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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.05.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020512020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902051202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902051202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-05
- Tag1902-05-12
- Monat1902-05
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April abgehaltenen Conferenz stellten die Delegirten als Basis der Verhand lungen die Forderung -er Unabhängigkeit auf, fllx deren Bewilligung den UttlandcrS daS liberale Wahlrecht -ugestanden werden sollte; auch wollten die Boeren das Kortschleifen. Als die Forderung von der britischen Regierung abgelehnt wurde, legten die Delegirten eine Reihe Bedingungen vor, auf deren Bewilligung hin sie den Boeren rathen würben, sich -u ergeben. In diesem Stadium der Verhandlungen traf Miln er ein und nahm mit Kitchner an allen wetteren Eonferenzen Theil. Die Forderung der Boeren, die Waffen zu behalten, wurde ohne Weiteres ab gelehnt. Die britische Re gierung kam aber in der Frage über die Entschädigung für die ntebergevrannten Farmen und ihrer Wiederau»- stattung entgegen, sie erhob auch keine Schwierig keiten hinsichtlich der geforderten Amnestirung der Aufständischen der Eap-Colonie. Die Dele girten gaben zu, -aß diese Leute eine Strafe für die Re bellion treffen müsse, sie hoffen aber, daß die Bestrafung in nicht mehr als der Entziehung beS Bürgerrecht» bestehen werbe. ES scheint, als ob diese Frage keine unüberwind lichen Schwierigkeiten geschaffen hat. Die britische Regierung lehnte e» dagegen ab, schon fetzt Len Lag für die Einführung der reprä sentativen Regierung zu bestimmen. Die» war überhaupt der springende Punct der ganzen Ver handlungen. Im Laufe -er Verhandlungen zeigte e» sich, daß Steifn'S Fanatismus keinerlei Mäßi gung erfuhr. Zum Stillstand kamen die Berathungen, weil Steijn und Schalk Burger erklärten, daß sie keine Vollmachten besähen. Hierauf wurde ihnen bi» zum 15. Mat Zett gegeben, mit -en Boeren zu ronferircu. Eine Gewißheit, daß die Boerenführer beabsichtigen, sich zu ergeben, besteht somit nicht. Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. Mai. Mit derAufbebung de« sogeuanuten Diktatur-Paragraphen in Elfatz-Lothringeu, die nach dem gemeldeten kaiserliche« Eingreifen nur noch eine Frage kürzester Zeit ist, wird einem im Wesentlichen seit dreißig Jahren desteheuden Zu stande da« Ende bereitet. Bestimmte Anlässe zu der negativen Maßnahme sind nicht vorhanden, geschweige daß sich in der Stimmung de« französisch gesinnten und de« französelndeu Theile« der reichSländischeu Bevölkerung nach der letztmaligen Zurückweisung de- AufhebungSgedanken« durch die Reaieruag em Umschwung sich bemerkbar gemacht hätte. DaS „Berliner Tageblatt" schickt der Mittheilung der überraschenden Ent schließung die Bemerkung voraus: „Der kaiserlich« Dank für da« Festgeschrvk, da« die Elsaß - Lothringer dem Oberhaupt« de« deutsche« Reiche« in der Hohköai-Sdurg armacht haben, ist nicht «»«geblieben.* Die an Beleidigung streifende Eonstruirung diese« ursächliche« Zusammenhang«« muß natürlich weit avgewiesen werden, wenn auch der Erlaß de« Kaiser« zufällig von der Hohkvnig«burg datirt ist. Ein eminent persönlicher Act ist allerding« unbedingt al» vor handen anzunebmen und der Kaiser hat dessen kein Hehl. Er will den Elsaß-Lotbriugern einen besonderen Bewei« seine« Wohlwollen« geben und er erklärt sich weiterhin, al« geleitet vom Vertrauen auf die Befestigung der reichStreuen und loyalen Gesinnung, die di« Bevölkerung der Reich«- land«, als» d,« Gesammtheit, bekundet