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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030424017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903042401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903042401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-24
- Monat1903-04
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Tabellarischer vnd Ziffernsatz entsprechend Häher. — Eebübren für Nachweisungen und vffertrnannahme Ld (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit ver Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderun« ^l SO,—, mit Postbesörderung 70.—. Anuahmeschluß für Anzeigen: Abead-Au-gabe: vormütag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol, in Leipzig Nr. 205. Freitag den 24. Zlpril 1903. 97. Jahrgang. Lin Trümmerhaufen. Unter dieser Urberschrift schrieb die „Deutsche Evangelische Korrespondenz-; „Am Weihnacht-feste 190t hatte Kaiser Wilhelm II. in Gotha auf eine Anregung d«S dortigen Regieruag-verweser» Erbprinzen von Hohenlohe- Langenburg hin mit großer Wärme sich für eine Einigung der evangelischen Lande-kirchen Deutschland» au-gesprochen. Damit schlug der Kaiser «inen Ton an, der der Sehnsucht der besten Männer der evangelischen Landeskirchen entsprach. Man durfte hoffen, daß »unmehr di« Vorarbeiten, die seit vielen Jahrzehnten in dieser Richtung geleistet waren, zu einem schnellen, glücklichen Abschluß gelangen würden. Ein auf diese Einigung ab zielender Entwurf wurde im vergangenen Jahr« von den Vertreter» der verschiedeaea Lande-kirchen fertiggestelll und sollt« demnächst zur endgültigen Beratung und Annahme in der Eisenacher Kirchrnkoaserenz gelangen. Der Kaiser war sich bei seinem herzlichen Eintreten für den Eiaigung-gedanken vollkommen klar darüber, daß dieses Gebiet mit äußerster Vorsicht zu behandeln sei. Seine Worte waren mit großer Sorgfalt gewählt. Er gebraucht« da- zart« Gleichoi- au» dem Pflanzeuleben vom Weinstock und den Reben. Anderseits bezeichnete der Kaiser die Einigung der evangelischen Kirchen Deutschland» al« „ein hohe» Ziel seine» Leben»*. Unmittelbar vor Erreichung diese» hohen Ziele» faßte des Reich-kauzler- Grasen Bülow unvorsichtig« Hand wieder einmal unvermutet und oha« zwingenden Grund in da» kirchenpolitische Getriebe de» Deutschen Reiche« «in durch di« Ankündigung, daß er di« preußischen Stimmen im Bundes rat für die Abschwächung de» Jesuitengesetzt-fest lege« werd«. Daß mit diesem Geschenk an da« Zentrum eine Hrrau-forderung der evangelischen Landeskirchen ver bunden war, scheint der Kanzler nicht empfunden zu haben, oder er scheint die evangelischen Kirchen zu den für einen modernen deutschen Staat-mann wertlosen Imponderabilien gerechnet zu haben. Noch unvermuteter al» die Antijesuitenbewegung scheint aber dem Kanzler eine zweite Wirkung seiner Bekannt machung gekommen zu sein, die eine direkte Zertrümmerung eine» Liebling-Wunsche- de» Kaiser- zur Folge hat. Für den Zusammenschluß der Lande-kirchen war unter anderen Gründen auch derjenige einer kräftigeren Abwehr ultra- montan-katholischer Uebergriffe durch die neue Organi- salio» maßgebend gewesen. Ferner war ganz naturgemäß und al- einziger gangbarer Weg die Stell« de» Präsi dium- in der neuen Organisation dem Königreich Preußen zugedacht worden, weniger, weil dieser Staat zufällig «ine starke evangelische Mehrheit ausweist, al- au- dem Grunde, weil Preuße» allgemein al- kräftigste» Bollwerk gegen di« ultramontan« Hochflut erachtet wurde und weil di« Hohen- zollern al» di« natürlichen Beschützer de» deutschen Protestau- ti»mu» galten. Bon diesem Gesichtspunkte au» betrachtet, hat das Ver halt«« Preußin» in