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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.06.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190206224
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020622
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020622
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-06
- Tag1902-06-22
- Monat1902-06
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.06.1902
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MWgerIaMalt Anzeiger. Amtsblatt -es Königliche« Land- nn- Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes ««- Nolizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Nr. 312. Sonntag 22. Juni 1902. W. Jahrgang. Aus Anlaß der morgen Abend stattfindenden Beisetzung Leiner Majestät des Königs Albert werden unsere Geschäftsräume an diesem Tage bereits rrin S Ahr geschloffen. Die Expedition der Leipziger Tageblatter. An mein N»lk. Tiestranernd stehe ich, stehen wir Alle an der Todten- bahre des besten, edelsten Fürsten, der nicht blos ein Bei spiel für «ns im Frieden wie im Kriege war, sondern anch ei« Landesvater in des Wortes vollster vedentnng. Zagend ergreife ich di« Züg?l der Negierung, denn eines solchen Fürsten Nachfolger za sei«, ist schwer; zagend, aber anch mit festem vertraue« ans Gottes Beistand und ans die Liebe meiner Sachse«. Denn wie ich gelobe, immer im Sinne «nd Geiste meines verewigten Bruders meines Amtes z« walten, so bin ich anch der festen Zuversicht, daß mein Volk, das mich ja kennt, die Liebe, die es dem theuren Entschlafenen gewidmet hat, anch auf mich übertragen wird. Sibyllenort, den LI. Jovi 1VV2. GeoZg. Die Trauer Berlins um König Albert. Q Berlin, 21. Zuui. Der Hintritt König Albert'S ist iu Berlin das Alle« beherrschende Ereigniß des Tages so sehr wie in Sachsen, und nicht weniger sind eS die Leiden gewesen, die daS Schicksal dem herrlichen Manne so lange vor die Pforte zur ewigen Ruhe thürmte. Nachdem der nun Ge schiedene vor sechs Jahren an der Frier des fünfundzwanzig jährigen Jubiläums deS Reiches in Berlin theilgenommen hatte, wurde an dieser Stelle gesagt, die reickshauptstädtische Bevölkerung habe den Sachsenkönig in den Mittelpunkt ihrer Huldigungen gezogen, und es wurde hinzugefügt, daß da« denkende und national empfindende Berlin seit dem großen Umschwung in den RegierungSverhältnifsen, der sich im Jahre 1888 zu vollziehen begonnen, ein feines und klares Verständniß für die Vorzüge deS bundesstaatlichen Charakter- deS Nationalstaates gewonnen habe und daß auS dieser Einsicht heraus König Albert in der Reichshauptstadt in den Besitz einer DolkSthümlichkeit gelangt sei, wie sie in seinem eigenen Lande nicht Übertroffen werden könne. Diese- Urtheil haben damals preußische und haben selbst Berliner Blätter bestätigt. DaS vorbildliche, ja, mehr als da»,da geradezu ideale bundeSsürstlicheWesen.daS drnKönig kennzeichnete, hat das Gefühl absoluter Gemeinsamkeit, unbedingter Zugehörig keit dieses Einzelfürsten zum ganzen deutschen Volke und de» ganzen deutschen Volke- gu ihm erweckt und unerschütterlich werden lasten, so daß — eine seltene Erscheinung — die warme Empfindung sich dem starren Buchstaben der Verfassung, di« ja in der Thal die Gesammtheit der BundeSmonarchen al- Souverän über daS Reich setzt, vollkommen anpaßte. „Er war unser", so sagt sich mit ganz Deutschland Berlin und eS sagt sich'- vielleicht inniger als andere Nichtsachsen. Wa- von der deutschen Haupt stadt iu- Reich dringt, hört sich national meist un- freundlich an, denn die Repräsentation dieser Stadt läßt Diele- zu wünschen übrig. Aber Berlin beherbergt «ine Elite, so zahlreich vielleicht, wie die Gesammtbevolkerung mancher großen deutschen Staaten. Man erkennt ihr Dasein nicht bei Reich»-, nicht bei