01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.06.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020617013
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-17
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Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petüzelle LS Reclamau unter dem Redaction-striL (1 gespalten) 76 vor den FamUteunach» richte» (S gespalten) 60 Tabellarischer und Ztfferasatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannohme LS H (exel. Porto). Extra »Beilagen (gefalzt^ nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesürderuug 60.-> mit Postbrsördersug 7ve—» Änuahmeschluß für Anzeige«: Tbeud.AuSgaber Lormittag» 10 Uhr. Morgen-LaSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« uuauterbrochev geöffnet von früh 8 bis Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 3V2. Dienstag den 17. Juni 1902. 98. Jahrgang. Die Aeueinfuhrung öffentlicher Fronleichnamsproceffwnen in überwiegend protestantischen Orten. Materialien zur Beurthcilung dieser Angelegenheit, gesammelt von einem bayerischen Theologen. Unter den Beschwerden der bayerischen Protestanten über die derzeitigen Borstöße von römischer Seite findet sich in erster Linie die über die Aufdrängung der öffent lichen Fronleichnamsprocessionen in überwiegend prote stantischen Gemeinden. Die Möglichkeit hierzu ist der kleinsten katholischen Minorität dadurch gegeben, daß neuerdings eine Interpretation des Art. 4 Abs. 1 und 2 des Vercinsgesctzcs vom 26. Februar 1850 beliebt wird, durch welche die „herkömmlichen" kirchlichen Processionen, die ohne besondere Genehmigung und Zustimmung der Districtspolizeibehörde und der Gemeindeverwaltung ab gehalten werden können, nicht mehr, wie früher, im Sinne o r t s herkömmlicher, sondern k i r ch e n herkömm licher Processionen gefaßt werden, so daß also die in der römischen Kirche herkömmliche öffentliche Fronleichnams- procefsion ohne weitere Genehmigung an allen Orten, an denen Katholiken wohnen, abgehalten und nach Be lieben ausgedehnt werden kann. Es ist unvermeid lich, daß damit confessionelle Differenzen gefördert wer- den und daß schließlich auch Reibungen mit den toleran testen Stadtverwaltungen über Benutzung der ihnen zu gehörenden öffentlichen Straßen und Plätze entstehen. Erst kürzlich spielte eine Affäre dieser Art wieder in Nürnberg, wo das katholische Pfarramt, mit dem kleinen Finger, der ihm seiner Zeit gegeben wurde, nicht zufrieden, die ganze Hand beanspruchte und den „Jrr- thum" beging, sich auf eine frühere Ausdehnungserlaubniß zu beziehen, die ihm gar nicht crtheilt worden war. Der Fall hat auch gezeigt, wie nur das Berkehrsinteresse solchen Ansprüchen noch einigermaßen einen Damm ent- gcgenzusetzen vermag. Daraus, daß diese öffentlichen Processionen in überwiegend protestantischen Orten durch den Charakter, der ihnen kirchlich bis auf diesen Tag ausgeprägt ist, eine beständige Provokation der protestantischen Majorität sind, wagt man in Bayern gar nicht mehr Bezug zu nehmen, vcrmuthlich, um nicht in ein Wespennest zu stechen. Es geschieht auch von ultramontaner Seite Alles, um den antiprotestantischen Charakter dieser besonderen Art von öffentlicher Nclt- gionsübung einfach wegzuleugnen. Warum? Weil man die Lehre über die Sache natürlich nicht zu betonen nöthig hat, wenn man nur die Sache selbst besitzt, und weil ein öffentliches Zugeben dieser Lehre den Besitz ge fährden könnte. Da