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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020529010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902052901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902052901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-29
- Monat1902-05
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Sluzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzeiie 25 Reklame» unter demSiedacNonsstrich (4 genauen) 7b vor den Familtennach- richten («gespalten) KO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahm« LS H («xel. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördermig so.—, mit Postbesördeamg 7O^-> Änuahmrschluß für Anzeigen: Sbeud-AuSgaber vormittag» 10 Uhr. Marge«.Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an di« Expedition zu richt«. Die Expedition ist WocheMag» ununterbrochen geöffuet von früh 8 bl» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E» Polz in Leipzig. Donnerstag den 29. Mai 1902. 96. Jahrgang. Der russisch-englische Eisenbahnstreit in China. V. 8. Der Gegensatz zwischen Rußland und Groß britannien im Osten Asiens hat eine plötzliche Verschärfung erfahren. England hat, wie kürzlich gemeldet wurde, zwei Eiscnbahnabkommen mit China geschloffen, die einerseits die Linie Peking-Schanhaikwan und andererseits die Strecken Tungtschan-Tangschan, Ticntsin-Paotingsu und Peking-Kalgan dem britischen Einfluß unterstellen sollen. Daraus läuft jedenfalls die Bestimmung hinaus, welche alle Bahnen, die innerhalb einer Entfernung von 80 Meilen von der bestehenden Linie errichtet werden, der Verwaltung der nördlichen Eisenbahnen überträgt und -er Controle der auswärtigen Mächte entzieht. Als Rußland durch seinen Gesandten dagegen protestirte, that man in Peking, was man auch früher bei derartigen Gelegenheiten gethau hat: die betreffenden Beamten, die den Vertrag mit England unterzeichneten, wurden dcsavouirt, und der britische Ge sandte wurde gebeten, in eine nochmalige Prüfung der Vereinbarung zu willigen, „um Rußland zu beruhigen". So steht nun im Augenblick die Sache, und die weitere Ent wickelung wird vom Verhalten der englischen und russischen Diplomatie abhängcn. Betrachtet man die Richtung der verschiedenen, von Eng land in Anspruch genommenen Bahnen, so erkennt mq.n alsbald, daß der Vertrag den Briten die Herrschaft über die Hauptlinien, die nach Peking führen, sichern würde. Die Hauptstadt Chinas wäre von allen Seiten von englischen Eisenbahnen umgeben, und die Verbindung mit dem Golfe von Pctschilli, wie auch die mit dem Inneren des Landes würde ausschließlich durch Engländer geleitet. Es ist vollkommen begreiflich, daß man in Petersburg über diesen Schachzug einigermaßen aufgeregt ist und anscheinend Alles daran setzen will, um ihn zu durchkreuzen. Der Uebergang der Linie Pcking-Schanhaikwan in englische Hände würde den Werth der mandschurischen Linie, die gerade Peking der -arischen Machtsphäre näher bringen sollte, erheblich mindern. Sie ist in gewissem Sinne doch nur die südöstliche Fortsetzung der letzteren, und Rußland hätte keine Mühe gescheut, um sic ebenfalls seinem ausschließlichen Einfluß zu unterstellen. Aber Las ist im Augenblick nicht die Hauptsache. Bevor die Russen daran denken konnten, ihre Oberherrschaft bis in die Nähe von Peking auszudehncn, mußten sie bedacht sein, -en ganzen Norden des Reiches der Mitte ihrem un mittelbaren Einfluß zu unterstellen. Dazu