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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030505017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903050501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903050501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für dtachweisungen und Offertenannahme LS L, sexcl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Au-gabe, ohne Postbesörderun, 60.—, mit PostbesSrdrrung 70.—. Änuahmeschluß für Änzeigeu: Abeud-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgea-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeige» sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet non früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» iu Leipzig. Dienstag den 5. Mai 1903. 87. Jahrgang. National und Liberal. v. Wer das Völkergemisch des europäischen Süd ostens aus eigener Anschauung kennen gelernt hat, wird über das hochentwickelte Nationalbewußtscin der ver schiedenen Nationalitäten daselbst erstaunt gewesen sein. Am ungetrübtesten zeigt es sich bet den Albanesen. Wohl üben sie Blutrache, fechten heftige Clanfehden aus und dem Bekenntnisse nach sind sie getrennt. Neben mohammedanischen finden sich griechisch-orthodoxe und römisch-katholische Albanesen. Aber wenn cs sich um ihre nationalen Ueberlieferungen, Interessen und Ideale handelt, dann stellen die Albanesen alles zurück, was sie trennt, und bekunden in ihrer nationalen Geschlossenheit eine stegcsfrohe Vvlkskraft, die sie unter den schwierigsten Verhältnissen aufrecht erhalten hat. Solches Nationalbewusstsein den Deutschen ein- zuflößen, war Bismarck bis zuletzt bemüht. Er wies darauf hin, waö durch dieses Bewußtsein in den deutschen Einigungskäurpfen erreicht worden war. Die fran zösische Provokation bezeichnete er als eine von Gott ge sandte Wohltat, die die Deutschen einig machte. Die deutsche Einheit habe dieser Bluttaufe und der gemein samen Abwehr äußerer Feinde bedurft, um alle Ver drießlichkeiten vergessen zu lassen, um die Deutschen zu einem Volk von Brüdern zu machen, einig in Not und Gefahr. Auf den Schlachtfeldern seien die Vorurteile gefallen, die unter -en deutschen Stämmen verbreitet waren, und an Stelle der Eifersucht sei die gegenseitige Anerkennung getreten. Gezänk kann kommen, sagte Bismarck, aber die Stämme, die sich gemeinsam als deutsche bekennen und die zusammen auf dem Schlacht felde geblutet haben, die werden schwer wieder ausein- ander zu bringen sein. Größere Anstrengungen als andere Mächte müßten die Deutschen machen, schon rv-gen ihrer geographischen Lage. Sie würden dadurch zu einem Zusammenhalten gezwungen, das ihrer innersten Natur widerstrebe, und wenn je innere Wirren wieder kommen sollten, dann möge das Herz der Deutschen des alten Kölnischen Sprüchwortes eingedenk sein: „Zum Reich halt' fest, Bauer, schmeck's süß oder sauer." Nationalgcfühl und Nationalbewußtscin, das ist es, was in erster Reihe der Deutsche von sich selbst und von seinen Vertretern zu fordern hat. Im Schutze des Reiches lebt er, und ohne das Reich würde das deutsche Volk eine Beute seiner Feinde und Neider werden. Für alle Parteien sollten daher die nationalen Ideale und Interessen maßgebend bleiben, da sie allein den Bestand des Reiches verbürgen. Von jenen Politikern, die mehr oder minder international angehaucht sind, wird diese nationale Forderung als etwas Selbstverständliches be zeichnet. Nicht offen wollen sie ablehnen, was ihnen im Herzensgründe zuwider ist, aber ebensowenig offen be kennen. Gerade deshalb muß in erster Reihe darauf be standen werden, daß der Volksvertreter auf die nationale Forderung ausdrücklich festgelegt wird. Das ist die oberste Vorbedingung für seine