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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030423015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903042301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903042301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-23
- Monat1903-04
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M. angesetzte Besuch des KriegShafens von Bizerta bilden, und sowohl in der englischen, wie in der italienischen Presse werden diesem bevorstehenden Er eignis ausführliche Artikel gewidmet, die sich mit der Mittelmeerfrage und der Bedeutung jenes Hafens gegen über den englischen und italienischen Stützpunkten von Gibraltar resp. Maddalena befassen. Frankreich hat ja in der Voraussicht, daß die Frage der Vorherrschaft im Mittelmeere doch einmal mit den Waffen in der Hand durchgekämpft werden mutz, schon eine geraume Zeit durch eine Reihe wichtiger militärischer Maßnahmen dahin gestrebt, in emsiger Arbeit die Ver säumnis langer Jahre nachzuholen, dadurch die Ueber- legenheit Englands zur See auszugleichen und sich gleich zeitig vor einer Ueberrumpelung durch den italienischen Nachbarn zu schützen. Ob ihm dies Streben mit seiner Flotte, besonders England gegenüber, gelungen ist, mag dahingestellt bleiben und läßt sich auch auf dem Papiere schwerlich entscheiden. Anders liegen die Verhältnisse für Frankreich heute an der Mittelmcerküste, wo durch die kürzlich beendeten fortiftkatorischen und baulichen Ver änderungen in Toulon das Südgestabe deS Mutterlandes ganz erheblich verstärkt und in dem eingangs genannten Bizerta eine Operationsbasis für bto Flotte vorbereitet wird, wie sie besser und sicherer nicht gedacht werden kann. Man hat in Bizerta in verhältnismäßig kurzer Zett und mit nicht übertriebenen Mitteln viel geleistet und noch eine Anzahl von Arbeiten aller Art sind in der Ausführung begriffen. Da jedoch über das, was bisher tatsächlich hier geschaffen wurde, nur ganz unvollkommene Nachrichten veröffentlicht worden sind, dürften hierüber im gegenwärtigen Augenblick einige auf zuverlässiger Information beruhende Angaben von allgemeinem Interesse sein und gleichzeitig dazu dienen, sich einen richtigen Begriff zu machen von -em militärischen Werte, den jener große Mittelmeerhafen heute hat. Die Arbeiten an der Verbreiterung deS Kanals, der das Meer mit dem 30 000 Hektar großen Jnnensee ver bindet, gehen ihrer Vollendung entgegen, ebenso schreitet die Vertiefung des SS Hektar großen Vorhafens fort und an Len zum Schutze dieses Hafens neu angelegten Dämmen wird gleichfalls fleißig gearbeitet. Regste Tätigkeit herrscht in der Militärstadt Sidi-Ab- ballah. Hier sind die Einrichtungen für die unter seeische Verteidigung und die Kohlenlagerräume nahezu fertiggestellt; in dem Kohlenparke können schon jetzt 25-000 Tonnen Kohlen untergebracht werden. Bon den beiden Trockendocks soll' das eine im Juni d. I., das andere, das eine Marseiller Firma baut, im Jahre 1904 vollendet sein; eine neue Kaserne zur Aufnahme von 18000 Mann und ein Lazarett mit 300 Betten sind bereits bezogen. Auch die Pulverfabrik mit ihren verschiedenen Baulichkeiten, die sämtlich in angemessener Entfernung vom Arsenal liegen, und die neuen Elektrizitätswerke sind schon in