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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030514023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903051402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903051402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-14
- Monat1903-05
- Jahr1903
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Im >kcri2iuu»vsrrs tsucldr.! 96,10 t-LuukI 100,30 o mk-ssu/Luiir iruUr". mek vsrkotso.) (Islä vrisl Bezugs-PreiS t» der Hauptexprdiüon oder deren Ausgabe« pelleu abgeholt: vierteliährltch ^4 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- ^l 8.76 Durch die Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für di« übrigen Länder laut ZeitungspreiSlist«. Le-aktion und Expedition: Johannisgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. Filialeepeditioneu: Alfred Hahn, Bochhandlg., Universitätsstr.s, L. Lösch«, «atharinenstr. 14. n. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Martenstraß« 34. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlie: Earl Ouncker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg, Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603 Abend-Ausgabe. Anzeiger. Amtsblatt des Aönigttchen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 243. Donnerstag den 14. Mai 1903. Anzeigen-PreiS die Sgespaltene Petitzeile LÜ Lj. Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gespalten) 75 H, vor den Famtliennach. richten (6 gespalten) 50 H. Labellarischer und Ziffernsup entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Offertenannahmr 25 H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung >4 70.—. Annahmeschlub für Anzeigen: Abeud-AnSgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: StachmtUagS 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. Mai. Politische Parteien und Parteilosigkeit. Die „Nat.-lib. Korresp." schreibt: Von Zeit zu Zeit be kundet sich immer wieder Vie Neigung, die beuligen Parteien als Gebilde zu behandeln, die zum alten Eisen gewoifen zu werden verdienten und über die man nicht schnell genug zur Tagesordnung übergeben könne. Bald wird es als ein Vorzug unserer Tage angeseben, daß die Partei losigkeit namentlich auch in der Presse immer mehr zu Tage trete, bald glauben Weise und Toren, den Schluß ihrer Erkenntnis dabin zieben zu sollen, die Zukunft werde den Interessenvertretungen geboren. Wir wollen nicht in Abrede stellen, daß die Parteien selbst zum nicht unerheb lichen Teil mit Schuld daran tragen, wenn die Abneigung, sich zu einer Partei zu ballen, nicht abnimmt, sondern sich steigert. Vor allem rächt sich bier der siebter, den eine be trächtliche Anzahl von Abgeordneten immer wieder begeht, insofern sie versäumen, die Wablarbeit unmittelbar nack ge schehener Wahl von Frischem auszunehmen und mit ihrem Wahlkreise in dem Grave von Fühlung zu bleiben, der allein das Interesse rege zu ballen vermag. Und es rächt sich nicht zum wenigsten auch die Ver ständ n iS tol ig te> t und der Mangel an Interesle, die in Bezug auf die Unterstützung der Parteipresse bei vielen Abgeordneten der bürgerlichen Parteien sich in oft geradezu sür sie beschämender Weise breit machen. Anderseits aber laßt sich auch nickt leugnen, daß es ein febleiHasler Zug und säst ein Erbübel der Deutschen — ab gesehen von wenigen Landstrichen — ist, sobald nicht Fragen zwingendster und das materielle Interesse sehr nahe berüh render Natur auf der Tageevrdnuna