sollte ihnen vor Allem eine Eisenbahnlinie von Peking nach Kiachta ver helfen, deretwcgcn früher verhandelt worden ist, die Kalgan und Urga berühren und für die Mongolei ungefähr die gleiche Bedeutung erhalten sollte, wie die ostchinesischc Linie für die Mandschurei. Wenn England nun wirklich die Genehmigung zur Anlage eines Schienenweges zwischen Peking und Kalgan erhält, so ist cs klar, daßRußlandsPlan damit zu Grunde gerichtet ist. Man darf daher annehmcn, und das geht auch aus den Acußcrungen der Petersburger Blätter hervor, daß die zartsche Diplomatie vor Allem ihr Augenmerk darauf richten wird, den Bahnbau Peking- Kalgan den Händen der Engländer zu entziehen. Eine Eisenbahnlinie Peking-Kiachta bedeutet indeß für das Zarenreich nicht nur die Erfüllung der durch seine Eroberungspolitik bedingten Forderungen, sondern sie wäre auch wirthschaftlich mit bedeutenden Bortheilen ver knüpft. Kiachta ist bekanntlich der Mittelpunct des russischen Thechandcls in Asien. Schon seit 1727 versandte das Zarenreich von dort seine Karawanen mit Fellen, Gold und Silber nach Peking, und ließ auf der Rückkehr Thce hcimbringcn. Dieser Handel mit Thce nahm allmählich einen immer größeren Umfang an. Von Hankau gelangte die Waarc über Tientsin nach Kalgan, wo sie auf Kameele verladen und über Urga nach Kiachta befördert wurde. Aus letzterer Stadt sandte man den Thce alsdann nach JrkutSk, von wo er nach Irbit und hierauf nach Nischny-Nowgorod transportirt wurde. Die Kosten dieser Reise wurden aber allmählich derart hoch, daß sic kaum zu bezahlen waren, und man begrüßte deshalb freudig die Entwickelung des Oceanverkehrcs, der sich rasch der Thcebeförderung nach Europa bemächtigte. Kiachta verlor in Folge dessen viel von seiner ursprünglichen Bedeutung, und erst im Laufe der letzten Jahre, nach Eröffnung der großen sibirischen Bahn, hat cs wiederum angcfangen, ein wichtiger Stapelplatz für Thee zu werden. Wir sehen also, daß Rußland auch ohne sein Eroberungs gelüste genügend Ursache zur Herstellung einer raschen und bequemen Verbindung zwischen Peking und Kiachta hat. Die Chinesen haben den russischen Protest auch vermuth- lich deshalb anerkannt, weil frühere Vereinbarungen die Einflußsphäre des Zarenreiches bis über Kalgan aus dehnen. Jetzt wäre die Frage, wie England den Umschwung der Pekinger Regierung auffaßt, und ob cs wirklich darauf eingeht, die Eiscnbahnabkommen zu revtdiren. Daß man in London die Sache sorgfältig vorbereitet hat, ergiebt schon der Umstand, daß Japan gleichzeitig einen bemerkens- wcrthcn Vorstoß nach Norden gemacht hat. Es will die Linie Fusan-Söul bis zur Grenze der Mandschurei aus- dehnen und scheint bereits die erforderliche Genehmigung er halten zu haben. Das südöstliche Sibirien würde auf diese Weise zwischen ein englisch-japanisches Eiscnbahnviereck ge preßt, wodurch dem Süden der Mandschurei der Charakter einer russischen Einflußsphäre genommen und der Amur handel zum Theil in die Hände der Japaner gespielt werden würde. Man muß aus dem Allen schließen, daß England jetzt mit größerer Entschiedenheit, als während der Dauer der letzten zwei Jahre, seinen chinesischen Interessen nach gehen will. Rußlands Stellung ist ohne Frage schwieriger geworden, namentlich jetzt, da England im Begriff steht, im Süden Afrikas Frieden zu schließen. Trotzdem wollen wir vorläufig noch nicht an den bevorstehenden AuSbruch eines Krieges glauben. Rußland und England haben beide jedenfalls Gründe