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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.04.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030425019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903042501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903042501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-04
- Tag1903-04-25
- Monat1903-04
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Tabellarischer und Zifierniatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerte»a»uahm« 88 H (excü Porto). Ertta-Beilage« (gesalzt^ nu? mit oer Morgra-Ausaab«, ohne Postbejörderun, SV.—, mit Postbesörderung 70.—. Äumchmrschluß für Anzeige«: Abeud-An-gabe: Bormittag» 10 Nhr. Morgeu-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an dl« Expedition zu richte». Di« Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abends 7 Uhr. Druck und Berlag vo» E. Pol» tu Leipzig. Nr. 207 Sonnabend den 25. April 1903. 97. Jahrgang. Unsere?oriabolinemen, welche das „Leipziger Tageblatt" nur für Monat April abonniert haben, bitten wir im Interesse pünktlicher lveiterlieferung das Abonnement jetzt zu erneuern. Jede ssostanstalt nimmt Be stellungen entgegen sowohl für die Monate Mai und Juni zum Preise von 3 Mk. wie auch allein für Monat Mai zum Preise von 1.50 Mk. Der Besuch König Eduards in Frankreich. VS Der bevorstehende Besuch des englischen Königs in -er französischen Hauptstadt wird diesmal in jeder Be- ziehmrs ganz vor -en Eoulissen stattfinden. 11s sont passöa, Iss jours cksa keiee, wo der frohgemute englische Kronprinz bei seinen Aufenthalten in Parts den Boule vard-Blättern Stoff zu allerlei vergnüglichen Klatsch geschichten lieferte. König Eduard muß den Ernst wahren, der -em Herrscher eines Reiches, in dem die Sonne nicht untergeht, anstebt. Und der Besuch des englischen Königs bei Herrn Loubet ist auch durchaus ernst zu nehmen. Nur das freilich ist nicht ernsthaft aufzufassen, wenn das eine oder andere eng lische Blatt — die Mehrzahl der englischen Organe ist nicht so töricht — von einer englisch-französischen Entente fabelte: im vorliegenden Kalle must das Wort deutsch aus gesprochen werden. Nicht, als ob eine Allianz zwischen England und Frankreich nicht schon dagewesen wäre. Es ist gerade ein halbes Jahrhundert her, daß ein solches Bündnis in Wirksamkeit trat,' aber seine Spitze richtete sich gegen — Rußland, Frankreichs derzeitigen Verbün deten. Auch eine englisch-russische Allianz hat eS gegeben, sogar zu verschiedenen Malen, aber deren Spitze richtete sich regelmäßig gegen — Frankreich, Rußlands der zeitigen Verbündeten. Sogar eine englisch-französisch, russische Allianz hat eS vorübergehend einmal gegeben, als nämlich im Jahre 1826 eine kombinierte Flotte dieser drei Mächte unter dem Oberbefehl -es englischen Admirals Eodrington die tttrktsch-ägypttsche Flotte vernichtet. Aber damals hatte man in England nichts Eiligeres zu tun, als in allen Tonarten diese Allianz zu verfluchen, deren Haupt tat, eben die Schlacht von Navarino, man offiziell als ein fatales Ereignis (uvtovarä svsnt) bezeichnete. Seit dieser Zeit erscheint ein Bündnis zwischen diesen drei Mächten ebenso ausgeschlossen, wie die Erhebung eines protestan tischen Geistlichen auf den päpstlichen Stuhl. Denn die Gegensätze, die zwischen Rußland und Eng- land einerseits und Frankreich und England anderseits bestehen, haben sich im Lauf, der zweiten Hälfte des vori- gen Jahrhunderts nicht verringert, sondern vermehrt, weil jede dieser Mächte außerhalb Europas ein« nachhaltige ExpansionSpoltttk betreibt, die naturgemäß dahin führen mußte und auch geführt hat, Laß