sieben, immer wieder in politische Gleichgiltigkeit und politische Trägheit zu ver fallen. Die Annahme, in der Zutuns' würden die Parlamente in Deutschland in noch höherem Grade als schon jetzt den Znteressenverbäuden gehören und sich zu Interessenvertretungen entwickeln, bat zweifellos in den letzten Iabren mehr Ver breitung gefunden als früher. Sollte es sich vermutlichen, so würde darin eine Rückoildung unseres Verfassungslebens zu erblicken sein. Vom nationalen und liberalen Stand punkte muß ihr aber nach Krusten entgegeugewii ki werden. Dies wird um so ersolgreicker geschehen können, je mehr man das Weien und die Aufgabe der Partei dahin versteht, innerhalb des Rahmens 'hier Tätigkeit nach Möi- lichkeil auf einen Ausgleich der naturgemäß sehr oft in einem Gegensatz zu einander stehenden Iuieicssen hin.uaibciten unter dem liberalen Gesichtspunkte, daß jeder möglichst zu seinem Rechte zu kommen habe, und unter dem nationalen, daß über allen Einzeliniei essen das der Gesamtheit, d. h. der nationalen Gemeunchast, das Interesse von Kaiser und Reick zu sieben und zur Geltung zu kommen habe. Die, welche gern rasch fertig mit ihrem Urteil wer die heu tigen Parteien sind und mehr oder weniger leicht etwas Besseres an ihre Stelle setzen zu können vermeinen, ve>kennen vor allem eines: das nicht unbedeutende Maß von berechtigter Tradition, welches die beuligen Parteien pflegen. Damit aber verfügen sie gleichzeitig über ein Mittel der Schulung sür das öffentliche Leben, dessen Wert durch die doppelte Buchführung keines Inleressenverbandeö ausgewogen werden kann. WaS aber die vielgerühnite Parteilosigkeit be trifft, so kommt sie noch auf lange Zeil wohl ausschließlich der Sozialdemokratie zu Gute. Das Volk in seinen breiten Schichten versteht nicht, wie man parteilos sein kann. Und je mehr diesem Zuge der Zeit diejenigen Kreise verfallen, die sich fiüher zu den alten Parteien hielten, um so leichter lassen sich die breiten Massen von der Sozialdemokratie ein fangen. Ter Tank Der Ultramontanen. Ein herrliches Stimmungsbild aus Bayern liefert daS „Vaterland", doppelt interessant, weil in diesem edlen Blatte nicht nur der PartikulariSmus des dunkelsten Deutsch lands, sondern auch der niedere Klerus seit Sigls Tode sein Wesen treibt. Zuerst werden die Protestanten und ibre Vor» kämpser verhöhnt und ihnen „innigstes Beileid" ausgesprochen. Dann beißt es weiter: „Daß Kaiser Wilhelm dem greisen Leo mit so ausgesuchter Liebenswürdigkeit entgegenlommt, das ist einfach ein Aussluß der hochro in antisch en Natur des Kaisers, der eben im Papsttum etwas mehr sieht als den „Erzfeind der Hohenzollern". Kaiser Wilhelm hat durch seinen Handkuß gegenüber dem Papste sich ebensowenig etwas vergeben als wie der Kaiser Barbarossa dadurch, Laß er dem Papste die Steig, bügel hielt." Weiter: „Kaiser Wilhelm sieht eben in der Weltmachtstellung des Papstes ein Ideal, dessen Realisierung in politischer Beziehung als echt kaiserlicher Traum ihn berückt, wenn- gleich er sich sagen muß, daß dieser Traum ewig unerfüllbar bleibt. Deshalb faßen wir die offenkundige Begeisterung des Deutschen Kaisers für Leo XIII. wirklich sehr nüchtern auf." Man will zwar vertrauen, daß, „so lange Kaiser Wilhelm die deutsche Kaiierkrone trägt, der Besitzstand der deutschen Katholiken unangetastet bleibt; aber man bedenke wohl: unter der Sonne der kaiserlichen Gunst ist die katho lische Kirche noch jedesmal eher erschlafft als