Landtag-- und auch nicht bei den Gemeindewahlcn, aber sie ist vorhanden; sie bat in großen Augenblicken die Führung dieser riesigen Menschenmenge an sich zu nehmen gewußt und sie wird e» wieder können und unternehmen, wenn Ereignisse eS mit sich bringen sollten, daß die Augen Deutschland» auf die Reich-Haupt stadt sich richteten. Diese- Element fühlte sich in diesen Tagen völlig eins im Leiden mit Sachsen und hat die- vor dem Eintritte de- Tode- König Albert-, nicht zum Wenigsten durch seinen weiblichen Theil, zu erkennen gegeben, indem e- auS dem Nebeneinander der Sterbeseufzer eine- großen königlichen Patrioten und der Studeoteolustigkeit im Westen «ine peiaigend« Dissonanz hrrau-fühltr. E- wäre jedoch ungerecht, die Theilnahme viel weiterer Kreise zu verkennen. Wenn die gesammle Berliner Presse — mit einer einzigen Ausnahme, die der Veracktung an- heimfälll — die Verdienste deS hoben Todten feiert und aufrichtigem Schmerze über den Verlust Ausdruck giebt, so spiegelt, sie die GemülhSstimmuog fast der gesammten Bevölkerung wieder. DaS soldatische Berlin verehrte nicht nur in König Albert den Kriegshelden, es liebte ibn, liebte ihn doppelt als den Feldberrn, der bei Gravelotte der Garde beisprang und späterhin diese jedem Berliner anS Herz ge wachsene Truppe als Befehlshaber neue RuhmeSthalen voll bringen ließ. Zu den großen militärischen Erinnerungen, die an die Person König Albert'S sich knüpfen, gesellt fick die allgemeine Kenntniß seiner weit über die geschriebene Verpflichtung hinauS- reichenden Mitwirkung an der Befestigung des Reiches, der treuesten Hilfeleistung bei der Fortentwickelung des National staates. Nicht als ob im Einzelnen alle die Dienste bekannt wären, die der Heimgegangene als einflußreicher Thronfolger und weiterhin als König dem nach der Schöpfung an der Consolidirung arbeitenden Wilhelm I. und seinem Kanzler erwiesen; aber was die veröffentlichten Acten nickt sagen und waS Bismarck nicht ausdrücklich für den reichS- freudigen Charakter von König Albert'S Staatsauffassung bezeugt, das erhellt schon auS der einen Thatsache, daß der Verblichene eS gewesen, der die Einführung der gemeinsamen schwarz-weiß-rolhen Cocarde für alle deutschen Streiter an geregt hat — eine scheinbare Aeußerlichkeit, in der jedoch jeder Kenner Gesammtdeutscklands tiefen Inhalt erkennen wird. Neben dem ^sondern Danke für diese unschätzbare Versinn bildlichung de natio ialen Zusammengehörigkeit, der Exislc"'; eines deutschen Reiche« gerade im Kriege, lebt die Erinnerung, wie König Albert mehr als einmal Vorwänden, auf die der Partikulismus anderer Stellen sich zu stützen gedachte, durch persönlicheSZurücktreten die Spitze abbrack. Man empfindet hier Wohl, daß die „Voss.Ztg." eher zu wenig als zu viel sagt, wenn sie schreibt; „Keinen zuverlässigeren Bundesgenossen hatte seit einem Menschenalter jeder deutsche Kaiser, als König Albert". Im Anschluß hieran friert das Blatt, wie auch andere kiesige Zeitungen thun, den Verstorbenen als Rathgeber „jedes" Kaiser-. Unterrichtete bezweifeln, daß der König in den letzten zwölf Jahren in die Lage versetzt worden sei, in wichtigeren Fragen seine Weisheit und Erfahrung in den Dienst der ossiciellen Reichspolitik zu stellen; an der Bereitschaft zum Rathertheilen hat er eS keinen Augenblick fehlen lassen. Rathschläge entgegenzutragen, wäre vielleicht nutzloses Beginnen gewesen; jedenfalls lag eine Initiative solcher Art nicht in der Natur deS Monarchen, dessen Schlichtheit und Bescheidenheit wir beispiellos nennen müßten, hätten wir nicht das Glück erlebt, wie ihn Kaiser Wilhelm I. in stiller Größe wirken zu sehen. Aber König Albert bat den ersten Kaiser um vierzehn Jahre überlebt und seine Weise hat den von nie verstummendem poltitischen Jahrmarkts lärm umtosten