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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.06.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020618015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902061801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902061801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
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Morgen-Ausgabe ripWer TaMalt Anzeiger t.-^«tt«I». Truck und Verlag von S. Polz iu Leipzig. Jahrgang Nr. 3V4 Mittwoch den 18. Juni 1902. scheinlich wird in einiger Zeit der König von Serbien vis zu -er Schicht der Bauernschaft herabgeträufelt »tt«««n 8 Z. Fenilletsn «.o.xy v.0. s.0. Haupt-Filiale Dresden: Stnhlenerstraße S. Fernsprecher Amt I Str. 171». Haupt-Filiale Serliu: KSniggrätzerstraße 118. Fernsprecher Amt VI Nr. S3SS. Nedaetiou und Lrpedittour IohanntSgasi, 8. Fernsprecher lk3 und 22L Fittat »vpediti» ne«, Alfred Hahn, Buchhandlg., UatversttSttstr.-, L. Lösche, Katharwenstr. le» ». Ksutg-pl. 7. Der Fürst von Bulgarien an der Newa. V. 8. Fürst Ferdinand von Bulgarien hat mehrere Tage in der Hauptstadt Rußlands geweilt. Er ist vom Zaren mit gewohnter Gastfreundschaft empfangen worden und es wurden ihm alle Ehren erwiesen, wie sie gewöhnlich nur souveränen Fürsten zu Theil zu werden pflegen. Der officiellc Zweck dicker neuen Fahrt ans Gestade der Newa bestand darin, dem Zaren die Einladung zur Enthüllung des Denkmals des Kaisers Alexander II. zu überbringen. Ob der Kaiser Nicolaus der Aufforderung Folge leisten wird, steht noch nicht fest, ist aber durchaus nicht unwahr scheinlich, wenn man bedenkt, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rußland und Bulgarien in lc^er Zeit eine entschiedene Kräftigung erfahren haben. Wie dem indeß sei, die Einladung ist jedenfalls nicht der einzige Anlaß, der -en Fürsten Ferdinand bewogen hat, beim Zaren soeben seine Aufwartung zu machen. Schon das Gefolge von Politikern, das ihn begleitete, spricht dafür, daß wichtige Fragen erörtert werden sollten, die ebenso mit den Dingen in Bulgarien, wie mit den Ereignissen auf der Balkanhalbinscl in Zusammenhänge stehen. Die Entwickelung im Osten Europas macht es wahrscheinlich, daß der Fürst von Bulgarien, ebenso wie der Kaiser von Rußland das Bcdllrfniß nach einer Aussprache empfanden. Der sehnlichste Wunsch des Fürsten Ferdinand besteht bekanntlich in der Erlangung der Künigskrone und in der Proklamirung der Unabhängigkeit seines Landes. Wegen dieser Fragen bemüht er sich seit vielen Jahren, ohne aber bisher den geringsten Erfolg erzielt zu haben. Auch Ruß land hat sich gegenüber diesen Plänen ablehnend verhalten. Die Unabhängigkeit Bulgariens wäre nur denkbar nach einem für die Pforte unglücklichen Kriege, oder sollte man sich zu ihrer Verkündigung früher entschließen, so müßte das Verwickelungen nach sich ziehen, deren Umfang nicht abgesehen werden kann. Das liegt aber keineswegs in der Absicht des Zaren, der ein entschiedenes Interesse daran hat, die Ruhe und den Frieden im Osten Europas so lange als möglich aufrecht zu erhalten. Man wird in Petersburg früher nicht zur Lösung der orientalischen Frage schreiten, als bis in Asien, in Persien und China einigermaßen Ruhe herrscht. Daran aber ist einstweilen nicht zu denken. Im Gegentheil, in China hat die Feindschaft zwischen Rußland und England neue und ergiebige Nahrung er halten und könnte früher als man eS glaubt, zum Aus bruche kommen. Auch in Persien spitzen sich die Dinge zu, sodaß das Zarenreich gcnöthigt ist, sein Pulver für Asien trocken zu halten. Größere Actionen kann es in Europa gegenwärtig nicht beginnen. Wenn Fürst Ferdinand aufs Neue die