Wahl, und wer darauf nicht eingeht, wer sein Nationalgefühl verhehlt oder zu- rückdrängt, wer es ablehnt, in allen Fragen, in politi schen wie in wirtschaftlichen, in Kirche und Schule, und nicht zuletzt auf sozialem Gebiete, die nationalen Inter esten entscheiden zu lassen, der hat keinen Anspruch auf die Unterstützung jener Kreise, die national denken und sich national betätigen. Lasten sich auch die extremen Parteien kaum noch mit dem Nationalbewußtscin er füllen, das die anderen Völker beseelt, so ist doch gerade in der Wahlarbeit darauf hinzuwirken, daß die Er kenntnis der nationalen Gemeinsamkeit mindestens dann, wie im Sommer 1870, mit elementarer Gewalt zum Durchbruch kommt, sobald das Deutsche Reich gegen äußere Feinde zu kämpfen hat. Nur innerhalb der Schranken, die das Nationalgefühl zieht, ist die Parteibildung nach Grundsätzen und Interessen berechtigt. Alle Parteien, die das nationale Wohl voranstellen, wachsen schließlich aus demselben Boden heraus und können sich zusammenfinden bet der Bekämpfung internationaler ober anttnationaler Rich tungen und Gruppen. Entscheidend für die Aufstellung von Bewerbern sind nicht nur die Größenverhältntfse der nationalen Parteien, sondern auch die Persönlichkeiten »nd Interessen der einzelnen Wahlkreise. Bon Fall zu Fall wird da unter den verwandten Parteien eine Ver ständigung ouzubahnen sein. Wo die nationale» Par teien tu annähernd gleicher Stärke nebeneinander stehen, wird die Verständigung nicht erfolgen können zu Gunsten extremer Bewerber der einen oder anderen Richtung, sondern nur auf Grund von Kompromissen in Befolgung einer Zweckmäßigkeitspolittk, die kein Geringerer als Bismarck zu Ehren gebracht hat. Die Verständigung wird immer und überall eine mittlere Linie innehalten wüsten. Nur zu oft hat man freilich erfahren, daß die vttttelparteten verlieren und die Extremen gewinnen, weil die Mittclparteien auf der Defensive stehen und des halb im Nachteil sind. Aber im Hinblick auf die heutige Zersplitterung der Parteien ist doch zu erwarten, daß die Bevölkerung besonnener und realistischer denkt, daß sie an die Bewerber in erster Reihe die Forderung stellt, die erlangten Errungenschaften zu erhalten und zu festigen. Zu diesen Errungenschaften gehört vor allem bas Reich selbst und seine machtvolle Stellung in der europäischen und Weltpolitik. Hier bedeutet die Defen sive der Mittelparteien eine starke Stellung, da sie immer wieder auf die Gefahr Hinweisen müssen, daß inmitten der erbitterten und rücksichtslosen Kämpfe der extremen Parteien von rechts und links der zementierte Bau, den die Taten des Heeres und die Politik des alten Kaisers und seines Kanzlers geschaffen haben, erschüttert und zer trümmert werden könnte. Zu diesen Errungenschaften gehören sodann die inneren Einrichtungen des Reiches, wie sie im wesentlichen unter den Einwirkungen des liberalen Gedankens geschaffen worden sind. Das Wort Liberalismus ist ost mißbraucht worden von seinen radi kalen Frermden, wie von konservativen Feinden. Allein die inneren Fortschritte, die Deutschland seit einem halben Jahrhundert gemacht hat, erfolgten doch ganz überwiegend auf Anregung und unter dem Einflüsse des liberalen Gedankens, der immerdar hochgchalten werden muß, auch von seinen Gegnern und Feinden, wo er rein und unverfälscht hervortritt. National sein und national wählen muß jeder Deutsche, und zugleich muß er im Grunde seines Herzens liberal sein und liberal handeln als ein Mann, der von Fall zu Fall alle Fragen der inneren Politik nicht ein seitig oder voreingenommen abtut, sondern sie einer ein gehenden prüfenden Erwägung unterzieht, damit Ent scheidungen getroffen werden, wie das Wohl der Gesamt heit