dir Zahl der Punkte, an denen Kollisionen der französischen bezw. russischen Inter, essen mit denjenigen der größten Kolonialmacht, England, stattfinden könnten und gelegentlich auch bereit» stattge- funbrn haben, sich wesentlich vermehrten. Diese tätsäch- sich vorhandenen Gegensätze können natürlich durch den Besuch des Königs Eduard in Pari» nicht beseitigt werden: denn der König wird wohl kaum in seinen Rrisekofsern das Gebiet des oberen Nils für Frankreich und da» Gebiet d«S Persischen Meerbusen» sür Rußland al» Geschenk mit- bringen. Sind Kürftenbesuch« selbstverständlich nicht im staube, start« politische Gegensätze zu beseitigen, so können sie doch bi« Form, in der diese Gegensätze sich geltenb machen, mil dern und die Gefahr, baß der Widerstreit der Interessen zu blutigen Konflikten führt, verringern ober -um mindesten hinausschieben. Wir haben gesehen, wie fürstliche Zusam- «enkünfte eine Basis für einen mocku, eieencki zwischen Oesterreich und Rußland auf der Balkanhalbinsel schafften, und wir halten es ebenso wohl für möglich, daß eine Zu- sauanenkunft »wischen -em König Eduard und dem fran- »ösifchen Prtlsidenttn de« ko Ionia l.polittschen englisch- französischen Wettstreit« di« schärfsten Spitze» nimmt. Eine derartige Wirkung der Begegnung der beiden Staatsoberhäupter würde in Deutschland nicht nur nicht mit schelen Augen angesehen werden, sondern durchaus er wünscht sein. DaS Oberhaupt des Deutschen Reiches hat stets bewiesen, daß ihm der Weltfriede am Herzen liegt. Er selbst hat beispielsweise durch seine Besuche am russischen und am dänischen Hose die Beziehungen Deutschlands zu diesen beiden benachbarten Staaten wesentlich gebessert, und so kann es ihm nur recht sein, wenn durch die gegenseitigen Besuche anderer Eaatsoberhäuvter das friedliche Verhält nis zwischen den einzelnen europäischen Staaten eine wettere Förderung erfährt. Die politischen Interessen aller großen Staaten sind heutzutage derart mit einander verknüpft, daß wenn A und B in Streit geraten, man nicht gewiß ist, ob C und D sich von den Verwickelungen fern halten können. Deshalb liegt ein befriedigendes Verhält nis zwischen allen Mächten im Interesse jeder einzelnen. Und weil die Fürstenbesuche diesem Ziele dienen, so sind sie nicht als etwas Gleichgültiges oder gar Spottwürdiges abzutun. Die Äusbildunq der Juristen in England. Zu den Gebieten deS englischen Lebens, von denen man auf dem Kontinent gewöhnlich die unklarsten Vorstellungen hat, gehört vor allem die Rechtspflege. Aus der Lektüre der englischen Schriftsteller, namentlich aus Dickens Ro- manen, wissen wir zwar manches über das geheimnisvoll düstre Juristenquartier von Lincolns Inn; aber die Or ganisation des englischen Rechtsapparates bleibt uns meist fremd. Hugo Bartels l>at sich nun der dankbaren Aufgabe unterzogen, das englische Rechtswesen in einem längeren, im letzten Hefte der „Grcnzboten" erschienenen Aufsatze zu beleuchten. Wir entnehmen seinem Artikel folgende interessante Einzelheiten: England hatte schon um 1360 «in vollständig ausgebildetes oberstes Reichsge richt, das zum Teil schon seinen ständigen Sitz in West minster hatte. Etwas später, und auch die Abteilung der Königöbank hörte auf, dem Hoflager des .Königs zu folgen, und ivurde in Westminster seßhaft. Die überwiegende An zahl der Richter war schon früher aus den Reit>en der Rechtsanwälte genommen worden. Mit dem Lebhaft werden des Reichsgerichts wurden die Richterstellen aus schließlich den Anwälten Vorbehalten, die nun auch in den vier Zünften als geschlossene Körperschaften mit besondern Vorrechten austraten. An dem Wesen der Verhältnisse, die