erstarkt." Vielleicht kann man doch an der einen oder der anderen Stelle aus diesen Worten die Lehre ziehen, daß in Bezug auf Rom und seine deutschen Parteigänger auch der König von Preußen pour ls roi ff« Bruess arbeiten muß. Zur Lage auf -cm Balkan. Ucbcr -io Beschaffung des Dynamits der bul garischen Verschwörer und der sonstigen Werk zeuge zur Bomöcnanfertigung erhält die „Intern. Korrespondenz" aus Athen nachfolgende Mit teilungen. Ans Athen, 11. Mai: Infolge der Dyna- mittatcn zu Saloniki hat die griechische Polizei ihre An strengungen, dem geheimen Treiben der in Griechenland befindlichen Bulgaren nachzuspüren, verdoppelt, und es kann bereits als festgcstcllt erachtet werden, daß die bulga rischen Verschwörer sehr oft Griechenland, insbesondere den Hafen von P i r ü u s, als O p e r a t i o u s b a s i s be nutzt haben. Bei einem dort wohnenden Bulgaren, welcher sich alsZahnarzt ausgab und als solcher ein „Labora torium" eingerichtet hatte, hat man wichtige Briefe und andere Schriftstücke gefunden. Darunter mehrere Briese des Attentäters Minic-w, welcher den Dampfer „Guadalquivir" in die Lust sprengte. Der Inhalt des Schreibens betrifft die Beschaffung verschiedener Dinge, womit unzweifelhaft Sprengstoffe und Apparate gemeint sind. Der angebliche Zahnarzt bezog aus Italien, Frank reich, England und auch aus Deutschland alle möglichen Sendungen, welche vorgeblich für eine zahnärztliche Praxis bestimmt waren. Die aus dem westlichen Europa stammenden Briefe und Schriftstücke, die beschlagnahmt wurden, bestärken die Annahme, daß das bulgarisch-make donische Comitö fast in allen Ländern Agenten unterhielt, denen die Lieferung von Sprengstoffen und besonders auch von Dumdumkugeln oblag. Und während die bulgarischen Offiziere mit den bewaffneten Banden, welche in Make donien einbrachen, die Landesgrenze überschritten, dürften die Bombenverfertiger und die finanziellen Leiter sämtlich auf dem Seewege nach Saloniki gekommen sein. Sie machten dabei große Umwege, um jeden Verdacht von sich abzuleüken. Von Bulgarien aus fuhren sie mit Donau dampfern nach den rumänischen Häfen des Schwarzen Meeres, und von dort mit Seedampsern nach dem Piräus. So verheimlichten sie hier ihren bulgarischen Ursprung, und im Piräus erhielten sie durch ihre Agenten falsche oder gefälschte Pässe, mit denen sie auf französischen, eng lischen oder griechischen Dampfern nach Saloniki kamen. Um ein derartiges Spstcm der Täuschung durchführen zu können, mußte allerdings das bulgarische Comitö über sehr bedeutende Geldmittel verfügen, und es ist jetzt fest gestellt, daß die über den Piräus zu- und abreisenden Verschwörer auch stets reichlich mit Gelbe versehen waren. Tie griechischen Polizeibehörden befanden sich demgegem über in einer sehr schmierigen Lage. Im Laufe eines Jahres haben dieselben im Piräus, in Athen und in Thessalien nicht weniger als 160 Bulgaren verhaftet und einer strengen gerichtlichen Untersuchung unterworfen. Mehrere davon sind viele Monate lang in Haft behalten worden, und wenn man sie freilich, mußten sie meistens Griechenland sehr bald verlassen. Aber viel konnte damit nicht ausgcrichtet werden, deren es ging nicht an, daß die griechischen Behörden Personen, nur deshalb, weil sie Bulgaren waren und möglicherweise in der Türkei hoch verräterische Handlungen vollführen würden, bestraften und ihre Geldmittel beschlagnahmten. — Wir erhalten noch folgende Meldungen: * Wien, 14. Mai. (Telegramm.) Das „Fremden blatt" veröffentlicht eine Unterredung mit dem Ministerpräsi denten von Bulgarien, D a n e w. Danew erklärte bezüglich der Möglichkeit einer kriegerischen Verwickelung, er könne die bestimmteste Versicherung geben, es werde von Bulgarien nichts geschehen, eine solche Wendung zu provozieren. Er fuhr dann fort: Ich gebe unumwunden zu, daß wir Aspi rationen nach Makedonien haben, doch achten wir die Souveränität der Türkei und wollen nur bessere Ver hältnisse für unsere Nationalen in Makedonien anstreben, namentlich die Durchführung des Berliner Vertrages. Wir betrachten daher die makedonische Frage als eine Sache der Mächte, die unser kleines Volk allein nicht lösen kann. Die Unruhen in Makedonien halte ich für eine Folge des Umstandes, daß die von Oesterreich-Ungarn und Rußland empfohlenen, von der Türkei angenommenen Reformen noch immer nicht durchgeführt sind. Die Ereignisse in Saloniki werden in Bul garien einmütig verurteilt. Das verwendete Dynamit ist möglicherweise cffuts Buljtzqrien eingeschmuggelt, doch ist dafür die bulgarische Regierung nicht verantwortlich. Die Grenze wird streng überwacht, jedoch ist ein hermetischer Abschluß unmöglich. Die Maßnahmen und Ausschreitungen gegen die Bulgaren in Makedonien tragen dazu bei, Auf regungen im Lande hervorzurufen und verschärfen jedenfalls die Gegensätze. Die Meldung von Maßregeln der Türkei gegen den bulgarischen Metropoliten und die Handelsagenten ist un zutreffend. * Wien. 13. Mai. Das österreichisch-ungarische Geschwader hat den Befehl erhalten, mit Zurücklassung des TurmschiffeS „Wien" Saloniki zu verlassen. Die kanadische« Zollmaßregel« gegen Deutschland. Unsere Regierungskreise beschäftigen sich angelegent lich mit der Frage, wie am wirksamsten die kanadischen Zollmaßregeln, die auf eine vollständige Ausschließung der deutschen Einfuhr nach Kanada hinauslaufen, zu erwidern und zu bekämpfen sind. Der Bundesrat wird voraussichtlich schon in einer seiner nächsten Sitzungen den Reichskanzler ermächtigen, die erforderlichen Gegen maßregeln zu treffen. Selbstverständlich kommt es nicht darauf an, nur der äußeren Form wegen einem un freundlichen Schritte Kanadas gegenüber auch deutscher seits mit einem ähnlichen Schritte zu antworten. Die Haupffache bleibt immerhin, praktisch wirksame und Deutschland nützliche Maßregeln zu ergreifen und vor allem auch nicht außer acht zu lassen, wie die übrigen selbständigen englischen Kolonien sich dem Vorbild« Kanadas gegenüber zu verhalten beabsichtigen. Ein Zollkrieg mit Kanada hat für Deutschland eine verhältnismäßig geringe Bedeutung; wenn aber aus demselben sich weitere Zollkriege mit andern englischen Schutzgebieten entwickeln sollten, so würde das allerdings zu einer wesentlichen Verschiebung der zollpolitischen Lage führen, noch bevor wirkliche Handelsvertrags verhandlungen mit dem Auslande begonnen haben. Er freulicherweise mehren sich beachtenswerte Aeußerungen, wonach man in Kanada selbst mit dem Vorgehen der dortigen Regierung gegen Deutschland nicht einver standen ist, und vor allem nicht versteht, warum Kanada durch dieses Vorgehen die Ausfuhr der Vereinigten Staaten nach Deutschland auf Kosten Kanadas wesentlich begünstigt. „In dieser Hinsicht liegt uns", schreibt die „Köln. Ztg", „die Zuschrift eines großen Einsuhrhauses in Montreal vor, welche befürwortet, daß Kanada, ba den ersten Anlaß zu deutschen Gegenmaßregeln gegeben und jedenfalls auf die Dauer mehr darunter