Betrieb. Was den fortiftkatorischen Schutz BizertaS anlangt, so sind die alten Stadtmauern wertlos und können keinem Angriffe mit modernen Waffen Stand halten. Trotz dem sind sie noch nicht entfernt worden, auch scheint ihre spätere Beseitigung, vor der Hand wenigstens, nicht ins Auge gefaßt zu sein. Im Gegensätze zu den unverändert gebliebenen Stadtmauern sind die übrigen Befestigungen zum Schutze BizertaS gegen Angriffe von der Seeseite unter der energischen und umsichtigen Leitung des Ge nerals Marmier zu erstklassigen Werken ausgebaut und mit schweren Geschützen neu armiert worben. TS finden sich nördlich der Stadt die FortS El Koudia, Aln- Roumi, Saint-Jean und Djebilet-Rara, im Süden die FortS Ehrek, Gr-Kemel und Tr-Roumanbia, und als Hauptredutt dieser gesamten Anlagen dient da» Fort Spanien, daS, an einem der letzten Abhänge deS Kap Blanc gelegen, die Reede und die Stadt Bizerta be herrscht und gleichfalls in erheblichem Umfange erneuert worden ist. Während die vorbezeichneten Befestigungen in ihrem gegenwärtig modernisierten Zustande aller Wahrscheinlichkeit nach ausreichen dürsten, um einen An- griff auf Bizerta von der Seeseite her und Landungsoer- suche in der Nähe de- HafenS siegreich zurückzuschlagen — Unternehmungen, die gelegentlich der vorjährigen Flottenmanöver nach dem Urteile deS Admirals Ger vais keine Aussicht auf Erfolg gehabt haben würden —, sind Bedenken entstanden und auch wiederholt zur Sprach« gebracht worben, ob das Arsenal von Gidi-Abdallah, -a- 18 Kilometer vom Meere entfernt liegt, gegen «inen feindlichen Vorstoß von der Landseite her hinreichend ge- schützt sei. Namentlich ist auf die Gefahr hingewiesen worben, die der Mtlttärstadt für ben Fall erwachse, daß ein ans der «attsette bet Medjerbah gelandeter Gegner sich de» Eifeuda-nkvoteupunkteS von Djebüda bemäch tigen, dann die Höhen von Mateur ersteigen und von hier aus mit seiner Artillerie nicht nur das Arsenal, son dern auch die im Jnnensee vor Anker liegenden Schiffe unter Feuer nehmen würde. Zum Schutze gegen diese Schwächen der Verteidigung BizertaS liegen zwei Projekte vor, von denen jedoch zur Zeit noch keins die Zustimmung an maßgebender Stelle gefunden hat. Wäh rend der eine der in Rede stehenden Vorschläge dahin geht, eine einzige zusammenhängende Gruppe befestigter Werke auf denjenigen Höhen anzulegen, von denen aus die Arsenalgebäude sowohl wie die Eisenbahn beherrscht werden können, will das andere Projekt alle diejenigen Stellungen fortiftkatorisch verstärken, die den großen See umgeben. Gegen die Ausführung deS letztgenannten Entwurfes wirb, abgesehen von -en ungeheuren Kosten, die damit verbunden wären, geltend gemacht, daß auf diese Weise ein großes verschanztes Lager geschaffen würbe, das eine Besatzung von mindestens 30 000 Mann erforderte und dessen Mittelpunkt ein See bilden würbe, dessen Verbindung von Ufer zu Ufer weder sehr bequem, noch Lurch einfache Verkehrsmittel ohne weiteres zu er reichen wäre. Aus vorstehender Skizze von dem aktuellen Staube beS Ausbaues BizertaS erhellt, daß dieser KriegShafen dermaleinst im Entschetbungskampfe um die Vorherrschaft im Mtttelmeere sehr wohl zu einer hervorragenden Rolle berufen sein dürfte. Jedoch darf hierbei nicht außer acht gelassen werben, daß