Vermittelung Rußlands zur Erfüllung seiner Lieblingsidec beanspruchen will, so wird cs wahrscheinlich abermals eine ablehnende Antwort erhalten. Die Verhältnisse sind aber jetzt der Art, -aß diese Ab lehnung in eine milde Form gekleidet werden wird. Ruß land hat Bulgarien nöthig. Das ergiebt sich aus der . ir. 1000:- sei. Die bösen „Freimaurer" sind also wieder einmal an Allem schuld. Nun, selbst wenn dies zutreffend wäre, so wäre es doch immer noch eine große Blamage für die katholische Kirche, daß sie sich nicht als genügend kräftiges Gegengift gegen das freimaurerische Gift bewährt hat. Zum Zweiten aber ist es historisch unrichtig, daß das „libe rale Gift" seit den Tagen Rousseaus ungehindert die gläubige Bevölkerung habe ruiniren können. Die „gott lose" Zeit in Frankreich während der ersten Republik war nur kurz: schon Napoleon I. verschaffte der katholischen Kirche wieder Einfluß, wenn er auch freilich dafür zu sorgen wußte, daß dieser Einfluß nicht über denjenigen seines Casarismus hinausging. In der Restaurationszeit aber vollends, zwischen 1815 und 1830, gelangte die Kirche in Frankreich wieder zur unbedingten Herrschaft und das ganze Land von hoch bis niedrig gab sich einer Frömmelei Yin, wie sie selbst zu den Zeiten, wo Ludwig XIV., weil er nicht mehr sündigen konnte, fromm geworden, kaum vorhanden gewesen war. Nach der Episode des Juli- königthums gewann alsdann unter Napoleon III., be sonders durch den Einfluß der Kaiserin Eugenie, der Kle- rikalismus wieder einen maßgebenden Einfluß auf den Staat. Endlich hatten es die Klerikalen in dem Jahrzehnt zwischen 1887 und 1898 trefflich verstanden, immer mehr an Terrain zu gewinnen, indem sie den Boulangismus und den Antisemitismus sehr geschickt für sich auszubeuteu verstanden. Die katholische Kirche hat also in den letzten fünf Bierteljahrhunderten immer wieder Gelegenheit ge habt, die „üblen" Wirkungen der freimaurerischen Denk weise zu beseitigen, und sie hat es ganz gewiß daran auch nicht fehlen laßen, denn man kann ihr Alles vor werfen, nur nicht Schüchternheit beim Gebrauche ihrer Macht. Hat sic doch, um nur beispielsweise noch einmal auf die Zeit der Restauration zurückzukommen, in dieser Zeit, also noch nicht ein Menschenalter nach der ersten Revo lution, das berüchtigte Sacrilegiumsgesetz durch gedrückt, welches u. A. als Strafe für die Ent weihung heiliger Gefäße den Tod fest- setzte, für die Entweihung der Hostie noch mit der Ver schärfung, daß dem Verurtheilten vor der Hin richtung die rechte Hand abgehaucn werden sollte. Wenn parlamentarische Körperschaften ein halbes Jahrhundert nach Rousseau ein derartiges barbarisches Gesetz annehmeu konnten, so kann ja doch das „liberale Gift" wahrlich nicht sehr tief eingedrungen gewesen sein. Die hier erwähnten mannigfachen Rückfälle des franzö sischen Volkes von einem übertriebenen Freidenkerthum zu einer barbarischen klerikalen Reaction lassen cS übrigens als wahrscheinlich erscheinen, daß die katholische Kirche früher oder später wieder zur Macht in Frankreich ge langt. Zur Zeit hat sic diese Macht unseres Erachtens in erster Reihe deshalb verloren, weil sie zwischen den repu blikanischen und den monarchistischen Bestrebungen ein doppeltes Spiel spielen wollte und gerade dadurch ihre beste Trumpfkarte, die ländliche Bevölkerung, aus der Hand gegeben hat. 8. e»r.v.L7:10I,40 ebenfalls an der Newa vorsprechen, mit dem dann das Weitere beredet werden wird. Ein Anlaß zur Besorgniß liegt in der Annäherung zwischen der russischen Großmacht und den kleinen Balkanstaaten nicht vor. Aber sie bleibt jedenfalls eine vemcrkcnswerthe Etappe in der Gestaltung der ganzen Oricntfrage und sie verdient schon nm des willen aufmerksame Beachtung, weil ein Konflikt im Osten Europas wahrscheinlich alle Großmächte in Mit leidenschaft ziehen würde. . o. . «4. > u. > et. > et. W.V.