Berlinern beiße Sehnsucht, einen wahren Hunger nach der stillen Art des Regierens erregt. Man hat hinter der Ruhe und Zurückhaltung deS Sachsenkönigs keinen Augen blick geistige Beweglichkeit und Kraft vermißt und der König hat nur einmal ernsten Widerspruch herauSgesordert, als nämlich daS bei seiner Thronbesteigung an BiSmarck gerichtete Schreiben bekannt wurde, in dem der Sieger von St. Privat, der Held von Beaumont und Paris, von sich sagt, er babe nur „al- unterer Werkmeister am Werke unserer Zeit, dem wiedererstandenen deutschen Reiche," mitgebolfen. Das deutsche Volk streicht diese Worte für den Fürsten, der als Meister am Bau des Reiches geschafft, und es verkehrt sie in ihr gerade- Gegentheil für den Miterhalter des Werke-. Aus der Woche. Während tiefer und tiefer Trauerschatten über unser Land sich senkten und ganz Deutschland innerlich verdüsterten, haben im Westen deS Reiches Veranstaltungen statt gefunden, die zu zahlreichen rednerischen Kundgebungen Anlaß boten. Nachdem in Sibyllenort das Letzte ein getreten, hat der Kaiser durch tbeilweisen Verzickt auf seine weiteren Neisepläne sich auch äußerlich den Leid tragenden angeschlossen, obwohl ihm der Entschluß wegen der Enttäuschung, die er vielen seiner harrenden Städten bereitete, schwer gefallen sein muß. Die zahlreichen kaiserlichen Ansprachen der letzten Tage werden vielleicht, wenn das Alltägliche dem nationalen Schmerze sein Recht wieder abgerungen haben wird, Erörterungen und Beurtheilungen sehr verschiedener Art herbeifübrrn. Heute mag au- der Menge des Gebotenen nur die Tbatsache, die „Enthüllung" herau-geboben werden, die da- Reich-oberhaupt in seine große Aachener Rede einstocht. Danach bat der Papst, der „heilige Vater" sagte der Kaiser, nicht mit dem Bekenntnisse zurückgehalten, daß er, der Papst, „stet- hoch gedacht von der Frömmigkeit der Deutschen, zumal de- deutschen Heeres." Dann hat Leo XIII. seine Ansicht dabin kundgegebeu: „DaS Land in Europa, wo noch Zucht und Ordnung und DiSciplin Kerrsche, Respekt vor der Obrigkeit, Achtung vor der Kirche, und wo jeder Katholik ungestört und frei seinem Glauben leben könne, daS sei da- deutsche Reich und daS banke er dem deutschen Kaiser." WaS di« Eomplimentr anlangt, vielen Dankl In der deutschen ultramontanen Presse und in der mündlichen Agi tation der Capläne sizurirte lange Zeit hindurch und figurirt gelegentlich noch beute das deutsche Heer als Schule der Zuchtlosigkeit und Quelle der VolkSverderbniß und unserem Lande, als dem Luther's und BiSmarck'S, wurde und wird an den gleichenStellen auch nicht viel Gutes nachgesagt. Diese Stellen werden den Widerspruch, in den der Papst sich zu ihnen gesetzt hat, schon zu escamotiren wissen, indem sie vielleicht nicht ohne Berechtigungsgrund anführen, der Papst habe es mit seinem Lobe nicht so ernst gemeint. Als sicher darf gelten, daß es dem greisen Herrn auf dem Stuhle Petri bei diesem AuSspruche vor Allem darum zu thun war, dem „vereins gesetzlichen" Frankreich „eins auszuwischen". Deshalb wird Frankreich doch die „erste Tochter der Kirche" bleiben und Deutschland, auch das katholische Deutschland, das Aschenbrödel, und der Zweibund wird von Rom aus mit allen Kräften ge fördert und, wenn es gerade paßt, auf seinen eigentlichen Zweck, wenigstens den Frankreich und — der Curie vorschwebenden Zweck, den Vernichtungskrieg gegen das hochbelobte deutsche Reich, aufmerksam gemacht werden. Wir in Sachsen können unS etwas zu aule thun auf die Anerkennung des Papstes, daß im deutschen Reiche, zu dem wir ja gehören, jeder Katholik ungestört und frei seinem Glauben leben könne. Nach der Versicherung ultramontaner Blätter und Parlamentarier ist Sachsen bekanntlich ein Land, das sich den Katholiken gegen über in der Rolle deS Kaisers Diocletian