ist es für Protestanten sehr mißlich, wenn sie kein Beweismaterial gegen solche Ableugnungs versuche haben. Diesem Mangel hilft nun in dankenSwcrthcr Weise eine von einem bayerischen protestantischen Theologen verfaßte Schrift ab, in der alles Auffindbare über den Punct zusammcngestellt ist, um den schlagenden Beweis zu liefern, daß die antiprotestantische Tendenz dieser öffentlichen Procession, die schon vor der Refor mationszeit eine antihärctische war, ganz außer Frage ist. Die Broschüre erscheint eben bei C. H. Beck zu Nördlingen im Buchhandel, Preis 1 Im Vorwort betont der Verfasser ausdrücklich, daß die GlaubenSüber- zeugung des katholischen Volkes hinsichtlich des Altar- sacramentes, so lange dieser Cultus in den Gotteshäusern bleibt und protestantischen Blicken und Gefühlen sich nicht aufdrängt, für die Protestanten irrelevant sei und der Kritik nicht unterstehe. Im ersten Theile wird dann der kirchenpolitischeThatbestand geschildert. Dar auf folgt die Darlegung des katholisch-dogma tischen ThatbestandeS, wobei aus der Ent stehung des Fronleichnamsfestes und der Procession, sowie aus den Bestimmungen des Tridentinums (Sefs. XIII. Cap. V) erhärtet wird, daß das Fronleich namsfest und seine Procession den Charakter einer feier lichen Demonstration gegen die „Irrgläubigen" an sich trägt. Des Weiteren wird — und das wohl zum ersten Mal in solch' erschöpfender und überzeugender Weise — aufgezeigt, daß die im Tridentinum niedcrgelegten Prin- cipien nicht todte Geseyesparagraphen geblieben sind, sondern in Theorie und Praxis der katholischen Kirche bis zur Gegeuwart bereinreichen und in päpstlichen Decreten, katholischen Lehrbüchern, ja in der populären liturgischen Literatur, sowie in den ErbauungS- und An dachtsbüchern des katholischen Volkes wiederklingen. Das Schlußwort zieht daraus die Consequenzen für den Protestantismus. Ein Anhang bringt Artikel, Erlasse, Kammcrreden nnd andere Acten, welche aus bayerischen Fronleichnamsstreitigkeiten vorhanden sind. Für Jeden, der sich in der Frage orientircn will, bietet das Büchlein vorzügliches Material auf 50 Setten. Orientirung aber wäre allen maßgebenden Kreisen D e u t s ch l a n d s in diesem Puncte um des willen sehr zu empfehlen, weil der „T o l e r a nza n t r a g" und seine Consequenzen auch andere Bundesstaaten mit dieser bayerischen „Freiheit" der römischen Kirche be drohen, von welcher diese natürlich in Folge ihrer politischen Machtstellung sofort den rücksichtslosesten Ge brauch machen wird. Selbst ein billig denkender Katholik wird sich unseres Erachtens nach dem Studium der Schrift dem Eindrücke der Morte nicht entziehen können, die S. 84 auS Hinschius, System des katholischen Ktrchen- rechtS IV, 1. S. 282 angeführt werben: „Oeffentliche Straßen und Plätze sind nicht zur Abhaltung deS Gottes- dicnstcs bestimmt, und es ist daher keine Verletzung der Cultusfreiheit, wenn die staatliche Gesetzgebung die Pro- cesitoncn lediglich auf daS Innere der gottesdienstlichen Gebäude beschränkt. Sollen sie aber außerhalb derselben zugelaffen werden, so kommt nicht nur der Polizei- liche Gesichtspunkt in Frage (Benutzung der Plätze und Straßen zu verkehrhemmenden Zweckens, sondern eS handelt sich außerdem darum, in welchem Umfange eine solche Benutzung der katholischen Kirche gegenüber den Lurch die staatliche Kirchenhoheit zu wahrenden Interessen zu gestatten ist. Hierbei kommen die den übrigen Kirchen und