der Jesuiteufrage wi« «ine Spreng dom b« aus di« Kircheneiniguug gewirkt. Da» Vertrauen zu der kircheapolitischen Führung de» deutschen Protestaati«- mu» durch Preußen gilt al- vollkommen erschüttert. Zu nächst gab dieser Wirkung die evangelische Kirche Mecklen burg- einen offiziellen Ausdruck. In Mecklenburg hatte bereit- da» außerhalb jeder Recht-sphär« liegende Ein greifen de» Reich-kanzler» anläßlich de» famosen „Toleranz antrag«»* in di« speziellen Mecklenburger Verhältnisse einige Erbitterung hervorgerufen. War auch dieser Eingriff formell nur iu der Form eine- persönlichen Schreiben» geschehe», so war da» in diesem Schreiben geäußerte Verlangen nach zuvorkommender Erledigung ultramontaurr Wünsche seilen der mecklenburgischen Herzogtümer in der Sache doch «in mächtiger Druck auf «inen deutschen Kleinstaat, dem dieser sich nicht entziehen konnte. Di« Förderung jesuitischer Wünsch« durch Preußen vollend- hat die Entrüstung zum offenen Ausbruch gebracht. Daher richten sich die kürzlich gefaßten Beschlüsse der mecklenburgischen Synoden in der Hauptsache auch gegen Prenßeu al» Vormacht und gegen Berlin al« den Sitz der geplanten gemeinsamen Kirchenbehörd«. Di« in Mecklenburg zum Au-druck gebrachte Stimmung wird in erster Linie und in vollem Umfange von der evange lischen Kirche de- Königreich- Sachsen geteilt. Maa hat eben in den andere» evangelischen Lande-kirchen wert voller« Aufgaben zu lösen und wünscht nicht durch Preußen genötigt zu werden, vorerst sein« ganz« Kraft der Abwehr de- schleichenden jesuitischen Uebrl- zuwradra zu müssen. Nicht minder vorwurf-voll klinge» di« Stimmen in evangelischen Kreisen der sämtlichen übrigen deutschen Lande-kirchen. Maa rückt sichtlich und empfindlich von Preuße» ab «ad bedankt sich sür dies« Torte preußisch- protestantischer Vormundschaft. Anderseits haben auf den verschiedeaea Kongresse» der letzten Woche« ehrlich« protestan tisch« Mtnner Preußen» von der Betrachtung der kirchen politischen Lage au-gehrnd unter der Hand ihren nicht preußischen Freunden offen das erschütternde Geständnis ab gelegt: „Ich schäme mich zur Zeit, ein Preuße zu sein!* Die Abhängigkeit der obersten preußischen Kirchenbehörden von der allgemeinen Staatspolitik Preußens ist in letzter Zeit so überaus kläglich zu Tage getreten, daß man eS den nichtpreußischea Protestanten nicht verübeln kann, wenn sie sich weigern, sich unter den maßgebenden Einfluß solcher ab hängigen Behörden zu begeben. Da anderseits ein aadere- Präsidium für die geplante gemeinsame Behörde al- da preußische sür völlig au-geschlossen gelten muß, so stehen wir tatsächlich, dank der unvorsichtigen Hand des deutschen Reichskanzler-, vor einem Trümmerhaufen, der einen Liebling-Wunsch des deutschen Kaisers und da jahrzehntelange Streben des deutschen Protestantismus be gräbt. ES wird lange währen und e« werden gewichtige Schritte seitens Preußen- auf dem Gebiete der protestantischen Kirchen- Politik geschehen müssen, bi- e» Preußen wieder gelingen soll, da- Mißtrauen zu beseitigen und eine erneute Inangriff nahme de- kirchlichen Zusammenschluffe- der Evangelischen zu ermöglichen. Preußens Ministerpräsident kennt jetzt die verhängni-vollea Folgen seiner letzten kirchenpolitischen Maß nahmen. Er zeigt den Mut staatsmännischer Weisheit und ändere seinen Entschluß!