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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030511029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903051102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903051102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-11
- Monat1903-05
- Jahr1903
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Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeitung-Preislist», Nedaktio« und Erpedition: yo-an«tSgaffe 8. Fernsprecher 153 und 228- Alfred Hihn, Buchhandlg., UntversitätSstr.S, 8. Lisch«, Katharinenstr. 14, u. Käntgspl. 7. Honpt-Filiale Dresden: Morienstraß, 14, Fernsprecher Amt 1 Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: A«l Duncker, Herzgl. Bahr. Hosbuchhandlg, Lützowsttaßk 10. Kmmsprecher Amt VI Nr. 4603 Abend-Ausgabe. Weiger TllgMalt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeige«-Preis die «gespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem Redaktionsstrtch (4gesvalten) 75 vor den Familiennnch. richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer and Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannohme L5 (excl. Porto). Ertta-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung «0.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Erpedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol« in Leipzig. Nr. 237. Völkische Tagesschau. * Leipzig, l i. Mai. Sonst und jetzt Die „Deutsche Evanqel. Korr.* erinnert an einen Vor gang. der sich um die Weihnachtszeit de» Jab re» 1853 nn Vatikan abgespielt haben soll. Zn diesem Zabre, so wird erzählt, kam der Vater unseres Kaiser», der damalige Prinz Friedrich Wilhelm, zum ersten Mal« nach Rom. Sein Lehrer und Begleiter, Oberstleutnant von Alvensttben, machte ibn pstichtschuldigst darauf aufmerksam, der Papst werde von ihm jedenfalls den üblichen Hand kuß erwarten; „Wie?" entgegnete der Prinz, „den üblichen H-ndkuß? Ich babe außer meinem Vater und dem Könige noch nie einem Manne die Hand geküßt und werde sie auch dem Papste nicht küssen." Und als der Tag ter ersten Aufwartung im Vatikan gekommen war und PiuS IX. dem blonden deutschen Fürstensohne huldvoll seine Hand mit hem Fischerringe entgegenstreck e, damit er sie zum Zeichen der Verehrung küsse, da ergriff der Prinz die päpstliche Rechte, um sie nach heimischer Art kräftig zu schütteln. .Friedrich Wilhelm", fügt die „D. E. K." hinzu, „bat den Papst dann noch öfter gesehen. Plus IX, aber soll dem hoffnungsvollen Sproß aus dem evangelischen Hause Hohen» zollern in dir Folge nie anders alö mit den Händen auf dem Rücken entgegengekommen sein." Ob daS wahr ist, wissen wir nicht, erinnern uns aber, daß es damals erzählt worden ist und keinen Widerspruch erfahren Hal. Ist es wahr, so beweist eS in Verbindung mit den Vorgängen beim letzten Besuche unseres Kaisers im Vatikan die ewige Wahrheit des allen Wortes, daß die Zeiten sich ändern. (LS ist trivial ge worden, dieses Wort aber man sollte es nie vergessen, am wenigsten jetzt, denn es lehrt uns, daß höchst wahrscheinlich nach einer weiteren Reihe von Jahren die Berichte über den letzten kaiserlichen Besuch beim römischen Pontifex ebenso werden in Erinnerung gebracht werden, wie jetzt die alte Anekdote auS dem Zabre 1853, und daß dann zwischen diesen Berichten und den neuesten Begebenheiten ein ähnlicher Unterschied