in Menge, eine Auseinandersetzung mit den Waffen zu scheuen. Sie werden sich bemühen, einen Ausgleich hcrzustellen, und werden ihn schließlich wohl auch finden. Wer dabei dann die meiste» Bortbetle erzielt, läßt sich, seitdem die Engländer an Japan einen kräftigen Halt besitzen, noch nicht bestimmen. Die Wahrscheinlichkeit spricht aber wohl dafür, daß Rußlands Diplomaten, Dank ihrer Geschicklichkeit, am Ende wieder, wie oft in der Vergangen- hett, die Sieger bleiben. Der Krieg in Südafrika. Krteben-perhanölungen. Der „Standard" erfährt, daß, obwohl verschiedene Fragen angeregt worden sind, deren Lösung Schwierigkeiten ver ursacht, ein unüberwindliche- Hiuderniß für den Friedens schluß nicht entstanden ist. Die allgemeine Ueberzeugung, daß der Frieden vereinbart werden würde, bleibe uner schütterlich, aber e» dürften noch mehrere Tage verstreichen, ehe daS Ergebniß der Unterhandlungen förmlich angekündigt werden könne. Wie „Central New»" erfährt, bestehen die Boeren auf der Forderung, ihre Waffen zu behalten, was die britische Regierung beharrlich verweigert. Der Korrespondent der „Times" in Pretoria telegraphirt, daß der Optimismus hinsichtlich deS AuSgaugeS der FrievenS- iinttrhaudlungen nicht unbegründet sei; aber so lange die Conferenz in Vereeniging nicht gesprochen hätte, wäre ,s nicht weise, allzu hoffnungsvoll zu sein. Die Boerenführer nähmen nicht länger eine unmögliche Haltung an; sie ve rheuerten, daß sie ihre Wünsche den Delegirten in Vereeniging nothigenfallS aufdrängen würden. Die englische« verlnstzissera in Wirklichkeit. Als Beweis für die notorische Unwahrheit der amt- ichen englischen Berichte über die Lage auf dem Kriegs chauplatz konnten wir unter Andern, auch wiederholt den örtgefetzten Widerspruch in den officiellen Angaben des englischen Krtcgsministcriums über die Abgänge im englischen Heere in -er monatlichen Tabls ok Öasualties einerseits und den täglichen Ver lust listen andererseits anführen So hätten nach der ersteren die Abgänge während des zweiten Halbjahrs 1901 927 Officicre und IS 604 Mann be tragen, während sie nach den letzteren, also annähernd in Wirklichkeit, 1787 Offtctere und 2V 578 Mann umfaßt haben, was einen Unterschied von 860 Officieren und 12 974 Mann zum Schaden der Stärke des gegen die Boeren kämpfenden HcercS auSmacht. Für den Monat Januar 1902 weisen die monatliche Tablo ok 6a5ualties an Abgängen 119 Officicre 8030 Mann, die täglichen Verlustlisten dagegen 360 Officicre und 6635 Mann auf, woraus sich wiederum der recht ansehnliche Unterschied von 241 Officieren und 3605 Mann ergiebt Mit den Abgängen im Monat Februar 1902 verhält es sich ähnlich. Nach der monatlichen Tadle cck Oasualties haben sie 179 Officicre und 3446 Mann, nach den täglichen Verlustlisten dagegen 319 Officicre und 5453 Mann be tragen; der Unterschied beträgt also hier 140 Offi- ciereund 2007 Mann. Ganz außerordentlich auffallend ist -er Unterschied für den Monat März 1902. Bei einem Ausweis von 170 Officieren und 3579 Mann in der monatlichen Tabls ok Oasualtios und 403 Officieren und 10107 Mann in den täglichen Verlustlisten beträgt er hier 233 Officicre und 6528 Mann. Für den Monat April 1902 stellt sich der Widerspruch in den Angaben über die Abgänge wie folgt bar: Amtlicht Angaben be« tnglilchtn Krie-sLmt-. Taqli-e BtrlusUisten: Otftcüre Mannlch. Ltfic. Mannst Getödtet r 14 99 16 204 Tödtliche Unglück-fälle , i 1 90 — — Verwundet . . . i , r 55 447 58 555 An Wunden gestorben r 5 41 4 40 An Dysenterie gestorben . . 