* Leider kann man dem Verfasser, soweit er die tatsächlichen Verhältnisse schildert, nicht widersprechen. Wirklich regt sich jetzt selbst da, wo man anfangs die Einräumung des Prä sidium- der geplanten Organisation an da» Königreich Preußen al« den „einzigen gangbaren Weg" betrachtete, ent schiedener Widerspruch gegen da- Betreten dieses Weges. Und da- kann nicht befremde», nachdem die obersten preußischrn Kirchenbehörden ihre Abhängigkeit von der allgemeinen preußischen Staatspolitik gerade in einem Falle bewiesen haben, in dem sie hätten bekunde? müssen, daß sie in erster Linie sich berufen fühlten, rin kräftiges Wort zur Abwendung der durch die vom Grafen Bülow beabsichtigten Abbröckelung deS Iesuitengesetzeo über den gesamten Prolesianti-mu« heraufbrschworenen Gefahr zu sprechen. Die Besorgnis, daß gerade Preußen am wenigsten geeignet sei, an die Spitze einer zur Abwehr solcher Gefahren zu schaffenden Organisation zu- treten, wird auch nicht ab gemindert Lurch die Erwägung, daß Graf Bülow nicht ewig Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident bleiben wird. Di« Abhängigkeit der obersten preußischen Kirchenbehörden von den allgemeinen preußischen Staatsbehörden wird bleiben, und eS ist schlechterdings keine Gewähr dafür gegeben, daß nicht rin Nachfolger deS Grafen Bülow au- politischen Gründen mit dem Zentrum paktiert. Ader ist denn wirklich dir Einräumung de- Präsidium» der Organisation an Preußen der „einzige gangbare Weg*? Und muß wirklich, wenn dieser Weg ungangbar ist, auf die ganze Organisation verzichtet werden? Wir dächten, daß gerade di« Vorkommnisse der letzten Zeit di« absolute Notweavigkeit einer Einigung der evangelischen Landes- kirchrn zum Zwecke gemeinsamer Abwehr ultramontaner Uebergriffe bewiesen hätten. Eine Einigung mit Aus schluß Preußens wäre natürlich beinahe zwecklos. Aber sollten di« obersten preußischen Kirchenbehörden nicht gerade jetzt den Wunsch hegen, durch eine Organisation, in dir st« da- Präsidium nicht führen, «in« Rückrnsieifuag zu erhalten, die sie zwingt, der eignen Regierung mahnend entgegeuzutreteu? Wir müßten un« sehr täuschen, wenu nicht gerade der Mangel einer kräftigen Organisation die preußischen Kirchenbehörden davon adgehalten hätte, sich über da- Projekt de- Grasen Bülow vernehmen zu lassen. Jeden falls wäre r- gänzlich verfehlt, wenn man gerade jetzt di« Hände von dem Werk« abziehen und mir stiller Resignation auf einen „Trümmerhaufen* blicken wollte. Die jetzt abgebrochene „Spitze* bedeutet nicht das Fundament. Und diese- liegt «och nicht in Trümmern. Eine ander« Spitz« wird sich am besten in einem Staate finde», wo der Laodesfürst nicht Summepi-copuS ist und infolgedessen die Kirchenbehörden weniger an den Wagen der allgemeinen Landespolitik gebunden sind. Sorge aller berufenen Kräfte muß r» jetzt mehr al- je sein, die vor handenen Fundamente weiter aufzudaurn; di« rechte Spitz, findet sich dann ganz von selbst. Vie auffteigende Bewegung unseres Wirtschaftslebens. H Als ungefähr vvr Jahresfrist der Ltsenbahnetat für 1802 im preußischen «bgeordnetenhause beraten wurde, haben sowohl der Finanzmtnister, wie der Minister der öffentlichen Arbeiten darauf hingewiesen, daß nach der ungünstigen Entwickelung de» Etfenbahnverkehr» in htr letzten Hälfte de» Jahre» 1801 bi« EisenbahneinnahrNen -u günstig geschätzt erschienen und voraussichtlich hinter dem EtatSansatze nicht unerheblich -urückbleiben würden. Die vrrkebrSenttvickeluag de» abgelaufenen Jahre schien »»nächst dies, «uffaffung nur zu sehr zu bestätigen. Die Betriebseinnahmen überstiegen so nxnig den Tief stand des Jahres 1801, daß bei der Etatscnisstellung für 1803 im Herbste des vergangenen Jahres die Betriebs ergebnisse des Jahres 1801 zu Grunde gelegt werden mußten. Auch weiterhin war die Entwickelung des Ver kehrs eine solche, daß bei der auf Grund der Betriebs ergebnisse der ersten zwei Drittel des Jahres 1802 vor genommenen Schätzung der voraussichtlichen Einnahmen der