England in voller Erkenntnis der ihm hier drohenden Gefahr erst kürzlich großartige Pläne zur Umgestaltung und wetteren Verstärkung Gibraltars ausgearbeitet hat, deren Kosten auf 180 Mil lionen Mark veranschlagt sind, und daß auch Italt en zum Schutze seiner Häfen gegenüber dem nahen Bizerta unlängst den Gedanken der Anlage eines befestigten Lagers auf dem Hochplateau von Eastrogiovamie an geregt hat. Deutsches Reich. --- Berlin, 22. April. (DieliberalenParteien und das Zentrum.) Die „Kölnische Zeitung" hatte dem Führer der Freisinnigen Bolkspartei vorgeworfen, er verkrieche sich gegenüber unerträglichen Anmaßungen der Hierarchie und halte den Blick, wo er der ZentrumSkrücken bedürfe, starr auf die Kirchtürme gerichtet. Darauf entgegnet das Organ des Herrn Richter mit Angriffen auf die nationalliberale Partei. Das Blatt schreibt: „Wir wüßten nicht, wo die Freisinnige Volkspartei gegenüber „unerträglichen Anmaßungen der Hierarchie" es unterlassen hätte, Stellung zu nehmen. Das Geschreibsel der nationalliberalen Presse gegen die Zentrumspartet ist für die Mandate dieser Partei un schädlich. Dagegen wirkt die nationalliberale Partei auf die WahlvonZentrumsmännern hin durch die Art, wie sie die Freisinnige Bolkspartei beispielsweise in Wiesbaden bekämpft. Durch Rücksichten auf Stich wahlen hat sich die Freisinnige Volkspartei nirgends in ihrer Politik bestimmen lassen." Wir sind bereit, dem Ge dächtnisse des führenden volksparteilichen Organs etwas aufzuhelfen. Das Kanzeledikt des Bischofs von Trier war doch wohl eine „unerträgliche Anmaßung der Hierarchie". Gegen diese Anmaßung hat die Frei sinnige Volkspartei allerdings, wenn man an -em Worte kleben will, „Stellung" genommen; aber sie hat es in einer so matten und verklausulierten Weise getan, daß sie besser geschwiegen hätte. Wenn alle nicht-klerikalen Parteien nach demselben Rezepte verfahren wären, so hätte die preußische Regierung vielleicht keine so großen An strengungen gemacht, den Widerruf -es Erlasses durchzu setzen. Diese mattherztge Haltung der sonst gar nicht so bescheidenen Freisinnigen Bolkspartei ist nicht nur von der „Köln. Ztg", sondern allgemein auf das Konto der volks parteilichen Furcht vor der Entziehung des klerikalen Wohlwollens bei den bevorstehenden Wahlen gesetzt wor den. Das Zentrum hat denn auch bereits im Wahlkreise Lennepp-Mettmann beschlossen, von vornherein für Len freisinnigen Bewerber einzutreten, und es dürfte sich auch trotz eines entgegenstehenden offiziellen Be schlüsse- in manchem schlesischen Wahlkreise der Volks- Partei gnädig erweisen, wie eS schon so oft die Richtersche Partei in Schlesien unterstützt hat. Die Parteigenossen deS Herrn Richter haben eS auch an dankbarer An- «rkennung gelegentlich nicht fehlen lassen; wenn beisptelS- weise bei den Wahlen von 1890 in dem zu 60 Prozent evan- gelischen Wahlkreise BreSlau-Neumarkt der Zen trumskandidat Freiherr v. Huene obsiegte, so hatte er dies den in der Hauptwahl abgegebenen 2000 freisinnigen Stimmen zu verdanken. Wenn nun die „Freisinnige Zei tung" den Spieß mnkehren will, indem sse behauptet, die Nattonalliberalen förderten im Wahlkreise Wiesbaden da» Zentrum, so ist die- «in sehr unglücklicher Versuch der Verschiebung deS Streitpunktes. Die