habe. Bor besprechungen mit anderen Bundesregierungen, da scheint au« d«a Schlußworten de« Erlasse» mit Bestimmtheit bervorzugehen, baden nicht stattaefunden und der Reich«- kanzlrr ist offenbar nur al« Beauftragter mit der Sache befahl worden. Sei« Vorgänger Fürst Hohenlohe- Sch tlling«fürst, al« ehemaliger langjähriger Statthalter von Elsaß-Lothringrn ein genauer Kenner de« Lande« und im Allgemeinen nicht« weniger al« »in .Gewaltpolitiker", bat die Aufhebung de« Dictaturparagrapheu noch vor wenig mehr al« zwei Jahren entschieden abgelebn», zunächst mit der sehr zutreffenden Feststellung, daß die Au«nahmrbestimmuna die Bevölkerung der ReichSlanve praktisch längst nicht mehr berührt habe und von ibr auch beinabe virgesien gewesen sei, di« ma« begann, die Existenz de« Paragraphen zu Agitation«»»»!«» au-zubruten. Dabr» hielt aber Fürst Hohenlohe da« «Sondergesetz für da« Reich und implicite damit für die wohlverstaudenen Interessen Elsaß- Lothringen« keineSweg« für bediutungSlo«. Er sprach ^ich dahin au«: „Im Wesentlichen ist jene gesetzlich« Bestimmung nur »Ine War. uung«tofel oder — bester gesogt — eine Fahne, di« wir auf- pflanzen gegenüber der französisch«« Gesinnung, soweit sie noch vor handen ist. Ich erkenn« gen, an, daß die B«vülk«ruag de« Reich«, lande» deutschgefinnt und loyal ist. E» kann aber nicht g«l«ugn«t werden, Laß eine Miuderheit noch antideutsche Besinnung hegt. Di, alten Beziehungen haben Wurzeln hinterlassen, di« hi« und da wieder neu« Reiser -ervortreiben. Ich will damit dieser Minderheit keinen Vonvarf mache»; ich erwähne nur That- sächliche«. Wa« hi« außerordentlichen Gewalten de« Statthalter betrifft, so gelten dies« nur für außerordentlich« Zustände. Daß solch« Zustände «lutreten könueu, wird Niemand leugn,» »»neu. Elsotz-Lothriugen ist «in Grenzland. Unser« Nachbarn stad erregbar. Unser« Bevölkerung steht noch an vielen Orten in Beziehung«» zu ihren srüheren LaubAeuteu. E« ist immerhin möglich, daß wir von etwaigen im Nachbarland« austretenden Grschütternnge» nicht unberührt bleibe». Allerdiug« sind unsere Beziehungen zu der französischen Regierung die denkbar besten (hört! hört!), und auch im Lande ist di« Stimmung sür un« eia« freundlichere, al« in früheren Zähren. (Hört! hört!) Aber eine Gewähr für di« Dauer dieser Stimmung kann Niemand geben. Deshalb wüsten wir für alle Eventualitäten vorbereitet sein und dürfen die Mittel nicht au» der Hand geben, deren wir zur Sicherung unsere« Besitze« bedürfe»." Gewiß sind noch heute diese Bedenken nicht gegenstandslos geworden, und wenn Fürst Hohenlohe »xemplificirend hiuzufügte, durch die französisch« Gesinnung eine« Theile« de« elsässischen Klrru« werde die wünschen-werthr Errichtung einer katholisch theologischen Facultät an der Straßburger Universität Hinter trieben — nun, diese Facultät wird noch heute in Berlin schmerz lich vermißt. Der „Dictaturpar. gr-ipb" ertheilt dem Statthalter (früher dem Oberprästdenten) v-misse im Ganzen selten und längst überbaupt nicht mebr auSgeüble Befugnisse für den Fall der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Sv können Vereine verboten, Leitungen unterdrückt und auch Reich«- angehörige aus Elsaß-Lot bringen au-gewiesen werden. E« spricht unseres Erachten« nicht sür die gesetzliche Wegschaffung dieser außerordentlichen, kür extreme Fälle vorgesehenen Macht mittel, daß ein Berliner Blatt den Trost spenden zu sollen glaubt, wenn Nolb an den Mann ginge, könnte man sich ja an den — Belagerungszustand halten. Die Ver hängung de« Belagerungszustandes ist ohne Frage eine härtere und vor allen Dingen eine erregendere Maßnahme, al« die Anwendung eine« oder