be stehen wird, wie der zwilchen dem Verhalten Kaiser Wilhelms II. und seines Vaters. Haben wir doch Wandlungen verwandter Art innerhalb kürzerer Frist erlebt. Wer hätte es vergessen, daß der polnische Adel durch Entgegenkommen sür die Auf gabe gewonnen werden sollte, seine StammeSgenossen zu guten Preußen und Deutschen zu erziehen? Wem fällt nicht der Empfang der sozialdemokratischen „Kaiserdepu tierten" und alles daS ein, was an diesen Empfang an Er wartungen und Hoffnungen bezüglich der „Mauserung* der Sozialdemokralen sich knüpfte? Wem sollte eS auS dem Gedächtnisse verschwunden sein, daß die politischen Beamten w dem ehemaligen Königreiche Hannover vor die Aufgabe gestellt wurden, die Welfen durch Ent gegenkommen zu versöhnen? Und alle diese, von dem Streben nach schleuniger Beseitigung unliebsamer Verhältnisse eingegebe nen Versuche machten nach verhältnismäßig sehr kurzer Zeit eine radikale Aenderung de» Verfahrens nötig. An diesen zähen Uebergang von der Maßregelung beamteter Kanal gegner zum Versuche ihrer Bekehrung durch Beförderung braucht man gar nicht einmal zu erinnern, um zu zeigen, daß das rastlose Trachten des „neuen Kurses* nach rascher Heilung von Schäden zu Schwankungen und Wandlungen führen muß. Und so wird auch das, waS jetzt in Preußen zur Vermittelung der konfessionelle« Gegensätze geschieht und Montag dm wg» beim letzten Kaiserbesuche im Vatikan gewissermaßen einen symbolischen Ausdruck gesunden hat, einen dauernden Zustand nicht herbeifübren. Zm Gegenteil. Noch immer haben Rom und die Römlinge um so stürmischer die ganze Hand gefordert, je rascher ihnen Finger UM Finger gereicht wmde. Und stellt sich heraus, daß dieses Fingerreicben seinen Zweck nicht erfüllt, so bleibt auch hier die Wandlung nicht aus, die wir auf anderen Gebieten erlebt haben. Es ist also ganz gut, daß die „D. E-K." die Anekdote von 1853 wieder ausgräbt. Sie bewahrt vor Kleinmut und enthält zugleich eine ernste Mahnung. Gerade wenn die Politik in Sprüngen und Wandlungen sich gefällt, ist eS besondere Pflicht deS ruhigen Staatsbürgers, danach zu trachte«, daß er selbst fest auf einer mittleren Linie bleibe, aus die am Ende auch die Staatskünstler zurückzukehre« sich gezwungen sehen. Tie nationnlltbcralc Jugend. Neidvoll blicken die anderen Parteien auf das frisch in den nationalliberalen Zugendvereinen pulsirrenve Leben. Mit diesem Neide paart sich natürlich die Mißgunst, die in mancherlei Formen dec Verdächtigung, des Hohnes und Spottes und in wegwerfender VerkleincrungSsuchl sich über die Bestrebungen der nationalliberalen Zugend und ihre Organisation ergießt. Durch abgeschmackte Witzchen, wie sie jüngst der unter einem Pseudonym sich tapfer versteckende Herr „Gottlieb" im „Tag" verübte, läßt sich aber die Bewegung in unserer nationalliberalen Zugend weder beirren noch zurückhalten. Der allwissende Herr Gottlieb hatte u. a. die nationalliberalen Zugend vereine dadurch als schwächliche Produkte binstellen wollen, daß er ihre Gründung al» ausgegangen von „klugen Greisen* bezeichnete. Dieser Unwahrheit und anderen Ver zerrungen, die dahin abzielcn, die Zugendvercine ins Lächer liche zu ziehen, tritt Herr Ernst BrüeS in Krefeld energisch entgegen. Er schreibt u. a.: „Die Gründung von Jugrndvereinen ist nicht von „klugen Greisen" ausgegangen. Die Anregung ist vielmehr aus der Jugend selbst