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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020514016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902051401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902051401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-14
- Monat1902-05
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfrrtenannahme 25 (excl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit d«r Morgen-«u-gabe, oha« Postbefördenwg SO.—, mit PostbesSrderung uil 70-— Annahmeschluß für Anzeige«: Abend-Lusgabe: vormittag« 10 Uhr. Morg»»-«o«-abe: Nachmittag« ä Uhr. Anzeige« find stet« an di« Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh S bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. Mittwoch den 14. Mai 1902. Nr. 241 Au- Herrn Lieber's Memoiren?? Existiren sie ober existiren sie nicht? Seit Wochen wird diese Krage in den Blättern aufgeworfen. Ein rheinisches ultramontanes Blatt hat sie kürzlich dahin entschieden: sie existiren nicht. Wir sagen: sic existiren. Herr Lieber selbst ist Zeuge dafür. Bor uns liegt die „Ger mania" vom 20. Februar 1808. An erster Stelle steht dort: „Erklärung des Abg. Or. Lieber zum Bortragc des Grafen Paul v. Hoensbroech". Diese „Erklärung", in ihrer Gespreiztheit und Umständlichkeit ein echt Lieber'fcheS Erzeugntß, richtet sich gegen die bekannte Aeußerung des Grafen Hoensbroech: Wtndthorst habe auf der großen Ccntrumsvcrsammlung in Köln im Jahre 1887, als es sich um die SeptennatSsragc handelte, unmittelbar nach seiner Rede den schönen Ausspruch gcthan: „Da habe ich mit Gottes Hilfe wieder einmal kräftig ge logen". Lieber schreibt dazu: „Ich freue mich, auf Grund meiner früher ntedergeschricbencn „Erinnerungen" über jene Geschichte nunmehr das Richtige vom Unrich tigen, das Belastende vom Harmlosen scheiden zu können. ... In meine „Erinnerungen" ist der ganze Fall zum Glück sehr bald nachher mit allen maßgebenden Um ständen eingetragen worben, so daß eine spätere Zett, der diese „Erinnerungen" vielleichtübergeben werden möchten, sowohl den wahren Charakter jener Aeußerungen, wie die un erhörte Mißdeutung derselben, welche in den Mittheilungen des Herrn Grafen Paul Hoensbroech liegt, auch objectiv wird erkennen können." Da haben wir die Memoiren in optima kormo. Sie existiren also, ob sie aber erscheinen werden, erscheint uns mehr als fraglich. Es leben noch zu viele Leute, die ihren Inhalt controlircu können, und die Controlewürde auSgtebig werden, denir Objektivität ist niemals Lieber's starke Seite gewesen. E r war zeitlebens ein Jntrignant grüß ten Stilesundmaßlos eitel ; diese beiden Eigen schaften sind aber die denkbar schlechtesten Borbedingungeu für „objective Erinnerungen". Wir kennen Personen und Verhältnisse üeS Eentrumö sehr genau, ebenso wie Herrn Lieber selbst, und auS dieser Kenntniß heraus zweifeln wir stark an der Berlässigkeit der Lieber'schen „Erinnerungen". Wir zweifeln — um nur Einiges zu erwähnen — daß sic das Windthorst'sche geflügelte Lügenwort „objectiv" wiedergeben werden, wir zweifeln auch, daß sie ein anderes ähnliches Wtndthorst-Wort, das Lieber im Kreise seiner Intimen zu erzählen pflegte, „objectiv" enthalten werden, das Wort, baS Wtndthorst einst in EmS, als Lieber, wie er selbst sagte, in „angeborener Wahrheitsliebe" vor etwas zurückschreckte, ihm zornig entgegenwarf: „Wenn Sie nicht lügen können, gehören Sie nicht in unserePartei". Wir zweifeln, daß die Erinnerungen „objectiv" erzählen werden, wie Herr Lieber eine gewiße als Manuskript gedruckte