15 261 11 272 Vermißt bez. kriegsgefangen . 1 17 1 65 Heimgesandt , . . « . . 93 2631 275 4429 184 8586 865 5565 Die Abgleichung dieser Zahlen ergiebt abermals eine amtliche Unterschlagung von 181 Offictcren und 1979 Mann. Vom Juli 1901 biszum Mat 1902 beträgt also der U n t e r s ch i e d 1655 O ff i c t e r c u n d 27 093 M a n n. Diese Unterschlagung bildet eines jener Mittel, die mili tärischen Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz, sofern sie nachtheilig für die englischen Waffen sind, der öffentlichen Kenntniß entweder ganz zu entziehen ober sic doch wenig stens arg zu entstellen. Die egoistischen Zwecke, die die englischen Machthaber damit verfolgen, sind verschiedener Natur. Vor Allem soll Len Boeren tm Felde wie ihren Vertretern in Europa der Glaube an die Aussichtslosig keit ihrer Sache beigebracht und damit ein Nachgeben um jeden Preis erreicht werden. Wetter bcnöthtgt man diesen oder jenen Sieg der britischen „übermächtigen" Waffen zur Täuschung deS eigenen Volke» und seiner Vertreter, um die Mittel zur Fortsetzung eine» rühm- und erfolglosen Kriege» bewilligt zu erhalten. Hand in Hand damit geht die Beeinflussung der allgemeinen politischen Lage zu Un gunsten der Boeren, sowie de» europäischen Geldmarktes, auf dem die Londoner Hochfinanz durch Hausse- und Baisse- Spekulationen aller Art dte unsaubersten Geschäfte treibt. Deutsches Reich. Berit«, 88. Mat. sDa» RetchSjüsttzamt und die welfifche Agitation.) Dte welftsche ,«at-r- ländische BolkSzta.^ »ringt da» Reichsjustizamt in einen seltsamen Zusammenhang mit der welfischen Agitation. DaS genannte Blatt macht nämlich Mit- thcilungen au- einem Briefe, den angeblich ein höherer Beamter de» Reich»tustizamte» g» eine» bramischwetgffchen Richter in Sachen der welfischen Ansprüche auf das Herzog- thum Braunschweig und die Haltung der braunschweigischen Negierung, sowie der Justizcommissiv» des braun schweigischen Landtages gegenüber diesen Ansprüchen ge richtet hat. Dem fraglichen Briefe zufolge sagt der „hoch gestellte Rcichsjustizbeamte", daß die bekannte Denk schrift des braunschweigischen Staatsministeriums „beim Reichsjustizamte ein allgemeines und ge waltiges Kopfschüttcln hcrvorgcrufen" habe; alle Schlußfolgerungen, so heißt es weiter, welche die Denkschrift und dieJustizcommission des braunschweigischen Landtages an ihre „verkehrten" Rcchtsansichten geknüpft hätten, „würden deshalb im Reichs justizamt und zweifellos auch vom ganzen Bundesrathe g e m itz b i l l ig t". Das braun schweigische Wclfenblatt ist höchlichst erfreut über diese „Desavouirung" der braunschweigischen Regie rung und der braunschweigischen Landtagscommission und entnimmt daraus die Lehre, daß die Welfen troy der „Todtengräberarbcit" ihrer braunschweigischen Landsleute „mit Zuversicht" in dte Zukunft blicken können. — Die obigen Angaben aus dem angeblichen Briefe eines hochge stellten Rcichsjustizbcamtcn tragen den Stempel der Er findung so offenkundig an sich, daß die Naivetät ihres Ur hebers und ihres Colpvrteurs auffallend genug ist. Aber da das braunschweigische Wclfenblatt ausdrücklich betont, die Erlaubniß des Briefschreibers zur Veröffentlichung ein geholt zu haben, wird sich das N c i ch s j u st i z a m t zur Sache äußern müssen. Denn glückt es den welfischen Agitatoren einmal, durch Ausstreuung derartiger Behauptungen die welfifche Agitation zu beleben, so wird das Beginnen