-8. ».1901 . K,O. Lt. - , O. > <t. u. o. So wurde danu in aller Stille für den nächsten Sonntag das Aufgebot bestellt. — Der Häusler Reinhard ist heut dagcwcscn, trotzdem der Sturm ihn fast zur Erde zu werfen drohte ... und eben jetzt ist er auf dem Heimweg! Tie Kopfwunde beginnt zu verheilen, aber die Wunde im Herzen, die ihm die Ver achtung des Alten schlug, brennt immer weiter! Plötzlich ist es ihm, im hastigen Vorwärtskämpsen, als töne ein Wimmern und Klagen, wie cs Menschen in Todesangst ansznstoßen pflegen, an sein Ohr. Zuerst schüttelt er den Kopf, wie Einer, der sich selbst das Gehörte als Einbildung auszureden versucht: aber da tönt'S wieder, ängstlicher un verzweifelter, und er geht langsam den Tönen nach. Plötz lich steht er still, wie vom Donner gerührt, ein Eichbaum liegt kaum zwanzig Schritte vor ihm, wohl von der Gewalt des Sturmwinds aus dem Boden gerissen, und unter ihm — liegt ein Mensch. Reinhard stürzt zu dem Verun glückten und sieht ihm ins Gesicht. Da geht es wie ein Zucken durch seinen jugcndstarkcn Körper — um Gottes willen, der Oberhosbauer. Eine Secunde treffen sich die Blicke der beiden Männer, wilde Angst und Verzweiflung in des Alten Augen — ein Kamps vom Guten und Bösen gesühnt, in denen des Jungen, 's kommt eine Stunde, die heißt man Vergeltung, und in dieser Stunde rechnen wir Zwei miteinander ab. — Ja, so hatte er damals gesagt, ehe der Alte ihn schlug, nun war sie da, diese Stunde . . . schneller und furchtbarer, als er sie sich gedacht hatte, und er würde sich rächen können, „Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ehre gegen Leben." Er wendet sich kurz zum Gehen. Der Oberhofbauer sagt kein Wort — er mißt den Mann mit seinem Gefühl und weiß, daß er kein Erbarmen zu erwarten hat. Doch da hält der Häusler Reinhard plötzlich inne, ihm ist eS, als sähe er weit zurück, als stünde die todte Mutter an seinem Kinderbettchen und faltete seine Hände mit den ihren, „wenn Dir mal Einer weh thut, Junge, vergelt'- ihm nicht mit gleicher Münz' — 's Ver gelten ist halt unseres Herrgotts Sach'" . . . Und er fühlt den Kuß der welken Lippen, das klopfende Mntterherz, das sich längst von Erdenwch und Enttäuschung in der kühlen Erde auSruht, an dem seinen. Langsam geht er zurück. „Ich Helf' Euch, Oberhosbauer", sagt er mit leiser Stimme und beginnt den schweren Stamm, der den rechten Fuß des Alten zerschmetterte, zu heben. Der Alte beißt die Zähne zusammen und hält'S auS; endlich, nach qual vollen Schmerzen, ist er befreit. Wohlthätige Ohnmacht hält seine Sinne umfangen, und Reinhard nimmt ihn auf den Rücken und trägt ihn heim. Tage und Nächte voll wilder Fieberphantasien folgen für den Oberhofbauer. Der starke Körper des Alten über windet, aber der Fuß ist verloren. Annerose ist seit dem Unglück bei ihm zur Pflege, und sic haben beschlossen, mit der Hochzeit zu warten, bis der Vater ganz gesund sein wird. Endlich ist es so weit. Der Alte hat den ersten Gehversuch mit dem künstlichen Ersatz, fuß gemacht; er ist so anders, wie sonst, kein fragendes Innahmeschluß für Anzeige«: A b tu d-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Moegeu-AaSgader Nachmittag» L Uhr. Anzeige» fiud stet» au dt» Expedition zu richte». Di, Expedition ist Wochentag» mrrmterbrocheu geüsfuet von früh S bi» Abend» 7 Uhr. g. «.o. »0- s.180Ne»t-v. »v. -.1) «L»ks,t-V. lloL ttaril Extra »Beilagen (gefalzt), aar mit der Morgen-Ausgabe, ohu, Postbefürdenmg vü.—, mit Postbesörderuug 70-—* . k>r6. U. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petirzetle LS Reklame» uuter dem RedactioaSstrich (4 gespalten) 7S vor den FamiltLuna«? richte» (6 gespalten) L0 H. Tabellarischer and Htsfeknjay entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen »nd Ossertenaauahme Lä H («irl. Porto). Johannisseuer. Novellcttc von Käthe Lubowski. v'aü druck »«rtotin. „Und deshalb komme ich heute zum letzten Male zu Euch, Oberhofbauer, mit heiligem Ernst und ehrlicher Bcr- gebung für All' das, was Ihr mir in den letzten Jahren angethan habt, weil Ihr doch ihr Vater seid, und frage Euch, wie vor Jahresfrist, wollt Ihr mir nun die Annerose geben, nachdem Ihr einsehen mußtet, bah Euch All kein Wehren hilft?". Klar und fest klangen diese Worte zu dem alten Bauern mit dem eigensinnigen Gesicht, aus dem jetzt die tiefe» Augen unter den buschigen Brauen ZorneSvlitze zu dem Sprecher schlenderten, hinüber; und der sie sprach, war der junge Häusler Reinhard, der noch einmal versuchen wollte, den starren Widerstand des grauen ManneS zu brechen. „Habt wohl ganz vergessen, Reinhard, was ich Euch damals als Antwort sagte", sprach der Anaercdete jetzt ganz langsam, als wollte er jedem einzelnen Worte beson deren Nachdruck verleihen, „wer die Annerose bekommt, muß einen Hof haben, gleich dem meinigen. Ich kann'- verstehen, daß es Euch lockt, so mit einem Schlage vom armen Schlucker zum reichsten Mann im Dorfe naufzurücken — ja — ja — und Übel nehm ich Euch Euer Wünschen und Eure dreiste Zumuthung keineswegs, denn die Jugend ist heut zutage anders geartet, als wir Alten, und hält'- Bettelbrod essen für keine Schänd" ... „Haltet ein, Oberhofbauer", sagte der Junge fast angst, voll, als fürchte er die Herrschaft über seine Selbst- bezwtngung zu verlieren . .. sonst könnte ich'- leicht ver» gcflen, daß Ihr meiner Annerose Vater seid. Der Alte lachte zornig. „Mit schönen Reden fängt eS bet mir nicht . . . na, ja . . . und weil ich - Euch nicht übel nehme, so sag' ich ganz im Guten, gerad' wie im vorigen Jahr ... da, Häusler Reinhard, ist die Thür und La geht bcr schnellste Weg zu Eurem Lchmschloß. . . wenn ich nämlich bös wär — würd' ich den Hund von der Kette lassen, damit er Euch schnelle Füße macht . . Die junge kraftvolle Gestalt tritt jetzt dicht zu dem bebenden Alten . . . „Merkt'S Euch, Oberhosbauer, 'S wird eine Stund' kom men, die man Vergeltung beißt . . . unL in dieser Stund' rechnen wir zwei mit einander ab!" ... Da ist es mit der Fassung des zitternden Alten zu Ende... er hebt den schweren Stock mit dem goldenen Knops, und ehe noch der Zunge ousweichen kann, saust er auf seinen Kopf hernieder. Der Getroffene taumelt zurück und rafft sich dann mit übermenschlicher Kraft empor. . . Auch über Euch und Euer Geld, sagte er mit Anstrengung . . . und baß Jhr'S wißt... ich geb' jetzt — und die ««nerofe, Vderhofbauer, .Uek Llsrk «.v. . s-v. «.0. »o. . «.v. »o. . S.V. »v. »v. ganzen Lage auf dem Balkan, aus den Bündnissen, die sich theils gebildet haben, theils in der Bildung begriffen sind. Die Annäherung zwischen Griechenland und Ru mänien ist eine Thatsache mit der gerechnet werden muß und die ihre Spitze, wenn auch nicht gegen das Zarenreich selbst, so doch gegen manche von ihm geförderte Be strebungen richtet. Bald nachdem die ersten Anzeichen dieser Verständigung zu Tage getreten waren, begann man in Petersburg deu Zusammenschluß der kleineren Slawenstaaten, Serbiens, Montenegros und Bulgariens, zu betreiben, und man hat dabei offenbar Manches er reicht. Eine Zeitlang hieß es, man verhandele über eine Militärconvention zwischen Rußland und den genannten Ländern, die die Verwirklichung des vielbesprochenen Balkanbundes unter dem Protektorat des Zaren darstellen