gekommen als eine heilsame Reaktion gegen den politischen Jndisferentismus der liberal gesinnten Bourgeoisie. Das ist eben so sicher nachzuweisen, wie eS seststeh!, daß die „Allen" der juu,zeu Bewegung durchaus nicht immer freundlich gegenübergestanden haben. Sie haben sich erst damit befreundet, als ihnen offenkundig wurde, welche Begeisterung für die Bestrebungen der national- liberalen Partei in dieser Jugend steckt." Selbstverständlich mußten die „Alten" erst die Ziele der Zugendvereine kennen lernen, aber diese haben von vornherein die wärmste Förderung durch vr. Ham mach er, Bass er mann und andere Führer der Partei gefunden. Herr Ernst Brües schließt seine Abfertigung des Gottlieb vom „Tag" mit folgenden Ausführungen: „Die liberale Jugend, die praktisch mitarbeiten will, findet im Nationalliberalismus, auch wenn sie die Haltung der Abgeordneten nicht in jedem Falle gutheißen kann, diejenige politische Weltanschauung, die beim Reichsbau am kräftigsten mit- gewirkt hat und die auch ferner am ehesten dazu berufen ist, den Weiterbau auf nationaler und freiheitlicher Grundlage zu fördern. WaS nationalstberal ist, daS wissen die „Jünglinge" sehr wohl. Wenns anders wäre, in den Vereinen der nationalliberalen Jugend würde Friedhofsstille herrschen. ES geht in ihnen sehr lebendig zu, und tatensreudige Politik wird in ihnen getrieben. Gerade in der, manchem alten Herrn überraschend gekommenen, 11. Mai 1903. Bewegung liegt die Gewähr sür die Kraft der hundertmal tot gesagten und noch immer recht lebendig sich äußernden national liberalen Partei." Mit der Unterstellung, die nationalliberale Zugend wisse eigentlich nicht reckt, was nationalliberal ist, operiert auch die „Konservative Korresponvenz*, die den Wahlaufruf per Zugendoereine höchst unbequem empfindet und gerade di« Zeit der Wahlbewegung sür die ungeeignetste hält, um die Zugend zur politischen Arbeit heranzuziehen. Soll Las etwa auch beißen, die konservative Partei verbitte sich die tätige Mitarbeit der konservativen Zugend bei den Wahlen? Wir müßten das im Znteresse der konservativen Partei ausrichtig bedauern. Wenn ferner die „Kons. Korr." höhnt, die Gründung der nationalliberalen Zugendvereme sei lediglich eine „Kölnische Spezialität", so wird sich das kon servative Organ durch di« bevorstehende Mannheimer Tagung per nationalliberalen Zugend eines Besseren belehren lassen müssen. Tic Vorgänge in der Türkei. Man schreibt uns aus Konstantinopel: Die von ver schiedenen Seilen erhobenen Vorwürfe, daß man Saloniki gegen die vorausgesehenen Anschläge Les makebonstchen Comrtös nicht genügend überwacht habe, werden von tür kischer Seite als ungerechtfertigt erklärt und man macht geltend, daß solche revolutionär-anarchistische Coups überall in Europa hätten Vorkommen können. Diese Einwendungen sind jedoch nicht stichhaltig und der auch von maßgebenden und objektiven Stellen ausgedrückte Tadel ist keineswegs un begründet. Der Pforte ging vor ungefähr vier Wochen zum ersten Male von Konfidenten aus Bulgarien die Meldung zu, daß das Comilü gegen Saloniki und andere make donische Städte eine Akuon plane. Später erhielt sie auch von diplomatischer Seite ähnliche Mitteilungen, sie wurde ernstlich gewarnt und es wurden ihr eindring liche Ratschläge erteilt, die von einem Botschafter anläßlich einer Audienz dem Sultan wiederholt wurden. Es