sie erheischt. Und nicht zuletzt muß jeder gute Deutsche sein Stimmrechtals eine Stimmpflicht betrachten. Es ist eine alte Erfahrung, daß die extremen Parteien ihre Anhänger bis auf den letzten Mann zur Wahlurne führen und dadurch in vielen Fällen den Sieg erringen. Die nationalen und liberalen Parteien setzen sich zum großen Teil aus mehr oder minder zufriedenen Staatsbürgern zusammen, die nur zu oft aus Gleichgültigkeit oder Wider willen gegen die Parteikämpfc zu Hause bleiben, während die unzufriedenen Elemente rühriger, eifriger und opfer williger sind, um ihre Ziele zu erreichen. Was diese Ziele für Reich und Volk bcdcnten, die Erschütterung all der Errungenschaften seit 1866, nationale Niederlagen, Umwälzungen, unabsehbare Wirren und vielleicht blutige Kämpfe, möge man sich in allen nationalen und libe ralen Kreisen vor Augen halten und für die Wahl von Volksvertretern wirken, die entschlossen sind, das Deutsche Reich und Volk gegen die Gefahren internationaler, anti nationaler und sonst extremer Parteirichtüngcn zu ver teidigen und zu schützen. In nationalen Fragen Einheit! Auf dem Gebiete der inneren Politik, in Kirche und Schule, in Wissen schaft und Kultur, Krciheu! Und wo es sich um wirt schaftliche Jnterestenfragen und um soziale Probleme handelt, Verständigung in Gestalt von Kompromissen, da wirtschaftliche und soziale Reformen nur in engem An schluß an das Bestehende ersprießlich durchgcführt werden können. Deutsches Reich. /?. Berlin, 4. Mat. lDie deutsche Marine währendderWirrenin China.) Der Admiral stab der Marine hat die amtlichen Berichte über die Tätig keit unserer Kriegsschiffe während der chinesischen Wirren ftnvie die amtlichen Veröffentlichungen der übrigen be teiligten Mächte zu einem einheitlichen Werke verarbeitet, das unter dem Titel „Die Kaiserliche Marine während der Wirren in China 1006/01" demnächst erscheinen wird (bet E. S. Mittler L Sohn). Auf Grund der Aushänge-Bogen des Werkes berichtet die „Marine-Rundschau" eingehend über Anlage und Inhalt desselben. Es ist die erste amt liche Darstellung kriegerischer Ereignisse, an denen unsere Flotte bestimmenden Anteil nahm. Neben den weltbe wegenden Kriegen unseres Heeres, durch deren Bearbei tung der Generalstab der Armee eine unerschöpfliche Quelle für das kriegsgeschichtliche Studium schuf, erscheinen die Leistungen unserer Flotte in China an Umfang und Inhalt kaum von Bedeutung. Sie bergen trotzdem mancherlei Erfahrungen und Lehren, die fcstzuhalten für den Seeoffizier von Wichtigkeit ist, und geben, wenn auch nur im kleinen, ein Zeugnis von treuer Pflichterfüllung, das als bedeutsame» Beispiel bei der weiteren Entwicke lung unserer Marine Früchte tragen möge. 6. II. Berlin, 4. Mai. (Die produktive Bevöl kerung im deutschen Reiche.) Die Untersuchungen über da« Alter und den Familienstand im deutschen Reiche, die bei der letzten Volkszählung sehr gründlich veranstaltet wurden, haben un« auch interessante sozialpolitische Einblicke insofern gestattet, al« sie die Frage der produktiven Bevölkerung im deutschen Reich« beantwortet haben. E» stehen im pro duktiven Alter vom >5. bi« zum 60. Lebensjahre 32 355 489 Personen oder 57,4 Proz. der ReichSbevölkerung, im Kindes ¬ alter bi» zum 15. Lebensjahre 19 614 822 oder 34,8 Proz., im Alter über 60 Jahre 4 396 867 oder 7,8 Proz. Alter tn Jahren Absolut Von lvvo der Hesamt- beooNerung batten das nebenbezetchnele Aller Alter tn Jahren Absolut Von Id«» der Gesamt» bevollerung harten da« unten bezeichnete Aller 0—5 7 370158 130,75 50—55 2 343 712 41.58 5—10 6 406 173 113,65 55-60 2 029 646 36,00 10-15 5 838 49 > 103,58 60—65 1 646 449 29,21 15—20 5 319 199 94,37 65—70 1 199 996 21,28 20-25 5 099 438 