Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190305213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19030521
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19030521
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-21
- Monat1903-05
- Jahr1903
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.05.1903
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
»dxeit. Z.-8.VUÄÜ Ittt««. »0. «.o. t.0. I. o. l.0. «.O. l. 0. «.v. W.LP.U6 m.l)p-3ö l.0. l.0. t.0. t.0. l.0. l. 0. a.v. t.0. »nvn rr.vLd— r z - ». r. r. i. r. ». i. i r. L r. ML L S. L il. L 3. L 3. S. k. «.o. »v. s? 8L «-k> o. »o. »o. > »o. d.» k-ü. s. L L ,L0«r«.r-v. . «.S0ü«t-0. Uok Nartr »o. »o. «.o. «.o. »v. t.0. Lote »lartc »0. o-IMLo-r-l). »0. BezuqS-PretS tu der HailptrzpedMon oder deren Ausgabe stellen adaeholt: vtetteljährtich 3.—, bet zweitnaliser ttßlicher Zustellung in» Han« ^l 8.75. Durch di» Post bezogen sür Deutsch land o. Oesterreich »terteljährlich ^l 4.50, für di» übrige« Länder lnnt Zeittln,»pmi»l,ft^ LedakNo« und Lrvedttiou. T»t»n»tS-«ss» 8. H«rni»r»ch«i lös i»nd SSL Ftttal-*p,tzM«a«t»: Alfred Hahn, Buchhandl»., UutverfftütS-r.S, L. Lösch«, Kathartnenstr. Ich » KöntgSpl. 7. Haupt-Filiale vrerdeir: Marienftraß« 54. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Serlin: Carl Druuker, Herzgl. Bayr. Hosbuchhandlg, Lützowstraße 1V. Fttnfprrch», Amt VI Nr. 1608, ripMr TllMcck Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und des Rolizeianttes der Ltadt Leipzig. Str. 255. Donnerstag den 21. Mai 1903. Anzeigen-Pret- die 6 gespaltene Petttzelle US Ls. Reklamen unter dem Redakttontstnch (4 gespalten) 75 vor den Famtliennach» richten (6 gespalten) 50 Dabellarrscher und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertenannahme 25 H (excl. Porto> Ertra-lvrilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, m»t Postbesörderuug ^tt 70.—. Ännahmeschlub für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag» w Uhr. Morgen-Au-gabr: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an dir Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend« 7 Uhr- Druck und Verlag von E. Polz in tzeipztq. 87. Jahrgang. Die Gliederung der Fel Artillerie. S. Der Kampf um da» kommende Feldgeschütz für unsere Artillerie kann al» beendet angesehen werben; er ist zu Gunsten de» Rohrrücklaufgeschützes ent» schieden worden, da» sich allen anderen Systemen bet den einwandfrei durchgeführten Versuchen zweifellos über legen erwiesen hat. Dieser verhältnismäßig rasche Fort- schritt auf -em Gebiete der Geschützkonstruktton ist den Franzosen zuzuschreiben, die mit der Einführung ihre» 7,S-Centimeter-SchnellfeuergeschützeS 0/07 mit Rohrrücklauflafette den Anstoß dazu gegeben haben, daß auch die übrigen Staaten in der Geschützfrage folgen mußten. MerdingS wie» das neue französische Geschütz so manche Nachteile auf, die der Uebereilung bei seiner Einführung zur Last zu legen sind; die neuesten deutschen Konstruktionen haben die verschiedenen Mängel zu ver meiden gewußt, und während bet uns nunmehr in Truppenversuche mit diesem verbesserten Geschütz, da» in der Kruppschen Fabrik chergestellt wurde, eingetreten worden ist, hat die Schweiz dieses Gcschiitz endgültig zur Annahme bestimmt. Nun tritt aber bei uns die Frage der Gliederung der Feldartillerie auf, ob nämlich die Gesechtsbatterte, wie bisher, zu s e ch s oder nur zu vier Geschützen aufgestellt werden soll. In letzterem Falle würde die Geschützzahl eines normalen deutschen Armeekorps von 144 auf 06 herabgesetzt werden. In Frankreich wie in der S chw eiz ist auch