leiden werde, auch den ersten Schritt zu einer Ver ständigung tun sollte. Unseres Erachtens wir- eS in der Tat in erster Linie Sache der kanadischen Interessenten sein, ihre Negierung zu veranlassen, statt der kurzsichtigen und schädlichen Angriffsmaßregeln eine Verständigung mit Deutschland zu versuchen. Hier wird man gern entgegenkommen, soweit irgend es die deutschen Interessen gestatten. Aber mit Droh- und Zwangs mitteln wird eine solche Verständigung nur erschwert." Deutsches Reich. Berlin, 13. Mai. An der Aufstellung eines Gesetzentwurfes über den Servis tarif und die Klasseneinteilung der Orte wird gegenwärtig an den zuständigen behördlichen Stellen eifrig gearbeitet. Die Arbeiten werden so gefördert werden, daß dem Reichstage in seiner nächsten Tagung eine entsprechende Vorlage wird unterbreitet werden können. Die Materie hat die gesetzgebenden Faktoren des Reiches in den letzten Jahren recht häufig beschäftigt. Als im Jahre 1887 der Servistarif und die Klasseneinteilung der Orte neu geregelt wurden und dadurch an die Stelle der früher erlassenen Bestimmungen wieder ein einheit- Feuilleton. ISI Freiheit. Roman von Walter Schmidt-Häßler. dlaüitiucl vcrt'oieii. ,/Also — zu Ihrer Beruhigung: Was ich Ihnen zu sagen habe, beabsichtige ich, Wort sür Wort, vor meiner rvtutter zu wiederholen. Nur muß ich cs Ihnen zuerst allein sagen. Genügt Ihnen das?" „Es muß mir genügen, Herr Graf; denn Sie sagten mir einmal, daß Sie für mich das Gefühl der Achtung hegten, und wenn sich das seither nicht geändert hat, so werden Sie mir gewiß nichts sagen, was diese Achtung verletzen könnte." „Sehr richtig! Sie unterscheiden klar und logisch, wie immer. Und ausgehend von dieser Voraussetzung, darf ich also auf diese kurze Unterredung hoffen?" „Wenn es sein muß!" „Ja, es muß sein! Und wo darf ich mit Ihnen sprechen?" „Im Salon, wenn die Frau Gräfin ihre Ausfahrt macht!" „Also pünktlich um drei Uhr. Ich danke Ihnen, Fräu lein Ella!" Damit stand er auf, verneigte sich höflich und verschwand in dem hellerleuchteten Ballsaaie; während Ella sinnend noch eine zeitlang zurückblieb und über das Erlebte nachzudenken versuchte. Was konnte dieser Mann von ihr wollen, was konnte er ihr mitzuteilen haben, was er nicht zu jeder Stunde und vor jedermann aussprcchen konnte? Welch sonderbare Wandlung war mit ihm auf dieser Reise vorgeganaen, daß er als ein so ganz anderer wiedergekommen war? Sie mußte unwillkürlich an ihre erste Unterredung mit der Gräfin denken, wo sie vor der Eigenart ihres Sohnes gewarnt und von seiner Respekt losigkeit gesprochen hatte, mit der er den Gesellschafterinnen des Hauses den Hof zu machen pflegte. Mar jetzt die Reihe an sic gekommen? Hatte er mit einem Male nach andert halb Jahren vielleicht entdeckt, daß auch sie hübsch und pikant genug sei, um eine Annäherung zu versuchen? Warum denn auch nicht? Gesellschafterinnen sind ja wohl nun einmal dazu da, daS Interesse der Löhne de» HanieS in Anspruch zu nehmen. Wer wird mit einer bezahlten Re- »rSseutLutt» also viel Umstände machen? Und dennoch — nein! Für so srivol und gewissenlos konnte sie Egon nicht halten, trotz der Warnung aus dem Munde der eigenen Mutter wollte sie dem Mann keine häßliche Hand lung zutraucn, der sie einst selbst vor der häßlichen Tat eines andern so ritterlich geschützt hatte. Es wäre un dankbar gewesen, so klein von ihm zu denken; denn er war ja doch kein Knabe mehr, der sich über die Konsequenzen seines Handelns