Aufstellung eine eigenen nattonalliberalen Bewerbers in Wiesbaden er scheint, so weit das Zentrum in Frage kommt, um so un bedenklicher, als da- Zentrum bei den letzten allgemeinen Wahlen um 2700 Stimmen hinter dem sozialdemokratischen und um 2800 hinter dem freisinnigen Bewerber zurück geblieben ist. Gelingt «S -em nationalliberalen Kandi daten, dem freisinnigen Bewerber viele Stimmen ab- wendig zu machen, so wird eS mit dem Sozialdemokraten in die Stichwahl kommen, andernfalls, wie 1898, wird sich die Stichwahl zwischen dem freisinnigen Kandidaten und dem Sozialdemokraten abfvielen. Die Haltung der Na- ttonalltberalen dem Zentrum gegenüber ist jedenfalls in Wiesbaden genau so klar wie überall, und wir könnten nur wünschen, daß auch bi« Haltung d«S radikalen Liberalis mus gegenüber ebenso klar und zuverlässig wäre. Die Macht des Klerikalisomö wäre dann voraussichtlich nicht ganz so groß, als sie in den beiden letzten Jahrzehnten geworden ist. H Berlin, 22. April. (Sozialdemokratische Fürsorge für das Wohl der Arbeiter.) Eharakteristisch daftir, wie es in Wirklichkeit mit der von den Sozialdemokraten für sich allein in Anspruch ge nommenen Fürsorge für das Wohl der Arbeiter steht, ist das Verhalten der sozialdemokratischen Fraktion gegenüber der jetzt im Reichstage zur Beschlußfassung stehenden Novelle zum Krankenversiche rungsgesetze. Obwohl die Novelle ben Arbeitern sehr erhebliche Vorteile in Aussicht stellt, insbesondere die Beseitigung der Lücke zwischen dem Ablaufe der Kranken- und dem Beginn der Invalidenversicherung, haben die Sozialdemokraten doch in der Reichstagskommisston dem Zustandekommen der Novelle die erheblichsten Schwierig keiten bereitet und sich sogar gegenüber den Vorschlägen im ganzen feindlich gestellt, teils weil ihre weitgehenden Anträge grundsätzlicher Natur bet diesem auf dem Boden des geltenden Krankenkassenrechts stehenden Einzelakte der Gesetzgebung naturgemäß a limine zurückgewiesen werden mußten, vornehmlich aber weil in der Novelle auch die Aufsicht über die Verwaltung der Kassen ge bührend berücksichtigt ist. Wenn die Sozialdemokraten gegen die bezüglichen, sehr harmlosen Bestimmungen deS Entwurfs angeblich im Namen der Selbstverwaltung aufs schärfste losgegangen sind, so ist dies ausschließlich auS dem Grunde erfolgt, weil sie davon Schwierigkeiten bei der Durchsetzung ihrer Absicht befürchten, die als Wohl- fahrtseinrichtungen gedachten Krankenkassen zu Werk zeugen und Stützen ihrer Partei- und Machtbestrebungen zu machen. Daß dies ein arger Mißbrauch der Kassen sein würde, bedarf für jeden unbefangen Denkenden keines Beweises. Es konnte sich angesichts der bereits vielfach in die Praxis umgesetzten Tendenzen der Sozial demokratie eigentlich nur darum handeln, ihnen im Wege der Gesetzgebung durch Stärkung der Rechte der Aus- sicht oder Maßnahmen ähnlicher Natur einen wirksamen Riegel vorzuschieben. Aber für die Sozialdemokraten hat die Möglichkeit, diesen schnöden Mißbrauch ungestört fortzusetzen, solchen Wert, daß ihnen dagegen die großen Vorteile, die den Arbeitern auS der Verabschiedung der Novelle erwachsen würden, wett zurückstehen. Beson deren Zorn hat bei den Sozialdemokraten ein von der Kommission deS Reichstages beschlossener Zusatz hervor gerufen, nach