diese Frage bereits gelöst worden, und zwar hat man sich zu der Batterie von vier Geschützen entschieden. Dabei ist man von der Erkenntnis auSgcgangen, daß vier Rohrrücklauf geschütze ebensoviel zu wirken vermögen, wie sechs Ge schütze der bisherigen Konstruktion, während die Raum frage in Bezug auf die Aufstellung der Geschütze in der GefechtSlinie nnr vor: nutz', georil-ttelcr Bedeutung ge wesen ist. Auch bei uns sind Stimmen laut geworden, welche die Zahl der Geschütze in der Batterie auf vier herabgesetzt wissen wollen, und darunter befindet sich die gewichtige Stimme deS Generals Rohne, der auf dem Gebiete der Fcldartillerie als Autorität gilt. Er faßt die Erörterungen über die verminderte Geschützzahl wie folgt zusammen: Der Uebergang zu kleinen Batterien ermög licht eine bessere Ausbildung, weil die Friedensstärke in einem viel günstigeren Verhältnis zur Kriegsstärke stehen kann; er ermöglicht ferner eine leichtere Feuer leitung und straffere Feuerdisziplin, eine reichlichere MunitionSausrüstung ohne Vermehrung der Gespanne und Verlängerung der Marschkolonnen, geringe Front- breiten, daher bessere Ausnutzung des Geländes, und schnellere Entwickelung der Feucrltnie. In allen Fällen, wo die stärkere Geschützzahl nicht voll zur Entwickelung gelangt — und die Fälle werden jedenfalls recht häufig, wenn nicht in der Mehrzahl, vorkommen —, ist die in kleinere Batterien gegliederte Artillerie, trotz gleicher Ge schützzahl, erheblich überlegen, und nur, wenn die Raum verhältnisse die Entwickelung der gesamten Artillerie zu lassen, ist ein gewisser Vorteil der stärkeren Artillerie zuzugeben, wenn dieser nicht aufgehoben wird durch die übrigen, unter allen Umständen zur Geltung gelangenden Vorteile. Nur für die reitende Artillerie soll nach Rohne die Teschützzahl beibehalten und dabet für jede Kaval- leriedivision von drei Brigaden auch drei reitende Batte rien ausgestellt werden. Die Frage nach der Geschützzahl einer Batterie ist aber neben der militärischen auch eine ökonomische Frage, denn wird sie zu Gunsten der vier Geschütze entschieden, so tritt eine nicht unerhebliche Ersparnis ein. Für jede» Armeekorps würden allein 48 Geschütze weniger zu beschaffen sein, was sür die deutsche Armee 1104 Ge schütze auSmachen würde. Da jede» Geschütz mit sechs Pferden bespannt wird, so blieben 6624 Pferde zur Ver fügung, und die in beiden Beziehungen gemachten Er sparnisse könnten bann entweder zur besseren MunitionS- Versorgung der kleinen Batterie benutzt werden, oder auch bei der unerläßlichen Abhülfr des Mangel» an Kavallerie Verwendung finden. Ausschlaggebend in dieser Angelegenheit wird natürlich sein, welche Stellung die maßgebenden und verantwortlichen Faktoren dazu «innehmen, und dem neuen Krieg-Minister wird gleich «in« «usgad» al» Morgengab, dargebracht, deren Lösung uw so schwieriger erscheint, al» bei der gegenwärtigen Finanzlage deS Reiches die ökonomischen Interessen eine außerordentliche Berücksichtigung «rheischen. Im Laufe der nächsten Legislaturperiode wird diese Angelegenheit ohne Zweifel angeschnitten werden; aber es sei schon jetzt darauf hingrwiesen, daß ihre Entscheidung doch nicht so einfach ist, a!» man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Sie Iküttmfta-e im LeW-er lialhalifchrn Volkrvkrcin. Der Bericht deS »Leipziger Taaedl." ti-er den Portraa, da» Harr Laßrar Rückert am iö. März im hiesigen Volks- »e«i» für da» kathottsche Deutschland über die Auf ¬ hebung des FesuttengesetzeS gehalten hat, enthielt zu gleich eine dankenswerte Abwehr der Redaktion gegenüber den