sollte. Sicheres ist darüber nicht bekannt geworden, aber es scheint allerdings, als sei das Ziel einstweilen noch nicht erreicht worden. Fürst Ferdinand war dieses Mal nicht nur vom Minister präsidenten, sondern auch vom Kriegsministcr Paprikvrp begleitet, und dieser Umstand gewährt der Annahme Be rechtigung, daß man die Bündnißfrage wieder in Er wägung ziehen will. Rußland wünscht jedenfalls in Bul garien, Serbien und Montenegro ein Gegengewicht gegen Rumänien und Griechenland zu schaffen, auf das es be dingungslos zählen kann, sollte ein Ausbruch auf der Balkanhalbinscl erfolgen. Daß etwas Derartiges auch gegen den Willen des Zarenreiches denkbar ist, kann für Niemanden zweifelhaft sein, der die Wirren in Makedonien beobachtet hat. Die Russen wollen der bulgarischen Re gierung augenblicklich nicht vor den Kopf stoßen. Das ergiebt sich unter Anderem aus der Rede des Zaren beim Paradediner zu Ehren des Fürsten. Allerdings spielen hier noch andere, weniger die große Politik, als das Ver- hältniß zwischen beiden Staaten berührende Dinge mit. Es verlautet mit Bestimmtheit, man beabsichtige in Peters burg die letzten bulgarischen Emigranten zu beseitigen. Diese Herren sind allmählich unbequem geworden, nament- lich weil sie große Ansprüche machen und durchaus in der russischen Armee dienen wollen. Man hat diese Wünsche jahrelang erfüllt, möchte aber jetzt die meineidigen Osficiere wieder ihrem Vaterlande zuführen, wo sie natürlich eben falls in das Heer eingestellt werden sollen. Merkwürdiger Weise soll man in Sofia dem Wunsche des Zaren dieses Mal sofort Genüge leisten; keinerlei Widerspruch ist laut geworden, obwohl vor einigen Jahren ein Sturm des Un willens sich erhob, als die ersten Emigranten zurückkchrten. Das bedeutet jedenfalls, daß man in Petersburg zu be deutenden Zugeständnissen bereit gewesen ist und einen angemessenen Preis für die Wiederaufnahme der ausgc- wanderten Osficiere zahlen will. Die Reise des Fürsten Ferdinand nach Petersburg dürfte dieses Mal ebenso dem Interesse Bulgariens, wie dem Rußlands entsprechen. Sie hängt im Wesentlichen mit der Staatengruppirnng auf -cm Balkan zusammen. Wahr- fischen Bevölkerung cingctrüufclt morden und jetzt sogar »»Neu. <i. s. u. u. Bezugs-Preis m der Hauptexpedittou oder de» im Stadt bezirk and de» Vororte» errichtete» Aus gabestelle» abgeholt! vierteljährlich <av» — zweimalig« täglicher HufirllNNtz ins Hau» b.bO. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich 8, für die übrige» Länder laut Z,ttuag»pr«i»Üst«. S.L S.L u. u s. 8. lj. L it. 3. a. z. z. r Wort, keine Klage kommt über seine Lippen, nur in den Augen blinkt cs manchmal wie ein feuchter Schimmer, und die Haare sind schneeweiß geworden. Sv nimmt Annerose Abschied . . . diesmal, wie sie meint, für immer. Sie küßt den schlafenden Vater auf die Stirn und geht still hinaus. Morgen ist ihr Hochzeitstag. Heute Abend werden die Johannisseuer ans den Ber gen glühen . .. und da muß der Reinhard und sic auch da bei sein. Ans den Gipfeln sind schon die Rcisighaufen hoch geschichtet, und die Buben und Dirnen ziehen mit Fackeln hinaus. Sic wollen nach alter Litte fürs Gedeihen von Vieh und Ernte ihr Sprüchlein beten, und wer in aller Heimlichkeit einen Schatz hat, der läßt das zarte Geheimnis; in der Jvhannisnacht zum öffentlichen Verlobtsein wer den. Die sich lieb haben, fassen sich bei den Händen und springen vereint über die leise glimmenden Haufen! Dann gehören sie fürs Leben zusammen! Deshalb sind auch Reinhard und die Annerose gekommen. Die Leute, die bislang nur ahnten und wisperten, sollen heute klar sehen und wissen. Die Dämmerung kommt leise gegangen, und die ersten Funken sprühen