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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020521020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902052102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902052102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-21
- Monat1902-05
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Preis die ügespaltene Petitzeile 85 Rec la men unter dem Nrdaction-strtch (4 gespalten) 75 H, vor den Fannliennach« richten (L gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffrrnsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertrnannahmr 2S (excl. Porto). . -a«'M-«—— Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung ^l SO.—, mit Postbeförderung 70.—» Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gab«: Lormittag« Io Uhr. Mvrgen-Au-gabr: Nachmittags 4 Uhr. Anzeige« sind stets an dl» Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 96. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. Di« Krag« «ach d»n Aussichten der ÄeruttzUngett litt Hskrknfkhtek in Brrrtnigina beschäftigt mit ungeschwächtkm Interesse Vie pol!» tische Welt. Zu beantworten ist si« heute freilich ebenso Wenig, wie sie es gestern war. Tbatsachlich steht nur sest, daß die Boeren Donnerstag und Freitag länger» Besprechungen batten; darüber binauS sind alle Angaben Vermüthuugen. Vielen wird die MittbeiluNA Übttkaschönd föntüten, daß in VereiNiging etwa 160 Delkgitis zusLMMtNgrlvMilirn sind- Das ist kitt wahres Boerenpiiklanient, äbdr bie qrdßr Zahl vbrl Abgesandten, dir sich bit übtk skri-ä vtzkr Friede« lind daltfii über wichtige Dasriti-frägen ihres Bottes riitscheiVen sollen, bittet keink Sicherhtti fük rine schttelle Föidrtttng der Angelegenheit und sür ihrt rlstheiiliche Lösüttg. Die kltijeineN CommaNdVs sichten ch<n Aätttpf Uiitet zir verschikdelttit Vkdiligungett fort, als bdß. eine übttkittstltttmeyde Auffassung Pir Lage möglich wäre. Fehlt es Karan, so Ütssssktt auch die Ansichten über dir sich aus Lik Hage trgevkttvktt Fölgetr austtnandergehen. Der „Times'^-BerichterflauLr rechüet auch bereits mit der Wahr scheinlichkeit, daß nach deN Besprechungen in verschiedenen Punkten deö KriegstheaterS Capitülatiötien erfolgen werden. Von ent scheidender Bedeutung würde dieö nicht sein. Sö länge nicht die ordnungsgemäß bestellten Vertreter der beiden Boerenstaaten Frieden schließen, ist der Werth dieser theilweisen Capitulationen nur gering. Und der „TiitirS"-Correspondent in Pretoria bat von den Boerrndeleglrten, die er auf der Fahrt nach Bereenigitig beobachten konnte, den Eindruck gehabt, daß sie eher gküeigt seien, dtti Krieg fortzuseyen, als Frieden zu schließen. Die ganze Hoffnung dieses Beobachters beruht auf der geheimen Abstimmung über die entscheidende Frage. Er vermulhet, daß unter dem Schutz des Geheimnisses manch einer sür den Friede» stimmt, dir bei offener Abstimmung dazu Nicht den Muth gefunden hätte. Wenn die« die einzige Hoffnung auf Frieden ist, so ist nicht viel Aussicht vorhanden, baß die Versammlung in Vereinigung dem Krieg ein Ende fetzt, und ob viet dann, wir Vas Cityblatt meint, gleichwohl nicht Mehr lange auf sich warten läßt, muß geduldig ad- gewartet weiden. An der Londoner Börse sprach man sich gestern sehr wenig hoffnungsvoll über