Behauptungen dieses Redner-. Das Urteil über den Jesuitenorden, welches durch den Vortrag in die Oeffcnt- lichkeit gelangte, ist aber derartig einseitig, daß auch die Leser des „Tageblattes" dazu Stellung nehmen müssen. „Lediglich auf Drängen einiger Fürsten' habe Clemens XIV. den Orden aufgehoben; daß es aber gerade die vier gut katholischen Könige Frankreichs, Spa niens, der beiden Sizilien «Bourbonen) und Portugals (Hau- Braganza) waren, wird verschwiegen. Und wenn Herr Rückert jemals das Breve „vominus rw reciemptor noster" gelesen hätte, so hätte er von der eingehenden Be gründung wissen müssen, die Clemens XIV. zu einer scharfen Verurteilung des gesamten jesuitischen Treibens geführt. Da ist nichts zu lesen von „kulturfördern der Arbeit der Jesuiten" in Amerika und Asien, sondern von „ärgerlichen Zwistigkeiten und Unruhen der Gesellschaft wider die ordentlichen Bischöfe, wider die re gulären Orden, milden Stiftungen usw. in Europa, Asien und Amerika", die „nicht ohne großen Nachteil der Seelen und zur Verwunderung aller Nationen mit soviel Heftigkeit erregt worden, teils durch Ausübung ge wisser heidnischer Gebräuche, welche an ver schiedenen Orten angenommen, während andere, von der Kirche gebilligte, verworfen worden; teils auch durch Ge brauch und Erklärung solcher Formeln, welche der apostolische Stuhl als ärgerlich, offenbar schädlich und den guten Sitten widrig ver bannt hat" usw. Friedrich der Große hat sich beim Papste nicht für sie verwandt wegen „ihrer nützlichen Tätigkeit in Schlesien", sondern weil sie, bei ihrer bekannten Charakter tüchtigkeit, allerhand Interessantes aus dem privaten und politischen Leben am Wiener Hofe ihm zutrugen. Und wenn Herr Rückert ausgeführt hat: „die Jesuiten seien weder vaterlandslos, noch antinational" usw., und „für sie handle e» sich darum, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers sei, und Gott, was Gottes sei; sie pflegten die Liebe zum Daterlande auch bei ihren Zöglingen", so lese er die Aufzeichnungen des ehemaligen Jesuiten- züglings Joh. Georg Küberle, in denen es heißt: „Der Jesuit kennt kein Vaterland, tztt» cr ver- p,lichtet ist. Seine Heimat ist die ganze Welt und daS Gebot deS Generals macht jede Verord nung irgend eines Fürsten ungültig". Man muß sich wundern, gerade bei einem Lehrer derartige Oberflächlichkeit zu finden, weil wir gewöhnt sind, unsere Lehrer mitaan, anderen Lei st ungen an die Oeffentlichkcit treten zu sehen. Nachdem aber Prinz Max zum Lobrebner der sexuellen Beichtstuhl-Excesse des Jesuiten Liguori geworden ist, braucht man über derartige „Wissenschaft" sich nicht mehr zu wundern. In den Mitgliedern des katholischen Bolksvereins wird der Herr Vortragende ja zweifellos sehr geduldige Zu- Hörer gefunden haben; aber eigentlich sind sie zu bedauern. Denn die Belehrung, die sie hier erhalten haben, erinnert sehr an einen Ausdruck de- Zwickauer Sozialistenblattes — ,/vermeüibumselt". -K- Deutsches Reich. Berlin, 20. Mai. (Französisches Echo.) Unter der Ueberschrift „Leyte- Echo einer Kaiferreise" beschäftigt sich das „Journal -es DSbats" nochmal- mit dem Besuche des Kaisers in Rom. DaS genannte Pariser Blatt kommt wiederum auf den außerhalb der Dreibundmächte viel erörterten Umstand zurück, daß in den Trinksprüchen, die zwischen dem Kaiser und dem Könige Viktor Emanuel ausgetauscht wurden, Oesterreichs keine besondere Erwähnung geschah. In diesem Punkte hat daS „Journal des DöbatS" auf die Verstimmung der österreichischen Presse gerechnet. Da aber ganz im Gegenteil die maßgebenden österreichischen Blätter ihrer