dem die Rechtsverhältnisse der Angestellten der Kassen durch feste Ordnungen, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde unterliegen, geregelt werden sollen. Das ist an sich ein durchaus richtiger und zweckmäßiger Ge danke, und seine Einführung in das Krankenkassen gesetz empfiehlt sich um so mehr, als die sozialdemokra tischen Kassenverwaltungen nur zu geneigt sind, die gröbste Willkür gegen die Angestellten zu üben und diese wie rechtlose Heloten zu behandeln. In wie hohem Maße dies der Fall ist, hat jüngst erst wieder der lehrreiche Vorgang bei -er Krankenkasse der Berliner Tisch lerinnung gezeigt. Hier hat der sozialdemo kratisch beherrschte Holzarbeiterverband die sämtlichen Vertreter -er Arbeitnehmer bei der Kassenverwaltung gestellt und verfügt so über eine Zweidrittelmehrheit in dieser Verwaltung. Infolgedessen sind alsbald die jenigen Angestellten ohne weiteres an die Luft gesetzt worden, die sich bisher dem genannten sozialdemokra tischen Arbeiterverbande nicht angeschlossen und auch sonst ihre freie Zeit nicht in den Dienst der sozialdemokratischen Bestrebungen gestellt hatten. Gegenüber einem solchen Terrorismus sozialdemokratischer Kaflenverwaltungen ist die Gewährung eines gesetzlichen Schutzes für die An gestellten nur zu sehr ein Bedürfnis. Gleichwohl haben die sozialdemokratischen Mitglieder der betreffenden Reichstagskommisston unter Zustimmung der sozial demokratischen Parteipresse jenen vom Zentrum aus gegangenen Antrag so scharf bekämpft, daß sic für den Fall seiner Aufrechterhaltung die ganze gesetzgeberische Vorlage als für sie unannehmbar erklärten. Damit ist von neuem klar bekundet, daß die Sozialdemokraten sich ausschließlich von ihren Machtbestrebungen letten lassen und daß sie die Wohlfahrt der Arbeiterschaft ver hältnismäßig so gering achten, daß sie lieber ein für diese so wohltätiges Gesetz, wie die Novelle zum Krankenkassen gesetz, verwerfen, als kleine Schwierigkeiten für die Durchführung dieser Machtbestrebungen in ben Kauf nehmen wolle». Berlin, 22. April. Der Verein Reichs- Wohnungsgesetz hat soeben Bericht über sein fünftes Geschäftsjahr (1. Januar bis 31. Dezember 1902) erstattet und gleichzeitig eine Uebersicht über die Be- wegung für eine RetchswohnungSreform gegeben. Mit Recht wirb darin festgestellt, daß der Grundgedanke des Verein-, nämlich der Bedanke einer planmäßigen Reiorm unter Führung und Vorantritt des Reiche», sich immer mehr Bahn bricht und baß insbesondere immer mehr erkannt wird, wie sehr eS darauf ankommt, nicht bloß da- Reich zur Tätigkeit aufzurufen, sondern unter seiner Führung alle zuständigen Stellen zur Tätigkeit zu vereinigen. Der Ausbreitung dieser Gesichtspunkte war die Tätigkeit be» Verein- ReichS-WohnungSgesetz im vorigen Jahre mit großem Eifer gewidmet. Auf wissen schaftlichem Gebiete veröffentlichte der Verein zwei Schriften, die zu dem von ihm herauSgegebenen Sammel- werk über die Wohnungsfrage gehören, nämlich die Schrift „Bedeutung der Bauordnungen und Bebauungs pläne^ vom Geh. vaurat Stübben und „Die Deutsche Wohnungsstatistik" von vr. K. Seutemann. Auf dem Gebiete der Propa-anda deS Verein- ist -» er wähnen die Teilnahme an dem internationalen Woh- nungSkongreß und an dem VerbandStage der Bau