sich damals ent. wickelten, haben sechshundert Jahre nichts geändert. Höchstens lxiben sie den Einfluß der Juristen auf das öffentliche Leben so verstärkt, daß mit gewissem Rechte be hauptet werden kann, England sei von Juristen geritten Navzor rickckoll). Die Mitglieder der Inns of Eourt, die Barristers, sind streng geschieden von der untern Klasse der Sachwalter, den Svlicitors. Ein Barrister kann nicht Solicitor sein, ein Solicitor nicht Barrister. Die Barrister allein haben das Recht, eine Sache vor dem Reichsgerichte zu vertreten. Aber sie befassen sich nicht mit der Heran schaffung und Sichtung des dazu nötigen Beweisstosfes oder mit der Wahrnehmung von Rechtsgeschäften, wie Ab schließung von Verträgen usw. Alles das wird den Soli- cttors überlassen. Wer einen Rechtsstreit beginnen will, hat sich an einen Solicitor zu wenden, der die Sache ein leitet und bearbeitet. Erst wenn alles untersucht, ge ordnet und gesichert ist, dann betraut der Solicitor einen Barrister mit der Vertretung vor dem Gerichte. Vorher wird der Barrister nui zu Rate gezogen und um ein Gut achten ersucht, wenn der Solicitor über etwas im Zweifel ist. Wenn ein junger Engländer Barrister werden will, so braucht er nicht etwa nach Oxford oder Cambridge zu gehen. Dort gibt es Professuren der Rechtswissenschaft, und wen danach gelüstet, der kann dort auch einen Grad und das Recht erwerben, Len Talar eines Baccalaureus oder Doktors mit der entsprechenden farbigen Kapuze zu tragen. Doch das gibt ihm kein Recht zur Anwaltschaft, und nötig ist es nicht. Auf der Universität pflegt sich der zukünftige Jurist allgemeine Bildung anzueignen, das eigentliche Fachstudium beginnt erst nach dem Eintritt in eine der vier Innungen, die vollständig unabhängig von den Universitäten sind und gewissermaßen eine eigene juristische Fakultät ausmachen. Sie allein verleihen einem Manne bas Recht, sein Haupt mit der weißen Perücke des Anwalts zu zieren. Hervorragende Barristers weihen durch Vorlesungen die Studenten in ihr Fach ein, aber die Hauptsache beim Studium bleibt die Schulung durch Arbeit in der Kanzlet eine» tüchtigen Anwaltes. Nach drei- jähriger Vorbereitung wird der Student zur großen Prü fung -ugelasien, vorausgesetzt, daß er seine Pflicht gegen die Innung auch durch Esten erfüllt hat, d. h. in jedem Vierteljahre mindestens sechsmal an den gemeinschaftlichen Mahlzeiten in der JnnungShalle teilgenommen hat. Wie die Barristers unter ihrer Innung, so stehen auch die SoltcitorS unter einer besonderen Gesellschaft, der Inoorporutock 8oeistx, die die Anwärter durch eine Prüfung zum Berufe zulätzt und über die BerufSchre wacht. AlS Vorbereitung dient eine je nach der Vorbil- düng drei- bi» fünfjährige Lehrzeit bei einem Solicitor. Di« SoltcitorS vertreten sozusagen die praktische, die Barristers die wissenschaftliche Seite des Änwaltberufes. Nur darf di« Wissenschaftlichkeit bei Len meisten nicht zu hoch bewertet werden. Mit der theoretischen und systema- tischen Schulung der Recht-kan-idaten ist es auch in Deutschland manchmal übel bestellt, obwohl es an keiner Universität an tüchtigen Lehrkräften mangelt. In Eng- land bat «in Jurist wenigstens die Entschuldigung, daß ihm nicht so vielseitige Gelegenheit zum Studium geboten war. Auf da» Studium de» römischen Rechts wird wenig Wert gelegt, weil fast alle» auf praktische Kenntnis amommt. N«r der Theorie nachaehen will, tut am besten, sich nach dem Festland« zu begeben. Deutsches Reich. --- Berlin, 24. April. (Die Maifeier.) Das Internationale sozialistische Bureau, das seinen Litz in Brüssel hat, fordert alle sozialistischen Parteien und Arbeiterorganisationen