ergingen auch nach Saloniki Anzeigen und Befehle, welche jedoch von den Zivil- und M 'i ä^b.hö.dri, Nickt ernst genommen wurden. Man begnügte sich mit gewöhnlichen Ermahnungen an die SicherheiiSorgane und unbedeutenden Vorkehrungen und dachte nicht daran, für ernste Fälle außerordentliche Maßregeln zu treffen. Auch die Vermutungen, daß das Comilö die unter geordneten Sicherbeilsorgane materill beeinflußte, so daß die selben ihre Ueberwachungspflichten vernachlässigten und es dem ComitS möglich war, umfassende Vorbereitungen sür den Anschlag zu treffen, scheinen nickt unbegründet zu sein. Als einziger Entschuldigungsgrund für die höheren Provinzbehörden und die Regierungskreise in Konstanti nopel kann nur der Umstand bienen, daß die allgemeine kritische Lage in den drei VilajetS, welche die ganze Aufmerksamkeit, Krast und Zeil der Staatsverwaltung in Anspruch nimmt, seit Monaten andauert und daß man durch die fortwährend in großer Zahl einlaufenden beunruhigenden Nachrichten und Gerüchte einigermaßen ab gestumpft wurde und daher den Warnungen bezüglich Salonikis keinen vollen Glauben schenkte. Es ist nun zu hoffen (?), daß die Türken, durch die entsetzlichen Vorfälle in Saloniki ernstlich aufgerütlekt, sich überall zu energischen und konsequenten Maßregeln aufraffen, um di« Wiederholung ähnlicher Vorfälle unmöglich zu machen. 97. Jahrgang. Rußlands Borgehc« in -er Mandschurei ist nicht ein derartiges gewesen, wie die englischen Alarmnachrichten es darstellten. Die Verstärkung der Gar nison von Niutschwang, d. h. der Forts an der Münoung des Liaoflusses, war nur eine vorübergehende, und ein russischer Vorstoß in die Mandschurei dürfte über haupt nicht stattgefunden haben. Immerhin ist etwas im Werke gewesen, und wenn die Petersburger Diplomatie mit der doch zweifellos auffallenden Truppenbewegung weiter nichts als eine Demonstration ack ooulos: „Wir sind gerüstet am Platze" gegen Japan bezweckte, so kenn zeichnet das schon die Lage als ernst genug, zumal die Truppenzusammenziehung in dem strategisch wich tigsten Posten der Liaotung-Halbinsel mit dem An- dampfen der sehr erheblichen russischen Flottenverstär- kungcn im Golf von Petschili zusammentraf. Rußland hat gegenwärtig über 60 Kriegsschiffe in Ostasien. Es wollte offenbar beweisen, daß es augenblicklich der stärkste Panner zur See ist und zugleich der aktionsfähigfte zu Lande in dem Gebiete, um das der Streit entbrannt ist, uni dadurch Japan von unüberlegten Schritten ab zuschrecken. Das ist das gerade Gegenteil von aggressiver Politik, die ja auch für Rußland vor der Hand der größte Fehler wäre. Irgend welche Gegenaktion der interssierten Mächte erübrigt sich jetzt, wie denn auch der amerikanische Staatssekretär des Aeußern, Han, erklärt hat, daß ein gemeinsames Vorgehen mit den anderen Mächten unnötig sei. Man will abwarten, bis die Tatsachen vollständig klargestellt sind. Ganz traut man den Russen also nicht. Deutsches Reich. * Berlin, 10. Mai. Unter der Ueberschrift „Unser Kaiser in Monte Cassino* wird der „Germ." auS Rom unter dem 6. Mai berichtet: Leider haben sich Einflüsse geltend gemacht, diese kaiserlich deutsche Visite in eine königlich italienische umzuwandeln. Und das ist »um Teil geglückt. Die materielle Seite de« BesucheL ist dieselbe geblieben, das heißt, der deutsche Kaiser betuchte Monte Casiino: die moralische