ungeteilten Genugtuung über den Kaiserbesuch in Rom Ausdruck verliehen haben, so hält das „Journal -es DSbats" mit seiner Ent täuschung um so weniger zurück, je mehr es an einer entgegengesetzten Auslassung der Wiener „Sonn- und MontagSzettung" sich weidet. DaS letztere Blatt hat nämlich auS den im Outrinal gewechselten Trinksprüchen den Schluß gezogen, daß der Dreibund nur noch dem Namen nach bestehe. Es wäre grausam, die Freude deS „Journal des D«batS" über solche autoritative Feststel lungen durch den Ausdruck leiser Zweifel an ihrer Zu verlässigkeit zu stören! Ein Echo anderer Art hat im Pariser „Matin" da- Jahresbankett -er englisch französischen Gesellschaft in London ge- weckt. Schon die Ausführlichkeit der telegraphischen Be- richterstattung über da» Bankett verrät bi« Wichtigkeit, die der „Matin" der Wirksamkeit jener Gesellschaft bei- mißt. Der einzig« Zweck der genannten Gesellschaft be steht in -er Verbesserung der Beziehungen zwischen Frankreich und England. Der „Matin" verzeichnet da- her mit Zufriedenheit, baß über 200 Personen an -em Bankett teilnahmen und baß die Londoner City den Alderman Alltston dazu entsandt hatte. Mr. Alliston stellte dem Präsidenten Loubct für den bevorstehenden Besuch «in herzliche- und warmes Willkommen von feiten des englischen Volke- in Aussicht. Ein anderer Redner, de» Präsident der Londoner HandekSkammer Sir Albert Rollit, empsahl, die wegen Neufundland zwischen Frank reich und England vorhandenen Meinungsverschieden heiten durch ein Schiedsgericht ober durch eine Entschädi gung au» der Welt zu schaffen. Ein dritter Redner be- richtete über den Erfolg den «r im Norden England- bei seiner Propaganda für da» Ziel der eizalisch-franzö- fischen Gesellschaft davongetragen habe. All, diese Mo mente sind darnach angetan, den Franzosen Genug, tuung zu bereiten, und wenn sie auch nicht von epoche machender Bedeutung find, so verdienen sie doch ihrer symvtomatifchen Bedeutung wegen Beachtung. -tt- Berlin, SO, Mat. (D a s ,.M ä r ch e u" d er Te i - lung.) Das sozialdemokratische Partciblatt er- geht sich f» ein,r Polemik »eg«n den von Herrn Eugen Richter herausgegebenen „Sozialtstenspiegel" über das, was es als M ä r ch e n derTeilung bezeichnet. Das ist an sich ziemlich gleichgültig, aber das sozialdemokratische Parteiblatt schwelgt dabei geradezu in dem Gedanken einer Teilung sowohl des Einkommens als des Vermögens und rechnet in verschiedenster Art aus, welche Vorteile den Ar beitern durch eine solche Teilung erwachsen würden. Da man mit einem solchen Verfahren die Quelle des Eiq- kommcnö und Vermögens selbst vernichten und so ver fahren würde, wie jener Tor, der die Henne schlachtete, die ihm die goldenen Eier legte, rührt daS sozialdemokratische Parteiblatt natürlich nicht, aber es erhellt aus diesem, der „Gegenschrift gegen Eugen Richters berüchtigten Sozta- listcnspicgel" entnommenen Aufsätze, daß man in den Kreisen des „Vorwärts" den Gedanken einer von der So zialdemokratie hcrbcizustthrenden Teilung des gesamten Einkommens und Vermögens keineswegs grundsätzlich ab weist, vielmehr die der sozialdemokratischen Fahne folgen, den Arbeiter nach einer solchen begierig zu machen trachtet. Diese Wahrnehmung ist von besonderem Interesse in dem Augenblicke, wo die Sozialdemokratie zum Zwecke des Stimmenfanges bei den nächsten Wahlen ihr Zukunfts programm, sowie ihre wirklichen Tendenzen nach Kräften verhüllt und sich mit dem Mäntelchen einer rein demo kratischen Arbeiterpartei drapiert l-at; sie ist geeignet, die jenigen, welche noch immer in dem Wahne von der