auf, in diesem Jahre den 1. Mai „großartiger und be geisterter zu feiern als je bisher". Das Brüs seler Bureau erinnert ferner daran, daß die Maifeier ist: „1) eine wirksame Demonstration für den Achtstunden tag; 2) die Bekräftigung des Klassen- kampfes; 3) der energische Ausdruck des Willens der Arbeiterklasse, die soziale Umwandlung und die Verwirklichung des nationalen Friedens herbcizusühren." — Man muß dem Internationalen sozialistischen Bureau Dank dafür wissen, daß es den revolutionären und den Klassenkampf-Charakter der Maifeier klar und scharf her vorhebt. Die Eigenschaft der Maifeier als einer ledig lich zu Gunsten des achtstündigen Arbeitstages in Scene gesetzten Demonstration tritt je länger, je mehr hinter die andere Eigenschaft zurück, ein Hebel bei der Führung deS Klassenkampfes und bei der Arbeit am sozialen Um stürze zu sein. Die Phrase von der Verwirklichung des nationalen Friedens kann auf sich beruhen bleiben. An- gestchts dieser Sachlage ist der bürgerlichen Gesellschaft wahrlich nicht der geringste Zweifel darüber übrig ge losten, wie sie sich zur Maifeier verhalten soll. In Deutschland tat die sozialdemokratische Presse das Ihrige, um die bürgerliche Gesellschaft in der Stellung des abso luten Gegensatzes zur Maifeier zu befestigen. Landauf und landab wird die Maifeier in unserer sozialdemokra tischen Presse als eine Mobilmachung für die Wahlschlacht behandelt: „Rüstet zur Maifeier! Der Maifeier folgt die Wahlschlacht!" — so oder ähnlich lauten die Aufforderungen der sozialdemokratischen Presse an die „Genossen". Es ist klar, baß die Sozialdemokratie nach dem oben umschriebenen Wesen der Maifeier jedes Entgegenkommen der bürgerlichen Gesellschaft als An zeichen für daS Fortschreiten des sozialrevolutionären Gedankens ausfassen würde. Hieraus müssen die nötigen Folgerungen gezogen werden. 6. L. Berlin, 24. April. lDer Kampf der sozialdemokratischen Arbeiterorganisa tionen mit den Arbeitgeberverbänden.) Der Kampf der sozialdemokratischen Arbeiterorganisatio nen mit den Arbeitgeberverbänden wird an Schärfe und Heftigkeit immer mrhr zunehmcn, je mehr die ersteren er starken und je weniger die letzteren das Gleiche von sich sagen können. Trotz eines volkswirtschaftlich so schlech ten Jahres wie 1902 haben die sozialdemokratischen Gc- werkschaftsorganisationen ganz beträchtlich an Mitgliedern zugenommen; sie dürften wohl in diesem Jahre 75 000 mehr „Kämpfer" zählen als im vorigen. Der Deutsche Metallarbcitervcrbandist allein um 25 937 Mit glieder gewachsen und zählt jetzt 12S842 gegen 102 905 im Vorjahre. Tas ist die höchste jemals beobachtete Zunahme, die überdies anhalten zu wollen scheint, denn im ersten Quartale dieses JahreS sind dem Vereine abermals 12 000 Mitglieder zugewachsen. Daß bei solchem Erstarken der Jahresetat dieser sozialdemokratischen Kampforganisation ein hoher ist, versteht sich von selbst; er balanzierte in Ein nahme und Ausgabe mit 2 243 022 Zieht man dieses stetige Wachsen in Betracht und hält man sich ferner vor Augen, daß hervorragende Anarchisten gerade im Metallarbeiterverbande die erste Geige spielen, die Haupt referate erstatten und Vertrauensposten bekleiden, so kann man sich nicht wundern, daß die Leiter deS Verbandes gegen die Arbeitgcberorqanisationen einen ganz unerhörten Ton anschlagen und sehr häufig mit dem Feuer eines gewaltigen Streikes spielen. Aehnlich wie bei den Metallarbeitern liegen die Verhältnisse bei den Maurern, den Zim merern, den Tischlern usw. Ein Geist der Ueber- hebung und der Kampfeslust geht durch die Reihen der sozialdemokratischen Arbeitnehmerorganisationen, wie noch niemals zuvor. Wenn