zum Himmel aus! Um jeden Bergesgipfcl steht ein geschlossener Kreis junger Menschen kinder, und sic sagen ihr Sprüchlein auf. Und dann tritt der Acltestc vor und spricht mit lauter Stimme: „Wer sich für's Leben will heute ein'n. Spring' über die Gluthcn zu Zwci'n." Reinhard und Annerose treten Hand in Hand vor. „Halt!" tönt da eine starke Stimme in den Kreis, und wie sic sich erschrocken nmwcnde», steht die mächtige Ge stalt des Oberhosbauern unter ihnen, kraftvoll und hoch, wie einst, nur daß er anstatt des gesunden — einen Holz fuß trägt. „Hört, Leute", sagt er mit weithin vernehmlicher Stimme, „ich hab Euch was zu sagen. Ich hab' eine Schul wett zu machen an dem Häusler Reinhard, und heut, im Angesicht der Johannisopser mein' ich, wär die rechte Stund' dazu ... Ich hab ihm mein Kind verwahrt, ihn beleidigt und gemißhandelt..." „Hört, hört!" zitterte cs aufgeregt durch die Reihen, doch der Alte fährt unbeirrt fort: „Er aber bat mich gerettet aus Nvth und Todesangst. Und die Stund' wo er mit mir abrechnen könnt', iß ilnn drum zum Legen geworden. Und hier vor Euch Allen, bitt' ich Dir'ü ab, Häusler Reinhard, . . . und bitt' Dich, daß Du mein Kind annimmst aus meinen Händen!" Durch die Menge geht ö wie leises Schluchzen, und zwei Menschenkinder stürzen vor und fliegen an des Alten Brust. „Der Herrgott bat mit mir geredt", sagt er leise zu ihnen, „ein wenig schmerzhaft und scharf, aber ich hab s verstanden." Und er küßte sie Beide nnd legte segnend die Hände aus ihre Häupter: „So verlob' ich Euch denn in Gottes Namen", sagt er feierlich, und hoch empor zur Unendlich» keit lodern die Johannisseuer. geht mit mir . . ." Damit geht er hinaus. . - er, der treue, Willensstärke Mensch, der nichts hat, als sein ehr liches Herz voll heißer Liebe und die beiden, starken Arme, auf die er sich verläßt. Annerose kommt ihm zögernden Fußes entgegen. Als sic den bebenden Mann und die Kopfwunde sieht, au- der langsam ein Tropfen Blut nach dem andern inS Heidekraut sickert, schlägt sie die Häude vorS Gesicht! Fragen thut sie nichts; sie liest die Geschichte neuer Demüthigungen, schlimmer und kränkender, als die anderen Capitel ihres jahrelangen Hoffens und Wartens aus seinen Augen ... sic schmiegt sich an ihn, nimmt seine eiskalten Hände fest in die ihren und sagt leise: „Reinhard, nun müssen wir gehen . . . denn nach dem letzten hab' ich auch nichts mehr beim Vater zu suchen ... so, nimm mich denn ohne seinen Segen für's ganze Leben, ein Scheiden giebt's nicht mehr — arm zu arm — das giebt einen gleichen Klang . . . und elternlos . . . jetzt alle beide!" Und sic sichen bei einander unter der großen Eiche im üppigen Heidekraut und seüen sich fest in die Augen, — zwei Wege führen hier ab! Der eine zu Reinhard s HäuSchen mit den zwei niedrigen Stuben und dem kleinen Stall, in dem das Zicklein wohnt und wenn sie diesen geht, dann wird sie ihn fortan nicht mehr mit offenen, un schuldigen Augen anschauen können — nicht mehr, als eine, die reinen Herzens ist . . . und dann der andere . . der führt zum alten Pfarrer mit den weißen Locken und dem heil'gen Frieden auf der hohen Stirn, der wortlos sagt und bittet: „Kommt her zu mir — alle — die Ihr mühselig und beladen seid". — Wenn sic zu dem geht, und bei ihm als Magd bleibt, bis das Aufgebot bestellt und fällig ist — und dann erst den Weg geht zum Lchmhäuscheu mit dem Zicklein drin — dann halt' sie nicht nöthig, die Augen zu senken, dann ist eS ihr heiliges Recht . . . Und sie wäscht dem Reinhard die Kopfwunde am klaren Bach aus und macht ans ihrem Brusttüchel einen festen Verband. Dann küssen sie sich und sehen sich an, in dem Blick liegt etn zarte- Verstehen, und ein treuer