90,47 70-75 802 774 14,25 25-30 4 468 603 79,27 75-80 478 777 8,49 30—35 3 951 999 70,12 80-85 203 979 3,62 35-40 3 449 213 61,20 85—90 54 869 0 98 40—45 3 088 240 54,79, 90—95 8877 0,16 45—50 2 605 439 46,22 95-IM 1106 0,01 iLOu. m. 40 0,000 ES wurden also 268 871 Personen gezählt, deren Leben höher kam als 80 Jahre; darunter befinden sich 10 023 im Alter über 90 und 40 Personen über 100 Jahre. Von diesen 40 Personen leben 35 in Preußen und zwar 11 in Westpreußen und 10 in Posen. In den übrigen Staaten ist die Alters- gliederung der Bevölkerung ziemlich gleichartig wie im deutschen Reiche. Frankreich nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als sehr relativ gering die Kinder, umso stärker die höheren Alter vertreten sind. Bon den außereuropäischen Ländern, soweit sür sie Altersnachweise vorliegen, hat Japan ganz ähnliche Verhältnisse wie die europäischen Länder. JnKolonialstaaten treten dagegen dieAlterSgruppen der unter 15- und der 15—40-jährigen mehr als dort in den Vorder grund, während nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Bevölkerung in höherem Lebensalter steht. Eine Vergleichung der Altersgliederung der Bevölkerung in einigen wichtigen Staaten des Auslandes ergibt folgendes interessante Bilv: Von ItXti) Einwohnern (männlich und weiblich zusammen) sind Länder Jahre alt unter 60 1I>—M 40-M u. mehr Deutsches Reich 348 395 179 78 Oesterreich 342 388 191 79 Ungarn 356 379 189 76 Serbien 435 381 139 45 Italien 322 388 201 89 Schweiz 321 380 205 94 Frankreich 260 392 223 125 Luxemburg 315 403 189 93 Belgien 328 389 186 97 Niederlande 348 384 175 93 Dänemark 348 368 182 102 Schweden 325 366 190 119 England 351 405 170 74 Schottland 356 398 167 79 Irland 304 407 180 109 Bereinigte Staaten von Amerika 344 421 170 65 Japan 335 384 193 88 Aegypten 422 405 134 39 Die außerordentlich wichtige Frage, ob die Lebensdauer der Bevölkerung un deutschen Reiche sich verlängert hat, läßt sich malhematlsch nicht lösen, wenngleich wohl feststeht, daß eine Verbesserung unserer SterblichteitSverhältnisse rin- gelreten ist. HI Berlin, 4. Mai. (Der Protestantismus und die Kirche Del Gesü.) Aus Rom, den 30. April, wird uns von befreundeter Seite geschrieben: Nationale deutsche Blätter wunderten sich vor kurzem da rüber, daß im Reichstage eine Verhöhnung des Proteftan- tismus unerwähnt blieb, die in der Hauptkirchc des Je suitenordens, der Kirche Del Gesü, zu sehen sei. Dort stehe nämlich neben dem Hauptaltar eine kolossale Bronze- Statue des Ignatius von Loyola, der seine Füße auf die Köpfe zweier Schlangen setze; diese Köpfe trügen in weit hin sichtbaren goldenen Lettern die Inschriften „Luthe r" und „Calvin". In Wirklichkeit ist die Statue des Ignatius anders beschaffen. Sie ist, um mit den Kleinigkeiten zu beginnen, aus versilbertem Kupfer ge arbeitet und steht nicht neben dem im linken Querschiffe be findlichen Altäre, sondern in dessen Mittclnische. Vor allem aber fehlen die Schlangen mit den erwähnten Inschriften auf den Köpfen. Rechts neben dem Altar befindet sich eine Marmorgruppe, welche dteReligion Larstelltals heroische Frauengeitalt mit Kreuz und sengender Flamme, wie sic die Ketzerei, versinnbildlicht durch zwei unter Gebcrdcn des Entsetzens zu Boden stürzende Figuren, in Schrecken jagt. Die eine Figur ist ein häßliches Weib, die andere ein Mann, der mit einer Schlange kämpft und unter sich im Fallje zwei Folianten begräbt, auf deren Rücken die Worte „Martin Lusher" und „Johann Calvin" zu lesen sind. Ucbrigens sind die Inschriften nicht in goldenen, sondern in schwarzen Lettern abgefaßt und befinden sich im Dunkeln, so daß man nahe hcrantreten mutz, um sie lesen zu können. DaS ist der wirkliche