Unge fährlichkeit der Sozialdemokratie und ihrer Mauserung zu einer radikalen Reformpartei befangen sind, eines bessern zu belehren und ihnen zu zeigen, eine wie akute Gefahr die Sozialdemokratie für unsere gesamte kulturelle und wirt schaftliche Entwickelung bildet. Man wird daher gut tun, bei der jetzt im Gange befindlichen Wahlagitation gegen die Sozialdemokraten von der Tatsache, daß das sozialdemokra tische Parteiblatt sich wenigstens indirekt freund lich zu dem Gedanken einer allgemeinen Teilung des Einkommens und deS Ver mögens stellt, gehörig Gebrauch zu machen. * Berlin, 20. Mai. (Zentrum und Sozialdemo kratie.) Der Abg. Bebel bat dieser Tage in Köln eine WadUrde aebalirn, in der er sich ganz besonder- mit dem Zenirum beschäftigte und dabei über die Vorgänge, die sich bei den letzten bayerischen LandiagSwablen zwischen Zen irum und Sozialdemokratie abspielien, eine sehr pikante Mit teilung machte. Bebel sagte: Wenn man die Sozialdemokralt« olS religionsfeindlich bezeichne, io habe das nur den Zweck, um jeden Preis die katholischen Arbeiter von ihr sernzuhalten In Wahrheit sei das Zentrum bereit, mit der Sozialdemokratie gemeinsame Sache zu machen, wenn sein Vorteil in Frage komme. Als vor ö Jahren in Bayern die LandiagSwablen vor der Thür standen, lagen die Dinge so, daß keine der bürgerlichen Parteien die Mehr heit hätte erlangen können, welche nicht von der Sozialbemokraiie unterstützt worden wäre. Da seien die Führer des Zentrums zu den Sozialdemokraten gekommen und hätten ein Wahlkartell, einen Kuhhandel, angeboten. In Folge dessen habe die Sozialdemokratie dem Zentrum zur Mehrheit und das Zentrum der Sozialdemokratie zu 11 Landtagsmancaten ver- Holsen. Da war von dem.sozialistischen Gottseibeiuns nicht die Siede. Dieie beiden Tatsachen: der Dank Liebers sür di» Haltung der Sozialdemokratie gegenüber dem Jejuitengesetz und da bayerische Wahlkartell, sollte man sich merken. Der Wahlschacher zwischen Zentrum und Sozialdemokratie sei ab geschlossen worden in der Sakristei eine» der berühm testen Dome zwischen einem Führer der Sozialdemo kratie und einem hohen Geistlichen. Die klerikale „Augsb. Postztg." weiß diese Darstellung nur ln einem unwesentlichen Punkte zu letouchieren: Wer den betreffenden berühmten Dom kennt, weiß, daß man auf der Treppe und im Vorhof desselben nicht in der Kirckr ist und, angelprochen, sehr wohl auch kurz ein weltliche» Wort lprechrn kann. Als das vor dem berühmten Dome geschah, war aber das Kompromiß schon vorher fertig; die zufällige Be- grgnung vor dem Tome änderte daran nicht« mehr. ES bleibt alio dabei, daß das Zentrum e» gewesen ist, da« die Anregung zu dem „Kuhhandel" gegeben Hal. Aber die Sozialdemokratie ist auf diesen Handel einge gangen.und sie wird, wenn sie sich einen Vorteil davon verspricht, auf denselben oder jede« ähnlichen Handel auch in Zukunft eingehen. Jeder liberale und jeder wahrbaft konservative Wähler, der ra einer Förderung der Macht de» Zentrum» eine Gefahr sür das Reich erblickt, wird da her schon au» diesem Grund« d«m Anwachsen des sozial- demokratischen Einflüsse» mit aller Kiasl sich entgegenstemmen müssen. * BerU», 30. Mat. Das Eingreifen der Re gierung in -en Aerzte streik zu Mühl hausen i. Th. hat dem Streike bekanntlich dadurch ein Ende gemacht, daß die sämtlichen bisherigen Kassenärzte unter Erhöhung der Hono rarsätze wieder in ihre Funktion eingesetzt worden sind. Handel-Minister Müller, -er den entscheidenden Sin- griff selbst veranlaßt hat, ist seit langen Jahren ein ent schiedener Verfechter de» Eystems der freien Arztwahl