Seite wurde durch die Umtriebe der italienischen und anderer Freimaurerei und allerlei groß italienische Jntangibililät ab geschwächt: der deutsche Kaiser be- suchte nicht die Mönche des heiligen Berges oder gar den deutschen Erzabt und die deutschen dort arbeitenden Beuroner Benediktinerkünstler, sondern er begleitete den italienischen König nach dem „italienischen Nationalmonument". So wurde denn in den offiziellen und bundesgenossenfchaftlichen Augen der hohen Besucher aus dem hochwürdigen Erzabte des Klosters der „königliche italienische Lberintendant des Nationalmonuments" und die Mönche als solche treten eigentlich ganz in den Hinter grund. Nur der echtdeutschen Eigenart unseres erhabenen Herrschers ist es zu danken, daß dies alles möglichst gemildert wurde und daß durch leine Kalholikenfreundlichkeit schließlich manche ministerieller- und sreimaurerischerseits gewünschten Dinge zu Wasser wurden. Wilhelm II. konnte nicht wohlwollende und freund licher gegen die Beuroner des heiligen Berges sein, als er gestern war trotz der Anwesenheit Les Königs, des saooyischen Prinzen und der italienischen Funktionäre. Und das ist der Glanz- und Hauptpunkt deS gestrigen TageS. Den Eindruck, den die Persönlichkeit deS Kaisers auf dem Feuilleton. Sf Freiheit. Roman von Walter Schmidt-Häßler. Nachdruck vrrdoten. Die Lampe brannte so hell und freundlich unter dem rosigen Schirm, die Vorhänge waren zugezogen, und nur ab und zu klang das Geräusch von der Straße herauf in das abseits gelegene Hintcrstübchen. Als sie traumverloren in den Papieren blätterte, fiel plötzlich eine kleine, blaue Schleife zwischen den be schriebenen Seiten heraus, gerade aus ihren Schoß. Es war nur ein kleines Stückchen blaßblaues Seidenband, was da vor ihr lag, und doch genügte es, um init einem Schlage all den Hellen Sonnenschein, der sie erfüllt hatte, zu verdüstern, all ihren frohen Sinn mit schweren, dunklen Wolken zu umhüllen. Dies kleine Schleifchcn hatte sie bis heute treu bewahrt als Andenken an eine selige Stunde, wo ihr Herz ein mal in all der Enge ihrer Umgebung aufgejauchzt hatte in frohlockendem Glück. An jenem Abend, wo sie mit Reinhardt sich heimlich auf dem Künstlerfeste gesehen und gesprochen, wo eS ihnen beiden klar geworden war, daß sie sich liebten — hatte sie es am Kleid getragen. Und nun tauchten in der Stille des dämmerigen Zimmers auS dem kleinen, winzigen Bandstrcischcn «charen von Erinnerungen, unabweisbar, zudringlich, und umkreisten die Einsame in tollem Wirbel, als wollten sie die Glückseligkeit verhöhnen, die noch einen Augen blick vorher ihr ganzes Wesen erfüllt hatte. Sic ließ sich -urücksinken in den Stuhl, ihre Augen hafteten wie auf etwas Lebendem an der kleinen Schleife in ihrer Hand, und all ihre Gedanken begannen, sich in weite Fernen zu verlieren. Wie hatte der alte Mann vor einer Stunde zu ihr gesagt? . . . „Was nicht direkt aus dem Menschenherzen strömt, wie ein lebendiger Quell, das kann auch nicht zu anderen Herzen dringen!" — Ta war er ia, der gcdcimni». volle Quell, von dem er gesprochen, da sprudelte er la heraus aus den verborgensten Ticken ihres Fnnern, wie ein breiter Strahl roten, springenden Blute»! Wie auS zerklüftetem FelSgestein drängt« er stch aus der zerrissenen Stelle ihres Gemüts, auS der breiten, offenen Wunde, die sie vor jedem Auge sorglich verbergen