preußischen Eisenoahnverwaltung, wie der Finanz minister bei der Vorlegung des Etats für 1803 mitteilte, noch ein Ausfall von 43»4 Millionen Mark gegen den Etat anzunehmen war. Vom Spätherbste des vorigen Jahres an ist indessen ein völliger Umschwung in der Entwickelung des Verkehr- eingetreten. Von da ab zeigte sich eine starke und stetige Zunahme des Verkehrs, und zwar füllt im Gegensätze zu den ersten zwei Dritteln deS Jahres, wo die geringe BerkehrS- zunahme wesentlich aus dem Personenverkehr hcrrührte, der Löwenanteil der BerkehrSsteigerung auf den Güterverkehr. Wie der Minister der öffentlichen Arbeiten in der Dien-tag-sitzung de» preußischen «bge- orbnetenhause» mitteilte, haben die Betriebseinnahmen des Jahres 1802 sich im ganzen um 40 Millionen Mark höher gestellt, als im Vorjahre, und zwar entfallen davon mehr als 33 Millionen Mark auf den Güterverkehr. Die Folge davon ist, daß der Ausfall gegenüber dem Etats- ansatze sich nicht auf jenen Betrag von 43)4 Millionen Mark, sondern nur auf 18 Millionen Mark stellt, und daß, da die Ausgaben der Sisenbahnverwaltung sich um 10 Millionen Mark gegen den Etatsansatz ermäßigen ließen, der Ueberschuß der preußischen Eisen- bahn Verwaltung für 1902 gegenüber dem EtatSansatze nur um 8 Millionen Mark zurückbleiben dürfte. Diese Wendung zum Besseren auf dem Gebiete der Eisenbahneinnahmen eröffnet erfreuliche Aussichten, so wohl finanzieller, als wirtschaftlicher Natur. Wenn man erwägt, daß die Zunahme der Betriebseinnahmen der preußischen Staatsbahnen in etwa 4^2 Monaten gegen 80 Millionen Mark betrug und daß dem Etatsansatz für 1908 die Jstergebnifse von 1801 zu Grunde gelegt sind, so ergibt ein einfaches Nechenexempel, daß, wenn die steigende Bewegung des Verkehrs ebenso stetig bleibt, wie sie sich in den letzten Monaten gezeigt hat, man in dem laufenden Rechnungsjahre in Preußen mit einer Steigerung derVerkehrseinnahn, en Liber den Etatsansatz von 60 bis 70 Millionen Mark zu rechnen haben würde. Selbstverständlich kann im Hinblick darauf, daß die ruhige Entwickelung des Erwerbsleben- manche Ttö- rnngen sowohl vom Jnlande als vom Auslande her er leiden könnte, mit unbedingter Sicherheit nicht auf ein so günstiges Ergebnis gerechnet werden. Anch liegt eS auf der Hand, daß eine Steigerung der Berkehrsein- nahmen noch nicht gleichbedeutend mit einer entsprechen den Steigerung des Eisenbahnüberschusses ist. An sich wachsen natürlich auch die Betriebsausgaben, wenn auch nicht in demselben Maße wie die Einnahmen, mit der Steigerung deS Verkehrs, und überdies können elemen tare Ereignisse, wie die jüngsten Schneeverwehungen, eine beträchtliche außerordentliche Steigerung der Aus gaben herbeiführen. Immerhin erscheint die Hoffnung auf einen günstigen finanziellen Abschluß der preußischen Eisenbahnverwaltung für 1803 wohl berechtigt. Der Umstand, daß der Hauptteil der Berkehrssteige- rung auf den Güterverkehr entfällt und daß diese starke und stetige Zunahme b«S Verkehrs sich in einem verhältnismäßig milden Winter entwickelte, berechtigt zu der Annahme, daß man die Ursache der BerkehrSzunahme in einem Wiederaufleben de» Unternehmungs geistes und in einer aufsteigenden Entwickelung von Handel und Industrie zu erblicken hat. Schon da« zeit liche Zusammentreffen de» Umschwunges im Verkehr mit der Verabschiedung der Zolltartfvorlage weist darauf hin, daß die endliche Entscheidung über diese viel umstrittene, für unsere handelspolitische Entwicke lung so hochwichtige Vorlage den Anstoß zur Wieder belebung deS Unternehmungsgeistes in Preußen gegeben hat, und man wirb daher um so mehr zu der Hoffnung berechtigt sein, baß die im Spätherbst