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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020603014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902060301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902060301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-03
- Monat1902-06
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Guttentag-Berlin) ist das, welches das obige Thema behandelt, von Professor Dr. Heinrich Waentig in Greifswald verfaßt. Aus naheliegenden Gründen ist allen Gemeinwesen die amerikanische Union in ihrer Gesetzgebung voran geschritten. Von ihren 45 Staaten und 5 Territorien haben nicht weniger als 27 sogenannte Antitrustgcsetze ein geführt,- 15 haben entsprechende Bestimmungen in ihre Ver fassungen ausgenommen, darunter 4, die auf weitere Normen verzichteten. Die übrigen Staaten haben sich auf die Satzungen des oommon lavo verlassen, die von den Ge richten vielfach auch da angewendet worden sind,wo spccielle Trustgesctze ihnen zur Verfügung standen. Zu erwähnen ist auch der 1887 vom Congreß erlaßene Interstate ooin- ineroe aet und ein ebensolches Antitrustgesetz von 1890, beide bestimmt insbesondere zur Regelung des über die Grenzen der Einzelstaaten hinansreichendcn Verkehres. Am lebhaftesten war diese legislatorische THStigkeit um 1890 und in den Jahren 1897 und 1899 im Anschlüsse an die rapiden Fortschritte der industriellen Conccntratton. Hauptziel der ganzen Gesetzgebung ist es, die Bildung dem Gemeinwohle schädlicher Jndustrieverbände zu verhüten und die etwa vorhandenen zu zerstören. In einigen Fällen wird daneben auch der Versuch gemacht, durch zu diesem besonderen Zwecke bevollmächtigte Beamte genauere Informationen über die Trusts zu erlangen, um sic niederzuschlagcn, falls die sich als Monopol im Sinne des oonnnvn lav Herausstellen sollten. Dagegen geht kein einziges Gesetz darauf ein, durch detaillirte Berichte eine gewisse Publicitüt in der Geschäftsführung der Industrie verbände herbeizuführen, derart, daß diese Öffentlichkeit sich als selbstthätiges Heilmittel bewähren könnte. Wohl aber bemühen sich einzelne Staaten, den Produccnten ge wißer Erzeugnisse, wie Getreide und Vieh, oder einzelnen Gesellschaftsklassen, wie den ländlichen Unternehmern und den Arbeitern, eine sie begünstigende Sonderstellung ein- zuräumen. Darüber, daß diese Gesetzgebung ihren Zweck im Wesentlichen verfehlt habe, herrscht eine weitgehende Ueber- cinstimmung der Meinungen. Viel milder, als die amerikanische Gesetzgebung, zeigt sich gegenüber den Jndustricverbänden der im Januar dieses Jahres vom österreichischen Jndustrierathe ausgcarbeitcte, bcrathcne und veröffentlichte Referenten entwurf eines Gesetzes über Regelung des Cartellwescns. Wie seine Vorgänger der 90er Jahre anknüpfcnd an den 8 14 -es österreichischen Gesetzes vom 7. April 1870, wo nach Verabredungen von Gewerbsleuten, welche auf die Hinaufsctzung der Waarcnprcise zum Nachthcile des Publi kums gerichtet sind, ctvtlrechtltcher Giltigkeit ermangeln, verleiht er „Bereinigungen oder Verbänden selbstständiger Unternehmer zu dem Zwecke, um durch gemeinsames Vor gehen, insbesondere durch einverständltche Beschränkung oder Beseitigung dcS freien Wettbewerbs, auf die Pro- ductions-, Preis-, Bezugs- oder Absatzverhältnisse von Waarcn bestimmend ctnzuwirken", nach entsprechender Legitimation durch Anzeige an das Handelsministerium