 300 Millionen Francs, in England auf 243,000, in Frankreich auf 192 300 bis 215 000, in Preußen auf 147 000, in Oesterreich auf 60 000, in Italien auf 52 000, in Ungarn auf 31 100, in Holland 22 350, in Württemberg auf 10 600, in Schweren auf 7900. Eine Vergleichbarkeit dieser Zahlen ist aber nicht bloS dadurch ausgeschlossen, daß sie nach ganz verschiedenen Feuilleton. Im europäischen Weiterwinkel. Reisebriefe von Paul Lindenberg. ^«chdrun »erboten. II. Ostermorgen in Uesküb. — Militärische Leonen. — Bon den türkischen Truppcn. — Beim General-Gouverneur Hilmi-Pascha. — Straßenlcbcn. — Welch Völker sonder Zahl! — Bunte Bilder. — Ein Stück deutscher Heimat im Orient. — Allerhand Ansichten. — Ein Besuch beim General Nasir Pascha. Ueskttb, 12. April. Statt del feierlichen Klange- der Osterglocken am heutigen gedenkreichen Sonntage die hallenden Weisen det Hamtdic-MarscheS. Truppen ziehen eben am frühen Morgen an meinem kleinen Parterre-Zimmerchen, da dreimal so groß ist al- eine Lchiffökabine und noch weniger Ausstattung wie eine solche enthält, vorüber -um nahen Bahnhöfe hin, nnd von der hochgelegenen Kaserne dringen langgezogene militärische Signale herab. Böllia kriegerisch geht'- in Uesküb zu, hier merkt man, daß etwas los ist und daß sich vielleicht besondere Dinge er eignen können. Welch packende militärische Leenen gestern mittag, al- ich nach 1-stündiger Eifenbahnfahrt von Belgrad her hier anlan-tr. Auf den Wiesen unmittelbar beim Bahnhöfe lagert«, zwei Bataillone Infanterie in feldmarsch mäßiger Ausrüstung, aus den Truppcumasscn ragten die I beiden grün-roten, mit reichen Goldstickereien versehenen s Fahnen hervor, umleuchtet von funkelnden Sonnen strahlen, die gelegentlich das schwere Regengcwölke durch brachen. Es mar prächtiges Soldatcnmatcrial, das man hier beobachtete, ruhige, ernste Leute, mit sehnigen Gliedern, mit entschlossenen, mcttcrgebräunten Mienen. Auf dem Bahnsteige eine Zahl höherer Offiziere in ge messenem Gespräch, zum Teil energische, dabei nicht einer gewissen Eleganz entbehrende Erscheinungen, manche von völlig deutschem Aussehen. Adjutanten kommen an gesprengt, daß die vor dem Bahnhöfe versammelten Zi geuner, Kutzvmallachen, Bulgaren nach allen Richtungen entfleuchen, Befehle ertönen, die Soldaten treten mit Ge wehr und Proviantsack an, eine schnelle Musterung, und in zehn Minuten sind die Wagen gefüllt. — Bald darauf setzt sich der Zug gen Mitrvwitza in Bewegung, und nun verspürt man zum ersten Male Bewegung in den Sol datenmassen, ein dreimaliges flammendes: „I'mlisolmti tevstost zmeotml" — „Gott erhalte den Sultan!" — er tönt aus den Coupes heraus. Gestern, zur zehnten Abcndstnndc, langte von Saloniki her ein neuer Militärtransport von Rcdifs, Landwehr, an, um sofort weiterzufahren. Auch hier waren Ruhe und Ordnung -er Truppen bewundernswert, Kein Lärmen und Rufen, Lingen und Lachen, die Leute drängten sich an die breiten, mittleren Ocffnungcn der Gepäckwagen, gleich Glühlichtchcn schimmerten die bren nenden Cigaretten, und aus der dunklen Umgebung hoben sich nur die roten Tarbusche ein wenig ab, blitzte hier und da eine Fclbzugsmedaille, eine Säbelscheide. Dieser Ernst, diese Entschlossenheit machten tiefen Eindruck. Solche Truppen, sagte man sich, gehen überall hin, wohin sic der Padischah schickt, ob nach Syrien oder nach Mesopotamien, ob nach Aegypten oder nach — Bul garien, kampfentschlosscn bis zum