etnsetzende steigende Bewegung im deutschen Wirtschaftsleben andauern wird, daß wir somit die Absatzstockung der letzten Jabre über wunden haben und in eine Wellenbewegung des wirt schaftlichen Lebens nach oben wieder einlenken. Auch nach dieser Richtung darf man sich ja natürlich, trotz der günstigen Aussichten, allzu optimistischen Auffassungen nicht hingeben. Auch hier können Störungen in der ruhigen wirt schaftlichen Entwickelung eintreten. Dies gilt ins besondere auch von dem Ausfall der bevorstehenden ReichStagSwahlen. Fallen diese zu Gunsten einer seits der extremen Agrarier, welche überhaupt keine Handelsverträge wünschen, und anderseits der Sozialdemokraten und der anderen extremen Freihändler auS, mit welchen Handelsverträge auf der Grundlage eines verstärkten Zollschutzes für die heimische Agrarproduktion nicht zu vereinbaren sein würden, so könnte allerdings ein ernstlicher Rückschlag in der auf steigenden Bewegung unsere« Wirtschaftslebens ein- treten. Wie diese auffteigende Bewegung in ursächlichem Zusammenhänge mit dem Zusammenschluffe einer festen Mehrheit im Reichstage für eine der Regierung annehm bare Gestaltung des ZolltarifeS stand, so hängt auch die ruhige, gedeihliche, wirtschaftliche Fortentwickelung Deutschlands davon ab, daß dem neuen Reichstage eine sichere gemäßigte s-hutzzöllnerische Mehr heit erhalten bleibt, mit welcher langfristige Handelsverträge auf der wirtschaftspolitischen Grundlage deS neuen autonomen ZolltarifeS zu verein baren sind. Deutsches Reich. * Leipzig, 23. April. Wir erhalten folgende Zuschrift: „In der gestrigen Abendnummer Ihres Blattes bringen Sie eine Notiz au- der „Köln. Ztg." über den „Kasfeehandel", die allerdings geeignet ist, eine Verbitterung der Kundschaft herbeizu« führen, dir aber nurvon jemand versaht sein kann, der keine Ahuung vom Kaffeehaudrl hat, denn di« heutigen Verkaufspreis« sür Rüstkaffre stehen in ganz richtigem Verhältnis zu den Bezugspreisen für Roh- kasfee. Daß Hamburg für regulär SantoS-Kaffre heute etwa 25 notiert, ist richtig. Damit Sie sich aber überzeugen können, waS sür eine Qualität Kaffee unter „regulär Santos" zu verstehen ist, senden wir Ihnen einen Teil der von den Hamburger Kaffee - Maklern — also amtlich festgestelltea und sür alle Lieferungen von regulär Santos-Kaffee maßgebenden — Type-Probe zu. Rechnen bi« nun L5 für 1 Psd. Kaffee tnuwito ab Hamburg, L - - Fracht und Spesen nach Leipzig, LQ - - Zoll, so kostet der Kaffee 47 per Pfund frei Leipzig. Hierzu kommen: 1,5 per Pfund für Beriefen und Reinigen des Kaffee-, 1 - - - AuSlejeverlust (Steine, tzolz rc.), 2 « - - Rüstkoften und Arbeitslohn, zus. 51.5 1 Psd. roher Kaffee ergibt etwa 400 g gerösteten Kaffee, so daß 1 Psd. von letzterem sich auf etwa 65 (bei direktem Brasil- Import) stellt. Ein Versuch wird Sie überzeugen, daß diese Qualität gerösteter Kasse« in jedem besseren Kaffrrgrschäft für etwa 75 zu haben sein würde, wenn dir Qualität derartiger geringer SantoS-Kaffee- überhaupt konsumfähtg wäre. Hochachtungs voll ppa. Hentschel L Pinckert, A. Kirmse." Wir haben un- zwar nicht durch eine Geschmacksprobe von der „Güte* der un- zur Verfügung gestellten Kaffee sorte zu überzeugen gewagt, aber durch genaue- Besichtigen frstgestellt, daß nur etwa di« Halste der „Bohnen* solchen Ähnlich sieht; alle- übrige ist scheußlich in der Farbe und in der Form verkrüppelt. Im übrigen freuen wir uuS dieser Zuschrift als eine- Zeichen- von Verständnis für den Wert korrekter Publiciftrl. Für Leipziger Handel und Gewerbe könnt« auS einer derartig bewiefenen regeren sachlichen (im Gegensätze zu einer gereizten, persönlichen) Anteilnahme an