den Fortgang der Friedens verhandlungen au«. Man hat vertrauliche Mittheilungen erhalten, wonach KitcheNrr dir Stimmung der in Vereenigmg versammelten Boerenführer Noch immer al- wenig nachgiebig bezeichnet. Die im Felde stehrnden Boer»» erblickten leider in der Thatsache, daß englischerseits die Verhandlungen durch so großes Entgegenkommen begünstigt weiden, «in Zeichen dafür, daß England den Frieden dringend wünsche. Ebenso glaube man aus dem nahen Zeitpunct« Vt« Krönungsfeier Vortheile im Interesse dir SeldstständigkeitSfrage herauszuschlagen. In den Eithkreisen tadelt man deswegen Kitchener sehr scharf, da man glaubt, er hab« bei der Einleitung der Friedens- vrrhaudlungen nicht schlau genug gehandrlt. AuS Amsterdam wird der „Tagt. Rundschau" depeschirt: Hier sind bisher keinerlei Meldungen über den Verlauf d«r Ver- sammlung in Vereeniging eingetroffen. Das bestärkt den Verdacht, daß die Hauptforderungen der Boerrn, namentlich die, mit Krüger in ungestörten telegraphischen Verkehr treten zu dürfen, abgelehnt wurden. Ein Vertrauter Steijn's theilt mit, daß allerdings beider- seit» ernstliche» FrledenSbedürfniß vorhanden wäre, daß äbek mit der Amnestiefrage jegliche Aussicht auf Ein stellung der Kriegsvperationen stehe und falle- Rtinmer- Mehr wrtdelt dir Borten Berräther an den Mitkämpfern. Die Boetrnsllhke» gehen hirtlii einig vvr; sie verlangen ferner, daß Krüger beim Friedensabschluß mit thätig sei. Jedenfalls weisen sie es entschieden zurück, daß einzelne Conimanvos die eng lischen Forderungen tmnehmen. * Pretoria, 20. Mai. („Reuter's Bureau ") Verschiedene Mit- theiluNgen, deren Richtigkeit nicht gewährleistet werden kann, die aber in vielen Kreisen bestätigt werden, besagen, daß die Haupt gegner der Annahme bet im April in Pretoria zur Verhandlung gekommenen FriedenSbediNgungen Präsident Steijn und Wessel», dir im Notdosten des OtanjestaateS commandiren, und Müller, der kN der Nähe von Middelburg sicht, sowie Celliers, Befehlshaber ich westlichen Transvaal, sind. Commandant Herpog soll sich gleichfalls ablehnend verhalten. Dewet, der zuletzt zur Besprechung kam und in etwas grimmiger Stimmung war, scheint jetzt friedfertiger zu sein (?). Diese dir Einstellung der Feindseligkeiten abgeneigten Elemente sind zweifellos stark, und zwar so stark, daß sie einen FriedenS- schlüß zu den bereits besprochenen Bedingungen zweiselhast erscheinen lasse». Um Alles kurz zusammen- zufassen, heißt cs, daß die Mehrheit der Transvaalboeren, ein schließlich der Mitglieder der Regierung, dem Frieden günstig sind, während die Fteistaatboeren mit wenigen einflußreichen Ausnahmen die Unabhängigkeit als Grundlage sür die Friedensbedingungen wünschen. * London, 20- Mai. „Daily Mail" hört, obgleich sich bei den Berathungen der Boeren gewisse Schwierigkeiten erhoben hätten, seieU diese doch nicht der Art, daß sie die Fortführung der Verhandlungen berühren könnten. * Löttdon, 20. Mai. „Daily Telegraph" berichtet aus Pretoria unter dem 18. Mai: Die Boerenconserenz in Ver- eentging tagte gestern noch; die Besprechungen waren stellenweise sehr erbittert, so daß es sogar zu Zwistigkeiten kam. Politische Tagesschau. * Leipzig, 21. Mai. Wi< leben wieder in der Zeit der Kongresse. Zu Pfingsten pflegen sie ihren Anfang zu nehmen, um bis in den Oktober hinein zu dauern. Diesmal haben die dem socialdemokratischen Verbände angehörenden Bergarbeiter den Reigen eröffnet. Drei Tage lang hat in Essen der „Deutsche Bergarbeiter verband" Generalversammlung abgehalten. Von da ging es nach Düsseldorf, wo angesichts ver nationalen Gewerbe» und Kunstausstellung ein „Internationaler Berg- arbeitercongreß" veranstaltet wird. Er bat am Montag begonnen und soll am Donnerstag enden. Mittler weile tritt in Essen der von den Grubenbesitzern und den Grubeninteressenlen vor vierzig Jahren ins Leben gerufene Verein für die bergbaulichen Interessen de« Ruhr- grbiettS zusammen. Er ist wesentlich mit verantwortlich für die sichert Entwickelung der wirthschaftlichen Zustände im Ruhrgebiet« und für die sachgemäße und verständige Pflege der Arbeit»- wir der Arbeiterverbältnisse; und eS ist jeden falls kein Zufall, daß er fast gleichzeitig mit den Demonstranten, die zu Pfingsten in Essen waren, daselbst zusammenkommt. Während sie xetzt in Düsseldorf weilen, bringt er ihnen von Essen auS zum Bewußtsein, wer die für die sociale Lage zunächst verantwortliche» Personen sind und daß sie «S an wirksamer Beobachtung der unverantwortlichen nicht fehlen lassen. In der That fehlt den Socialdemokraten nirgends so sehr die Lcgilimativn, Namens der Arbeiter das Wort zu fuhren, wie im Bereiche der bergbaulichen Arbeit. An ihr sind in Deutsch» land unmittelbar 584 000 Bergleute betbeiligt, denn so viel sind in derKnappschaftgegenUnfallsolgen versichert. Ter deutschrBerg- arbeiterverbaod hingegen zählte Ende 1901 laut Jahresbericht 38 042 Mitglieder, das sind also 6,5 Proc. der KnappschaslS- angehörizen. Und was man unter Mitgliedern beim Berg- arbeiterverbanve versieht, geht aus dem Berichte hervor, der Klage über daS „hartnäckig sich erhaltende Restantenwesen" führt. Dubch Stteichung „fauler Zahler" ist die IahteS- einnahme wenigstens von 4,57 auf 6,25 prü Kopf dLr sogenannten Mitglieder gestiegen. WeNn aber alle „ge zählten" auch zablende Mitglieder waren, müßte die Ein nahme durchschnittlich Uber 10 betragen. Mit anderen Worten: unter den 38 000 gezählten ist immer noch rin volles Drittel von ,,faulen Zahlern", ödet, westn man die Sache von einem anderen GesichtSpUNcte aus betrachtet: eS haben im günstigsten Falle zwei Drittel die Mitgliedschaft aus eigenem Entschluß erworben öder wollen wenigstens jetzt Mitglieder heißen und sein, denn sie zahlen. DaS letzte Drittel äbir hat sich unter dem bekanntlich nichts weniger als sanften Drucke in die Mitgliederlisten einschreiben lassen, nur um bei der Einfahrt und Ausfahrt, an der Zahl stelle, auf dem Wege von der Grube nach Hause u.T. w. vor den drangsalirendLn Genossen Ruhe zu haben. Aber das Zahlen der Beiträge bat dieses Drittel der zum Range der „Genossen" emporgestiegenen Bergleute mehr oder weniger absichtlich vergessen, uUd zwar in der angenehmen Erwartung, eines TageS wegen „faulest Zahlens" yon der Liste wieder gestrichen zu werden. Ein getreues Bild der Zustände im socialdemokratischen Lager überhaupt. — Mit den Verhandlungen gedenken wir UnS Noch zu beschäf tigen, sobald zuverläifige Berichte über sie vorliegen. Nur auf einen Puncl deS Geschäftsberichts möchten wir beute noch aufmerksam machen. Es wird nämlich als eines der ver werflichen Mittel bezeichnet, deren die Gegner deS Verbandes sich angeblich bedienen, daß die Mitgliederlisten an die Werksverwaltung durch den großen Unbekannten über mittelt werden. Wenn aber den Redaktionen der social demokratisch en Zeitungen der große Unbekannte sich nähert, ist der Verkehr mit solchen Verräthern an der eigenen Sache ein treffliches Mittel. Es war dann ein günstiger Wind, der etwas auf den Schreibtisch der Nedaction geweht hat. Das römische Jesuitenorgan „Voce dellaBeritä" spendet dem Kaiser sehr warmes Lob, weil er die Aufhebung des Dictaturparagraphe« 1« Slsaß-Lothringe« angeregt hat, und hält das Vorgehen des Kaisers den Franzosen als Muster in dem Sinne vor, daß sie mit ihrer Politik der „Vexationen und Ausnahmedecrete" ein Ende machen sollen. Es fällt schwer, zu glauben, daß das römische Jesuitenorgan zu den bei ihm auffallenden Lobeserhebungen für den deutschen Kaiser lediglich im Interesse der Orden und Congregationen in Frankreich sich entschlossen habe. Die deutschfeindliche Haltung der „Voce della VeritL" machte sich zu häufig in der schärfsten Form bemerkbar, um nicht den Verdacht aufzunüthigcn, sie verfolge bei ihrem jetzt freigebig dargebrachten Lobe gewisse Nebenabsichten. Man erinnert sich, baß von klerikaler Seite gleich nach der Veröffentlichung der kaiserlichen Cabinetsordre betreffs des Dictaturpara- graphen für die Beseitigung des Jesuitengesetzes als eines noch vorhandenen „Ausnahmegesetzes" agitirt worden ist. Da nun der Widerstand des Kaisers gegen die Aufhebung des Jesuitengcsetzes auch itt ultrütnötttanen Kreisen als ausschlaggebend für die Aufrechterhaltung des Jesttitengesehes gilt, kann die Umschnteichelnng des Kaisers durch die „Voce della VeritL" vvti der Absicht eingcgebrn sein, dett Kaiser für den Jesuitenorden günstiger zu stimmen. Ein derartiges Vorgehen von Seiten eines Jesuitenorgans wäre im Augenblicke um so begreiflicher, je weniger der Jesuitismns sich der Erkenntnis verschließen darf, daß die sattsam bekannte Menschenfreundlichkeit des Jesuiten de Luca im Punctc der Keyerausrottung ihren Eindruck auf das Reichsob?rhaupt nicht verfehlt hat- Es aicbt indessen außer dem Jesuitengesetze ttvch andere Dinge, die zu dem Verdachte nöthigen, die „Voce della Vetitu" verfolge mit ihren Schmeichelreden Nebenzwecke. Bekannt lich ist ohne Widerspruch jüngst gemeldet worden, Pro fessor Freiherr von Hettling habe in Rom seine Be mühungen für die Errichtung einer tätho lisch eU Facultgt an Ser Universität Straßburg wieder ausgenommen. Der Widerstand der Jesuiteü gegen die Errichtung einer solchen Facttltäi macht es wahrschein lich, daß die Jesuiten auch jetzt ihren Einfluß zu Utt- gttnsten des deutschen Plattes heimlich um so nachdrück licher benützen werden, je lattter das Lob ist, das sic dem deutschen Käiset öffentlich spenden. Die magyarischen Blätter sind wieder voll von der „pangermanischen" Gefahr in Südnngar«, weil es mit der Magyarisirung und der sang- und klanglosen Begrabung deutschen Volksthtmts dort nicht nach Herzenswunsch geht. Damit man die Regungen deutschen Nationalgefühls am wirksamsten desavouire, versuchte man es mit deutscher Hilfe zu thun. Zwei katholische Geistliche von St. Hubert beriefen in der vorigen Woche eine Volksversammlung, an der sich thatsachlich mehrere Hundert deutsche Bauern aus der Umgegend betheiligten. Aber was geschah? Statt baß die ihnen vorgelegte Resolution angenommen wurde, nach der sich die Bauern von ihren Führern und dem nationalen „Deutschen Tagblatt für Ungarn" los sagen sollten, protestirte die Versammlung Mit allen gegen vier Stimmen gegen die Verdächtigungen und Denun- eiationen in magyarischen Blättern, deren Urheber einer jener Hetzcaplane ist. Die Versammlung endigte mit einem Hoch auf die deutschen Bolksmänner, die man ab schütteln sollte. Die Folge davon war, daß gegen einen derselben, Redacteur Korn in Groß-Kikinba, ein total unmotivirter Haftbefehl erlassen wurde. Da Korn zu fällig gerade wegen des Lcnau-ComMerses, den die Ver- einigung ungarländischer deutscher Hochschüler in Wien veranstaltete, von Kikinba abwesend war, wurden die Blätter vom offtctösen Correspondenz-Bureau flugS mit der Nachricht versehen, „der pangermanische Agitator Arthur Korn sei entsprungen". Korn fuhr indessen mit ruhigem Gewissen in seinen Heimathsort und stellte sich den Behörden. Dort wurde er mit einer Reihe Anklage schriften überrascht, und es wird nun bald an ein lustiges Procefliren gehen. Die vulkanischen Eruptionen auf Mar tinique und St. Vincent scheinen auch für die endgiltige Gestaltung des atlautisch-paciffsche« Canal- projectcs Bedeutung gewinnen zu sollen. Die zur Prüfung aller einschlägigen Fragen, Durchberathung der Verträge mit Columbia oder Nikaragua u. s. w., ein gesetzte nordamerikanischc Canalcommission wird sich dem nächst nämlich, einer Anregung mehrerer Senatsmitglieder folgend, auch mit der Frage zu beschäftigen haben, inwie- Feuilleton. itz. Der Militiircurat. Roman von Arthur Achleitner. Nachtruck Verbot««. Vierundzwanzig Stunden später stand Fritz von Stern burg auf dem Dampfer „Umberto", der Curs aus San Giorgio hatte, und lauschte dem Gesang einer Gruppe Welscher. tzuarcka la cds della bcrokstta llke la va com' un vapore L cientrv il mio amorv Vesti com' dersaglier L vestäto vieuu sul mar 6ke ck'aspotta marita. Fritz vermochte die halbverschluckten Worte wohl zu übersetzen und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als er das „v vcstito vienn 8ul mar" wortwörtlich ins Deutsche transponirte: „Gekleidet kommt er auf das Meer", denn in Adamscostüm wird wohl auch ein Bersagliero kaum an Bord gehen un- der ihn erwartenden Braut entgegen fahren. lTchau dort die schöne kleine Barke, Welche wie ein Dampfer läuft, Darauf ist mein Liebster Gekleidet als Bersaglier, Gekleidet kommt er auf daS Meer, Wo ihn, um zu heirathen, erwarte.) „Llglietti!" rief der Controlleur an Bord. Sternburg reichte seine Karte hin und blickte auf die Passagiere der ersten Clafse, um plötzlich in größter Ueberraschung zu sammenzuzucken. Sein Ange hat Bettina, die Zofe der Marchefa wahrgenommcn, und im nächsten Moment sah Sternburg auch die Dame selbst aus einem Borbstuhl sitzen. Heiß quillt das Blut auf, doch meistert sich der junge Baron im Gedanken, daß erst recognoSctrt werden müsse, ob die Marchesa in Begleitung des Tyrannen sei. Da erschien auch schon Bettina vor ihm und flüsterte ihm zu, daß Frau Marchesa sich freuen würde, den Herrn Baron begrüßen zu können. „U Oonbvs" fragte hastig Sternburg entgegen. Einen halb unterdrückten welschen Fluch begleitete eine Geste, die der Baron nicht anders als „weit fort" deuten konnte. Mit wenigen Schritten war Sternburg an der Seite der Marchesa und begrüßte die Dame seinen Gefühlen innigster Verehrung entsprechend. „Welch glücklicher Zufall, Sie hier an Bord zu treffen!" meinte die Marchesa und lächelte den Begleiter glück selig an. „Fügung des Schicksals, Gnädigste, nach grausamen Irrfahrten I" „Wie soll ich daS verstehen?" „O, Sic werden mich auslachen! Ich habe auf daS Brieflein hin Urlaub erbeten, Gnädigste in Mailand, Florenz, Pisa und schließlich gar in Camogli gesucht, um meine Hilfe und meinen Schutz anzubieten, Alles ver geblich!" „Wie lieb von Ihnen, theurer Baron!" „Nur meine Pflicht, Gnädigste, als Cavalier der ver ehrten Dame!" »Ich habe auch thatsächlich auf Ihr Erscheinen gehofft, doch ward das Reiseprogramm jäh umgestoßen, als dec Graf in Milano Kenntniß von einer unvcrmutheten Erb schaft erhielt, zu deren Behebung er nach Neapel reisen mußte. Nun wird mein Bruder ein sehr reicher Mann fein und auf seine Tyrannenrolle wohl cndgiltig ver zichten!" „Ihr Bruder?" „8i, 8ißmor, Oonts ^lslckivri ist mein Bruder, haben Sie das nicht gewußt?" „Nein! Aber mit welchem Recht konnte der Graf Sie, theuerste Frau Marchesa, als Gefangene behandeln und der Freiheit berauben?" „Darf ich darauf rechnen, Sie als Gast auf La Rocca zu sehen?" „Oon molto piaoorv! Gnädigste bleiben auf La Rocca trotz der beginnenden kälteren Jahreszeit?" „Es ist auch Winters über sehr hübsch im Dornröschen schloß und mein Cavalier wird mir hoffentlich in den Däm merstunden Gesellschaft leisten!" „Mit Wonne, sofern eS mir -er Dienst gestattet!" Im munteren Geplauder verfloß die Stunde Fahrzeit sehr schnell, das Schiff landete in Rasso, wo die Marchesa den Dampfer zu verlassen hatte. Auf erneute Einladung ging auch Sternburg an Land und fuhr dann tn einer rasch gemiethcten Barke mit Krau v. Gravina nach dem ein samen Schloß im blauen See. Im Erkergemach, daS wohlig erwärmt war, beleuchtete die Lampe den reich gedeckten Tisch und Giustina in einem allerliebsten Hauskleide legte dem Gaste die besten Lecker bissen vor. Ein entzückendes Zusammensein zu Zweien, be freit von der Sorge, daß der Bruder-Graf als Störenfried dazwischcntreten könnte. Aber eins möchte Sternbnrg in dieser süßen Stunde doch wissen: Wo weilt der Gatte der liebreizenden Dame, von dem eigentlich nie gesprochen worden ist. Nur dunkel vermag sich Fritz zu erinnern, daß einmal die Bemerkung gefallen mar: Reden wir nicht davon. Ein Verweilen auf La Rocca, wenn auch selbstverständ lich in allen Ehren, ist doch nicht schicklich, so die Marchesa noch an den Gatten gebunden ist, und in seiner Ehrlichkeit gab Sternburg diesem Gedanken alsbald Ausdruck. Lange blickte ihm Giustina Gravina tn die treuen Augen und sprach dann: „Sie sind ein wirklich guter Mensch, Baron! Ein echter Edelmann! Ich danke Ihnen für Ihr Fühlen, Ihre Ehrlichkeit, Ihre zarte Rücksichtnahme. Es wird nun Zeit und an mir sein, Ihnen zu sagen, daß ich seit zwei Jahren Wittwe bin." Sternburg jubelte auf: „Also erreichbar das holde, süße Glück!" Giustina erglühte ob dieses Geständnisses treuer Liebe und lispelte: „Tausendfachen Dank für Ihre gute Meinung! Ob es aber ein Glück ist und wird, mich zur Gemahlin zu haben? Ich weiß es nicht!" „O, Gnädigste, gewiß ein beseligendes Glück, unverdient für mich!" „Nicht doch! Ihre zarte Rücksichtnahme, Ihr Edelsinn, Ihre Bereitwilligkeit, mir beizustehen, verdienen sicher vollste Anerkennung, und so weit es mir möglich ist, eine Belohnung, und diese sei ein Kuß auf die Stirn." „Oarigsima!" jubelte Fritz und machte von der Erlaub- niß sofortigen Gebrauch, nur blieb eS nicht bei diesem Rcspectkuß; es fanden sich die Lippen zu beseligendem Vcr- lobungSkuß und Giustina wehrte dessen nicht. Dann aber gebot die reizende Frau ein artig Sitzen bei Tisch und credcnzte ein Glas goldgelben Weines, des Bcr- lobungsweines. „Dvviva la sposa mia!" „Dvviv» Io spogo mio!" Im Erker traulich an einander geschmiegt, plauderte das Paar von der zu erhoffenden glücklichen Zukunft, und erst in dieser Stunde erfuhr Fritz auch, daß die Tyrannei deS Bruders in dessen Habsucht ihren Grund hatte. Der Graf wollte das große Vermögen der Schwester an sich bringen und ließ von solcher Absicht erst ab, alS eine Erb schaft ihn selbst reich machte. „Und Du, Theuerster, hast mit keinem Worte darnach gefragt, ob ich nicht etwa arm wie eine Kirchenmaus bin" lispelte glückselig Giustina. „Du bist himmlisch schön, Geliebte, ich brauche kein Geld!" „Lla —, der Officier muß doch Caution stellen? Ist das in Oesterreich nicht auch üblich?" „Die habe ich selber, ich will nichts Anderes als Dich und ich werde meine geliebte Gemahlin auf Händen tragen!" „Ich bin aber keine Deutsche!" „Eine entzückende Italienerin, ein deutschblondes, süßes Gretchen bist Du! Doch so viel Deutsch mußt Du lernen, um mir alle Tage sagen zu können: „Ich liebe Dich!"" „O, SigDvi-, das kann ich schon!" lachte die Marchesa und radebrechte drollig: „Jk lieben Dick!" Fritz schüttelte sich vor Lachen und küßte die schwellen den süßen Lippen. Gegen zehn Uhr brach Sternburg auf, um auf dem Landweg nach Rasso zu gehen und dort zu übernachten. Es drängte ihn, deutsche Sitte zu wahre« und wenn irgend möglich, eine Depesche an den Papa abzuschickcu mit der beglückenden Nachricht der erfolgten Verlobnng nebst der Bitte um telegraphische Zustimmung. Dreizehntes Capitel. Trotz -es Unterbleibens des Meeting nebst geplanten Demonstrationen konnte cs Jedermann fühlen, daß etwas in der Luft liegt; es war wie die tiefe Ruhe und -rückende Schwüle vor dem Sturm, dicsnial noch bedeutend unheim licher, da der plötzliche Parlamcntsschluß in Folge der von den Jtalianissimi durchgcführtcn Lbstruction die Signori der Möglichkeit beraubte, ihre Forderungen auf parlamen tarischer Basis geltend zu machen. An der Sprache ihrer Zeitungen konnte man die Wuth darüber ermessen, daß sich die „Patrioten" mit der Obstruction die Kappe selbst verschnitten, sich selbst ins Unrecht gesetzt haben. Corazza hatte in seiner frostigen Studirstubc die Zeitungen emsig durchgelescn und schüttelte den geistvollen Kopf; die Nachrichten gefielen ihm nicht, als Kenner dec Verhältnisse im Süden und welscher Politik fühlt auch der Lurat heraus, daß mit dem ParlamentSschluh keines wegs ein Ende der heftig angeschwollenen Bewegung zur Erlangung einer Selbstverwaltung und LoSreißung ans -er Landeseinheit erzielt ist. Hatte man bisher geglaubt,
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