Religionsgesellschaften staatlicherseits'gewährte Stel lung und die Rücksicht auf die religiösen Anschauungen der Mitglieder dieser Anstalten und Vereinigungen, sowie das Berhalten der katholischen Kirche zu diesen... als maßgebende Momente in Betracht." In Frankreich, einem fast ganz katholischen Staate, sind Processionen an allen den Orten untersagt, in denen Gotteshäuser ver schiedener Confesstoncn sich befinden, falls nicht der andere ReligionSthcil seine Zustimmung dazu giebt. s-^rt. orxanigues sie I'egiiss catft. 1802.) Deutsches Reich. -i- Berlin, 16. Juni. (Der Kaiser und der polnische Adel.) Wenn es sich bestätigt, daß eine größere Anzahl von Vertretern des polnischen Adels den Beschluß gefaßt hat, anläßlich des bevorstehenden Kaiser besuchs in Posen nur insoweit in Posen zu erscheinen, als sie Würden und Aemter bekleiden, also z. B. der Vicemarschall deS Provinziallandtags, die Kammerherren und Andere, so entspricht dieser Beschluß vollkommen den Rathschlägen, die im Mai dieses Jahres der „Dzienntk Poznanski" ertheilt hat. Damals führte das ge nannte Blatt u. A. aus: Die Festlichkeiten würden vor wiegend militärischen und amtlichen Charakter tragen, die Polen aber hätten ohne ihre Schuld (?) weder im Militär, noch im Amte mitzusprechen. Höchstens einer verschwin denden polnischen Minderheit werde Gelegenheit geboten sein, Zeuge der Feierlichkeiten zu sein; die Uebrigen würden als Zuschauer auf der Straße ihre Neugierde be friedigen müssen. Da dies aber nur von fern geschehen könne (?), so gelte es, daß die Polen schon aus diesem Grunde (!) ihre Neugierde zügeln. Sie thäten besser, jede Gelegenheit zur Provokation von Seiten der Haka- tisten (?) zu meiden durch gewissermaßen büßer- mäßige Zurückgezogenheit. Ihre der Obrig keit schuldige Achtung bezeugten sie hinreichend, indem sic ohne Murren die durch jene Festlichkeiten veranlaßten Kosten tragen würden (!). — Von den Ausführungen de? „Dziennik Poznanski ist Alles Spiegelfechterei, bis auf den Rath, sich während der Festtage zurückzuziehen. Was insbesondere den Hinweis auf das Zuschaucn aus der Ferne anbelangt, so braucht man nur an die bekannten Reisen deS Erzbischofs vr. v. Stab lew Ski in der Provinz Posen und die Tbeilnahme der polnischen Bevölkerung an den Besuchen des Erzbischofs zu erinnern, wenn man sich den wahren Werth jener vom „Dziennik" aufgctischtcn Behauptung klar machen will. Befolgt der polnische Adel thatsächlich den Rath, sich zurückzuziehen, so wäre ein solches Verhalten nm seiner Aufrichtigkeit willen vom deutschen Standpunkte aus lediglich dankcns- werth. Die Loyalitätssvielerei wird heutzutage glücklicher Weise ja von keiner maßgebenden Stelle mehr ernst ge nommen — der Artikel des Herrn v. Mycielski in den „Historisch-Politischen Blättern" mit der bezeichnenden Ueberschrift „Legalität, nicht Loyalität", war längst überflüssig geworden. Aber da immerhin die kleri kalen Polenfrennde die Betheiligung des volnischcn Adels an den Kaisertagen in Posen gegen die Polenpolitik geltend machen könnten, so ist eS erfreulich, daß dem Kleri- kalismuS nicht vergönnt werben dürfte, in dieser Be ziehung seinen Anhängern Sand in die Augen zu streuen. H Berlin, 16. Juni. Die Frage der Revision des Strafgesetzbuchs wird bekanntlich den dies jährigen Juristentag beschäftigen, der in der ersten Hälfte September in Berlin tagt. Vor schläge zur Revision werden gemacht werden vom Geheimen Justizrath