fortgesetzt werden und gerade durch das Aus- spielen hoher Reichsbeamtcr zu Gunsten der welfischen Be strebungen in den „rechtsparteilich" verwirrten Köpfen erst recht Unheil anrichten. Hier heißt es demnach: „Lrindpiis obstu", damit nicht durch stillschweigende Duldung der Glaube hcrvorgcrufen werde, daß Reichsverwal tungsbeamte straflos als Förderer des Welfenthu ms auftreten dürfen. LH Berlin, 28. Mai. (Nom und d e L u c a.) Auch in Rom scheinen die führenden Geister des Klerikalismus eine zutreffende Vorstellung von dem Eindrücke bekommen zu haben, den die menschenfreundliche Doctrin des Jesuiten de Luca über die Nothwcndigkcit, an Ketzern die Todes strafe zu vollziehen, in Deutschland gemacht hat. „Rö mische kirchliche Kreise" zeigen sich daher in der Literarischen Beilage eines leitenden deutschen Centrums blattes für die wissenschaftliche Abschlachtung des Jesuiten de Luca ungemein thätig. Sic sprechen de Lucas „Insti tutionen jede Spur einer wissenschaftlichen Methode ab, lassen einflicßcn, daß Jesuiten ihm den Rath gegeben hätten, sein Buch nicht zu veröffentlichen, können nicht ein sehen, warum man sich über das Opus gar zu sehr auf regen soll, und sagen schließlich: „In Nom wird das Werk wenig gekauft, noch weniger gelesen, ja in fachwisscnschaft- lichcn Kreisen gänzlich ignorirt. Der Verfasser hat neuer dings, als Verfasser des kanonischen Rechtes, einen Com- mcntar zum zweiten Buche der Dccretalcn (kirchliches Gerichtsverfahren), sowie lithographirte Commen- tare zum 4. und 5. Buch ( Eherccht und kirchliches Strafrecht) hcrausgegcbcn, Werke, die ebenfalls nicht auf der Höhe der Zeit stehen; namentlich das 5. Buch ist sehr oberflächlich bearbeitet." — Die offenbare Gcflisscnt- lichkcit, mit der hier de Lucaü weitere Werke als unwissen schaftlich abgcthan werden, nöthigcn zu der Bermuthung, daß auw in ihnen Perlen jesuitischer Denkungsart in Fülle vorhanden sind. Die deutschen gelehrten Fach männer thäten daher gut, wenn sic auch die sonstigen Schriften de Lucas- einer kriti schen Durchsicht unterzögen. pdr. Berlin, 28. Mai. Der deutsch-russische Verein, der den Zweck hat, die handelspolitischen Be ziehungen zwischen den beiden Reichen hcrzustellen und zu erweitern, hat jüngst in Köln eine Mitgliederversamm lung abgehaltcn. Seiner ganzen Zusammensetzung nach kann dieser Verein den Anspruch erheben, als Niederschlag der besten Informationen zu gelten. Da ist cs denn bc- mcrkcnswcrth, daß er selbstverständlich für Ausdehnung der Handelsbeziehungen mit Rußland und für einen günstigen Handelsvertrag mit jenem Reiche cintritt, in welchem Bestreben wohl alle Deutschen einig sind; aber der deutsch-russische Verein betonte auch durch einen seiner Redner, daß man damit noch keinen Handelsvertrag L taut prix wolle. Daran schloß sich weiter die Aeußerung, daß zur Zeit unsere Ausfuhr nach Rußland nur ganz un bedeutend ist und daß wir im Jahre 1901 etwa für 358 Millionen Mark weniger an Rußland verkauft haben, als Rußland an uns. Ein Drittel der gelammten Aus fuhr Rußlands bezieht das deutsche Reich. Nach diesen Verhältnissen darf und muß unsere Stellung in den Han- dclSvcrtragSvcrhandlungen mit Rußland eingerichtet werden. Es kommt noch hinzu, daß die besten Kenner des Landes behaupten, nicht nur die Landwirthschaft, sondern auch die Industrie Rußlands sei seit Jahren durch und durch krank und alle Illusionen über einen ungeheuren Aufschwung der russischen Industrie seien gründlich