Broschüre gerne unter der Hand verbreitete, worin der Eentrumsmann Nikolaus Racke inMatnz arg mitgenommen und ihm die FälfchungeinesTelcgramms — es handelte sich um die Wahl Racke'S in den Reichstag — nachzuweisen ver sucht wurde. Wir zweifeln, ob -ie„Erinnerungen" die intime „Freundschaft" -wischen ihrem Verfasser und dem Frei herr« Burchard von Schorlemer und die „zar ten" Beweise dieser Freundschaft von Seiten de- Herrn Lieber „objectiv" schildern werden. Wir zweifeln, ob die „Erinnerungen" die Ritterdienste „objektiv^ aufzählen werden, die Herr Lieber der Frau von Pokorny erwies, der Gattin jene- bekannten HeirathSvermtttlerS, der mit seiner Klage gegen den Grafen von Hoensbroech von den Gerichten abgewtesen wurde. Wir zweifeln, ob die „Er innerungen" die Rolle, die Herr Lieber in diesem maßlos entstellten Processe spielte und die in gewissen Kreisen, auf Grund schriftlicher Beweise, sehr genau bekannt ist, „ob jektiv" zur Darstellung -ringen werben. Wir zweifeln, ob die „Erinnerungen" „objectiv" berichten werden über das „Angebot" des hohen GtaatSamteS an den Militär- und flottenbegeistertcn Herrn Lieber. Wir zweifeln, ob ein nur Wenigen, diesen aber absolut genau bekanntes, sehr wich tiges Gespräch auS dem Jahre 18S0 zwischen Herrn Lieber, dem Provinzial der Jesuiten der sogenannten deutschen Orbensprovinz und noch einer -ritten Persönlichkeit in den „Erinnerungen" objectiv ausgezeichnet sein wird. Wir zweifeln, ob ein höchst interessanter und lehrreicher Brief wechsel zwischen Herrn Lieber und -em fanatischen aber ehrlichen Lentrumsabgeor-neten Freiherr« Felix v on L oe in -en „Erinnerungen" „objektive" Erwähnung finden wirb. Kurz, wir zweifeln, ob -te famosen „Erinne rungen" so manche „liebenSwür-ige" un- hochpolitische Züge ihre- Verfassers enthalten werden, Züge, die mehr als schwülstige Reden -a- Bild -eS Herrn Lieber nach der persönlichen — un- „Erinnerungen" sollen -och immer per sönlich sein — un- politischen Sette naturwahr zeich nen. Wir zweifeln daran. Daran aber zweifeln wir nicht, -a-, wenn die „Erinnerungen" erscheinen un- -te wün- schenSwerthe „Objektivität" vermissen lassen sollten, diese Objektivität von anderer Seite mit starken, festen Strichen ergänzt werben wirb. „Memoiren" finb ein schdne» Ding, aber manchmal ist eS rathsam, sie mit dem Vermerk zu ver sehen: Zu veröffentlichen 100 Jahre nach meinem Tode. E- will un- bedünken, baß die Lieber'schen „Erinnerungen" diesen vermerk tragen. vr. L 8. Das Messer ohne Heft» -em -ie Klinge fehlt. Die Erklärungen -eS Grafen GoluchowSky über den Dreibund sind nicht nur darum erfreulich, weil sie die bestimmte Wiedererneu?rung de- altbewährten Frie- den-bündniffe- ankündigcn, sondern vor Allem -e-halb, weil sie ausdrücklich feststellen, daß -er „zwischen -en drei Mächten bestehende Allianz-Vertrag insetnemvollen Werthe" werde aufrecht erhalten werden. Damit ist klar und -entlich gesagt, daß die in dem vertrage ent haltenen Defenstv-Vestimmungen keinerlei Abschwächung erftchren werden. Diese Thatfache steht allerdings in einem Gegensätze zu der Auffassung, dtt von italienischen Blätter« gelegentlich der Anwesenheit -cS Grafen Bülow in Oberitalien ge äußert wurde, und die von ihnen selbst jetzt noch, nach den so klaren Aeußerungen des Grafen GoluchowSky, auf recht zu erhalten versucht wirb. So schreibt die „Tribuna", daß die Worte GoluchowSki'S nur bedeuteten, daß die friedlichen Bestimmungen de- Dreibundes in vollem Um fange bestehen blieben, auch, wenn gewisse Bestim mungen in Wegfall kämen. Mit diesen Bestim