gefällt, nämlich eines Diocletian, wie ihn die ofsicielle römische Kirchen- geschichie schildert, wie er aber nicht gelebt hat. Die „Germania" zeigt Sachsen erst beule wieder in diesem-Lichte. Es dürste sich aber laum empfehlen, daS päpstliche Zeugniß als Keule gegen d-e deutsck-ultramonranen Ankläger benutzen zu wollen. Unser gute« Recht, unser gutes Gewissen, so denken wir, bilden eine ausreichende Armirung. In der bayerischen Abgeordnetenkammer hat sich der CultuSmmister v. Landmann sehr entschieden dagegen erklärt, andere als humanistisch gebildete einheimische junge Leute zum juristischen Studium zuzulassen. Sämmtliche Berliner Blätter sind darüber sehr ungehalten und machen der bayerischen Unterrichtsverwaltung ParticulariSmuS zum Vorwurf. Nun ist richtig, daß Herr v. Landmann sich befremdend kühl über die studentische Freizügigkeit ausgelassen bat, und es ist auch zutreffend, daß Bayern durch die Einsübrung einer Zwischenprüfung seinen Juristen den Besuch einer nichtbayerischen Hochschule erheblich erschwert hat. Was aber die Frage, um die es sich in München hauptsächlich handelte, anlangt, die gymnasiale Vor bildung, so ist es Preußen gewesen, daS mit der Zulassung der Realgymnasiasten, sogar der Abitu rienten von nicht einmal Latein treibenden Schulen, an gefangen hat, die deutsche Gleichförmigkeit in einer kulturell wichtigsten Hinsicht zu zerstören. Nur die Ordnung deS juristischen Studiums ist in den verschiedenen deutschen Ländern verschieden gewesen, die Vorbedindungen der Zulassung zu diesem Studium waren jedoch allen Staaten gemeinsam, bis Preußen mit außerordentlicher Hast und, wie eS scheint, ohne ein Einvernehmen mit anderen Regierungen auch nur zu suchen, auf tief einschneidende Neuerungen sich einließ. Sachsen wird seinem Beispiele wohl so wenig folgen wie Bayern. Es hieße daS von uns schon angeführte, als Vermächtniß zu ehrende Wort unseres dahingegangenen Königs: „Gott erhalte unS die humanistische Bildung, ich werde für sie kämpfen bis an mein Ende", nun dieses Ende leider gekommen, geradezu mißachten, wollte man die Juristen, denen eine führende Stelle im Staatsleben nicht genommen werden kann, von der Erwerbung humanistischer Bildung entbinden. Deutsches Reich. Berlin, 21. Juni. (Bureaukratismüs sind deutsche Ostmarkenpolitik.) Bekanntlich gehört zu den Mitteln, die der Erhaltung des Deutschthums in den Ostmarken dienen sollen, die Unterstützung deut scher Studenten der O st mark durch Stipen dien. Als Maßnahme gegenüber dem polnischen Marcinkowski-Verein ist dieses Mittel ohne Zweifel zu billigen. Wenn an die Gewährung des Ostmarkcn-Sti- pendiums durch den Staat die Bedingung geknüpft ist, daß der Stipendiat nach Bollendung seiner Studien mindestens fünf Jahre hindurch in der Ostmark thätig sein oder das Stipendium zurückzahlen muß, so ist hiergegen sicherlich nichts einzuwenden. Aber in der Ausführung der eben ge nannten Bestimmung zeigt sich, wie wir authentisch mit. theilen können, ein formalistischer Bureaukratismus, der dringend der Abhilfe bedarf. Es kommt nämlich vor, daß deutsche, der Provinz Posen angehörige Stipen diaten die erhaltene Unterstützung auch dann zurück, zahlen müssen, wenn sie ein Amt in den gemischt- sprachigen Bezirken Westfalens annehmen. Selbst die Wirksamkeit an einem Hauptherüe der großpolnischen Agi tation, wie Graudenz cs ist, entbindet einen geborenen Posener nicht von der Verpflichtung, die empfangenen Stipendien zurückzuzahlen. Da die Thätigkeit eines deut- schen Beamten für das Deutschthum in Graudeuz — um bei diesem Beispiel zu bleiben — von derselben Bedeutung ist, wie in Bromberg oder in Schneidemühl, so entspricht es lediglich der Billigkeit, daß die in den gemischtsprachigen
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