mehrerer Befugnisse de» Dictaturparagraphen. Aber freilich, den Belagerungszustand hat unter gewissen Boraussetzungen jede« Reichsgebiet, in dem di« öffentliche Sicherheit in Gefahr geralhen ist, zu gewärtigen, der Dictaturparagraph hingegen, daran ist nicht zu deuteln, besteht al« Ausnahmegesetz für die Reichslande und ist deshalb auch den Reich-treuen in Elsaß-Lothringen widerwärtig. Wobt ist er erst künstlich dazu gemacht worden, aber immerhin widerwärtig. Unter diesem GesichtSpuncte wird man sich mit seiner Beseitigung, der auch der Reichstag mit überwältigender Mehrheit das Wort geredet hat, abzufinden haben. Daß Or. Wetterls und Genossen durch da« Entgegenkommen anderen Sinne« und geneigt werden würden, von ihrem landeSgefährdendtn Treiben abzustrheu, da« glaubt vielleicht selbst in Berlin Niemand. Schon vor längerer Zeit wurde darauf hingewiesen, daß der jetzige deutsche Aetchotanficr Graf Bülow in England eine nichts weniger als wohlwollende Beurtheilung erfährt. Jetzt liegt ein neue« Pröbchen dieser Animosität in einer englischen Zeitschrift („Tbe Household Word»") vor. Ein Artikel darin trägt die Ueberschrift: „Drei Feinde England«", und gemeint sind mit diesen Feinden Graf Bülow, der italienische Socialist Ferri und Herr August Bebrl. Schoa diese Zusammenstellung zeigt, au« welcher Stimmung heraus der Artikel entstanden »st. Ein« eingehende Begründung, warum eigentlich Graf Bülow al« bitterer Feind England« zu gelten hat, wird in dem Artikel selbst nicht gegeben; der englische Leser muß e« auf Treu und Glauben hinnehmen. Än Berlin aber ist man erfreulicher Weise weder im Un klaren über den Grund der Behauptung, noch im Zweifel über die Antwort, die sie verdient. Eia Berliner Mitarbeiter der Münchener „Allgem. Ztg.", der Aerbindungen mit dem Auswärtigen Amte unterhalt, entgegnet nämlich: „UnS ist der Grund dieser Behauptung natürlich vollkommen durchsichtig, so lächerlich sie erscheint, wenn man sie mit den Thatjachen vergleicht. Der Reichskanzler hat in einer Zeit, in der die Wogen der allgemeinen Entrüstung gegen England bei unS recht hoch gingen, die correctea und sogar freundschaftlichen Beziehungen zu England im Siuu« deS Kaisers durchaus aufrecht erhalten, aber er hat allerdings die Folgerungen abgelehnt, die der hergebrachte naive Hochmuth der englischen Politik und öffentlichen Meinung au» der freundliche» Haltung de» Kaisers und der deutschen Diplo matie glaubte ziehen zu dürfen. Ja England scheinen gewisse »reise ernsthaft geglaubt zu haben, der Gegensatz zwischen der Besonnen. Helt und Freundlichkeit der osficiellen deutschen Politik und der eug- landseindlichen Erregung der deutschen öffentlichen Meinung stelle »ine dauernde Erscheinung dar und müsse zur Folge haben, daß so wohl da» deutsche Bolk jede Ungehörigkeit von englischer Seit« ruhig einstecken, als auch die Regierung ihre deutsche Politik einfach im englischen Interesse treiben werde. Darin hat Graf Bülow allerdings di« öffentlich« Meinung Englands enttäuscht. Er ist mannhaft ausgetreten, al» da« deutsch« BollS- bewußlskin von einem englischen Staatsmann direkt in ungehöriger Weise herauSgefordert war, und er hat keinen Zweifel darüber ge. lassen, daß eine englandfreundliche Politik in Deutsch, land immer nur genau so wett gehe» kann, wie da« deutsche Interesse e» erfordert. Das hat genügt, um den Grafen Bülow in England zum schwarzen Mann zu machen und ihn der Oeffentlichkeit als „Feind" darzustellrn. Ob derartige Auffassungen von Freundschaft und Feindschaft im eigenen Interesse England« sind, mögen die Engländer mit sich selbst abmachen. Legen sie aber Werth darauf, bet un» Freunde zu