mungen meinen die italienischen Blätter die angeblich frankreichfetndlichen Clauseln des Vertrages. Diese „frankrcichfeindlichen Bestimmungen" bestehen unseres Wissens in nichts Anderem, als daß Deutschland und Italien sich gegenseitig beistehcn müssen, wenn Frank reich gegen eine von beiden Mächten agressiv vorgeht. Wir können darin nichts Feindliches gegen Frankreich erblicken, denn die Bestimmnngen gelten ja eben nur für den Fall, daß Frankreich selbst mit Feindseligkeiten beginnt. Daß diese Bestimmnngen durchaus nicht freundliche, ja freund schaftliche Beziehungen verhindert, geht wohl am besten daraus hervor, daß Deutschland in voller Freundschaft mit Rußland lebt, obgleich der russisch-französische Vertrag zweifellos eine entsprechende Bestimmung enthält. Kommt aber diese Bestimmung in Fortfall, so ist das Bündnis; ein Messer ohne Heft, -em die Klinge fehlt. Denn was wäre denn dann überhaupt noch der Inhalt des Bünd nisses? Wenn blos gesagt werden soll, daß die Dreibund staaten in guten Beziehungen zu einander lcbcil wollen, so ist dazu kein besonderer Vertrag nothwendig. In guten Beziehungen stehen wir auch zu allen anderen Staaten, ohne daß ein Bündniß besteht. Wir möchten aber behaupten, -aß der Fortfall der Defcnsiv-Clauscl für Italien viel gefährlicher wäre, als für Deutschland. Wir glanben, uns keiner Prahlerei schuldig zu machen, wenn wir sagen, daß im Falle eines Angriffes Frankreichs auf Dcntschlland die besseren Chancen aus -er deutschen Seite sind. Tritt aber dem Angriffe Rußland bei, so tritt Oesterreich mit in Action. Deutschland also könnte die Neutralität Italiens schlimmsten Falles ertragen. Ganz anders steht cS mit Italien, das weder den See streitkräften, noch der Armee der Franzosen auch nur an nähernd gewachsen ist. Gewiß mögen die gegenwärtige» französischen Machthaber dem Gedanken eines Angriffes ans die stammverwandte Nation durchaus fern stehen. Wer aber garantirt für -en Bestand der gegenwärtigen Staats form in Frankreich? Und wenn abernials ein napoleo nischer Abenteucrer die Zügel der Negierung ergreift, so könnte es Italien ebenso ergehen, wie zu den Zeiten des „kleinen Corporals". Damals wollten -ic Franzosen an geblich die Italiener von -en Oestcrreichern befreien, that- sächltch aber behandelten sie Ligurien, die Lombardei, Venetien, Parma, Modena und Rom, wie erobertes Land. Die herrlichen Kunstschätze dieser Länder wurden ge plündert, ungezählte Millionen wurden erpreßt und die sogenannten Republiken lciSalptntsche, römische u. s. w.) waren thatsächlich nichts Anderes, als französische Pro vinzen, denn die „Negierungen" mußten nach der Pfeife des Directoriums in Paris tanzen. Der Wegfall der Defensiv-Clausel und somit die that- sächliche Aufhebung deS Dreibundes wäre also eine ernst hafte Gefährdung der Unabhängigkeit Italiens. Die italienischen Blätter also, die gern von ihrem Baterlaude die Gefahr fernhalten wollen, beschwören sie thatsächlich herauf. UcbrigenS sieht e- ganz wie eine officiöse Widerlegung deS von der „TriVuna" Behaupteten auS, wenn die Wiener „Poltt. Lorr." mtttheilt, sie erfahre auS Rom, der Minister des Aeußeren, Prinetti, werde demnächst in der Kammer Erklärungen avgeben, welche eine Bekräftigung der Mit- thetlung bilden, -ie Graf GoluchowSky bezüglich des Drei bunde- in der österreichischen Delegation gemacht hat. Der Krieg in Südafrika. Treiben australischer Seldateska in Capstadt. Ern an den „Mornina Leader" auS Capstadt unter Lein 29. März geschriebener Brief schildert LaS schmachvolle Be tragen australischer