keine Rechenschaft gibt. Sie wollte cs ruhig abwarten. Es konnte nichts Niedriges, nichts Un schönes sein. Das mußte ihr genügen — bis morgen. * * * Am nächsten Nachmittag, pünktlich um drei Uhr, standen Ella und Egon fick im Boudoir der Gräfin gegenüber. Ella hatte in der Nacht kein Auge zugetan und sah ab gespannt und übermüdet aus. Widerwärtige Träume hatten sie im Halbschlummer gequält, und wenn sie dann wach geworden war, hatte sie sich vergeblich den Kops zer martert über den Grund der seltsamen Bitte, die Egon am Abend an sie gerichtet hatte. Der Vormittag war ihr so langsam vergangen, wie nie, bleiern schwer schienen die Stunden zu schleichen; denn sie wünschte nichts sehnlicher, als diese Unterredung hinter sich zu haben. Sie war nun einmal eine Natur, der alles Geheimnisvolle, alles Ver- steckcnspielen geradezu widerwärtig war, und hätte Egon nicht ausdrücklich betont, daß er die Angelegenheit dann auch mit seiner Mutter zu besprechen gedächte, so hätte Ella ihm um keinen Preis der Welt die so dringend erbetene Aussprache bewilligt. Als Egon in den Salon trat, wo sie ihn erwartete, war er merkwürdig erregt, seine Wangen glühten und um seine Augenwinkel spielte ein lciseS, nervöses Zucken, was er immer hatte, wenn er sich in besonders starker Ge mütsbewegung befand. Während sie am Fenster Platz nahm, zog er sich einen Fauteuil heran und setzte sich so, daß sich sein Gesicht im Halbschatten der Portiere befand, als wollte er nicht, daß sie ihn beobachtete. Dann begann er, leise, etwas stockend, ohne sic anzuschauen, den Blick auf dasMuster dcS Teppichs geheftet: „Verzeihen Sie vor allen Dingen, gnädiges Fräulein, daß ich Sie um diese Unterredung unter vier Augen bat, aber ich mußte eS tun, schreiben konnte ich eS Ihnen nicht, obwohl ich wenigstens zehnmal den Versuch dazu gemacht habe. Jedenfalls danke ick Ihnen, daß Sie Wort gehalten und mich hier erwartet haben!" „Es war nur selbstverständlich, Herr Graf, dah ich mein Wort hielt; denn Sie haben ja auch das Ihrige gehalten, mich gestern abend sofort zu verlassen. Und Sie werden auch darin Wort halten, so Hoss' ich, Ihrer Frau Mutter von dieser Unterredung Mitteilung zu machen." „Selbstverständlich! — Ich habe mir diese Zusammen kunft durchaus nicht als eine heimliche Vergünstigung er beten, sondern dieselbe soll nur der weiteren Rücksprache mit meiner Mutter vorausgehen. Bevor ich zum Kern der Sache komme, mutz ich allerdings ein wenig zurück greifen, und ich bitte Sie, mir ruhig zuzuhören bis zum Schlutz; denn ich werde nichts sagen, was Sie irgendwie verletzen könnte. Ich bin, bevor Sie mich kannten, ein wenig leichtfertig gewesen, nicht bester als die meisten meiner Standes- und Altersgenosten; aber wahrlich auch nicht schlechter. Ich habe meiner Mutter durch viele leicht sinnige Streiche manche recht bittere Stunde gemacht, und ihr redlich Veranlassung gegeben, sich über ihren Jüngsten recht gründlich zu ärgern, so datz sich zwischen ihr und mir beinahe ein gespanntes Verhältnis herausbildete, das mir, der ich sie innigst liebe, in tiefster Seele wehe tat. Aber es schien, als ob diese leise Gereiztheit sich mit der Zeit zu einer ernsthaften Verstimmung herausbilden würde. Miss trauen auf der einen, jugendlicher Trotz und Leichtsinn auf der andern Seite Netzen eine herzliche Annäherung zwischen der Mutter und dem jüngsten ihrer Söhne immer schwie riger erscheinen. Es war, als liebten wir uns nicht mehr!" Er schwieg und