aus dem Kreise aller Aertze des Ortes, die sich auf gewisse Bedingungen verpflichten. Dieses System, da« jetzt auch in Mühlhausen gegen den Widerstand der Kaffenvorstände wieder zur Geltung gebracht wird, gewinnt immer breiteren Boden. Zum besseren Verständnis seiner Aus gestaltung und Wirkung mag das Beispiel -er Neichshaupt- siadt kurz gekennzeichnet werden, «n brr es gleichfalls nicht ohne Mitwirkung des jetzigen Handesministers -i« geg^n- wärttg geltende Grundlage erhalten hat. In Berlin besteht bereit- seit End« ttwl einBerein der freige wählten Kassenärzte; erst im August vorigen Jahre» ist ihm aber auch vom Staate die Rechtsfähigkeit verliehen worden. Ihm gehören gegen 1600 Aerzte an, darunter boo Spezialisten und 4« Universitätslehrer. Jedes Mitglied verpflichtet sich, während der Mitgliedschaft „sehen zwischen dem Vereine der freigewählten Kassenärzte und einer Krankenkasse bestehenden, vit Vevtzachtun« -er Satzungen des Vereins der freigewählten Kassenärzte ge schlossenen Vertrag gleich als wie von ihm idem Mitglied» in eigener Person geschlossen anzusehen". Der Verein hat für das Jahr 1908 mit 23 Ortskrankenkassen, 11 Betriebs- sFabriks-jKrankenkasscn und 0 Freien HülfSkassen Ver träge abgeschlossen, nach denen jedem Kassemnitgliede in jedem Krankheitsfälle die Wahl unter den Mit gliedern -es Vereins der freigewählten Kassen ärzte freisteht. Diese Kassen haben zusammen rund 190 000 , darunter ungefähr 60 000 weib liche, Mitglieder. Den Angehörigen der Versicherten gewährt von diesen Kassen nur eine einzige freie ärztliche Behandlung durch die Mitglieder des Vereins der fretge- wählten Kassenärzte. Seit dem 1. Januar 1902 läßt der Verein die Krankenscheine in den BureauS der Kranken kassen durch Aerzte, die er auswählt und auch besoldet, kontrollieren. Diese kontrollieren den Aerzte haben daS Recht, wenn die auf dem Krankenscheine vermerkte Diagnose das Fortbestehen der Erwerbsunfähigkeit des Kranken oder auch nur die erlaubte Ausgehezeit nicht genügend erklärt, bei dem behandelnden Arzte anzufragen und eventuell eine Nach untersuchung anzuordnen. Diese Einrichtung der kon trollierenden Aerzte hat sich vorzüglich bewährt. Alle Ver träge, welche Mitglieder des Vereins mit Krankenkassen und Gemeindekrankenversicherungen abschließen, erneuern oder verlängern wollen, müssen vor dem definitiven Ab schlüsse, bez. Erneuerung oder Verlängerung, der Ver tragskommission des Vereins rechtzeitig zur Prü fung vorgelegt werden. Diese Vertragskommission besteht aus 9 Mitgliedern. Alle Kassen, die mit dem Vereine im Bertragsverhältnisie stehen, bezahlen als H o n o r a r für die ärztliche Behandlung ihrer Mitglieder an den Verein der freigewählten Kassenärzte ein Pauschquantum, das, pro Jahr und pro Kopf des Kassenmitgliedes be rechnet, bei keiner Kasse weniger als 3,50 ^tl beträgt (früher 3 Einige besser situierte Betriebkrankenkassen und Freie HülfSkassen bezahlen 3,80 die Betriebskranken- kafle der Stadtgemeinde Berlin, deren GeschästSgebiet ein ungemein ausgedehntes und zu einem nicht kleinen Teile wegen der Riesclgüter ein ausgesprochen ländliche» ist, bezahlt 4 Der Verein verteilt da- erhaltene Arzthono- rar, nach Abzug der für ihn entstandenen Verwaltungs ausgaben, unter seine Mitglieder nach Maßgabe ihrer Leistungen unter Zugrundelegung eines Point-Sy- stcms. Der Aerztcvcrcin hat eine Gebührenordnung be- schlossen, in der die Sätze nicht tn Reich-Währung, sondern in Points ausgeworfcn werden; es wird z. B. eine Kon sultation im Hause deS Arztes mit 1 Point, ein Besuch in der Wohnung des