KriegSknechte: „Während der letzten zwei oder drei Tage haben die Einwohner von Capstadt Gelegenheit gehabt, zu sehen, was sür eine Art Leute jene „Retter Le- Reiches* sind, welche von Australien für S Schilling Lohn pro Tag nach Süd afrika kamen. Trotz früherer Erfahrungen, welche die Militärbehörden klug gemacht haben sollten, wurde einigen 1700 zurückkehrenden Mannschaften gestattet, einige Tage in Capstadt zuzubringen, während sie auf die Einschiffung warteten. Sie schienen sich eine Freude daraus zu mache»;, mög lichst wenig Dt-cipltn an den Tag zu legen, und zu thun. was ihnen beliebte, ohne Rücksicht auf öffentliche Ordnung un- Anstand und auf -a- Etgenthumsrecht zu nehmen. Sie parabirten in Trupp- durch die Straßen, häufig tu angetrunkenem Zustand«, störten harmlose Passanten, de- leidigten Ofsiciere ttelbft wenn dieselben von Damen be gleitet waren). Einige Trinkstuben zertrümmerten sie und richteten Schaden in Hotel- an, besuchten -a- Opernhaus, zerstörten -en villetschalter und versuchten da- Gleiche im Circu-, wo die Vorstellung unterbrochen werden mußte. Manche- hiervon ereignete sich nach Sonnenuntergang, aber da- Gleiche geschah am bellen lichten Tage und die Behörden schienen gänzlich -ilflo- zu sein. In einer der Hauptstraßen beschäftigte sich eine gange Anzahl dieser „Genttemen in Khan" damit, ein Tau über die Straße zu spannen und im Springen zu wetteifern. Der Verkehr wurde so lange gestoppt, bi- sie mit ihrem Vergnügen zu End« waren. Kutscher wurden von ihren Kutschböcken berabgezerrt und die Herren Soldaten bemächtigten sich -er Vehikel und fuhren lärmend, singend und fluchend in und um die Stadt herum. Wagen mit Früchten und Mineralwasser wurden geplündert und Niemand war aus der Straße sicher vor ihren Angriffen. Einige Hotelbesitzer baten die Militärbehörden um Schutz, erhielten aber den vescheid, -aß ihnen solcher nicht gewährt werden könne. Eine Anzahl -ertttener Militär- Schutzleute wurde verfolgt, ein-eyolt und von den Pfer den herabgczogcn. Ein Ofsicier, der bei dem Angriff aus das Opernhaus zugegen war, wagte die Australier zu ver weisen. Als Antwort darauf wurde er niedergeschlagen und auf den; Boden liegend mit den Füßen bearbeite;. Am dritten Tage wurden alle Schänkstubcn mit Einbruch der Dämmerung geschloffen, um einem allgemeinen Tumult vorzubcugen. Diese Leute leinschließlich einer großen Zahl Busch männer, einige vom Bictoria-Contingent und ebenfalls einige Neuseeländer» sollen 12 Monate Dienst gethan haben, aber sie sahen wirklich nicht so ans. Ihre Uni formen waren noch gar nicht abgetragen, sondern so gut wie neu, und sic selbst sahen auch nicht danach ans. Mr. Brodrick erklärte neulich, Kitchener werde nnnöthige Mannschaften nicht in Südafrika zurückhaltcn, zn was sind diese Kerle aber nützlich? Was mag Kitchener wohl mit ihnen angesangen haben? Jedenfalls ist es besser, sic gehen so bald wie möglich, und wenn sic sich nicht besser im Inneren betragen haben, wie hier, ist Jeder gewiß froh, sic ziehen zu scheu. Soldaten aller Art, Reguläre und Miliz, Canadier, Truppen von Malta und Ceylon sind hier dnrchgekvmmen. aber »vir haben niemals Klagen gehabt. Diese Australier aber haben den Vorzug, in jener Beziehung einzig dazu stehen nnd sich als Rvwdics und undiSciplinirter Mob zn zeigen. Natürlich haben die Lokalblätter kein Wort hierüber zu sagen. „Stillschweigen" ist das Motto, denn die Censur ist sehr streng. Wein; im Unterhaus«: eine bezügliche Frage gestellt werden sollte, so wird Herr Brodrick natürlich wieder sagen: „Wir