wirtschaftspolitischen Tagesfragen sehr viel Gute- entstehen — an Entgegenkommen unserseits soll eS dabei nicht fehlen. A Berlin, 23. April. (Die Wahlparole der Sozialdemokratie.) Der „Vorwärts" teilte dieser Tage die Parole mit, welche die deutsche Arbeiterschaft für jeden Fall für die Wahlen habe. Aber die deutsche Ar beiterschaft wird mährend des Wahlkampfes nicht nur von der Sozialdemokratie, sondern auch von anderen Parteien airsgeklärt werden über die verschiedenen Parteipro gramme, und so kann es nicht fehlen, daß man auch die Parole einer näheren Prüfung unterzieht, von der der „Vorwärts" sagt, es sei die der deutschen Arbeiter- sch aft. In Wirklichkeit ist es die der Sozialdemokratie. Sie lautet dahin: „Gegen Zvllerhöhungen und für ge- rechtere Steuern! Gegen Militarismus und für gründ liche soziale Reform! Für Erhaltung und Wahrung der Rechte des Volkes, für Beseitigung aller Ausbeutung! Für Demokratie und Sozialismus!" Was den ersten Punkt betrifft, so ist derselbe sehr annehmbar. Fast jede Partei wünscht, eS möchte angehen, wettere Zvllerhöhungen zu vermeiden. Doch sind mir in dieser Beziehung bis zu einem gewissen Grade abhängig von den anderen Staaten, mit denen wir auf dem Weltmärkte konkurrieren. So lange diese ihre Zölle nicht wesentlich herabsetzen, können wir uns nicht dazu hergebcn, die „Alle^ivelts- Pvtsbamer" zu spielen. Größere Gerechtigkeit oet der Besteuerung walten zu lassen, ist das unausgesetzte Be mühen der Regierung und aller Parteien. Die Sache macht sich aber nicht aus dem Handgelenk, und so nahe immer die Gedanken bet einander wohnen mögen, die verschiedenen Interessen stoßen sich hart im Raume. „Gegen Militarismus" ist ein Schlagwort aus der vormärzlichen Zett. WaS damals «nter Militarismus verstanden wurde, ist heute nach der übereinstimmenden Ansicht aller bürger lichen Parteien die wesentliche Voraussetzung für die Sicherheit des Vaterlandes. — Für „gründliche Sozial reform" treten heute alle bürgerlichen Parteien ein, ebenso wie für Erhaltung und Wahrung der Rechte des Volkes und für möglichste Beseitigung aller Ausbeutung. Wenn die Sozialdemokratie glauben zu machen versucht, sie be- sitze ein Allheilmittel dagegen, daß die Rechte des Volkes jemals gekürzt werden könnten, und die Kraft, alle Aus- beutung zu beseitigen, so befindet sie sich in einem bedenk lichen Irrwahn, -im wenigsten aber ist auf dem Wege, auf dem die Parole „Für Demokratie und Sozialismus" burchzusetzen versucht wird von einer Partei, welche die monarchische Grundlage der deutschen Reichsverfassung beseitigen möchte, ein solches Versprechen zu erfülle». Noch weniger aber erfüllen sich die Versprechungen der Sozialdemokratie gegenüber der Arbeiterschaft, da, wo die Sozialdemokratie selbst als Arbeitgeber auftritt. Hungerlöhne, Ueberspannung der Arbeitszeit und vor allem Knechtung und Tyrannct der Arbeiterschaft, die sich nicht völlig der Partetfchablone einfügt, sind in den sozialdemokratisch geleiteten Betrieben oder dort, wo das sozialdemokratische Element überwiegt, an der Tagesord nung. Die Verwirklichung der sozialdemokratischen Wahl parole: „Für Demokratie und Sozialismus* bedeutet sür die «rbetterschaft nur die Auferlegung eines unerträg- ltchen Joche», da» jede persönliche Freiheit des Einzelnen untergräbtl O. 8. Berlin, 28. Avril. (Der neue Marine- attachSin Petersburg.) In dem so außerordent lich wichtigen Posten eines Marineattach6S in Petersburg wird sich am 18. August ein Wechsel vollziehen; der bis herige MarineattachS für die nordischen Reiche, Kapitän zur See Freiherr v. Schimmelmann, ist bekanntlich
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