genossenschaften, sowie die Kundgebung de» Vereins selbst im Gewerkschaftshause zu Frankfurt a. M. Endlich hat -er Verein im Berichtsjahre -te einleiten-en Schritte zu -er geplanten größeren Wirksamkeit nach außen getan. E» handelt sich dabei um die Veröffentlichung eine» zu-! sammenfassenden R e f or m p r og r a m m s,' bas der Geschäftsführer -es Vereins, vr. K. v. M a n g o l d t, als Privatarbeit, aber im Auftrage des Vereins, verfaßte und im „Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik" erscheinen ließ. Dieser Programmentwurf liegt hervor ragenden Kennern der Wohnungsfrage zur Prüfung vor; sobald letztere erfolgt ist, wird die Sachverstänoigcn- kvnferenz über das Programm stattfinden. Schon für das Jahr 1904 hat der Verein die Abhaltung eines nationalen deutschen Wohnungskongresses ins Auge ge faßt. Die Mitgliederzahl des Vereins betrug Ende 1902 74S. Davon sind aber eine ganze Reihe Landesversiche rungsanstalten, Mietervereine, evangelische Arbeiter vereine, Spar- und Bauvereine usw., sodaß der Kreis der für den Verein Reichs-Wvhnungsgesetz interessierten Personen ein recht erheblicher ist. Im Vergleich aber mit der praktischen Bedeutung, welche die Wohnungsfrage für Millionen hat, sollten noch viel weitere Kreise, ins besondere auch Einzelpersonen, sich für den Verein interessieren. * Berlin, 22. April. (Eine Taktfrage.) Der „Südd. ReichSkorr." wird von hier geschrieben: Der deutsche Kronprinz verdankt eS einem freundlichen Geschick, daß die von politischen Sorgen nicht beeinträchtigten JünglingSjahre ihm mehr, als einst seinem kaiser- lichen Vater zugemeffen sind. Er selbst wird die ihm noch vergönnte Jugendfreibeit zu schätzen wissen und sicherlich keine Neigung empfinden, die schönen Tage, deren Grenze ohnehin in nicht allzulanger Frist erreicht sein muß, ohne Not abzukürzen. Da- mögen sich alle in- und ausländischen Kreise gesagt sein lassen, die schon vor der Zeit den jungen Kaifersobn in ihre politischen Be rechnungen hereinzieben möchten, sei e», daß sie ibn al» Statt- balter nach Straßburg zu schicken oder mit einer oder der anderen Prinzessin zu verheiraten beschlossen haben. An den Statthalterposten hat kein Beteiligter gedacht und die VermäblungSfrage ist doch gerade in viesem Falle gar nicht dringlich; wenn sie einmal gelöst wird, be währt sich den bisherigen Prophezeiungen gegenüber am Ende die Weisheit de» Satzes: „ES kommt immer anders". Wie sein« kaiserlichen Eltern, kann sich der Kronprinz über den sonderbaren Eiser, ihm öffentlich Bräute zur Auswahl vorzujchlagen, leicht binwegsetzen. Aber die naheliegende Rücklicht auf die dergestalt schon namhaft gemachten und etwa noch namhaft zu machenden jungen Prinzessinnen, von denen es vielleicht keine wird — und doch nur eine eS werden könnte — sollte auf die unerbetenen EhestiftungSversuche in der Presse, voran der englischen, mäßigend wirken. (-) Berlin, 22. April. (Telegramm.) Der Kaiser be sichtigte gestern bei der Rückkehr vom Garde-Train-Bataillon ein vor dem Schloß ausgestelltes Phantom zu einem Denkmal de» Admirals Coltgny. Zur Abendtafel waren keine Ein ladungen ergangen. — Heule morgen um 8 Uhr 10 Min. resste der Kaiser, wie gemeldet, vom Anbalter Babnbof nach Gotha ab. Im Gefolge deS Kaiser- befinden sich Hof