auch zur Zeit große Lohn kämpfe nickst zu erwarten sind und die Textilarbeiter am Niederrhein klein beigegeben haben, so wird sich gan- zweifellos die Situation nach den Reichstagswahlen wesentlich ändern. Die Arbeitgeber können daher nicht dringend genug ermahnt werden, sich auch ihrerseits fest -usannnenzuschließen, um einem so zähen und energischen Feinde gewachsen zu sein. * Berlin, 24. April. Zwischen den Konser vativen und dem Bunde der Landwirte hat die aus der Zolltarifabstimmung resultierende gereizte Stimmung zwar im allgemeinen notgedrungen einer milderen Auftastung Platz gemacht, ab und zu wirb aber noch immer eine ziemlich scharfe Tonart angeschlagen. So schrieb kürzlich die „Korrespondenz deS Bundes der Landwirte" über den deutschkonservatioen Reichstags» abgeordneten Graf v. Schwerin-Löwitz: „Ohne uns heute sachlich näher mit dem Anträge de» Grafen Schwerin zu befassen, möchten wir nur bemerken, daß Graf Schwerin nach seinem ganzen Verhalten dem Vürsengesetz, dem Fleischbeschaugesetz, der Brüsseler Zuckerkonvention und I»»t nor leset dem Zolltarif gegenüber alles eher als die Bezeichnung eine» „Agrarier»" verdient. Jedenfalls stehen seine wirtschaftspolitischen Ansichten in schroffem Gegen sätze nicht nur zu denen de« Bunde» der Landwirte und anderer großer Bauernvereine, dcren Mitglieder am meisten Anwart schaft auf die Bezeichnung .Agrarier" haben." Die „Konservative Korrespondenz" bezeichnet diese Kritik als einen „unerhörten Angriff", besten Tonart und Tendenz sie auf da» allerentschiebenste zurückwetsen müsse. Auch der konservative Abg. Graf v. Roon hatte mit den Bttndlern einen Zusammenstoß. Er hat in seinem alten Wahlkreise Minden-Lübbecke zu Gunsten de» kon servativen Kolonen Siel er mann auf eine Reichs- tag»kanbibatur verzichtet. Für letzteren haben sich auch die Vertrauensmänner be» vunbes erklärt, indem sie folgende von der „D. Tagesztg." veröffentlichte Resolu tion annahmen: Die heute sehr zahlreich besuchte Vertrauensmänner-Ver- sammlung des Bundes der Landwirte für den Wahlkreis Min den-Lübbecke spricht dem engeren Vorstände des Bundes ein stimmig ihr volles Vertrauen au» für sein Verhalten bei den Zolltarif-Verhandlungen und bedauert lebhaft, daß der seinerzeit in den Reichstag gewählte Vertreter, Herr Graf Roon, nicht im entscheidenden Augenblicke mit dem Bun - desvorstand stimmte. Hiergegen wendet sich Graf v. Roon in einer Zuschrift an die „Kreuz-Ztg.", worin er nach einem ironischen Hin weis auf daS „sich fast täglich Beräuchernlassen" des Bundesvorstandes seine Abstimmung bet den Zolltarif verhandlungen kurz rechtfertigt und hinzufügt: „Es ist mir schmerzlich gewesen, daß in der Abschieds stunde so unfreundliche und ungerechte Worte „lebhaften Be dauerns" über mich aus meinem alten Wahlkreise herüber schallten —, wenn ich auch weiß, daß diese nur von einer kleinen Minorität der Wühler kommen. Meinerseits aber bedauere ich, daß die Redaktion der „D. T.-Z." (die doch zu den Wissenden gehört) den mich betreffenden Teil der „Entschließung" veröffentlicht hat. Auf diese Weise wird der Frieden innerhalb der konservativen Partei nicht ge fördert, sondern immer wieder gestört — und da» — ist gegen die Abrede!" (D Berlin, 24. April. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Zig." hört, der bisherige kaiserlicke Generalkonwl in Valparaiso ». Zimmer sei zum kaiserlichen Minister- rcsidenlrn in Port au Prince ernaunt worden. DaS Blatt meldet ferner: E» erkiesten den durch daS Ableben deS Frhr. v. Eyb erledigten Posten eine» zweiten Sekretär- bei der Gesandtschaft in Bern der frühere dritte Sekretär der kaiserlichen Botschaft in Wien Gras Mirbach, den durch Ernennung deS LegationSrateS Frhr. v. Heintze zum Mcnisterresidenten in Havanna erledigten Posten eines LegationSiekretärS bei der Gesandtschaft in Stockholm der trübere LegationSsekrrtär bei der Ministerresiveotur in Caracas v. Schwerin. -i- Altenburg, 23. April. Herzog Ernst traf heute früh mit dem Expreßpige hier ein, wurde auS dem SanitälS- TranSportwagen herauSgehoben und auf einem Stuhle zum Hofwagen getragen. Begrüßt von den Zurufen der Be- vötkerung, für die der Herzog huldvoll dankte, fubr er im offenen Wagen nach dem Resivenzschloste. DaS Aussehen deS Heimkehrenben war gut, so daß das Allgemeinbefinden kaum zu wünschen übrig lasten dürste. Die Unbequemlich keiten der weiten Reise von Mentone hierher hat der Herzog gut überstanden. * Gera, 24. April. Die Nachricht, daß der Vorsitzende der Textrl-Betiiebö-Krankenkasfe, Fabrikant Arno Luboldt hier, wegen eines PrstolendueUS mit einem Or. weck. Hirsch vom Kriegsgerichte zu drei Monaten Festungshaft verurteilt worden sei, bestätigt sich nicht. * Saaifeid, 23. April. Die letzte LandtagSersatz- wahl hier hat ein gerichtliches Nachspiel gefunden: der Sieger jene- Wahlkampfes, Sozialdemokrat Fritz Zietsch, wurve wegen Beleidigung d«S Gegenkandidaten Bürger meister» Liebscher hrer zu lOO Geldstrafe verurteilt. * Hottenbach (LunSrück), 22. April. Unser Ort und da» gesamte Kirchspiel feierte in glänzender Weise das 25iädrlge AmtSjubiläum des nationalliberalen LandtagSabgeordnelen Pfarrers vr. Hackendrrg. Ja allen Reoen und Gesängen kam die allseitig« Verehrung und Dankbarkeit gegen den Jubilar zum Ausdruck; die Gemeinde veranstaltete eine be sondere Festselrr. Die Schulkinder huldigten mit einem Fackelzuge. Oesterreich«Ungarn. Liberale Partei in Ungar«. * Pest, 24. April. (Telegramm.) DaS „Unga rische Uorrespvndenz-Bureau" erklärt: Die mehrfach auf getauchten Meldungen von Divergenzen, die anlätz- ltch des bevorstehenden er lsx-ZustandeS tur Schoße der liberalen Partei angeblich hervorgetreten sind, sind absolut unrichtig und meist auf tendenziöse Be weggründe zurückzusübren. Die Mitglieder der liberalen Partei verharren in unverbrüchlicher Solidarität auf ihrem bezüglich der Wehrvorlage eingenommenen Standpunkte. An der Konsequenz dieser Haltung kann durch den vx lex-Zustand nichts geändert werden, für den dte Verantwortung ausschließlich dem obstruktionistischen Teile der Opposition zugeschoben werden muß. Unter Liesen Umständen erschien -u einer besonderen Kundgebung der liberalen Partei keine Veranlassung geboten, um so mehr, al» Ministerpräsident v. Szell demnächst im Ab- geordnetenhause das Wort ergreifen wirb, um von dieser kompetenten Stelle die öffentlich« Meinung über die Situation »u orientieren. Frankreich. Kulturkampf * Philippe»«»«, 24. April. (Telegramm.) Präsident Loubet ist heute früh hier »ingetroffen und wohnte der Ent hüllung eine« zu Ehren der Zuaven errichteten Denkmal» bei. Hierauf reiste der Präsident nach Eonstantine. * Versailles, 24. April. (Telegramm.) Al« der Friedensrichter an dem hiesigen Kapuzinerkloster di« Siegel anlegen wollte, wurde er von ungefähr 500 Personen, welch« in der Kirche de» Kloster» die Messe hörten, umringt und gezwungen, über di« Klostermauer zu entfliehen. * Parts, 24. April. (Telegramm.) Der radikal- sozialistische Deputiert« Mass« benachrichtigte den Minister präsidenten, daß er ihn bei dem Wiederzusammeotritt der Kammer über den Konflikt mit dem Vatikan und die Haltoag der Bischöfe bezüglich Ablehnung der Grnebmigungs» gesuche der Kongregationen zu interpellieren gedenk«.
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