den Rechtsschutz. Der Entwurf erklärt diese Anzeige für fakultativ. Doch kann der Hanbclsminister in besonderen Fällen Cartelle bestimmter Waarcn unter Androhung von Ordnungsstrafen auch zu genannter Meldung zwingen. Dieselbe geschieht in einem öffentlichen Cartellrcgistcr und tst ihrem vollen Inhalte nach unverzüglich in bestimmten Preßorganen zn publiciren. Doch kann der Handels minister überdies unter besonderen Voraussetzungen Car telle bestimmter Waarcn ausdrücklich verpflichten, auch alle Cartellbeschlüsfe, die eine Festsetzung dev Preise, Pro- ductionSmengen, Verkaufs- und Absatzvcrhältntfse zum Zwecke haben, binnen 24 Stunden zur Anzeige zu bringen. Die Cartelle unterliegen der Staatsaufsicht, sie wird aus geübt vom Handelsministerium und seinen hierzu be stellten Organen, insbesondere vom Cartellrathe. Dieser, zusammengesetzt auS Staatsbeamten und Vertretern von Gewerbe und Lanbwirthschaft, entsendet ans seiner Mitte einen Eintgungssenat, der in besonderen Fällen durch lo cale EinigungSausschüße vertreten werben kann. Derselbe darf, wenn Tartelle ihre rvirthschastliche Stellung derart ausnützen, daß Andere bei dem Bezüge, dem Absatz« oder -er Herstellung von Maaren in beträcht licher, ihre wirthschaftliche Lage oder Leistungsfähigkeit er heblich beeinträchtigender Meise geschädigt werben, im Ein vernehmen mit den jeweilig bethciligten Ministern eine Reihe allgemeiner Maßnahmen veranlaßen, als das sind: zeitlich begrenzte Aufhebung, bezw. Ermäßigung von Zöllen auf Waarcn, die Gegenstand eines CartellS bilden: Einführung von Ausfuhrzöllen, bezw. Verboten für eben solche Maaren: Erleichterung der Einfuhr von Concurrenz- waaren und Erschwerung der Ausfuhr von Cartellwaaren durch Verbilligung, bezw. Erhöhung der Frachttarife; Be günstigung von zu gründenden Concurrenzunterneh- mungen; Förderung von Consumenten^Organtsattonen rc. Vereinbarungen, durch welche auf Beschwerden gegen Car telle rc. verzichtet oder diese Bcschwerdeführung irgendwie eingeschränkt wirb, sind rcchtSungUtig, desgleichen alle Abmachungen, die bezwecken, die angedrohtcn vermögens rechtlichen Nachtheile ganz oder zum Thcil durch andere, als die nach dem Gesetze verpflichteten Personen tragen zu laßen. Die Schwächen dieses Entwurfes liegen aus der Hand. ES wäre aber überhaupt irrig, den entscheidenden Erfolg allein von gesetzgeberischen Schritten zu erwarten. Der Friedensschluß. L. London, 2. Juni. (Privattelcgramm.) Neber die AriedenSbedingungen wird bekannt: Tie Voercn liefern die Waffen au». Die Gefangenen kehren zurück, die Rebellen bleiben straflos, die holländische Sprache tst der englischen gleichberechtigt, baldige Eivilvcrwattun«, dann Srlbstregieruug. „Daily Expreß" Weitz Folgendes mitzutheilen: Alle Kämpfer legen sofort die Waffen nieder und kehren in ihre Heimath zurück. Solche, die sich gegen die anerkannten KrtcgSrcgeln vergangen haben, rnfen die Gnade des Königs an. Tie BerbannnngSproclamatiou bleibt nicht länger in Kraft. Tie Kriegsgefangenen kehren allmählich zurück. Allen Bürgern werden ihre Farmen znrückcrstattet. Die holländische un» die englische Sprache werden in den Schulen gelehrt; beide Sprachen sind vor den Gerichtshöfen zulässig. In der neuen Verwaltung der Eolontcn erhallen die Boerrn eine entsprechende Vertretung und einen Nntücil an der LrtSvcrwaltnng. Gewiße Bocrcnführcr sollen in der Berwaltungangestrlltwerden.DasEigenthnmund