zer stoben. Rechnet man noch die Thatsache hinzu, daß Schwierigkeiten aller Art, die man unserer Einfuhr be reitet, den in Frage kommenden Kreisen in Deutschland schon sehr ernstlich die Frage nahe gelegt haben, ob bei so geringem Verdienst und bei dem großen Risiko auf die Ausfuhr nach Rußland überhaupt noch Gewicht zu legen sei, so ergiebt sich aus all' diesen Verhältnissen, daß bei den Verhandlungen über einen Handelsvertrag mit Rußland wir die besten Karten in der Hand haben und dement sprechend Stellung nehmen können. Das mag den Herren auf der freihändlerischcn Seite, die so warm die Sache des Auslandes wahrnchmen und dieses so gut mit Rath schlägen unterstützen, auch insofern sie unsere Stellung als ungünstig schildern, recht unangenehm sein, aber es ist nun einmal so. A Berlin, 28. Mai. (Fragwürdige Taktik.) Ein conservativcs Blatt theilt einen eigenthümlichcn Fall militärischer Einquartierung mit. Darnach Hai vor zwei Jahren ei» locial-emokratifchex Gastwtrtb zwei Soldaten als Einquartierung erhalten; nach wenigen Stunden aber wurden diese Soldaten fortgerufen un anderwärts untergebracht, weil man sich der socialdemv- kratischen Gesinnung des Gastwirths erinnerte. Als er vor Kurzem wieder Einquartierung erhielt, richtete er an die Commandantur ein Schreiben, in dem er auf seine socialistische Gesinnung hinwies nnd das — nachdem noch zuvor eine feierliche Localbesichtigung slattgefunden hatte, die den svcialistischenCharakter desEigenthümers zweifel los darthat— seine Befreiung von derEinquartierung zur Folge hatte. Im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges und noch später unter Ludwig XIV. (Dragonaden) waren Zwangseinquarticrungcn ein beliebtes Mittel, um un bequeme Gegner zn drangsaliren und kirre zu machen. Wir wollen dies nicht loben, und eine Einquartierung heutzutage ist ja auch weit weniger lästig, als in jenen Zeiten. Eine gewisse Last aber bedeutet sie für den Ouartiergebcr doch auch noch heute. Wird also die Nichtbclcgung der Häuser von Socialisten mit Ein quartierung zum Grundsätze erhoben, so wird auf socialistische Gesinnung gewissermaßen eine Prämie gesetzt. Wenn -ort, wo noch so genannte Bürgerquartiere existtren, Soldaten nicht dauernd bei einem anerkannten Socialdemokraten wohnen sollen, so ist dies begreiflich und berechtigt; wenn sie aber vorübergehend einen oder zwei Tage bei einem Social demokraten Quartier nehmen, so wird dadurch ihre vatcrlaudstreuc Gesinnung nicht vernichtet werden, oder aber sie ist so unsicher begründet, daß sie nichts werth ist nnd ohnehin früher oder später verloren gehen würde. Die Soldaten während ihrer Dienstzeit vollkommen von der Berührung mit der Socialdemokratie abzuschließen, ist unmöglich, sonst dürfte man ihnen beispielsweise auch keinen Feiertagsurlaub geben. (-) Berlin, 28. Mai. (Telegramm.) Der Reichskanzler Graf v. Bülow empfing beute den Präsidenten der An- siedelungScommission für Westpreußen und Posen vr. von Wittenburg zu einer längeren Unterredung. (-) Löberitz, 28. Mai. (Telegramm.) DaS diesjährige Exerciren der Kaiser-Brigade hielt der Kaiser heute auf dem Döberitzer Truppen-UebungSplatze ab. Die Brigade (2. Garde-Regiment zu Fuß, 4. Garde-Regiment zu Fuß und Garde-Füsilier-Regiment) stand mit den directen Vorgesetzten und der Generalität um 9 Uhr bei dem Dorfe Ferbitz. Der Kaiser, der vom Neuen Palais her mit Vierer-Gespann ein traf, stieg in Ferbitz mit den Herren deS Hauptquartiers zu