Professor vr. Kahl - Berlin und vom Kammergerichtsrath Dr. Appelius-Bcrlin. Das Bedürfnis; nach einer Umgestaltung der ganzen deutschen Strafgesetzgebung, das schon im Anfänge der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts von den verbündeten Regierungen nicht nur zugegeben, sondern ausdrücklich betont worden war, wird heute von allen Seiten empfunden. Die Ucber- zeugung, da unser Neichsstrafgcsctzbnch unserem heutigen Rechtsbewußtsein nicht mehr entspreche und den Bedürf nissen unseres Rechtslebens nicht mehr gerecht werde, hat ihre Vertreter ebenso wie im Lager der fortschrittlichen, wie in -em der conservativen Nechtsverständigcn. Einer der namhaftesten Fortschrittler auf diesem Gebiete, Prof, v. Liszt-Berlin, steht auf dem Standpunctc, daß Friedberg, der Urheber des jetzt geltenden Strafgesetzes, das einzig Mögliche erkannt habe, als er, um rasch zum Ziele zu ge langen, das preußische Strafgesetzbuch von 1851 seinem Ent wurf zu Grunde legte. Durch diese Erkenntniß wird aber die Thatsache nicht aus der Welt geschafft, daß das preu ßische Strafgesetzbuch nicht auf den über ein halbes Jahr hundert hindurch fortgeführten, überaus gewissenhaften Vorarbeiten der preußischen Revisionscommissionen, sondern unter dem im letzten Augenblicke zur siegreichen Geltung gelangten Einflüsse der rheinischen Juristen, auf dem französischen (locke penal von 1810 beruhte. So kam es, daß das neu entstandene deutsche Reich auf dem großen Gebiete des Strafrechts die Gesetzgebung des nationalen Gegners „reciptrte", -en es eben erst im gewaltigen Waffenringcn siegreich niedergeworfcn hatte. * Berlin, 16. Juni. (Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrank heiten.) Der Kampf gegen die Tuberkulose und den Alkohol wird in jüngster Zeit allgemein rege ausgenom men; die Gefahr aber, welche der Volksgesundheit von Seiten der Geschlechtskrankheiten droht, wird noch immer nicht in ihrer ganzen Größe ermessen. Eine große Reihe von angesehenen Persönlichkeiten, darunter erste Namen medicinischcr Autoritäten und im bürgerlichen und politi- schen Leben voranstehender Männer, welche den betreffen den Aufruf unterzeichnet haben, sind der Ueberzeugung, baß auch hier durch zweckmäßige Maßnahmen Manches ge- beffert, daß vor Allem die gesundheitlichen Schäden — an deren Folgen die ganze Nation zu tragen hat — herabgc- mindert werden können. In diesem Sinne zu wirken hat sich die tm Jahre 18SS gegründete LociStS illtsruatiouüle äe xroxkMris suoimiro et morale zur Ausgabe gestellt. Der mit der Geschäftsführung der Gesellschaft für Deutsch land beauftragte Ausschuß hat geglaubt, den Kampf am wirksamsten durch die Gründung einer eigenen Gesell schaft, der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Ge schlechtskrankheiten, aufzunehmen. Geplant ist die Ge winnung einer möglichst großen Zahl von Mitgliedern aus allen Gesellschaftsschichten, Bildung von Zweigver- einen an Orten mit größerer Mitgliederzahl, Abhaltung von Versammlungen, Veranstaltung von Öffentlichen be lehrenden Vorträgen aus dem Gebiet der Scxualhygieine, Verbreitung von aufklärendcn populären Schriften und Flugblättern u. s. w., dircctc und indirekte Beeinflussung von gesetzgebenden und Verwaltungskörpern zur Abhilfe von Ucbelständcn und zur Anbahnung von Reformen auf dem Gebiete der öffentlichen Fürsorge für Geschlechts kranke und der Ueberwachung der Prostitution. Der Jahresbeitrag soll 3 betragen; eine