blickte ein paar Augenblicke sinnend inS Leere. ,-Aber, Herr Gras, warum sagen Tie mir das alles? Weshalb legen Sie mir da eine Beichte ab, die mich doch nur in peinlichste Verlegenheit bringen kann?" „Weil eS notwendig ist. damit Sie mich voll verstehen", fuhr er fort, „weil diese Beichte, wie Sie eS nennen, ein integrierender Teil besten ist, waS ich Ihnen zu sagen babe. Lasten Sie mich sortsahren, bitte, und haben Sie Geduld. — Da kamen Sie in unser HauS, nnd vom ersten Tage an ging mit mir eine Wandlung vor, die ich mir damals nickt erklären konnte. — Lasten Sie mich Ihnen, bitte, alles sagen, unumwunden und offen; denn ich werde nie wieder Gelegenheit haben, mit Ihnen zu reden, wie heute. — Ich war gewöhnt, bisher in der Umgebung meiner Mutter, die ein ausgesprochene» Faible für schöne Menschen hat. junge Damen zu sehen, die, mit jener ober flächlichen Bildung ausgerüstet, die meistens jungen Mädchen eigen, in die Welt gehe«, um ihr Glück zu macken, vielleicht auch, um Abenteuer zu erleben, lustig zu sei« und das Leben von der heiteren Seite zu nehmen. Kein Wunder also, wenn der kaum zwanzigjährige junge Mensch, der eben erst aus einer strengen Pension kam, leicht Feuer fing, und jedem koketten Lächeln, jedem sen timentalen Seufzer gläubig tiefere Bedeutung zumatz. Nach Liebe zu Haschen, wie nach einem bunten Schmetter ling, ist ja das Vorrecht der Jugend!" „Ich verstehe nicht, Herr Graf", sagte Ella errötend und wollte sich erheben; aber Egon neigte sich vor, sah ihr mit den bittenden Augen eines Kindes ins Gesicht und fuhr fort: „Ich will Sie nicht kränken und verscheuchen, Ella, seien Sie nicht böse und hören Sie mich an. Es mutz sein! Bitte!" Und sie blieb. „Bor Ihnen, Fräulein Ella, empfand ich zum ersten Male im Leben das Gefühl, das ein junger Mann vor Ihrem Geschlechte stets empfinden sollte, eine unbegrenzte Hochachtung, eine Bewunderung vor Ihrer ganzen Art und Weise, die sich von Tag zu Tag steigerte. Aus Ihrem Wesen wehte mich etwas so Neues, so Eigenartiges an, datz ich mich fast vor Ihnen fürchtete. Deshalb wich ich Ihnen anfänglich aus, fühlte mich eingeschüchtert in Ihrer Nähe und wußte nicht, was und worüber ich mit Ihnen reden sollte. Sie kamen mir in allem so viel bester, so viel größer und klüger vor, als ich, datz ich in Ihrer Gegenwart etwas Beengendes nicht loswerden konnte. Ich fing an, Sie zu beobachten, Sie förmlich zu studieren. Der wunderbare Einfluß, den Sic aus meine Mutter gewannen, die mir nach und nach wieder mit der alten Liebe, dem alten Vertrauen entgegenkam, was ich Ihnen zuschrieb, Ihre vornehme Art, dieses große Hauswesen zu dirigieren, die Verehrung, die jeder im Hause für Sie empfand, alles das gab mir den Beweis, datz Sie wirklich und wahrhaftig höher standen, al- alle die sungen Damen auS unserer großen Bekannt schaft, die mir bi-her begegnet waren. Und da, anfänglich mir selbst unbewußt, fing ick an, Ella, Sie zu lieben!" In jähem Erschrecken sprang sie auf, streckte ihm, wie zur Abwehr von irgend etwas Entsetzlichem, beide Hände entgegen, und flüsterte in höchster Erregung: „Kein Wort weiter, Herr Graf, ich bitte Sie; denn ich darf keine Silbe mehr hören! Hätte ich von all dem eine Ahnung gehabt, nie batte ich darein gewilligt, hinter dem Rücken meiner Gönnerin Sie an,„hören!" „Und dennoch müssen Tie mich hören bi» zu Ende", fuhr er fort, indem er ihr den AuSgang aüÄ dem klein«
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