OrtSbefund, der nicht unerheblich von der eingangs erwähnten Schilderung ab- weicht. --- Berlin, 4. Mai. (Das Zentrum zwischen zwetStlthlen.) In zwei Versammlungen katholischer Wähler in Tarnowitz und BiSmarckhütte haben die Wähler dagegen protestiert, daß ihnen für die bevor stehende Reichstagswahl im Wahlkreise Beuthcn-Tarno- witz der wasscrpolnische Bergarbeiter Krolik als Zen- trumskandidat aufgedrängt werden soll. Anscheinend ist diesen Wählern der Stand des Kandidaten ebenso uner wünscht, wie seine nichtdeutsche Abstammung. Das Zen trum wollte offenbar nach dem Rezepte verfahren: „Wer vieles bringt, wird allen etwas bringen", und da da» Zentrum in diesem Wahlkreise einerseits von den Sozial demokraten, anderseits von den radikalen Polen hart be drängt wird, so hat es mit der Aufstellung eines Berg- arbeiter» vor der Arbeiterbeovlkerung und mit der Auf stellung eines Mannes polnischer Abstammung vor den Polen seine Verbeugung gemacht. Dieser Taktik scheint freilich der Erfolg durchaus versagt zu bleiben. Die Sozialdemokraten rüsten sich mit Macht für den Kampf gerade in diesem Wahlkreise, und da die deutschen und die polnischen Sozialisten nach anfänglicher Uneinigkeit sich zu gemeinsamem Vorgehen entschlossen haben, so wird die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen aller Voraus sicht nach eine sehr große sein. Die radikalen Polen aber lassen sich ebenfalls nicht durch die polnische Ahsiammung des Zentrumskandidaten in ihrem Bemühen, dem Zentrum den Wahlkreis abzunebmcn. beirren. Da bei den letzten allgemeinen Wahlen in diesem Wahlkreise ein eigener pol nischer Bewerber nicht aufgestellt war, so ist man nur auf Vermutungen angewiesen, man darf aber wohl anuehmen, daß auch die Zahl der dem radikal polnischen Kandidaten Anfallenden Stimmen recht erheblich sein wird. Und nun ist auch noch ein Teil der deutschen Katholiken mit dem Zentrumskandtdaten nicht zufrieden, was beiläufig als Zeichen wachsenden Nationalitätsgefühls bei den deutschen Katholiken Qberschlesiens rnit Freuden zu begrüßen ist. To setzt sich Las Zentrum nicht nur zwischen zwei, sondern zwischen drei Stühle. Es wird ihm, so sauer ihm dies auch werden mag, schließlich nichts übrig bleiben, als in Qberfchlesien offen un- frei die deutsche Flagge zu entfalten, wofern es wenigstens einen Teil seiner Macht behaupten will. Die Verhältnisse in Qberschlesic» haben sich dank der jahrelangen Nachgiebigkeit des Zentrums gegen die Polen derart zugespitzt, daß mit Kompromiß- Kandidaten schlechterdings keine Geschäfte mehr zu machen sind. * Berlin, 4. Mai. Zu einem Festmahle vereinigten sich die Teilnehmer am Allgem. Delegiertentage der nationalliberalen Partei nach Schluß von besten Beratungen. Basse rmann hob die bei den Verhandlungen zu Tage getretene Entschlossenheit und Geschlossenheit der Partei hervor, deren Leitstern stets das Wohl des ganzen Vaterlandes gegenüber den Sonderinteresten bleiben werde. DaS auf den Träger deS ReickSgedankenS, Kaiser Wilhelm II., aus gebrachte Hoch fand freudigen Widerhall. Der Führer ter Juogliberalen, vr. Fischer-Köln, sprach in zündender, von jugendlicher Begeisterung getragener Rede auf die uationallrberale Partei. Am 16. Juni werde daS Urteil über die jungliberale Bewegung iu Deutschland gesprochen werden. Es werde sich zeigen, daß die Jungliberalen nicht umsonst gearbeitet hätten. Für den modern denken den jungen Deutschen sei die einzige Möglichkeit, sich parteivolitisch zu betätigen, der Anschluß an die national liberale Partei; weder für die Sozialdemokratie mit ihrem be klagenswerten Internationalismus, noch für die rückständigen Ultramontanen und Konservativen könne ein deutscher Jüngling sich begeistern. Eine