constituircnde Ver sammlung wird im Herbste nach Berlin eiuberufcn werden. (Z Berlin, 16. Juni. (Telegramm.) Wie der „Reichsanzeiger" meldet, wird der Kolonialrath zum 27. Juni eiuberufen. (D Berlin, 16. Juni. (Telegramm.) Der „Staats- anzeiger" veröffentlicht das Gesetz, betr. die Abänderung des Gesetze« über die HaudrlSkammern vom 24. Februar 1870 und 19. August 1897, sowie daS Gesetz, betr. die Abänderung des Gesetzes Uber die Errichtung öffentlicher, ausschließlich zu benutzender Schlachthäuser vom 18. März 1868. (7) Berlin, 16. Juni. (Telegramm.) Gegenüber der in verschiedenen Organen der TageSpresse bei Besprechung des Processes Thomaschke ausgesprochenen Vermuthung, der Agent Löffler babe im Dienste der politischen Polizei gestanden, stellt das Polizeipräsidium fest, daß Löffler niemals von Beamten der politischen Polizei zu irgend einer Dienstleistung benutzt worden ist. Mithin ent behren alle auS dieser angebliche» Thatsache gezogenen Schlüsse der Begründung. — Die Po st Union zwischen Deutschland und Holland scheint noch im weiten Felde zu liegen. Der „Boss. Ztg." wird darüber aus Amsterdam geschrieben: „Der politische Hintergrund, mag man sich auch noch so energisch dagegen verwahren, bilder doch immer eine Schwierig keit, über die man nicht so leicht hinwegkommcn wird. „Mit einer Postunion fängr cs an, dann kommt die Zollunion und, wenn man diese hat, ein Schutz- und Trutzbündniß, d. h. der tlicilweisc Verlust der Selbstständigkeit", so lautet das Urtheil vieler Holländer, denen man schwerlich chauvinistische Neigungen nacbsagcn wird. Wie wenig ernst man die Sache in vielen Kreisen ausgenommen har, geht daraus hervor, daß der Ver treter der Amsterdamer Handelskammer gar kein Mandat mit gebracht harte; Rotterdam, die erste niederländische Handelsstadt, harte, wie der Vorsitzende mittheilcn mutzte, keine Veranlassung gesehen, sich an den Besprechungen zu betheiligen, und Middel burg, ebenfalls einer der größeren Handelsplätze, hielt eine Postunion überhaupt nicht für Wünschenswerth. Die nieder ländische Posrverwaltung wird die an sie gerichtete Adresse ruhig zu den Acten legen, wenn sie auch so freundlich ge wesen ist, der Versammlung einen Postbeamten zur Verfügung zu stellen, der auf Befragen die nöthigcn technischen Aufschlüsse geben konnte." — Die Vereinigung von Handelskammern deS nieder rheinisch-westfälischen Jndustriebezirks hat an den Reichs kanzler eine Eingabe um Beseitigung der Gerichts ferien gesandt. Die Kammern betonen die sowohl von Richtern, als auch von Anwälten zugestandene Thatsache, daß infolge der Gerichtsserien nicht nur Vie Erledigung schwebender und die Einleitung neuer Proceßangclegenheiten um die Ferienzeit hintangehalten werden, sondern daß die damit ein tretende Verzögerung in der Regel noch weit, in vielen Fällen sogar 3—5 Monate, darüber hinauswirkt und daß darunter Handel und Gewerbe am meisten zu leiden haben. --- Altenburg, 15. Juni. Die Vertreter der Hausbesiyer- und Gewerbevereine des Ostkreises, die in Schmölln eine Versammlung abhieltcn, um die neuen Steucrgcsetze zu besprechen, beschlossen nach einem Vorträge des Rechts- anwalts Hase von hier und nach einer längeren gegen seitigen Aussprache, gemeinsam geeignete Schritte zu unter nehmen, nm eine der Stcucrlcistung der Stadtgemeinden entsprechende Vertretung der Städte in dem Landtage des Hcrzogthums herbeizuführen. Zugleich erhoben sic Wider spruch gegen Einführung