mußte. Leid! Das war cs, was sie brauchte, um zu schaffen, um zum Herzen anderer zu sprechen. Des Schicksals strenge Hand hatte ja längst ihr junges Herz grausam be rührt und ihm die schmerzliche Weihe gegeben, die nötig war, um zu schaffen, um zum Propheten der Anderen zu werden. Sie begann, nachzudenkcn, und je länger sic so saß und sann, desto schmerzlicher schnürte sich ihr das Herz zu- sammem Wie war cs nur möglich gewesen, daß alles so ge kommen, wie hatte diese sonnige Welt von Hoffnung, diese Fülle von junger, knospender Liebe versinken können in nichts, verflattcrn im Winde des Alltäglichen, wie ein ab gerissenes Blatt, dessen Spur nicht mehr zu finden ist? Und warum? — Dies „warum?" quälte sie, je weniger sie eine Lösung dafür fand. Sie hatte ihm geschrieben, hatte ihm ihr ganzes Herz entgegengcbracht wie eine Lpfergabe in gläubigem Ver trauen. Sie hatte ihn gebeten, ihr postlagernd ein Wort der Hoffnung, einen Gruß der Liebe zukommen zu lassen, und statt dessen war er fortgezogen, in die Welt, Gott weiß, wohin, ohne ein Wort des Abschieds, ohne eine Zeile des Trostes Er hatte sie aufgegebcitt Der Freund ihrer Jugend hatte sich davongestohlen von ihr, wie ein Dieb in der Nacht, und nichts zurückgelassen, als die Erinnerung au einen kurzen, seligen Traum, der nun nichts mehr war für sie — als eine Lüge, eine Täuschung ihres blinden Vertrauens. Sie lächelte schmerzlich vor sich hin. Erste Liebe! — Wie anders hatte sic davon geträumt! Wie so ganz anders. Aus der ersten Neigung war nur allzu schnell für sie die erste bittere Enttäuschung geworden, von der kaum halb erblühten Rose war nichts zurück geblieben, als ein scharfer Dorn, der ihr grausam die Seele verwundete und sich doch nicht entfernen ließ. Wie klein dachte er jetzt vielleicht von ihr, die ihm ihr ganzes Leben zu Füßen gelegt hatte in dein Briefe, baß er sie nicht einmal einer Antwort würdigte! War es tief verwundeter Stolz, war cs heftig aus- quellende» Weh, wa» so brennend in ihr emporstieg, baß die Tränen unaufhaltsam über ihre glühenden Wangen rollten? Sie gab sich selbst keine Rechenschaft, sie empfand nur das brennende Gefühl innerer Qual, grenzenloser Verein samung und ohnmächtiger Verzweiflung! Lange, lange saß sie so, still und regungslos, den müden Kopf in die Hand gestützt, und zwischen den heißen Fingern stahlen sich unaufhaltsam die Tränen hindurch. Endlich löschte sic die Lampe aus und huschte ins Bett. Eine bleierne Müdigkeit lastete auf all ihren Nerven, und dennoch fand sie lange keinen Schlaf. Es wälzten sich in endlosen Stunden martervolle Gedanken, schmerz liche Erinnerungen über sie hin, wie ein langer Zug dunkler Wolken, und von Zeit zu Zeit fuhr sie empor aus dem häßlichen Halbschlafe und starrte mit offenen Augen zur Decke empor, einsam, verlassen, und von bitterem Gram erfüllt bis ins tiefinnerste Herz. Am nächsten Morgen brachte ihr der Onkel von der Erpedition der Zeitung, die zum zweiten Male die bewußte Annonce gebracht hatte, einen Brief mit, der ihre Chiffre trug. Mit leisem Herzklopfen öffnete sie das ziemlich große Kuvert von starkem Büttenpapier, das auf der Rückseite ein einfaches, kleines Wappen als Schluß aufwies. ES waren nur wenige Zeilen, von einer festen und sehr energischen Hand geschrieben: „Bezugnehmend auf Ihre Annonce, ersuche ich Tie höflichst, mir am Donnerstag dieser