haben keine hieransbczügliche Infor mation". Dies ist wortgetreu der Brief, wie er im „Mvrning Leader"' veröffentlicht ist. Die jingoistischcn Herren Barton nnd Scddon, die Häupter AnstralicnS nnd Neuseelands, werden nun wieder außer sich sein, aber cS hilft nichts, es steht längst als nnnmstößliche Wahrheit fest, daß manche auswärtige Contingentc sich sehr viel vergeben haben, nm es milde anszndrückcn. Männer aber, die sich, wie vbe; beschrieben, in Capstadt unter ihren Mitbürgern betragen, wie mögen die sich in; Innern bei der „Arbeit" ans dem Buschvclde anfgeführt haben . . . nnd was wird man erst hören, wenn cs einmal keine Ccnsnr mehr giebt und die Boercn den Mund anfthun . .. * London, 18. Mai. (Reuter.) Eine Depesche Lord Kitchener ' S anZ Pretoria meldet, daß in der vergangenen Woche 10 Boercn gctödtct, Obcrlvnndet und 802 g e - fangen genommen, sowie 6420 Patronen, 380 Gewehre, 157 Wagen, 400 Pferde und 4.800 Stück Bich erbeutet worden seien. Bruce Hamilton'« Colonnc rückte am 9. Mai wieder nördlich von der Lindlch-Linie vor. IanHamilton säuberte das Gebiet östlich dc« HartS-FlnsseS und rückte am 7. Mai in Verbindung mit Rochfort von Blocmhof aus nach Westen vor. Am 11. Mai trafen sämintliche Colonnen auf der Westbahnlinie mit 057 Gefangenen und nahezu dem ganzen Wagen- nnd Viehbestände der in diesen Districten sich auf haltenden Commandos ein. Durch diesen Zug steigt die Verminderung von Delareh ' s Streitkräften seit dessen er folgreichem Angriffe auf Major Paris vor zwei Monaten aus 860 Mann. Deutsches Reich. * Leipzig, 13. Mai. Bezüglich der vertraulichen Besprechung, die nach einer auch von uuS übernommenen Notiz Berliner Blätter am Sonnabend in Sachen de« Flotten-Verein« in; ReichStagügebäude zu Berlin stalt- gefundeu haben sollte, wird un« von der Prästdial-GeschäftS- Itelle deS Deutschen Flotten-Verein« zu Berlin mitgetbeilt, daß e« sich dabei nicht um den Deutschen Flotten-Verein gehandelt bat, sondern um den Hauptverband Deutscher Flotten-Brreine de« AuSlaude«, der am genannten Tage dort seine Generalversammlung abgehalten hat. -4- Berlin, 13. Mat. lAnsiedelungspolitik und Zolltarif.) Die „Deutsche Tagesztg." er klärt im Hinblick auf die neue Forderung für den Ansiedc- lungSfondS, zunächst müsse dafür gesorgt werden, daß der Zolltarif in einer Weise erledigt werde, die der Land- wirthschaft baS Gedeihen gewährleiste; anderenfalls ge höre die AnstebclungSvolttik in das Gebiet der „Deco- rattonSpolitik". Die „Deutsche Tagesztg." will also sagen, daß, wenn die Ansiedler nicht durch hohe Getretdezölle unterstützt wären, die AnsiedelungSpolitik fruchtlos sein würde. Dagegen ist zunächst zu sagen, daß die Ansiedler schon durch die ihnen gewährten, besonders günstigen Be dingungen der Verzinsung und Abzahlung erhebliche Bor- theile genießen, so daß e-'schon jetzt den meisten Ansiedlern gut geht und -aß ihre Lage sich natürlich nach -er Er höhung der Getretdezölle auch nur in -em Umfange der Regierungsvorlage weiter verbessern wird. Soll aber die gesammte Landwirthschaft -er Ostmark gemeint sein, so kommt jede Verbesserung der Lage der Landwirthschaft -em,polnischen Gutsbesitzer und Bauern genau so zu Gute, wie -em deutschen. Wir wollen damit nicht sagen, daß die Landwirthschaft in der Ostmark nicht gefördert «erden solle, aber wir können beim besten Willen nicht ein sehen, inwiefern diese Förderung spectcll der Germani- strungspoltttk von vorthetl fein soll. Ja, man kann sogar mit Recht behaupten, daß eine Getreidezollerhöhung im Sinne der extremen Agrarier -em Deutschthum in der Ost mark sehr nachthetltg wäre. In den letzten Jahren ist e- mehr und mehr gelungen, die Deutschen in Polen uud Westpreußen dahin zu bringen, -aß sie bet den Wahlen die Parteiunterschiede vergessen und dem geschloffenen Polenthume gegenüber ebenfalls geschloffen vorgehen. Dank dieser Einigkeit deS DeutschthumS sind denn auch bet -en allgemeinen Wahlen von 1898 höchst erfreuliche Erfolge erzielt worden. Fände nun eine Erhöhung der Getreide zölle in dem von der „Deutschen TageSzrg." gewünschten Umfange statt, so würde -te Klnft zwischen den städtischen und den ländlichen Interessen derart erweitert werben, -aß da- Zusammengehen der deutschen Wählerschaft -et 96. Jahrgang. künftigen Wahlen auf s Aeußerste gefährdet wäre. Die Einigkeit der Polen hingegen würde durch eine extrem agrarische Gesetzgebung durchaus nicht gestört werden, denn einmal ist der Proccntsatz der städtischen Wählerschaft bei den Polen geringer, als bei den Deutschen, nnd zweitens würden selbst diejenigen Polen, die von einer starken Er höhung der Cletrcidezölle wirthschaftliche Nachtheile zn gewärtigen hätten, dafür nicht ihre agrarischen Stammes- genosscn verantwortlich machen, sondern die dcntsche Regie rung und den deutschen Reichstag, also die Deutschen schlechthin. Sollte die „Deutsche Tagesztg." mit ihren Aus lassungen etwa sagen wollen, daß die Vorlage über die Erhöhung des Ansiedelungsfonds hingczogen werden soll, bis der Zolltarif in einer ihren Anschauungen entsprechen den Weise erledigt ist, so dürfte sic damit voraussichtlich nicht viel Glück haben. Die konservativen Vertreter der Ostmark im Abgeordnetenhanse wissen gut genug, daß mancher ihrer Sitze gefährdet wäre, wenn sie die nationale Frage Ser AnsiedelungSpolitik mit der wirthschaftlichen Frage der Zollpolitik verquicken wollten. Sic wissen ferner, das; der durch eine solche Taktik — an der sich selbst verständlich -ie Nationalliberalen nicht bctheiligen würden und könnten — hcrvvrgcrnsene Zwist im deutschen Lager den Polen das denkbar größte Vergnügen bereiten würde. Sie werden also gewiß ans ihre Partei im Abgeordneten hause dahin wirken, daß die Vorlage auf das Schnellste erledigt wird, was nur dann möglich ist, wenn nicht andere, die nationalen Parteien trennende Streitfragen damit ver quickt werden. Berlin, 13. Mai. «Politik und Geschäft.) Mit ungeheuerer Wichtigthnerei haben, wie erinnerlich sein wird, nach dem Wreschencr Prvccß überhitzigc Polen in Galizien nnd in Rußland den Boykott deutscher Waarcn verkündet. Ter Eindruck -avvn ist zwar im Allgemeinen schon damals sehr gering gewesen; auf kleri kaler ui;.d freisinniger Seite aber wurde diese Boycotti- rnng gern als Borwand zur Bekämpfung jeder ener gischen Pvlcnpolitik Preußens benützt. Gerade deswegen ist cs nützlich, daraus hinzuweiscn, daß jetzt anch von deutscher klerikaler Seite das Mißlingen jener Noy- eottirilugsversnche zugcstanden wird. Die dem Pvlenthum allzeit holde und gewärtige „Köln. Volksztg." berichtet uümlich: „Es verlautet ans Warschau, daß 18 t s ch echische Fabrikanten un- Geschäftsvertreter, die nach Warschan ge kommen waren, in der festen Hoffnung, von der anti deutschen Agitation Nutzen ziehen zn können, arg enttäuscht wieder abgercist seien. Der nationale Eifer habe j c tz t n ü ch t e r n e n g e s ch ä f t l i ch e n E r w ü g n n g e n Platz gemacht, man sehe eben ein, daß die tschechische Industrie mit der deutschen in Russisch-Polen nicht erfolg reich concnrriren könne." — Als Seikenstück zu deut Widerspruche, den das freisinnige „Berl Tagebl." jüngst gegen die Auffassung des Berliner Aeltesten-Cvllegiums. der Rückgang des deutschen Handels mit England sei aus die bocrcnfrcnndlichc Haltung der deutschen Presse zurück- zuftthren, erhob, ist die oben, von einem Centrumsblatte bezeugte Erfahrung durchaus erfreulich. Hoffentlich lassen Freisinn und Centrum sie sich zur Lehre dienen. (-) Berlin, 13. Mai. (Telegramm.) Der BnndeSrath überwies in seiner heutigen Sitzung die Vorlage betr. den Entwurf von Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in Walz- und Hammerwerken dem zuständigen Ausschüsse. Dem Ausschußberichte über die Vorlage vom 20. October 1900 betreffend die Verarbeitung von Mebl zu Back- waaren im Wege deS VerrdelungSverkebr«, die Vorlage vom 1. April 1902 betr. die Erstattung der BerbrauchSabgabe für ausgeführten, auS dem freien Verkehre entnommenen Zucke r, und die Vorlage vom 29. April 1902 betr. die Erstattung de« Zolles für Arac, ferner dem AuSschußberichte über den Antrag Bayerns betr. die Anerkennung der Reife zeugnisse der bayerischen Industrieschulen als voll- giltige Borbildungsnachweise sür die Zulassung zur Prüfung der Nahrungsmittel-Chemiker und dem Ausschußberichte über die Vorlage vom 8. April 1902 betr. die Aenverung de« Statu« der Pommerschen Hypotheken-Actienbank wurde die Zustimmung ertheilt. — Zur Theilnahme an den KrönungSfeierlichkeiten in London hat auch der Ober-Landstallmeister Graf Lebndorsf eine Einladung vom König Eduard erhalten. — Der großbritannische Botschafter Sir Frank Lascelles wird sich Anfang Juni nach London begeben, um an den Krönungs- seierlichkeiten Theil zu nehmen, nach denen er vorläufig wieder nach Berlin zurückkehrt. — Wegen Beleidigung de« antisemitischen Reichs- tagSabgeordneten Bindrwald hatte sich am Sonnabend der Redakteur der „Israelitischen Wochenschrift", Klausner, zu der- antworten. Bindewald hat in der „Staatsb.-Ztg." rin sogenanntes „Gutachten" über den „ R it u a lm o r -"veröffentlicht unddarin behaupt trt, daß der jüdisch« Blutmord in 200 Fällen geschichtlich nachgennesen sei. Da dieDrutschen zu allzugroßer Sentimentalität erzogen seien, jo „b«gnüge"er sich mit dem Borschlage: Die Landesverweisung aller Juden ist aus ewige Zeiten zu erstreben, Polizeiaufsicht über die Juden in der allerschärssten Form, Duldung der Juden nur in kleinen controlirbaren Gruppen, Schlicht« und Schlachtverbot sür die Juden, Jsolirung der Juden in de« Schulen, Ausschluß derselben von Staatsämter», bei vorkommenden Blutmorden Confi«cattoa der Hllste deS vermögen« aller Juden re. re. — In einem Artikel „Aus der Verbrecher- und Narrenliste" zweifelte die „Israel. Wochenschr." die Zurechnungsfähigkeit Bindewold'S an. Der De- richt-hof erkannte nach dem Anträge de« EtaalSanwalt« auf 100 Gelvstrafe mit der Begründung, daß der Angeklagte durch das Gutachten Bindewald'« und die darin angegeben Radikalmittel, die ernst zu nehmen eigentlich schwer sei, aus« Schwerste gereizt worden sei. * Könt-Sderp, 13. Mai. Oberbürgermeister Hoffmann, der seit drei Monaten schwer leidend ist u«d sich auf Urlaub be findet, hat der „Könlg«b. Hart. Atg." zirfolge, dem hiesigen Magistrat au« Meran osficiell aagezelgt, daß er sei« Amt «teberle-e. 0. Snefen, 13. Mai. (Privattelegramm.) Den im Wrefchener Schnlkrawallproeeß verurtbeilten ist nun- mehr mitgetbeilt worde«, daß si, innerhalb einer Woche ihre Strafe anzutreten haben. R. vrannschmei-, 13. Mai. (Privattelegramm.) Der Regent Print Albrecht von Preußen reist« heute
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