marschall v. Trotha, die Flügeladjutanten Oberstleutnant v. Plükkow und Major v. Frieveburg und Stabsarzt Or. Niedner. (-) Berlin, 22. April. (Telegramm.) In der heutigen BundeSratSfitzung wurde dem AuSschußberichte über de» Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung deS Nachtrages zum ReichShauShaltSetat für daS Jahr 1903 die Zustimmung erteilt. G Berlin, 22. Avril. (Telegramm.) Dem Kapitän Tchcder, beauftragt mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Chefs der Knuzerbivision auf der ostamerikanischen Station und Kommandant de- Kreuzer» „Bineta", ist der Rote Adler» Orden 2. Klasse mit Eichenlaub, dem Fregattenkavitän Oriol», Kommandant Les Kreuzers „Gazelle", der Rot« Adler-Orden 3. Klosse mit der Schleife, dem Korvettenkapitän Wurmbach beim Admiralstob der Marine die Königliche Krone zum Roten Adter»Orden 4. Klasse, dem Kapitänleutnant Türk, erstem Olfizier des Kreuzers „Gazelle", bisher zur Verfügung des Chefs der Kreuzerdivlsion auf der ost amerikanischen Station, dem Kapitäuleutnant Michelsen, Adjutant beim Kommando der Marinestation der Ostsee, biSi er erstem Oifizier deS Kreuzer» „Gazelle", dem Kavitänleutnant v. Lcvctzow, Asmi» ratSstabSosfizier beim Stabe der Kleuzerdivision aus der ostameki- kanijchen Station, dem Kapitäuleutnant Secbohm, erstem Offizier des Kanonenbootes „Panther", und dem Marineoberingenienr Otto vom Stabe de» Kreuzers „Bineta", der Rote Adlerorden 4. Klasse, dem Kapitän Schrö-er, Abteilungsvorstand im Abmi» ralsstab der Marine, der «roaen-Orden 2. Klasse und dem Marineoberzahlmeistrr Kunz vom Stabe de» Kreuzer» „Bineta" der Kroaea»Ordeu 4. Klasse vrrlieheu wordru. — Reich»tag»ka«didat«rea: Für den Reichstag-Wahlkreis Eloben-Lü b ben wurde Prinz Heinrich zu Schünaich-Ca» rolath (natl.) wieder ausgestellt. Er hat die Kandidatur ange nommen. — Ja Jrna»Neustadt»Blankenhain haben die reich-treuen Parteien de» Wahlkreise» sich aus den RitterqutSpächter Lehman» in Waltersdorf geeinigt trotz deS Widerspruch» der Leitung de» Bunde- der Landwirte, der au der KaiUldalur des Bürgermeister» Gottschalck festhalteu wollte. C> köut»S-erG, 22. April. (Telegramm.) Wie di« „KönigSb. Hart. Ztg." meldet, ist der hiesige Erste Bürgermeister Kört« in da» prevßisch« H«rr«uhau» berufen worden. D Gotha, 22. April. (Telegramm.) Der Kaiser traf heute mittag kurz nach 1 Uhr auf dem hiesigen Bahn hofe eia, wo er von dem Herzoge und dem Regenten, Erbprinz zu Hohenlohe-Langenburg, empfangen wurde. Nack Vorstellung de» beiderseitigen Gefolge- begaben sich die Herr schaften im offenen Wagen nach Schloß Friedeastein, wo FrühstückStafel stattfand. Auf dem Wege durch die festlich geschmückte Stadt wurde der Kaiser lebhaft begrüßt. D Gifeaach, 22. April. (Telegramm.) Der Kaiser ist kur, nach 4 Uhr hier eingetrvffea und am Badnhof vom Großherzog« empfangen worden. Die Herrschaften fuhren nach der Wartburg. Sie wurden auf dem ganzen Wege von der Bevölkerung lebhaft begrüßt. * München, 21. April. Zum Besuche des König» von Sachsen sind folgend« Dispositionen getroffen worden. Der sächsisch« Gesandt« Frhr. v. Friesen wird sich schon am 28. April abends nach Simbach begeben, »m den am 29. April, nachmittag» 2V» Uhr, in Simbach
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