Patienten mit 2 Points bezahlt und für chirurgische Leistungen ein Zuschlag von 2—10 Points ge währt. Bei diesem Zahlungsmodus findet also eine wirk liche Bezahlung nach Einzelleistungen statt, nur kann das Honorar für die einzelne Leistung erst am Schluffe des Vierteljahres festgestellt werden. Für jeden Nachtbesuch erhält ein Arzt 4 „ck, für jede Nachtkvnsultation 2 .4l. Diese Ausnahmen sind getroffen worden, um den Aerzten für diese Leistungen ein feststehendes Honorar zusichern zu können. Ferner muß hervorgehoben werden, daß größere chirurgische Eingriffe in Berlin fast ausschließlich in öffentlichen oder privaten Heilanstalten gemacht werden, so daß für dieselben in der Vereinstaxc ein angemessen hoher Gebührensatz nicht ausgcworfen zu werden braucht. — Bei diesem Systeme und angemessenem Pauschquantum lassen sich Vorgänge nach Art des Acrztestreiks von Mühl hausen am leichtesten vermeiden. (Nat.-Ztg.) T Berlin, 20 Mai. (Telegramm.) Der Kaiser unv die Kaiserin sind beute um 12 Ubr 40 Min. auf der Wildpark- Station eingetroffen. Zum Empfange waren am Babnbofe der Kronprinz, der Prinz Joackim und die Prinzessin Viktoria Luise erschienen. Die Begrüßung der Eltern mit ihren Kindern war sehr herzlich. Die Prinzessin überreichte ibren Ettern einen Blumenstrauß. Sodann fuhr das Kaiserpaar mit dem Prinzen Joachim und der Prinzessin Vckioria Luise im offenen Zweispänner nach dem Neuen Palais, wobin der Kronprinz folgte. — Auf der Rücksabrt von Urville körte der Kaiser beute vormittag dir Vorträge des Stellvertreters de.' KrirgSministerS von Einem, ferner des CbefS des Militärkabinetts Graf v. Hülsen- HäseIrr und deS Cbefs des MannekabinrttS Vizeadmiral» Freiberrn v. S en d en - B ibran. Aus Station Wildpark nabm der Kaiser die Abmeldung des bisherigen großbritannischen Militärattache» Oberst Water» entgegen und empfing auS den Händen des Obersten Stephan von der geheimen KritgS- kanzlei die neue Rangliste. (D Berlin, 20. Mai. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: In einem birstgen Blatte wurde aus- gesübrt, der gegenwärtia, Vber»»Lsiden1 von Schlesier, habe die Interessen der Provinz nicht genügend vertreten und die StaatSregierung über die unerfreuliche Ent ¬ wickelung der Verhältnisse in Oderichlesien im Unklaren gelassen. Wir halten UN» verpflichtet, hier ¬ gegen hrrvorzuheben, daß kaum für eine Provinz des preußischen Staate» so viel geschehen ist, wir für die Provinz ^chttsten während der AmtSzeü des geaenwärtigen Ober präsidenten. Für den bevorstehenden Rückt, ttt des Herzogs zu Tiachenberq ist lediglich der in seinem Abschiedsgesuche angegebene Grund eine» schweren, sich allmählich ver schlimmernden Augenleiden- maßgebend. — Die „Süddtsch. Reichskor»eip." bat sich die lange gesuchte, schmerzlich entbehrte, Wunder tuende — Wahl parole au» Berlin veischreiben lassen; sie siebt am Schluffe «in,» sehr schönen Artikels über „Staat und Kirche", der int,rkonsetflonelle Toleranz im Sinne der „G-lmania" predigt und bann zum Schluffe sagt: Wer tn kirchrnpolttischen Fragen nicht» kann, al» Prinzipien reiten, wären e» auch die trefflichsten, bleibt hinter der Zeit zurück, die zu konfessionellen Streitigkeiten gerade jetzt am wenigsten grriqnrt ist. Denn keine Partei kann ernstlich einen neuen Kultnikamps wollen. Eine gesunde Wahlbewegung aber, di« da» Gesamtwohl der Ration fördern soll, findet ihre Parple in dem Kampf gegen die wirtschaftlichen Ultra«, gleichviel ob sie al« Wortführer eine« für Deutschland» verhitltniss, unmöglichen Frei-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite