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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020523022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902052302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902052302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-23
- Monat1902-05
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Die militärische Censur in Südafrika läßt nur die vagesten und nichtssagenden Meldungen der Krtegscorrespondenten durch, und eine zuverlässige und genaue Information über den thatsächlichen Stand der Verhandlungen ist nirgendwo zu erhalten». Lovd Kit- chener hatte den striktesten Befehl gegeben, daß auch nicht ein einziger Vertreter der Presse die Genehmigung er halte, überhaupt nur nach Vereeniging zu gehen, um dort vielleicht die Boerendelegtrten auszuhorchen. Trotzdem erhielten sich aber in sonst gutinformtrten und vorsichtigen Kreisen die Gerüchte, daß auf der Versammlung in Vereeniging scharfe Gegensätze sich gezeigt und einen günstigen Abschluß -er Berathungen unmöglich gemacht hätten. Dieses Mal sollten die Freistaater die obstinaten Sündenböcke sein, die den englischen Bedingungen ein energisches Beto entgegensetzten, und so fiel denn hier in London die sehr hoch gestiegene officiöse und private Hoffnungtzfreudigkeit wieder einmal rapide auf den Ge frierpunkt. Nun kam gestern Abend, kurz vor Mitternacht, die überraschende officielle Meldung, daß bereits am Sonntag Abend Generalcommandant Botha, Viccpräsident Schalk Burger und elf andere Führer der Bocren von Vereeniging in Pretoria eingetroffen seien, und zwar sollte diese Meldung angeblich unterwegs uner wartete Verzögerung erlitten haben, wogegen es den An schein hat, daß die Negierung diese interessante Nachricht absichtlich zurückhielt, um sie vielleicht erst mit inter essanteren und wichtigeren Nebcnumständen zusammen be- kannt zu geben, was aber bis jetzt nicht gelingen wollte. Go begnügte man sich denn damit, die nackte Thatsachc des Eintreffens der Bverenführer in Pretoria zu veröffent lichen und hinzuzusetzen, daß eingehende Verhandlungen und Eonferenzen zwischen Lord Kitchener und Lord Milner einerseits und den Delegirten der Boeren anderer, seits im Gange sind. Aber auch nicht ein einziges Wort über den günstigen oder ungünstigen Stand der Verhand- lungen läßt die Regierung laut werben. * London, 22. Mai. Für morgen ist ein M i n i st e r r a t h einberufen. * London, 22. Mai. Wie verlautet, ist heute im Kricgsamt eine Depesche von Kitchener über die Friedens verhandlungen eingetroffrn. * London, 22. Mai. „Reuters Bureau" veröffentlicht eine Depesche aus Pretoria von heute, welche aber offenbar durch die Censur verzögert und früher aufgegcben sei, als das Tele gramm über die Ankunst der Boercndelegirten. Die Depesche lautet: Den hauptsächlich st enWider st and unter den Boerendelegirten leistet eine geringe Minderheit, und die Delegirten wünschen zu einem einstimmigen Beschluß zu gelangen, ehe sie die Verhandlungen abschlietzen. Die Lage ist hoffnungsvoll er. Politische Tagesschau. * Leipzig, 23. Mai. Die „Berl. Pplit. Nachr." ließen sich kürzlich — am 10. d. M. — zur sächsischen Eiscnbahufragc in einer Weise vernehmen, die zu der Vermuthung drängen mußte, die preußischen Hintermänner dieses Organs möchten den Ein tritt Sachsens in die preußisch-hessische Eisenbahn- Finanz- und Betriebsgemeinschaft als das einzige Mittel zur Besserung der sächsischen Finanzen erscheinen lassen und würden nötbigenfalls zu sanfter Gewalt schreiten, um diesen Eintritt hrrbeizusübren. Heute kommt da« ossiciöse Organ auf dieses Thema zurück und sucht den Eindruck, den jene Auslastung hatte machen müssen, durch folgende Dar legung zu verwischen: „Die Verhandlungen der sächsischen Kammern über die Eisenbahnfrage haben zu lebhaften Erörterungen über die sächsischen Finanzen und die Gesabr geführt, welche darin läge, daß Preußen die Nothlage der Eisenbahnen dazu werde benutzen wollen, um die letzteren unter seinen Einfluß zu bringen, oder, wie man sich in parlicularistijchem Deutsch ausdrückt, sie „überzuschluckea". Die Rechnung stimmt aber nach zwei Richtungen nicht. Einmal ist dos Königreich Sachsen an sich ein reiches Land, das aus sich heraus finanzielle Kraft genug besitzt, um sich ohne fremde Hilfe über die mageren Finanzjahre hinwegzuhelfen, von denen das Reich wie alle seine Glieder heimgrsucht werden. Der wichtigste Erwerbszweig de« Lande«, seine Industrie, ist überdies von der jetzigen industriellen Krisis nicht entfernt so in Mitleidenschaft gezogen, wie andere industrielle Tdeile Deutschlands, weil in ihr die am meisten betroffene Eisenindustrie eine verhält- nißmäßig nur geringe, die in guter Lage befindliche Textilindustrie aber eine um so größere Rolle spielt. Kann man sonach die Grund- lagen der sächsischen Finanzen als durchaus gesunde bezeichn nen, so geht man auch vielfach bei den Schlüssen, welche aus den verhältnißmäßig ungünstigen finanziellen Ergebnissen der sächsischen Staatsbahnen aus die Finanzen des Landes gezogen werden, zu weit. Die sächsischen Staatsbahnen sind ein durchaus lebensfähiges und gesundes Verkehrs» unternehmen. Ihre Rentabilität ist allerdings dadurch beein trächtigt worden, daß man sowohl bei der Herstellung neuer Bahn linien wie bei Bauausführungen aus den im Betriebe befindlichen Linien nicht immer darauf geachtet hat, die Kosten im richtigen Berhältniß zu dem wirthschaft- lichen Nutzen zu halten. Ebenso dürften sich die Betriebs, ausgaben, namentlich diejenigen persönlicher Natur, nicht überall in den Grenzen -des Nothwendigen halten und durch zweckmäßigere Einrichtung und Vereinfachung de« Betriebs- und namentlich Bureaudienstes sich nicht un- beträchtlich ermäßigen lasten. Tas Vorgehen der preußischen Eisenbahnverwaltung bei der Reorganisation ihres Dienstes kann zum Vor bilde dienen, der dabei erzielte finan zielle Erfolg zur Nachfolge anspornen. Geht die sächsisch» Eisenbahnverwaltung so vor, jo wird sich, wenn erst die Vekehrs» stockung, unter der nicht blos die sächsischen, sondern all« deutschen Bahnen leiden, überwunden sein wird, auch die Rente deS sächsischen Staatsbahnbesitzes wieder heben. Es liegt also gar kein Grund vor, an der Zukunft des sächsischen Staatsbahnsystem« als selbstständiges Ber- kehrsunternehmen zu zweifeln. Noch weniger Grund ist natürlich zu der Unterstellung vorhanden, als ob Preußen die gegen wärtige Lage dieser Bahnen auSbeuten wolle, um sie „überzu schlucken", oder, genauer gesagt, sie mit sanftem Zwange zum Eintritt in die preußisch-hessische Eisenbahn-Finanz- und Betriebs gemetnschaft zu drängen. Die preußische Eisenbahnverwaltung hat nicht den leisesten Wunsch, ihren Gejchästskreis über das ihr anvertraute riesige Ver- kehrsunternehmen hinaus auszndelmen, noch liegt eine Er weiterung desselben durch Augliederung anderer deutscher Bahn systeme im Interesse dieses Verkehrsunternehmens und seiner Rentabilität selbst. Wünschen andere deutiche Bundesstaaten in ihrem eigenen Verkehrs- oder Finanzinteresse einen Anschluß an die prcnßiich-hestische Eisenbahngemeinschäft, so werden sie in bundes- freundlicher Gesinnung die Thore offen finde». Darüber hinaus elwas zu thun, um den Anschluß herbeizuführen oder auch nur zu fördern, liegt aber weder im Wunsche noch im Interesse der preußischen Eisenbahnverwaltung." Die Gegner des Eintritts Sachsens in die preußisch- hessische Eifenbabn-Finanz- und Betriebsgemeinschaft werden diese Darlegung nut Vergnügen lesen. Und sie enthält that- fäcklich Manches, was man unterschreiben kann. Dahin ge hört nicht nur der Natbschlag, sich in Sachsen daS Vorgehen der preußischen Eisenbahnverwaltung bei der Reorganisation ihres Dienstes zum Vo> bilde zu nehmen, sondern auch die Mahnung, die Lage der sächsischen Finanzen nicht als ver zweifelt anzusehen. Sie ist es, wenn eine vernünftige Steuer reform durchgeführt wird, in der That nicht — voraus gesetzt, daß nicht die Ansprüche des Reiches plötz lich über das Maß der cinzelstaatlichen Leistungsfähig keit hinausgehen und Lücken in die Staatseinnahmen bringen, die nur aus Kosten der LandeSbcdürfnisse ausgefüllt werden lönnen. Wer aber sichert uns gegen solche Ansprüche des Reiches? Preußen nicht. Seit der verstorbene Finanz minister vr. v. Miquel seine Bemühungen um Herbei führung einer die Ein^elstaaten vor übermäßigen Ansprüchen des Reiches schützenden NeichSfinanzreform aufgegeben Hal, ist von Preußen nichts mehr in dieser Richtung geschehen. Ja, Las Drängen der Finanzminisier anderer Staaten ist vergeblich geblieben, weil Preußen die Notbwendigkeit einer solchen Reform weniger spürte. DaS soll kein Vorwurf gegen Preußen sein; ginge es den übrigen Staaten ohne Reichsfinanzreform wohl und Preußen übel, so würden auch die übrigen Staaten ichwerlich die Verpflichtung fühlen, auf eine Reform zu drängen, an der sie kein persönliches Interesse hätten. Zn Finanz- und ähnlichen Fragen sucht eben jeder Staat in erster Linie seinen eigenen Vortheil zu wahren. Und deshalb ist auch die ossiciöse Versicherung, es liege weder im Wunsche noch im Interesse Preußens, den Anschluß Sachsens oder eines anderen. Staates an die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschast herbeizusühren oder auch nur zu fordern, nicht ganz wörtlich zu nehmen. Waö Preußen für nölhig hält, um seinen eigenen Eisenbahnbetrieb rentabel zu machen und zu erhalten, wird ferner geschehen, wie es bisher geschehen ist, auch wenn «S dem sächsischen Eisenbahnbetriebe nicht zum Vortheile gereicht. Das liegt in der Natur der Dinge und ist schon deshalb unabwendbar, weil der preu ßische Eisenbahnminister den preußischen Landtag gegen sich haben würde, wenn er nicht den Vortheil des eigenen Lande- wahrte. Ob dann in Sachsen trotz der Durchführung einer gesunden Steuerreform, trotz der Ueberwindung schwerer Krisen und trotz der Nachahmung des preußischen Beispiels bei der Eisenbahnbetriebsverwallung jeder Gedanke an einen Anschluß an die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschast auf gegeben werden dürste, daS ist eine Hrage, die wir raschweg zu bejahen uns nicht entschließen können. Jedenfalls Hal man iu Dresden an maßgebender Stelle allen Anlaß, diese Frag« trotz der rosigen Darstellung der »Bert. Polit. Nachr." sehr ernstlich zu prüfen und sich bei dieser Prüfung aller Erfahrungen zu erinnern, aus denen auf das Ueberzeugendsle hervorgeht, daß auch die größte Loyalität Preußen« >m Puucie des Eisenbahnwesens den Vortheil Sachsens nicht verbürgt und nicht verbürgen kann. Die neue Polenvorlage begegnet nur in der social- demokratischen und der freisinnigen Presse principtcllem Widerspruch. Sticht einmal die ultrn- montan e „Germania" erhebt solchen, denn sie spricht nur von einem Sprung ins Dunkle und fordert von der Ne gierung Aufklärung über ihr Programm. Mit der Auf nahme, die der Entwurf bei allen Anhängern einer ener gischen Pvlenpolitik findet, kann die preußische Regierung zufrieden sein. Freilich werden ihr auch Mahnungen cr- theilt, deren Berechtigung sie hoffentlich nicht verkennt. Besonders beherzigenswert!) erscheint uns die folgende der „Köln. Ztg.", der wir uns völlig anschließen: „Wenn die Ansiedeluligscommission bisher nicht Alles geleistet hat, was man von ihr erwartet, so liegt daS viel weniger an der Beschränktheit der Mittel, als an einer gewissen Schwer fälligkeit in derAlls Übung desAnsiede- lungSgeschäftes. Die Arbeit geschah bisher nach bureaukratischen Grundsätzen, die die höchste Zu friedenheit der Oberrechnungskannner erregt haben wer den, aber eine gründliche Ausnutzung der vorhandenen Mittel erschwerten. Es ist bezeichnend, daß private, sowohl deutsche wie polnische, Ansiedelungs- und Auf- thcilungsgesellschaften viel rascher und durch greifender arbeiten und trotz ihrer verhältnißmäßig geringen Mittel noch dazu erhebliche Dividenden vertheilen können. Auch Herr v. Miquel hat sich seiner Zeit über dieses Berhältniß sehr scharf geäußert und es sehr beklagt, daß die bureaukratische Einrichtung der Commission ein erfolgreicheres Arbeiten verhindere. Wenn jetzt die Re gierung an die Volksvertretung die Aufforderung stellt, ihr nicht weniger als eine Viertelmilliarde zu einer nahezu diScrettonären Verwendung zu bewilligen, so kann man auch verlangen, daß die Regierung bei diesem ungeheuren Fonds für eine durchaus sachgemäße Anwen dung sorgt. Dies aber wird nur geschehen können, wenn sie die bureaukratische Organisation nach kaufmän nischen Grundsätzen umändert und dafür Sorge trägt, daß die nationalen Ziele in kaufmännischer Weise erreicht werden. Wir sind uns wohl bewußt, daß eine solche For derung der Bureaukratie sehr ungelegen kommt, aber die Summen, um die es sich hier handel», und die nationalen Zwecke, die in Krage kommen, sind so bedeutend, daß man hier mit voller Entschlossenheit vorgehen muß. Neben ver sachlichen wird die Negierung auch der persönlichen Seite ihre volle Beachtung zuwenden müssen, denn wenn irgendwo, so gilt es hier, daß Gesetze nur so viel werth sind, wie die Personen, die sie anwenden." Die „Times" veröffentlichen ein Wiener Tele gramm, in welchem versucht wird, England »egen Deutschland aufzuregen, weil dieses angeblich die Be fürchtungen Englands über den Schifffahrts- Trust dazu benutzte, zwischen England und den Bereinigten Staaten Mißtrauen und Eifersucht zu säen. In dem Telegramm wir- angeführt: Während des ganzen Südafrikanischen Krieges haben ameri kanische Agenturen des Osficiellen Preßbureaus in der Wilhelm- Fcuillrtsn. ,81 Der MilitSrcurat. Roman von Arthur Achleitner. N-adruck »ertoikn. „Zum Allermindesten gewesen ist! Es muß tabula rasa gemacht werden. Die Herren sollen merken, -ah e» Ernst wird und wir vom aufgedrungenen Deutschthum nichts mehr wissen wollen, die Bevormundung satt haben. Ziehen sich auch unsere Damen und Frauen von diesen Deutschen zurück, werden die Patatoni sicher getroffen. L teckesebi!" „Sprechen Herr Doctor da nicht etwa» pro clomo?" „Ich? Wieso, gnädiges Fräulein?" „Nun, e» macht mir den Eindruck, al» liege Ihnen speciell daran, gewisse, in unserem Hause verkehrende Per sonen anSzufchalten; Sie scheinen zu wünschen, daß ich Jemand durch veränderte» Verhalten unser Hau» veröden soll, nicht?" „Ich kann allerdings nicht leugnen, daß ich über den Verkehr österreichischer Militär» tm Palazzo Marzari nicht gerade entzückt bin." ,Haben Sie diese» Geständniß auch vor meinen Eltern abgelegt?" „Noch nicht." „Ahl Herr Doctor haben also einstweilen nur den Muth, mich gegen die Ofsieiere aushetzen zu wollen?" „Aufhetzen? Aber nein, gnädige» Fräulein! Ihr patriotisches Fühlen wir- und muh Ihnen doch selbst sagen, daß der Verkehr mit diesen Leuten entwürdigen ist, ein Berrath an unseren Zielen, an unserem Blut und Vaterland!" „Entwürdigend? E» sind Gentlemenk Der Palazzo Marzart ist anderen Leuten nicht zugänglich." „Ja doch! Ich meinte nur. Mein patriotisches Gefühl lätzt mich in jedem Deutschen einen Feind unserer Sache erblicken, und ein solches Gefühl setze ich eben auch im Herzen der verehrten Dame voraus, deren Hand zu er ringen mein höchste» Glück aus Erden sein würde." Da» Krtiuletn zuckte leicht zusammen, richtete sich aber sogleich wieder aus. „Ich weih!" klang e» kühl von den Lippen. „Sie wissen, -ah ich St« lieb« mit aller Gluth, leiden schaftlich, innig, treu! Mein höchstes Glück wird Ihre Zustimmung sein!" „Ich dachte, die Vereinigung unseres Landes mit Italien sei Ihr höchstes Glück und Sehnen." „Ja gewiß! Doch will auch der Mensch noch aus Erden zu seinem Glück kommen, -aS Herz, die Seele. Ich allein kann ja doch nicht das politische Endziel er reichen. Was in meinen Kräften stand, ist geschehen und ich werde auch weiter kämpfen, beziehungsweise dtrigiren. Wir Signori sind ja die Führer, die Feldherren . . ." „Und das arme Volk die Verführten, die insgeheim deS ganzen Kampfes längst überdrüssig sind und lieber Brod scheu als Utopien vorgespieaelt bekommen!" „Aber, Fräulein Pia! Das Volk ist überall dumm und muß geführt werden. Und wir, die Generale, müssen doch Untergebene, das Volk, hinter uns haben, sonst bleibt unser Wollen und Streben eindruckslvs! Wir werden in allernächster Zett handgreiflich beweisen, daß es keine Grenze mehr nach Italien giebt!" „Wie? WaS sagen Sie?" „Verzeihung, Fräulein Pia, ich darf nicht mehr darüber sagen! Doch lassen wir dieses Thema lieber ganz falle», kaffen Sie mich sagen, was mein Herz bewegt in Ihrem Anblick! Mein ganzes Fühlen drängt doch Ihnen ent gegen mit verzehrender Glut, und preisen werde ich den Tag der Bereinigung als größtes Geschenk, das der Himmel je etnem Staubgcborenen gegeben!" vr. Chiste näherte sich Pta, sie fühlte seinen Athem, und Ekel erfaßte das Mädchen wie vor einer Schlange, die zischend sich am Leibe emporringclt. Dennoch blieb Pta in unveränderter Haltung, eS gilt den Advocatcn aus- zuforschen, und deshalb duldete das Fräulein die Zu dringlichkeiten deS widerlichen Mannes. „Was ist da» mit der Grenzbesettigung, Herr Doctor?" „O bitte, nicht diese ceremonielle Titulatur! Ich heiße FranceSco! O, gewähren Sie mir die Gnade eines ersten Kusses, des Verlobungskussesl" Pia schauderte, kaum vermochte sie einen Anfall von Schüttelfrost und den Ausdruck des Ekels ntederzuzwingen. „Erst sagen Sic mir, was eS mit der Grenzbesettigung für eine Bewandtniß hat!" „O, nichts mehr von Politik und Kampf! Einen Kuh und ich werde selig sein! An Ihrem keuschen Herzen will ich weilen —" Alarmrufe ertönten auf der Piazza, die Glocken wimmerten. „WaS ist daS? vuoao?" „Was kümmert das uns?" „Bitte, Herr Doctor, öffnen Sie daS Fenster und fragen Sie, wo es brennt!" „Gern! Aber ich kehre sogleich in Ihre beseligende Nähe zurück!" Vr. Chiste riß ein Fenster auf und fragte die auf dem Platze stehenden Gaffer, was los sei. Die Antwort lautete glcichgilttg, daß der Wald an der Grenze brenne und das nahe Dorf Precasina in Klammen stehe. Auch dem Advocatcn war diese Nachricht völlig gleich- giltig, er näherte sich Pia wieder, kniete vor ihr nieder und flehte um die Einwilligung zum Ehcbunde. „Kein Wort weiter, bevor ich nicht weih, was bezüglich der Grenze beabsichtigt ist!" „Und ich sage kein Wort darüber, bis ich nicht den ersten Kuh auf Ihre Honiglippen drücken darf!" Ein Zittern flog durch des Mädchens schlanken Körper, ein Schaudern des Ekels, den zu überwinden größte Mühe verursacht. „Gut, Sic dürfen mich küssen, aber erst, wenn Sic mir gesagt haben, was was ist daS?" ries Pia und erhob sich. Aus der auf die Piazza einmündenden Gasse erscholl Hvrnerruf. „Ah pah! Die dummen Deutschen schicken ein Piquct Soldaten zur Hilfe!" Nun bebte Pta vor Angst, eilte anS Fenster und er kannte aus den ersten Blick den Leutnant Hiller, der tm Eilmarsch eine Abtheilung Jäger mit Picken und Schaufeln bewaffnet führte. Chiste stand hinter dem Mädchen, vor Gier zitternd, e» zu umfassen. Höhnisch rief er: „Die kommen just zurecht, wenn es kracht!" Jäh wendete sich Pia um, ihre Stimme bebte. „WaS ist um Gottes und der heiligsten Mutter willen geplant?" „Den Kuß, Pia! Kein Wort sage ich früher!" Pia schloß die Augen und hielt den klassisch schönen Kops zum Opfer hin. „Endlich!" zischte -er Advocat, umfing die reizende Gestalt und küßte Pia gierig, wild, als wollte er ihr die Seele aussaugcn. Mit etnem Stotz drängte da» Mädchen den Advocatcn von sich, ritz die Augen weit auf und stöhnt«: „Nun bitte, sprechen Sie! Wa» ist geplant?" „Ha! Ein famoser Streich! Die steinernen RcichS- grenzsäulen werden in die Luft fliegen, e» giebt fürder keine Grenze mehr, offen der Weg zur Italia keil»! Und die dummen Deutschen kommen just recht, können die Himmelfahrt mitmachen!" „8an8U6 Zella ^lacionna! Uiski-ioorclia! Die armen Soldaten! Bedenken Sie doch: diese Soldaten eilen den Leuten zu Hilfe, wollen retten! Nehmen Sie den Auftrag zurück, es darf nicht sein, es ist unmenschlich!" „o no', Kipmorinal Ich bin stolz auf diese Idee! Die Tedcschi werden sich grimmig ärgern, wenn die Doppel adler in Stücke zerrissen eine Lnftrcise machen." „Es ist aber das Leben der hilfsbereiten Soldaten ge fährdet!" „Ah pah! Sind ja nur Trdeschi!" „Auch der Deutsche ist ein Mensch und liebt sein Leben! Augenblicklich geben Sie Contrcvrdre oder Sie werden keines Blickes mehr gewürdigt!" „dla prexo, 8i-rnorina! Wozu da» Mitleid mit den Feinden unseres Vaterlande»'?" „Sie wollen Menschen hinmorden!" „Das ist doch kein Mord! Zufall wird e» sein, weiter nichts! Meine Leute haben Befehl, die Grcnzsänken mit Dynamit zu sprengen und dabei darauf zu achten, daß keine Landsleute Schaden leiden. Sind die TedcSchi so dumm und stellen sie sich in der Nähe der Menzsäulcn auf, so haben sich die Soldaten die Folgen ihrer Dummheit selbst zuzuschreiben! Meine Schuld ist cs nicht, wenn deutsch« Soldaten eine Himmelfahrt vollsühren!" „Schändlich! Hilfsbereite Leute hinmorden! Die Sprengung der Grenzsäulen wird trotzdem an de» Ver hältnissen nichts ändern, die Lage nur verschlimmern!" „O nein! Wir kämpfen bis aufs Messer! Hören Sic nur, Pia, soeben wird der Oapitano Zistrvttualv aus gepfiffen! AamoS! Sie werden noch klein beigcbcn und windelweich werden, die Barbaren!" „Wollen Sie Ihre Mordbuben zurückrufen?", schrie Pia in äutzcrstcr Aufregung. „Aber, Fräulein Pia, Geliebte meines Herzens! Diese Ausdrücke! ES will mir fast scheinen. Sie nehmen Partei für die Austriaci?" „Sie wollen nicht? Gut! Wir find getrennt für immer! Mit Mördern will ich nicht» zu thun haben!" vr. Chiste wollte Pia zurückhaltcn und suchte sie mit einem neuen Wortschwall umzuftimmen, zu beruhigen. Doch das Fräulein stieh den Advokaten von sich un eilte hinweg. „I'«r l,a«oo! Die Spröd« ist kaiserlich geworden, hat sich vergafft in einen Officier! Die Inquisition über sie! Werd« dem AUen die Höll« heiß machend zischt« Chiste und verlieh ingrimmig den Palazzo.
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