Schwur . . . cr nickt still und sagt „'S ist recht, Annerose, geh' zu dem alten Pfarrer, in sechs Wochen bi- Du bann mein Weib . . ." Und baS Heidekraut knisterte leise unter ihren Schritten . . . und in der alten Etchenkrone flüstert'- wie Segen... Acht Tage sind seither ins Land gezogen, Annerose ist bei dem alten Pfarrer, der sie getauft und eingesegnet har - und wenn er - auch zuerst mit mildem Zuspruch und ernster Mahnung versucht bat — schltcßlich ist er doch ver- stummt. Er, der so oft die stille, geheimnlßvolle Schrift in der Menschen Augen enträthfeln mußte, lernt allmählich die Wahrhaftigkeit und Echtheit dieser Sprache herauv- kennen. Und deshalb wußte er eS auch . . . Das hier ist nicht die Leidenschaft, die sich abkühlt, wenn sic besessen hak. Die Liebe, die nie versiegende, ursprüngliche ist eS, die den Menschen adelt; und wenn sie verkümmern mußte, so starb da- Glück in den Seiden, jungen Herzen oder, wenn er ihnen nicht zu ihrem Recht, zum Segen durch die Kirche, verhilfe, so wandelten sie den Weg der Schande, und der Herrgott könnt' ihn dereinst darob verantwortlich machen. tt. Ü. ü. 2. lt. u. a.' L (128,60^ Deutsches Reich. * Leipzig, 17. Juni. Die „Germania" schreibt: „Ten Toleranz an trag des Centrums hat also der Bundesrath in seiner Donnerstags-Sitzung den „zu ständigen Ausschüssen" überwiesen. Wie lange wohl er -ort ruhen mag ? Denkt man an das Schicksal des seiner Zeit ebenfalls den „zuständigen Ausschüssen" überwiesenen Neichstagsbeschlusseö vom 23. Januar 1900, betreffend die Aufhebung des Jesuitengcseyes, der nun schon länger als zwei Jahre dort ruht, so wird man gut thun, hinsichtlich der Entscheidung des Bundesraths über den Toleranz antrag sich mit Geduld zu wappnen, denn es ist nicht un wahrscheinlich, daß der Bundesrath, um das unangenehme Odium der schroffe«, kalten Ablehnung von sich fern zuhalten, den Antrag ebenso wie den anderen Reichstags beschluß in den „zuständigen Ausschüssen", wenn auch nicht gerade begraben wird, so doch geranme Zeit lagern läßt. Wird er aber dann zwischenzeitlich wenigstens dafür sorgen, daß die Nester schlimmster Unduld samkeit, wie sie z. B. namentlich im Königreich Sachsen bestehen, ansgerottet werden?" — Ja, ja! Das böse Sachsen! Es hat sich sogar durch die Ver fassung dagegen geschützt, daß ihm die Brutvögel der Toleranz, die Jesuiten, ihre Eier in seine Nester legen. Weiter kann man allerdings die Unduldsamkeit nicht treiben. Wie anders würde es werden, wenn die „Germania" mit ihren „frommen" Schützlingen in Sachsen freie Hand hätte und hier nach dem Necepte des Paters de Luca mit den protestantischen „Ketzern" verfahren könnte. Berlin, 17. Juni. (Die französische Bevölkerung und der K a t h o l i c i s m u s.) In deutschen klerikalen Kreisen cmpsindet man zwar das lebhafteste Bedauern darüber, daß selbst der ländliche Theil der französischen Bevölkerung sich bei den Dcpu- tirtenwahlen unzweideutig von dem Klerikalismns los gesagt hat, aber man scheut sich cinzugcstchcn, daß dieser Mißerfolg durch eine falsche Taktik der katholischen Kirche, insonderheit des Vaticans, herbeigcführt worden ist. So will die „Rhein. Vvlksstimme" die Abkehr vom Klerika- lismus zurückzuführen auf das „Gift des Liberalismus", das seit den Zeiten Voltaires und Rousseaus der franzö- Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und Volizei-Amtes -er Ltadt Leipzig. 6. 2 ei o. u. o. u. <1. u. u o. u. c>. u ». u. 2. u u. u. 2. 2. o. o. 6. O. v- 2. 2. 2. 2. 2. O. 6 U 2. o. «. u. - 2. s. N j. s.l>. i. v. «uv. 2. S.V. O. i. 0. »0. m.OpLZ 0.1). «u. t.v. t. o. 6. i. v. (r- «.o. S.V. L «.0. »tt«»«««. ü. O.
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