Pferde und besichtigte die Brigade, die hierauf unter dem Com- mando des Kaisers exercirte. Von 10 Uhr ab führte der Kaiser die Brigade in einem längeren Feuergefecht gegen einen Feind, den das 3. Garde-Grenadier-Regiment Königin Elisa beth, das 5. Garde-Regiment zu Fuß und das 5. Garde- Grenadier-Regiment bildete. Auf beiden Seiten waren Artillerie und Cavallerie mit herangezogen. Der Feind nahm schließlich eine Stellung südlich von dem Dorfe Dallgow ein, welche die Kaiser-Brigate von Süd-Osten her anzriff. Nach zwölf Uhr war das Gefecht beendet. Der Kaiser hielt Kritik ab und nahm einen Vorbeimarsch sämmtlicher be teiligter Truppen ab. Auf einem in der Nähe des Baracken lagers gelegenen Hügel innerhalb des Uebungsplatzes war in Zellen ein Frühstück bereitet, das der Kaiser mit dem Osficiercorps der Brigade einnahm. Am Nachmittag kehrte der Kaiser von Bahnhof Dallzow-Döberitz aus im Sonder- znge nach Berlin zurück. Auf dem Wege zum Bahnhof batte der Kriegervereiu mit der Fahne und die Schulkinder von Dallgow Aufstellung genommen, diese, sowie ein zahl reiches Publicum begrüßten den Monarchen mit begeisterten Hochrufen. Das Wetter war sehr schön. -s- Halle a. S., 28. Mai. In einer gestern Abend ge haltenen Versammlung der Maurer wurde beschlossen, bei den Mitgliedern des hiesigen Verbandes der Bau unternehmer heute überall da, wo 50 Pfg. Stundcnlohn nicht gezahlt werden, die Arbeit n i c d c r z u l c g c n. Dieser Fall ist auch heute Morgen eingetrcten, da die Bau unternehmer bei ihrer Weigerung, nicht mehr als höchstens 48 Pfg. pro Stunde zu zahlen, beharren. Die Bau arbeiter, die dadurch mitstreikcn müssen, sind zumeist über den Beschluß der Maurer ungehalten. Sie halten heute Abend eine Versammlung ab. In Frage kommen 22 Bauunternehmer. Sondershausen, 27. Mas. Der Geh. Staatsrath Budde hier scheidet aus demMinistcriumdcsFürstcnthums aus, um in die Direktion der Pommerschen Hypotheken bank zu Berlin einzutretcn. Die Kinanzabtheilung im Ministerium wird dem Landrath Geh. Ncgicrungsrath Schmink aus Arnstadt übertragen werden, während Geh. Rcgicrungsrath Bauer hier die Abtheilung des Ministeriums des Innern übernimmt. * Eaffcl, 28. Mai. Die Dachdecker sind in den Aus stand getreten. Sie fordern die zehnstündige Arbeitszeit und eine Lohnerhöhung. Die Meister verhalten sich ablehnend. r. Gera, 28. Mai. Die Feier des 70. Geburtstages des Fürsten Heinrich XIV. von Reuß j. L. wurde gestern Abend mit einem Zapfenstreich und mit einem Commers der vereinigten Krieger- und Militärvcrcinc von Gera und Umgegend eingelcitet. Heute früh fand Actus in den Schulen, dann Kirchgang für das Militär, Parade und am Nachmittag ein Festesten statt, bei dem Ltaatsrath Gracscl die Festrede hielt. Die angeblich geplante Am nestie ist, wie schon telegraphisch gemeldet, nicht cinge- trcten. Dagegen sind eine Reihe von Auszeichnungen ver liehen worden. (-) Stuttgart, 28. Mai. (Telegramm.) In dev Kammer der Abgeordneten wurde heute mit großer Mehrheit ein Antrag angenommen, der angesichts des Arbeitcrmangels auf dem Lande eine möglichst weit gehende Beurlaubung von Soldaten währen der Ernte und die thunlichste Vermeidung der Ein berufung von Mannschaften des Zeurlaubtenstandcs wäh rend der Erntezeit verlangt. * München, 27. Mai. Unter dem Eindrücke der Münchner Kindl-Kellcr-Bcrsammlung, in der das Centn»» seinen Beruf zur Einbringung eines Toleranzantraqe-
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