haben, so mögen die einsichtigen Elemente unter ihnen dafür sorgen, daß auch dort di« Nothwendig- leit gewürdigt wird, daß deutsche Staatsmänner deutsch« Politik treiben." Wirksamer auf englische Kreise würde diese Auslassung vielleicht gewesen sein, wenn sie in der „Nordd. Allgem. Ztg." veröffentlicht worden wäre; solchen überängstlichen deutschen Kreisen, die jede Verunglimpfung deutscher Staatsmänner durch englische Blätter schweigend hinzunehmen anratbeu, wird hoffentlich auch die Veröffentlichung durch da« Münchener Blatt den Beweis liefern, daß Zaghaftigkeit und Unterwürfig keit denn doch noch nicht Gemerngut der ganzen deutschen Nation und ihrer Führer geworden ist. Da« französische Alottenpro-ram» für den Zeitraum 1800—1906 wird in einem dieser Tage erschienenen Buche sehr eingehend behandelt, offenbar von einer dem Marine minister sehr nahestehenden Persönlichkeit. Zn der Einleitung wird dargelezt, daß Frankreich wegen feiner geographischen Lage und seiner Colonien eine Marine- und Handelspolitik treiben müsse und daß eine solche eine mächtige KrirgafloUe bedingt. Der ungenannte Verfasser fährt dann fort: „Mit Hilf« der mächtigen Arme«, mit der di« dritte Republik Fraukrrich a»«gestaltet hat, und gestützt auf rin frei eingegaogeaes Büudniß hat unser Land nicht» von den Lontiuentalvölkrru zu fürchten, gegen dir e« ehedem au« reinem Ehrgeiz und blinder Kampswuth der Absolutismus seiner Könige und der Militarismus seiner Diktatoren trieb. Wenn Frankreich sich di« gleichen Bürg schaften nach dem Meere hin gesichert hat, wird e» sich ungestört der Handel«, und EchifffahrtSrvolution hingeben können, für die die Natur es vorbereitet hat, und unerschrocken die Politik weiter zu verfolgen im Stande sein, die «S seit 1880 Angeschlagen hat unter der Leitung von Staatsmännern, die seine Flagg« von Tunesien bi« Tonkiug und von Tonktng bi- zum Sudan und Congo gehißt haben. Sein Reich erstreckt sich heute über alle Meere uud es hat jetzt «inen Eolonialbesitz, in dem unsere Rasse in aller Freiheit bis in «in« unabsehbare Zukunft ihr Genie bekunden kann, während sie gleichzeitig ihre wirthschastlichen Einrichtungen so entwickeln wird, Forrittoto« „8i, si, Signor! Ich werde Mama sogleich verständigen lassen!" Sie reichte Hiller die Hand, ein Zittern lief durch die geschmeidige Gestalt, und dem Besucher tief in die Augen blickend, flüsterte das Mädchen: „Kommen Sie bald wieder! Verlassen Sie mich nicht! Riooräuti cki me!" Dann zog Pta jäh die Hand zurück, warf den Kopf auf und schritt zur Klingel. „Wie sic mit sich kämpft!" dachte Hiller, und ein süßer Gedanke wollte sich ins Herz schleichen: „Sie liebt Dich!" Frau von Marzari kam noch vor der citirten Zofe in den Salon nnd nahm -en Dank wie die Versicherung der Ergebenheit entgegen. Den Papa mußte Pia entschuldigen, er ist in unaufschiebbaren Geschäften ausgegangen. Böse darob war Hiller nicht, immerhin wunderte er sicy insgeheim, daß ein Nobile am Sonntag dringend be schäftigt sein kann. Zum Abschied erhielt Hiller von Pia ein Patschhändchen, und einen Moment länger denn sonst üblich, blieb die schmale Hand in seiner Rechten; es war dem jungen Leut nant, als habe er einen innigen Druck der Finger verspürt. Siebentes Capitcl. In seiner Kanzlei feilte Doctor Francesco Chiste an einem Brandartikel zur Rettung des Vaterlandes aus der Bcrbarensklaveret so eifrig, daß er das bescheidene Klopfen an der Bureauthür überhörte. Er schrieb eben die fulmi nanten Sätze, für den „Avanti" bestimmt: „Mit aller Energie muß -er nun schon so lange währende Kampf ausgenommen werden, es gilt unser Recht, wir müssen vorwärts kämpfen. Noch ist es nicht bis