humorvolle Rede hielt der Hannoveraner Wamhoff auf Bass er mann und vr. Sattler, die sich in der Führung der Reichstags fraktion sehr glücklich ergänzt hätten. Während die scharfen Zollkämpse Basiermann sehr nabe berührt batten, habe vr. Sattler mit seinem „dicken Fell" deshalb sicher keine schlaslofe Nacht gehabt, vr. Sattler sprach aus den 86jLbrigen Senior der Partei, AmtSrat Seer, der in be wunderungswürdiger Frische dankte und auf die national- liberale Jugend irank. Landgerichtspräsidenl Uebel toastete auf den unermüdlichen, jugendfrilchen Führer vr. Häm in acker. vr. Hammacher sprach in trefflicher Rede auf den Optimismus im politischen Leben und gab der Hoffnung Ausdruck, daß eS wieder Frühling werde in Deutschland. Zum Schluffe sprach vr. Hammacher dem scheidenden Generalsekretär Patzig den Dank für seine Wirksamkeit aus. D Berlin, 4. Mai. (Telegramm.) Die „Norddeutsche Allg. Ztg." schreibt zu dem Katscrbcsuche iu Nom: „Die Bevölkerung NomS bewies durch die begeisterten Huldigungen abermals, daß nicht Rücksichten konventioneller Höflichkeit ihre Gefühlsäußerungen bestimmen.wenn esgilt,dem deutschen Kaiser auf dem althistorischen Boden des CaprtolS den WillkommenS- gruß darzubieten. Unter der weisen Leitung seiner Herrscher hat Italien einen stetigen Aufschwung genommen. Nachdem das italienische Volk aus der Zersplitterung zur Einheit emporgerunge» hatte, stellte es sich den Kampf gegen die seine Entwickelung hemmenden Nachwirkungen der abgeschlossenen schweren Zeiten zur Aufgabe, und wir sehen eS Schritt für Schritt aufwärts steigen auf der Bahn der (Zivi lisation und des wirtschaftlichen Gedeihens. Nirgends können außerhalb Italiens die Erfolge dieses Strebens aufrichtiger begrüßt werden, als in Deutschland, besten Sympathien ,ür Italien nicht auf einer Erwägung nüchterner Juleresten be ruhen, sondern seit Jahrhunderten gepflegte innige Beziehungen zum Geistesleben des hochbegabten Volkes jenseits der Alpen als Untergrund haben. Das italienische Volk darf sich glücklich schätzen, ,n dieser Zeit rascher Entwickelungen an der Spitze einen Herrscher zu haben, der, durch Hobe Gaden des Geiste« und Charakters ausgezeichnet, seinen Ehrgeiz darein setzt, seinem Volke ein Führer und Bahnbrecher zu sein für eiue große und glücklich« Zukunft. Möge auch auf seinem ferneren Lebenswege dem Könige der berühmte Wahlspruch Savoyen« voranlenchten und mit dem Monarchen das Volk emporstreben zu stet» wachsender Geltung im Reiche der Macht, de« Ansehen» und der Eivilisatioa." — Wegen der Maifeier sind nach den statistischen Feststellungen der Gewerkschafts-Kommission bei den ihr angeschloffenen 30 Gewerkschaften in Berlin weit über 3000 Personen ausgesperrt worben. * Braunfchwek», 3. Mai. DaS Ministerium hat jetzt eine Verordnung über di« Einrichtung und den Betrieb von Bäckereien und Konditoreien erlassen. Danach müssen die ArbritSräume 3 m hoch und mit Fenstern versehen sein. Wände und Decken muffen jährlich zweimal frisch ge strichen werden, sofern sie mit Kalk getüncht sind. Bedürfnis anstalten dürfen nicht rn unmittelbarer Verbindung mit den ArbeitSräumen sieben, die Temperatur in letzteren darf 35* Celsius nicht übersteigen. Arbeiter, die mit ansteckenden oder ekelerregenden Krankheiten behaftet sind, dürfen nicht be schäftigt werden. Ferner wird noch verfügt, daß die Arbeits räume nicht zu Wohn- oder Schlafzwecken oder zur Auf bewahrung von Kleidungsstücken usw. benützt, daß die Be- tried«unternebmer auf Sauberkeit ihrer Angestellten zu sehen habe» usw. jMgdb. Ztg.) * WLrzbnr», 8. Mai. Wie seinerzeit gemeldet, kam e» am 8. November v. I. am Schluß der Generalversamm»
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