Woche, nachmittags zwischen 5 und 6 Ihren Besuch machen zu wollen, den ich mir vorher freundlichst anzuzeiaen bitte, da ich Sie nicht verfehlen und nicht vergeblich bemühen möchte. Hochachtend Valesca, Gräfin Dronthcim, Tiergartcnstraße 11." Diese wenigen Worte wirkten auf die Gemutsstim- mung Ellas nach der verflossenen Nacht wie ein wunder bares Heilmittel. Alle Sentimentalität, alles Bittere, das noch soeben ihre Seele erfüllt hatte, war wie weggeblascn, eine stolze zuversichtliche Lebensfreudigkeit burchströmte jeden Winkel ihres Gemüt» und ließ sie frei und leicht auf. atmen. Tätigkeit, Selbständigkeit! DaS war c», was ihre Seele vor allen Dingen brauchte, um stark und gesund sich zu fühlen. Für weichliche Melancholie oder träumerische» Sichgchcnlassen hatte sie keine Zett. Ihr Leben mußte einen Zweck, ihre Tätigkeit eine be stimmte Richtung bekommen, sie war im Grunde eine zu gesunde, zu praktische Natur, um sich niederbeugen zu lassen von den Stürmen und Wettern, die ihr GemütSlebcn burchbrausten. ' Ihr ganzer innerer Mensch richtete sich auf in Energie und froher jugendlicher Kraft, als sie der Dame ant wortete, daß sie an dem von ihr bestimmten Tage bereit sei, sich vorzustellen. Die Segenswünsche der ganzen Familie geleiteten sic, als sie am Donnerstag sich aus den Weg machte, und sie wunderte sich über sich selbst, als sie ohne jede' Spur von schüchterner Aufregung pünktlich um 5 Uhr an dem Hoch parterre der eleganten Villa in der Ticrgarteustraße die Glocke zog. Ein höflicher Diener nahm ihre Karte in Empfang und geleitete sie durch mehrere mit ruhiger Vornehmheit ausgestattete Salons in ein kleines, Helles Boudoir, wo eine hohe, in dunklen Stoff gekleidete Dame sie offenbar schon erwartete. Gräfin Dronthcim war eine elegante Frau in dem undefinierbaren Alter zwischen 40 und 50, sah aber be deutend jünger aus mit dem feinen, ungemein distin guierten Profil, den Hellen, lebhaften Augen und den weichen, etwas nachlässigen Bewegungen. In der ganzen Erscheinung der Frau lag eine wundervolle Harmonie, die Ella gleich vom ersten Augenblicke an wohl tat. „Ich würde mich freuen, liebes Kraulein", jagte sie nach den ersten begrüßenden Worten, „wenn wir über alles uns einigen würden, denn Sic gefallen mir. Ich brauche für mein Haus eine zuverlässige Repräsentantin, eine junge Dame, die ich unablässig in meiner Nahe haben, mit der ich alles besprechen kann. Sie werden, so hoffe »ch, niemals das Gefühl haben, sich bei mir in einer abhängigen Position zu befinden, denn ich liebe nichts weniger, als wenn meine nächste Umgebung mir durch irgend Etwas zeigt, daß man mir gegenüber sich uniret fühlt. Die Situation ist klar gegeben. Ich bin viel leidend und kann mich deshalb wenig nm mein Haus kümmern. Dafür brauche ich jemand, der mir und diesem meinem Hause mit der Zeit wirkliches Interesse entgegen- bringt. Ich kann, da ich an den Augen leide, nickt selbst lesen, deshalb muß ick jemand haben, der mir vvrliest, und zwar nicht, weil er cs inuß^ sondern ^wcil er selbst Freude daran empfindet. Lesen Sie gern? „Unbeschreiblich gern!" antwortete Ella, und ihre Augen verrieten zu deutlich, daß dies Zugeständnis keine leere Redensart war. „Tie sprechen und lesen französisch?" „Perfekt, gnädigste Gräfin." „Auch italienisch, wie Ihre Annonce besagt?"
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