zum Messer, zur Obstruktion gekommen, doch Alles läßt darauf schließen, daß cS in kürzester Zett dazn kommen wird und muß!" ES klopfte stärker, Doctor Chiste zuckte und machte mit der Feder einen Kratzer auf dem Papier. Unwirsch rief er: „Avanti!" Zaghaft trat ein braunes Mädchen ein, eine rassige Landschönhett auS dem Gebirge mit kastanienfarbigem, üppigem Haar und einem Madonncngcsichtchcn, die Taille wespenähnlich schlank, eine üppige Büste, tiefgründige- Augen, die zierlichen Ohren mit großen Mctallringen ge- ziert. Da- Mädchen knickste und blickte scheu den Advo- raten an. „ksr oatia! Ein reizender Käfer! Wer bist Du, Kleine, und was ist Dein Begehr?" rief angenehm von diesem Bcsuch überrascht Doctor Ehtste au«. „kermo«o Signor awovato! Ich bitt Teresina, des Dom« Girollamo Tochter «8» Ronzo, Ew. Gnaden ugter- für eines, und oft genug passtrt e-, daß der nächstbeste Maronimann verzweifelt den Kopf schüttelt, wenn so ein Quartaner ein Gespräch auf italienisch beginnt. Man verständigt sich schließlich immer insofern, als der Junge „eisai dluroni pur äiooi" verlangt, und der Zugvogel aus -em Süden die heißen Kastanien mit gehorsamstem „grarie" gegen baar abgiebt. Der Officier aber muß später sehen, wie er so rasch als möglich sich die Sprache beS Landes an eignet. Wir haben es ja insofern hier leicht, da unsere Soldaten aus der Heimath rccrutirt werden und die Armee sprache ihre Muttersprache ist. Mißlicher ist cS, wenn die Mannschaft einer anderen Nation angehört und der Soldat erst das Nothwendigste der Armeesprache erlernen, der Officier dagegen die Sprache der Soldaten sich an eignen mutz. Denken gnädiges Fräulein nur, wie polyglott unser geliebtes Oesterreich ist!" „Austria nosti-a!" murmelte Pta, und ihr Blick verlor sich ins Leere. Still ward es im blumengcschmücktcn, gediegen ausge statteten Salon. Hiller hütete sich, -te weiche Stimmung zu stören. Ist - -och ein großer, schier unglaublicher Erfolg, daß eine Welsche dieses LandeStheileS das Wort „Austria" in den Mund nimmt. Und Pia bat gar noch das „uostra" hinzu gefügt. Was mag in dieser Mäbchenfcelc vor sich gehen?! Und nun begannen Hiller s Gedanken Galopp zu laufen un- wnrden im Springen immer kühner, das Herz wollte auch mithüpfen, eS ward ein Wettsprtngen nach einem sütz- winkenden Ziele, da- aber für den deutschen Officier ein Phantom bleiben wird und mutz. Hübsch, göttlich schön und honigsüß wäre e- aber, wenn solche- Ziel dennoch erreicht werden könnte! Auch wäre eS nicht da- erste Mal, datz «in deutscher Officier eine italienische Dame gehetrathet hat, freilich zu anderen Zeiten und in anderen Verhältnissen und wo ander-! Heiß wallte da- Blut durch die Adern beim Anblick der in -em Fauteuil gelehnten jungen Dame, deren Büste sich entzückend hob nnd senkte, und deren dunkle Augen sehn süchtig flammten, wie lockend zu feurigem Kusse. Hiller muß der gefährlichen Stille ein Ende machen; er erhob sich, -en »errätherischen Seufzer rechtzeitig unter drückend, und Pta schreckte auf und schlug die schlanken Hände vor da- Gesicht. „Gnädigste gestatten, daß ich den verehrten Eltern meine verbogt« sprach schier heiser der Officier und Der Militarcurat. Romau von Arthur Achleitner. NaLdruS i»«re»t«,. Die Zofe trat in den Salon und meldete den erwarteten Herrn Leutnant Hiller. vr. Ehtste biß sich auf die Lippen, stand auf und ward Zeuge, wie Pia freudestrahlend auf den Officier zuschwebte und ihn herzlichst willkommen hieß. Zu bleiben und durch seine Anwesenheit da- Paar zu ärgern, wäre dem jungen Abvocaten ein wahrer Hoch genuß, -och peinlich bleibt eS doch, hier -en stummen Dritten zu machen, zumal da» Fräulein heute sehr kriege rischer Laune zu sein scheint. Revanche für die Bo-Hetten wird ein ander Mal besser z» nehmen sein. vr. Ehtste ver beugte sich und bat um gnädige Entlassung. „Die Herren kennen sich bereit-?" meinte Via. „Ja! Ich habe die Ehre und empfehle mich ganz er- gebenst!" sprach der Advocat und verließ den Salon in Heller Wuth. „^ääio, äottore!" rief ihm silberhell Pia nach. „Störte ich, Gnädigste? Verzeihen gütigst, ich habe mich verspätet, ein liebwerther Kamera-, unser prächtiger Re- giment-pfatrer wollte einige Worte sprechen, daher meine Unpünktlichkeit!" „Ah! Signor Corazza! Ein wackerer Mann und Lanb-mann!" „Gnädige- Fränletn kennen unser« Luraten?" „Gewiß, leider nnr von -er Kanzel herab! Corazza predigt selbst in deutscher Sprache wunderschön, ein Meister der Rede!" „Diese Anerkennung würbe unserm allvere-rten Pfarrer sicher große Freude bereiten, so Ne zu seiner Kenntntß käme! Wenn gnädige- Fräulein gestatten, werde ich Co- razza mittheilen, daß auch im Palazzo Marzari eine Ver ehrerin Seiner Hochwttrden weilt." „Gewiß verehre ich diesen trefflichen Priester! Ich würde mich freuen, wenn er Freund unseres Hauses würbe! Er ist ja überdies ein Landsmann, zum Mindesten -em Ramen nach." »Ja« Coxazza stammt au» Velschlan» und ist Militär pfarrer mit Leib und Seele, ein leuchtend Beispiel für Kaisertreue und gewissenhafte Pflichterfüllung! Doch ver zeihen gnädiges Fräulein, darf ich auch den verehrten Eltern meine Aufwartung machen ?" „Selbstverständlich werden sich meine Eltern freuen, Sie begrüßen zu können, und erwarte ich selbe al-bald hier. Inzwischen wollen wir plaudern, ja?" Innig und lieb- reizend blickte da- schöne Mädchen dem Besucher in- Auge. Hiller verbeugte sich, ohne zu sprechen, denn er be fürchtete, daß seine Erregung sich im Tone verrathen müßte. „Erzählen Sie, Signor lenont« Illsr —" „Hiller, Gnädigste gehorsamst aufzuwarten!" versetzte der Officier lächelnd und froh, einen neckischen, harmlosen Ton anschlagen zu können. „O vio mio! Die deutsche Sprache hat so viele schwere Buchstaben, ich werde bet allem guten Willen niemals ordentlich deutsch lernen können!" „Haben denn gnädiges Fräulein solche Absicht gehabt?" „Nein, das heißt, früher nicht —" Pia'- Wangen er glühten plötzlich und verlegen wichen ihre Blicke dem Auge de- Besucher- au-. „Gnädigste sind zu gütig! Da- Interesse für die deutsche Sprache beglückt mich!" „Wirklich? Dann werden Err Leutnant mich gewiß nicht verspotten, wenn ich Fehler mache. Der Italiener kann bekanntlich ntemal- ordentlich deutsch lernen, er hat die Zunge nicht dazu. Die vielen „H" sind zu schwer!" „Nicht doch!" schmunzelte Hiller, „die italienischen Herr schaften stellen lediglich dies« „H" an die unrichtige Stelle. Das Aussvrechen selbst stößt auf keine Schwierigkeiten, wie die Thatsache beweist, daß der Italiener z. v. statt „hochgeehrter Hen" immer sagt: „ochgeherter Err!" „O, Err Leutnant machen sich über di« arme Italienerin lustig!" plapperte Pia und schmollt« allerliebst dazu. „O nein, gnädiast«» Fräulein, das zu thun, wäre eine Unhöflichkeit, die Sie einem Officier wohl nicht zutrauen werden. Uesrigens, mit gnädigster ErlauVniß, dürfte der Stiel auch umzudrehen sein. Der Himmel mag wissen, was gnädiges Fräulein über mein holpriges Italienisch denken! „Ävo teckooeo" dürste noch die zarteste Kritik für mein Kauderwelsch fein!" „v, was denken Sigma» temoaw schlecht von mir! Sie sprechen sogar sehr gut, ganz überraschend gut italienisch als Tedesco!" „Grarto tauto für diese ganz unverdient«, gütige Kritik! Ma» lernt ja hat Ms in derGchal, IMNenisch, aber »Ah
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