der Ergünzungssteuer. (D Düsseldorf, 16. Juni. (Telegramm.) Heute Vor mittag begann der Internationale Wohnungs con greß, zu dem etwa 600 Personen erschienen waren. Nach der Begrüßungsansprache deS Vorsitzenden, deS Staatsministers a. D. Frhrn. v. Berlepsch, hieß der Unterstaatssekretär im Ministerium für Handel und Gewerbe, Wirkt. Geh. Rath Lehmann, die Erschienenen Namen» der preußischen StaatS- regierung willkommen, während Geheimer RegierungSrath Richter die Willkommensgrüße der Reichsregierung über brachte. Nach weiteren Ansprachen des Regierungs präsidenten v. Holleuffer, deS Landeshauptmanns Klein und des Oberbürgermeisters Marx erfolgte die Wahl des Ehrenpräsidenten, worauf die Vorträge begannen. * Straßburg, 15. Juni. Für die Festung Straßburg ist, wie der Reichskanzler auf Grund des Gesetzes betr. Beschränkung des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen bekannt giebt, eine Erweiterung threSRayonStn Aussicht genommen worben. * München, 15. Juni. In der von dem katholischen Priester Ift-. Kranz Klasen und Dr. Bumüller hcrausgcgebcnen Zeitschrift „ D a s z w a n z i g st c I a h r- hundert" beantwortet der Letztere die Frage: „Was bedeutet Ultramontan?" „Der Verfasser giebt eine Reihe von Definitionen, die treffende Charakteristiken enthalten. Er nennt „ultramontan" jene Richtung in der katholischen Kirche, die sich auf den Stand- punct der gewaltsamen Durchführung der religiösen nnd kirch lichen Vorschriften mit Hilfe der staatlichen Macht stellt und den Staat als Vollzugsorgan der Kirche betrachtet. Die äußerste aber folgerichtige Consequenz davon sei die Ansicht d c Lucas über Ketzerbestrafung und die Inquisition. Aus dieser ersten Eigenschaft des Ultramontanismus ergebe sich die zweite, die unnöthige Verquickung von Politik und Religion. Man könne die Religion nur dann gewaltsam durchführen, wenn man die politische Macht im Staate in der Hand hat. Das dritte Kennzeichen seiMangelanWahrhaftigkeit. Man sei unaufrichtig gegen sich selbst, indem man nur die Lichtseiten im Leben der Kirche und noch mehr in dem der eigenen Partei ein seitig hervorhebt und allem Uebrigen gegenüber ein unehrliches Vertuschungssystem anwendet. Der Artikel geißelt dann den so genannten „Geschäftskatholicismus" und hebt auch als specifischeS Kennzeichen der ultramontanen Presse Mangel an Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit hervor. Gerade die ultra montane Presse lasse selbst die ultramontanen Katholiken in einem viel unsympathischeren Lichte erscheinen, als diese cS oft verdienten. Man müsse zur Vertheidigung dieser Katholiken sagen: So roh, schimpffteudig, ordinär und unwahr, wie die süddeutsche Centrumspresse, sind die Mehrzahl der ultramon tanen Katholiken nicht im Entferntesten. Zum Schluffe des Artikels, in dem als vierter Punct noch die übermäßige Be tonung der Kirche statt der Religion, der Rechte der Kirche statt der Pflichten hingewiesen, des Aeußer- lichcn statt des Innerlichen hervorgehoben ist, giebt der Verfasser noch Folgendes zum Besten: „Daß man auch in maß gebenden kirchlichen Kreisen über diese Presse durchaus nicht erbaut ist, dafür diene zum Beweise folgendes Vorkommniß, daß sich irgendwo in einer bayerischen Diöccsc kurz vor der letzten Bischofsconsercnz ereignet hat. Es fielen da einige Herren in Gegenwart ihres Bischofes über die liberalen Zeitungen her. Da bemerkte der in ganz Bayern als hochconser- vativer Mann bekannte