dieReligion werden geachtet. Die britische Regierung bezahlt die Kriegsschulden. Die Civilverwaltung ersetzt all mählich die militärische Herrschaft. Im klebrigen sei die Unterwerfung bedingungslos. Die Minderheit der Unver söhnlichen beanstandete hartnäckig die Unterwerfung. Die britische Regierung fürchtete den Einstich dieser Leute bis zuletzt; erst als ihnen gesagt wurde, dich sic den Kampf allein fortsetzen »nützten, gaben sie nach. So wurde die einstimmige Entscheidung erzielt. Eine Depesche des „Daily Mail" ans Pretoria be stätigt, daß die Annahme der britischen Bedingungen ein stimmig erfolgte. Die Bedingungen würden zeigen, dich die britische Regierung ihren Willen in allen wesentlichen Pnnctcn dnrchsetzte, während die kleineren Zugeständnisse, namentlich die hinsichtlich der grotzmüthigcn finanziellen Behandlung, bet den voeren allgemeinen großen Anklang finden dürften. * London, 2. Juni. Ter Utrechter Korrespondent de» .Daily Expreß" erfährt, Krüger sei Sonntag Abend neun Uhr davon nnterrichtet gewesen, daß der Friede geschlossen sei. Sr rief auS: „Mein Gott, es ist unmöglich'." Krüger und dessen Umgebung wollen nach Transvaal zurück kehren, wenn ihnen dies gestattet wird. „Daily Mail" erfährt, die brttiiche Regierung habe beharrlich den Vorschlag -er Boerenführer verworfen, datz der Friedensvertrag von Krüger ratifieirt werden solle. * London, 2. Juni. (Telegramm.) In einem Leitartikel über den Friedensschluß sagen die „Time»": Wir können nun, La der Krieg beendet ist, unserer imperialistischen Ausgabe mit erneuten Kräfte» nachgehen, kräftiger im Bewußtsein unserer Macht und hoffnungsreicher denn damals, als die tapferen Feinde, die un» jetzt als Reichsgrnossrn willkommen sind, uns den Krieg auf zwangen. Deutsches Reich. L Berlin, 2. Juni. (Klerikale Angriffe.) In jedem Jahre erneuert die Centrumspresse ihre histo risch-politischen Angriffe auf König Gustav Adolf und auf diejenigen deutschen Gebiete und Fürsten, die seiner Zeit auf die Sette des Schwedenkönigs getreten sind. Dieser Angriffe wegen ist auch für den Politiker eine Unter suchung werthvoll, die der bekannte Historiker G. Egel- Ha a f im Junihefte der „Deutschen Rundschau" über das Thema „Gustav Adolf und die deutschen Reichsstädte" ver öffentlicht. Egelhaaf wirft darin die Frage auf, ob die Reichsstädte klug daran thaten, sich nach langem Für und Wider auf die Sette Gustav Adolfs zu schlagen, und ant wortet auf diese Frage u. A. Folgendes: „Gewiß handelten sie so ziemlich Alle unter dem Drucke der Noth. Erwägt man aber andererseits die harte Drangsal, in welche sie durch Len Kaiser und die katholische Partei sei Jahren ver setzt waren, und die äußerste Gefahr des Verlustes „der politischen Freiheit und -er Libertät der Conscientien", in der sie schwebten, so versteht man, daß sie sich weit mehr zu Gustav Adolf als zur Gegenpartei hingezogcn fühlten, und eS ist nicht zu bestreiten, baß sie durch ihren Entschluß diesen Gefahren -och glücklich entgangen sind. Wenn man ihnen und allen Evangelischen vorgeworfen hat, daß sie in schnöder Mißachtung alles vaterländischen Gefühles sich an den Ausländer angeschlossen hätten, so ist von unserem heutigen Standpunkte aus freilich ohne Zweifel es als ein schweres Unglück anzuschcn, daß überhaupt ein ausländi scher Fürst, und sei cS selbst Gustav Adolf, Anlaß erhalten hat, sich in unsere Kämpfe zu mischen. Vom Standpunkte des 17. Jahrhunderts aber haben die Städte die völlig zu- treffende Antwort gegeben, baß der Kaiser selbst mit bösem Beispiel vorangegangcn sei, indem er 1619 mit Spanten sich verbündete, das für die Deutschen noch viel mehr Ausland war als Schweden und überdies von Karl V. her als der allgehaßte Todfeind der Evangelischen galt. Ja, man darf sagen, baß nicht bloS die Evangelischen, sondern auch die Katholischen durch die hcrrschsüchttgcn Bestrebungen des Hauses Habsburg sich in ihrer Freiheit schwer bedroht fühlten; hat doch selbst Papst Ur ban VIII. tm antihabsburgtschen Lager gestanden. . . . Daß aber der Uebertritt der Städte zu Gustav Adolf dazu betgctragen hat, das Werk der Gegenreformation zum Scheitern zn bringen, und daß daran die Zukunft unserer Nation und der Steg des modernen Geistes hing, das braucht nicht erst weitläufig auSeinandergesetzt zu werden." * Berit», 2. Juni. Kürdiejesuittsch-Politik ist folgende Constatirung auS unverdächtiger Quelle charakteristisch. Es war in der Presse darüber gestritten worden, ob die Studtenorbnung der Gesellschaft Jesu noch b«n Gatz enthalte, worin den Schülern der Jesuiten Gymnasien die Anwesenheit bei Hrnrichtungen ver- boten wird, „es sei denn allenfalls von Häretikern . In der „Köln. Volksztg." wird nun festgestellt, daß, als die alte Studienordnung 1832 einer Revision unterworfen wurde, die Commission die Stelle von den „Ketzerhin richtungen" strich. Auf den Einwand aber, daß die spätere Ausgabe der Instituts der Gesellschaft Jesu von 1869 die Stelle wieder abdruckt, erklärt das Centrumsblatt: „Im Institut der Gesellschaft stehen noch manche Dinge, die amtlich aufgegeben sind, aber der Pietät gegen den alten Text wegen nicht förmlich ausgemerzt wurden. Das 23. Dekret der dritten Generalcongregation bestimmt so gar ausdrücklich, daß, falls einige Constitutionen auS irgend einer Ursache geändert werden sollen, dieselben des halb nicht auszntUgcn seien, auch wenn sie nicht mehr beob achtet würden. Die neue Studienordnung von 1832 ist amtlich als Norm pnblicirt worden, steht aber noch nicht in den neuen Ausgaben dek Instituts, weil ihre Re daction noch nicht abgeschlossen ist." Das ist doch alles Mögliche, die redaktionelle Abschließung eines Beschlusses in siebzig Jahren nicht fertig zu bringen! Der Rechtsunsicherheit und Schlimmerem wird doch Thür und Thor geöffnet, wenn grundsätzlich abgeschaffte Be stimmungen ans den Normen nicht entfernt werden! Das fühlt selbst die „Köln. Volksztg." und schreibt: „Wir sind der Ansicht, datz die „Pietät gegen den alten Text" hier zu weit getrieben ist... In eine Studienordnung, die thatsächlich bereits abgeändert ist, sollte man auch vor dem Abschluß der neuen Redaktion solche Bestimmungen nicht mehr ansnehmen, ohne ausdrücklich auf die vollzogene Tilgung hinzuwciscn." Angesichts der immer wieder auf tretenden Forderung des Centrums auf Wiederzulassung des Jesuitenordens ist es gut, wenn man sich alle diese Dinge merkt. lBerl. N. N.) * Berlin, 2. Juni. «Die Krankenversicherung der Heimarbeiter.) Bekanntlich soll die Kranken versicherung auf die Heimarbeiter ausgedehnt werden und die Versicherung am 1. Januar 1903 beginnen. Der im Handelsministerium ausgearbcitete Entwurf, der dem nächst den Bundesrath beschäftigen wird, liegt gegen wärtig den Regierungspräsidenten zur Begutachtung vor. Die Hauptbestimmnngcn des Entwurfes lauten: 1) Die Anwendung der Vorschriften des 8 1 des Krankenver sicherungsgesetzes wird auf selbstständige Gewerbetreibende erstreckt, die in eigenen Bctriebswerkstätten im Auftrage und für Rechnung anderer Gewerbetreibenden mit der Herstellung oder Bearbeitung gewerblicher Erzeugnisse be schäftigt werden, und zwar auch für den Fall, daß sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen und auch für die Zeit, während welcher sie vorübergehend für eigene Rechnung arbeiten. 2) Die Au- und Abmeldung der Hausgewerbe treibenden erfolgt durch ihre unmittelbaren Arbeitgeber. 3) Für die Einzahlung der Beiträge und der Eintritts gelder für die Hausgewerbetreibenden und für ihre ver- sicherungspslichtigen Hilfspersonen haften, vorbehältlich der Wiedereinziehung nach Maßgabe von 88 53, 54, Abs. 6 des Krankenvcrsicherungsgcsetzes, die unmittelbaren Arbeitgeber der Hausgewerbetreibenden, in deren Auftrag die Waaren hergestcllt oder bearbeitet sind. Als Gesammtschuldncr neben dieser Haftung bleiben die Hausgewerbetreibenden selbst für die Einzahlung der Bei träge und die Eintrittsgelder für ihre versichcrungspflich- tigen Hilfspersonen haftbar. 4) Die Beiträge für die Hausgewerbetreibenden und für ihre vcrsicherungspflich- tigen Hilfspersonen sind zu zwei Dritteln von den Hausgewerbetreibenden und ihren versicherungspflichtigen Hilfspcrsoncn, zu einem Drittel von den unmittelbaren Arbeitgebern der Hausgewerbetreibenden und, falls durch diese als Zwischenpersonen die Beschäftigung vermittelt ist, von denjenigen Gewerbetreibenden zu bestreiten, in deren Auftrag die Waaren hergestcllt und bearbeitet sind. Die Hausgewerbetreibenden haben für die Zeit vorüber gehender Beschäftigung für ihre eigene Rechnung die Ein trittsgelder und die vollen Beiträge für ihre Person aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Beschäftigen sie in dieser Zeit versicherungspflichtige Hilfspersonen, so haben sie auch für diese die Eintrittsgelder und die Beiträge cin- zuzahlcn und die Beiträge zu einem Drittel zu tragen, während die übrigen zwei Drittel von den versicherungs pflichtigen Hilfspcrsoncn zu tragen sind. — Aus der B e - grün düng ist Folgendes hcrvorzuheben: „Die Ausdehnung der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Hausgewerbetreibenden bietet Schwierigkeiten besonders um deswillen, weil eine Verschiebung der Bedingungen für den Wettbewerb in der Hausindustrie vermieden werden mutz und weil die vielfach sehr dürftige Lage der Hausgewerbetreibenden Schonung erfordert. Ter erste Gesichtspunkt macht es er wünscht, daß die Krankenversicherung für Hausgewerbetreibende in den verschiedenen Theilen Deutschlands einheitlich geregelt wird. Der zweite Gesichtspunkt legt die Frage nahe, ob eine zusammenfasscnde Einbeziehung aller Hausgewerbetreibenden in die Krankenversicherung, oder ob der Erlaß besonderer An ordnungen für bestimmte Gewerbszweige vorzuziehen sei." Der Entwurf beabsichtigt, allen Zweigen dcS HauSgewerbcS, mit Einschluß vorübergehender Beschäftigung für eigene Rechnung, die Wohlthai en - der Krankenversicherung zugänglich zu machen." Der Entwurf hat auch davon abgesehen, die Versicherungspflicht von einer Obergrenzc oder Untcrgrcnze des Arbeitsverdienstes ab hängig zu machen, und zwar, wie c» in der Begründung heißt, au» folgender Erwägung: „Gegen die Aufnahme einer solchen Grenze in den Entwurf sprechen die Erfahrungen mit dem- OrtSstatut der Stadt Berlin, welche» die Krankenversicherungs pflicht derjenigen Hausgewerbetreibenden, die auf Grund des preußischen GewerbcsteuergcsetzcS vom 24. Juni 1891 zur Ge werbesteuer veranlagt sind, ausgeschlossen hat, so datz die Haus gewerbetreibenden nicht versicherungspflichtig sind, wenn sie ein Jahreseinkommen von mehr al» 1500 beziehen. Die Folge hiervon ist gewesen, datz die Fabrikanten den kleineren Haus gewerbetreibenden erklärt haben, sie würden nicht mehr be schäftigt werden. Um sich hiergegen zu schützen, soll eine grö- Here Zahl von solchen kleinen Gewerbetreibenden die Zahlung der Gewerbesteuer zu Unrecht aus sich genommen haben." D Berlin, 2. Juni. (Telegramm.) Das Staals- ministerium hat beschlossen, den vom Metropolitancapittl Köln zum Capitularvicar gewählten Domcapitular I>i-. Kreuzwald zur Ausübung der ihm als Kapitular vicar zustehenven Rechte und Verrichtungen zuzulassen. — Zum Falle Lehmann-Hohenberg, gegen den, wie gemeldet, der Kultusminister das Disciplinarver- fahren wegen schwerer öffentlicher Beleidigung des Kriegs Ministers, des Justtzministers un- -er deutschen Juristen durch ein offenes Schreiben an den Reichskanzler in Sachen des erblindeten Hauptmanns Luthmer ungeordnet hat, bemerkt die „Straßburger Post": Professor Lehmann-Hohenberg, den wir nicht persönlich, son dern nur aus seinen Schriften kennen, ist ein Jünger des ver storbenen Oberstleutnants a. D. v. Egidy, dessen idealistische Bestrebungen bekant sind. Professor Lehmann-Hohenberg scheint ein ebenso idealgesinnter, aber in mancher Beziehung auch ebenso weltfremder Mann zu sein, wie Egidy es war: er versuchte dessen Grundsätze ins Leben zu übertragen, und hat diesem Streben, wie verlautet, sein Vermögen geopfert. Wir glauben nicht, daß der gegen Professor Lehmann eingeschlagene Weg der richtige ist. Nach unserer Ansicht hätte man ihn nicht disciplinarisch, sondern gerichtlich belangen müssen. Dann würde Professor Lehmann auf Grund der 8Z 185 und 186 des Strafgesetzbuches wegen formeller Beleidigung zwar sicher ver- urtheilt worden sein, aber er hätte die Möglichkeit gehabt, den Hauptmann Luthmer, gegen den die Regierung bekanntlich nicht vorgeht, obwohl er ihr, allerdings in viel feinerer Form als Professor Lehmann, noch viel stärkere Dinge gesagt hat, als dieser, in seinem Processe als Zeugen laden zu lassen, und als dann hätte endlich einmal eine gründliche Aufklärung auf breitester Grundlage vor der Öffentlichkeit erfolgen können. Nicht in seiner Eigenschaft als Universitätsprofessor, nicht im Colleg hat Professor Lehmann das gesagt, wegen dessen er jetzt zur Verantwortung gezogen werden soll, sondern in seiner Eigenschaft als Herausgeber einer Zeitschrift und in dieser Zeitschrift selbst. Mithin hätte man auch nicht den Universitätsprofessor, sondern den Journa- l i st en zur Verantwortung ziehen sollen, und zwar vor dem selben Forum, daß dieser für die Aussprache seine Anklage gewählt hatte, vor dem Forum der Öffentlichkeit, in Gestalt der zuständigen Gerichte. Es ist noch nicht zu spät dazu, den unrichtigen Weg mit dem richtigen zu vertauschen, und wir glauben, daß es im allgemeinen Interesse liegt, wenn dies ge schieht. Die Art und Weise, in welcher jetzt Verfahren wird, macht thatsächlich einen üblen Eindruck." D Wildpark, 2. Juoi. (Telegramm.) Heute Nach mittag 2 Ubr 30 Minuten ist der Schab von Persien abgereist. Der Kaiser gab ihm das Geleite zum Bahnhofe, wo sich auch die Prinzen Eitel Friedrich und Friedrich Leopold eingefunden hatten. Nach herzlicher Verabschiedung erfolgte die Abreise, worauf der Kaiser sich nach dem Neuen Palais zurückbegab. (D Potsdam, 2. Juni. (Telegramm.) Ueber die Jagd, welche der Schah am Sonnabend abhielt, erfahren wir noch das Folgende: Wegen der großen Hitze fuhr der Schab mit Begleitung erst nach 6 Uhr Abends von der Orangerie fort und pürschte das Gelände von Lindstedt, Bornstedt, Bornim, Golm u. s. w. ab. Wegen der großen Hitze standen die Rebe meistens noch im hohen Korn, so daß man verhältnismäßig wenig zu sehen bekam. Trotzdem erlegte der Schah mit einer 6 mm Büchse, die dem Kaiser gehörte, zunächst einen geringen Bock, dann zwei starke Sechserböcke, von denen der eine im Schiangenbruch flüchtig auf 300 m roulirt wurde. Außer dem schoß der Schah vier auS der Balz getretene Fasanen- hähne, welche das Juteresse dadurch erregten, daß sie sich in Farbe und Stärke wesentlich von den in Persien vorhandenen unterschieden. Der Schah war in dem ersten Pirschwagen, begleitet vom Oberjägermeister Freiberrn von Heinye und dem Geheimen Legationsrath vr. von Rosen. Im zweiten Wagen folgten fünf Herren aus der Begleitung des Schah. Die Rückkehr erfolgte erst bei Einbruch der Dunkelheit um 9 Uhr. Vor der Orangerie wurde Strecke gemacht. Der Schah drückte seine hohe Befriedigung über die Jagd aus. * Hamburg» 1. Juni. Der Verein Volks heim in Hamburg, eine für Zwecke der Arbeiterwohlfahrts- und -Bildungsförderung nach dem Muster der Londoner Towu Vox Hall gegründete Gesellschaft, die u. A. eine Auskunfts stelle und ein Lesezimmer unterhält und Vorträge aus den verschiedensten Gebieten von Kunst und Wissenschaft, Unterhaltungen, Spielabende u. s. w. veranstaltet, ver sendet den ersten Jahresbericht. Er zeigt, -aß sich überall eine eifrige Betheiligung der Arbeiter gezeigt hat. Von Interesse sind die allgemeinen Bemerkungen am Schlüsse: „ES wäre nur natürlich, wenn ein solches Unternehmen neben begeisterter Zustimmung auch lebhaften Widerspruch finden würde. Erfreulich aber ist eS und ein gutes Zeichen für unsere Sache, daß wir kaum irgendwo kühler Gleichgiltigkeit be gegnet sind. ES hätte un» nicht Wunder nehmen können, wenn die Arbeiter sich unserm ehrlichen Willen gegenüber sehr viel spröder und abgeneigter benommen hätten, als sie es in der That gethan haben. Wir können nur mit Gcnugthuung fest stellen, daß sich bei fast all unfern Veranstaltungen bereits ein ständiger Kreis von Besuchern gebildet« hat, die bei oft recht radicalen Anschauungen, die sie auch freimüthig äußern, sich doch davon überzeugt haben, daß wir cS ehrlich mit ihnen meinen, und die aufrichtiges Gefallen an unserer Art finden ... Um das Arbeiterleben durch die täglichen Eindrücke kennen zu lernen, hat außer unserm Geschäftsführer eine kleine Zahl unserer Mit glieder, zwei bis vier, im verflossenen Jahre eine Zeit lang im Hammerbrook und im Bilwärder Ausschlag, dem Eentrum der Hamburger Arbeitcrquartiere, Wohnung genommen. Sie sind alle nur einer Ansicht: daß dies die beste Art ist, sich einen wirk lichen Eindruck in da» Leben und die Bedürfnisse der Arbeiter» zu verschaffen. Da» Verfahren allein würde unser Unter nehmen auch dem „Settlement", da« sich in London so sehr
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