letzten, und wehe, wenn sich mit ihren» blinden Gehorsam und ihren soldatischen Vorzügen fanatischer Glaubenscifer vermischt! Uesküb ist der Mittelpunkt aller bisher nötig ge wordenen und noch nötig werdenden Operationen in den makedonischen und albancsischcn Gebieten, hier hat Hilmi-Pascha seinen Sitz aufgeschlagen, der vom Sultan ernannte General-Inspekteur zur Einführung der Reformen in den drei Vilajets Saloniki, Mouastir und Kossvwo. Er genießt ebenso das Vertrauen seines Monarchen, wie jenes der Großmächte, und hat sich bis her seiner wahrlich riescnschwercn Aufgabe gewachsen ge zeigt. Zur Zeit ist er der Allgewaltige hier, sein Be fehl gilt allein, von ihm hängen sämtliche militärische und civilc Maßnahmen ab, eine Unvorsichtigkeit seinerseits könnte unberechenbare Folgen haben. Es war selbstverständlich mein Trachten, diesen Mann kennen zu lernen, und bald nach meiner Ankunft machte ich mich zu ihm auf den Weg. Er residiert in einem bunt angcstrichencu Häuschen, am rauschenden Wardar ge legen: nichts deutet auf dieses Hauptquartier hin, ein paar offene Wagen, ein paar von Soldaten gehaltene Pferde vor der Tüik, das sind die einzigen Merkmale. Eine enge Holzsticge geht'S empor, oben auf dem linoleum belegten Flur einige Diener, von denen einer meine Karte und das Empfehlungsschreiben des Belgrader Ge sandten entgegennimmt, um schon nach einer Minute zu rückzukehren, indem er das übliche Handzeichen macht und den Vorlzang zum ArbeitSgemach des Paschas hoch schlägt. Der kleinste und bescheidenste Raum, den man sich denken kann, zwei niedrige, holzvergitterte Fenster mit dem Blick auf den Strom und die sich jenseits auf bauenden grauen Festungsgcmüuer, blaugctünchle Wände, ein roter, den Fußboden bedeckender Teppich, eine Petroleumhängclampc, eine Pvlsterbank, auf der drei Sekretäre sitzen, einige Ledersessel und ein mit Schriftstücken völlig bedeckter schlichter Mahagonitisch. Und vor letzterem, in einen dunklen Wintermantel ge hüllt, Hilmi-Pascha, etwa Ende der 50cr, mit schwarzem, wenig meliertem Bvllbart, ernst und gelassen schauenden Augen, mit schmalen, gleichmäßigen GcsichtSzügen. Er bietet mir die Hand und läßt einen Stuhl hcranrückcn, ein Druck auf den elektrischen Klingelknopf, und ein Diener bringt Kaffee und Cigaretten: ich trage dem Pascha meine Wünsche vor und bitte nm ein empfehlendes Wort nach Mitrowitza. Seine Antwort ist freundlich-be jahend: „Wir haben nichts zu verheimlichen", meint er, „Sic sollen alles scheu, was überhaupt zu sehen ist, und können alles beschreiben, je offener, desto besser. Ich werde durch Briefe an die Polizei« wie Militärbehörden Sorge tragen, daß Ihnen nichts in den Weg gelegt ivird. Die Schwierigkeiten unserer Lage brauche ich Ihnen nicht erst zu erzählen, aber, ich wiederhole, wir haben kein Urteil zu scheuen, und deshalb komme ich gerade den Ver tretern der Presse in jeder Weise entgegen." DaS Ge spräch, französisch geführt und häufig unterbrochen von Meldungen und Depeschen, die sogleich erledigt werden, wandte sich bald anderen Gegenständen zu, und so ge messen sonst die AuSdruckSweisc des Pascha? war, merkte man ihm doch eine gewisse freudige Genugtuung an, als er deS Besuches deS deutschen „Kronprinzen" — er sprach die- Wort deutsch aus — und dessen Bruders in Kon stantinopel erwähnte. Nun, nachdem daS Wichtigste erledigt war, dm morgen
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