Bischof, von dem auch wir eine der artige Aeußerung nie erwartet hätten: „Die Geistlichen sollten gegenüber der Tagespreise viel objektiver sein . . . was in der Presse, besonders auch in der unserigen, steht, ist zum Theil persönliche Streiterei, zum Dhesi un wahre Selbstbeweihräucherung". — Und vor einer tonan gebenden Persönlichkeit des bayerischen Centrums warnte der selbe Bischof bei derselben Gelegenheit seine Geistlichen; dieser Mann gebe vor, für die Sache Christi zu streiken, während er in Wirklichkeit für sein liebes Ich und seinen Geldbeutel arbeite." Oesterreich - Ungar«. Socialdemokratischc Demonstration tm Theater. * Pest, 16. Juni. (Telegramm.) Anläßlich deS gestrigen letzten Gastauftretens des Berliner Deutschen Theater- rnsembleS gelangte Heyermann'S „Hoffnung" zur Bor stellung. Die Pester socialdemokratische Partei benutzte den Anlaß zu einer großen Demonstration. Die Ausfälle gegen die Arbeitgeber wurden mit demonstra tivem Applaus ausgenommen, und als auf der Bühue die Arbeitermarseillaise gesungen wurde, erhoben sich sämmtliche Arbeiter, die auf den Galerien postirt waren, zu minutenlangem Beifall. Nach Schluß dieses Actes wurde den Künstlern ein schöner Lorbeerkranz mit rotben Schleifen und der Aufschrift: „Den wahren und großen Künstlern die hauptstädtische socialdemokratische Partei" in Begleitung einer kurzen Rede überreicht. Nach Beendigung der Vorstellung wiederholte sich die Demonstration. Die Arbeiter sangen die erste Strophe der Arbeitermarseillaise unter Beifallskund gebungen des übrigen Publicums. Die ganze Demonstration nahm einen ruhigen Verlauf. Die Polizei griff nicht ein. (Bost. Ztg.) Großbritannien. Befinden des Königs. * London, 18. Juni. (Telegramm.) An der sür beute festgesetzten Truppenschau über 31 000 Soldaten in Aldershot konnte der König nicht theilnehmen. Er verblieb im Zimmer und ließ sich von dem Prince of Wales vertreten. Die Königin, sowie die übrigen Mitglieder der königlichen Familie wohnten dem militärischen Schauspiel im geschlossenen Wagen bei. Während der ganzen Zeit regnete eS deftig. — Das amtliche „Court Circular" tbeilt mit, der König habe am Sonntag in Folge eines Anfalls vou Hexenschuß, der von Erkältung herrühre, daS Zimmer hüten wüsten. Die Blätter schreiben das Unwohlsein des Königs dem andauernd schlechten Wetter zu. Er habe im Regen auf den Wagen gewartet,: um zu der Nachtparade in Aldershot zu fahren und sich dabe die Erkältung zugezogen. Rußland. * Petersburg, 16. Juni. (Telegramm.) Im „Regie- rungSboten" wird die Verlobung der Großfürstin Helene Wladimirowna mit dem Prinzen Nicolaus von Griechenland bekannt gegeben. * HelfingforS, 16. Juni. (Telegramm.) Zum Gehilfen d«S Generalgouverneurs von Finland ist der Vorsitzende deS Petersburger Gerichtshofes, Wirkt. StaatSrath Deutrich, unter Beförderung zum Geheimrath ernannt worden. Amerika. L Ein drastisches Bild derPfltchten und Leiden deS Präfidcutcn Roosevelt entwirft Lincoln Steffen in „Mc. Clure's Magazine". Die Kräfte des nvrdamerikanischcn Staatsoberhauptes werden darnach über Gebühr abgenützt und zwar hauptsächlich der Unsitte, wonach jeder nordamertkanische Staatsbürger beim Präsidenten vorsprechen und ihm per- sönlrch wine Angelegenheiten vorlragen darf. Die meisten dieser Petenten werden zwar gruppenweise abgefcrtiat. «er aber ein ernstliche-Anliegen hat, nuiß inPrtvataudientz
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