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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.05.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030523016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903052301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903052301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-23
- Monat1903-05
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Das ist ein Ereignis, von dem Vielleicht weit mehr abhängt, als die Wahl BassermannS in der badischen Hauptstadt, und das daher die ausführliche Wiedergabe der betreffenden Stellen der Rede rechtfertigt. Sie lauten: Falsche Meinungen werden ins Land getragen. Die n a ti ona l l i b e r a l e Partei denkt nicht daran, der Aufhebung des Zldes I e s u i t e n g e s e tz c s zuzustimmen und Ordensniederlassungen der Jesuiten zu gestatten. Was aber den 8 2 anbelangt, so hat die nationalliberalc Partei ihren Mitgliedern immer freie Hand gelassen, ob sie der Aufhebung des 8 2 zu stimmen wollen oder nicht. Um was handelt cs sich im § 2, dem vielbesprochenen? Es handelt sich um das Recht, Inländer, die dem Jesuitenorden angehören, zu internieren, ihnen einen bestimmten Wohnsitz anzuweisen. Diese polizeiliche Ausnahmebestimmung wollte die Mehrheit des Reichstages, wollte ein großer Teil der nationalliberalen Fraktion beseitigen. Wie ist dieser Gedanke entstanden? Nicht im Kopfe des Zentrums. Es war ein liberaler Abgeordneter, Rickert, der erstmals die Aufhebung des 8 2 anregtc. Und das Zentrum hat sich zunächst ab lehnend Verhalten, der verstorbene Mg. Lieber hat damals erklärt, daß diese Aufhebung keinen Wert habe, da die Regie rung von dem Rechte der Internierung inländischer Jesuiten niemals Gebrauch gemacht habe. Session für Session wurde der Antrag Rickert wiederholt und später von konservativer Seite auch als Antrag des Grafen Limburg-Stirum ein gebracht. Und welchen Grund hat nun die nationalliberale Fraktion, diesem Anträge zuzustimmcn? Nicht um eine Kon zession an das Zentrum zu machen, sondern weil man in der Bestimmung des 8 2 ein Unrecht erkannt, das wcggeräumt werden sollte. Es war erstmals unser verstorbener Führer, Herr v. Bennigsen, der aussprach, daß diese Vorschriften seit mehr als 20 Jahren nicht praktisch geworden sind und ihrem Inhalte nach etwas Verletzendes und Gehässiges für einen großen Teil unseres Volkes haben. Es war in der Folge Herr v. Marquardseu, der erklärte, daß die Be seitigung des Unrechtes, welches in diesem 8 2 liege, eine Pflicht sei, die man üben müsse. Und ähnlich sprach sich weiter Friedberg aus. Wollen wir diesen Männern den Charakter des echten Liberalismus absprechen? War es nicht vor allem Bennigsen, der den liberalen Gedanken, die Not Wendigkeit des Einflusses des liberalen Bürgertums immer und immer wieder betonte? Ich habe mit den übrigen badischen nationalliberalen Abgeordneten für die Aufhebung des 8 2 gestimmt, und ich kann die Erklärung nicht ab geben, daß ich künftighin gegen die Auf- Hebungdes82stimmenwerde. Ich muß bei meinem Standpunkte verbleiben. Ich habe niemals im politischen Leben zu den Leuten gehört, die heute so und morgen anders sich zu den die Nation bewegenden Fragen gestellt haben. Ich habe schwere Zeiten in den 10 Jahren meiner parlamentarischen Tätigkeit auch in der nationalliberalen Partei miterlebt. In den Stunden, in denen die Zuchthausvorlage zu Grabe getragen wurde, als deren Totengräber ich bezeichnet worden bin, hat die Partei in allen Fugen gekracht. Ich bin bei meiner Meinung stehen geblieben, weil ich überzeugt war, daß mit jener Vorlage ein Eingriff in das Koalitionsrccht der Arbeiter, wenn auch nicht beabsichtigt, doch in der weiteren Entwickelung der Dinge erfolgen werde. Ich habe trotz lebhaften Wider spruchs aus unseren eigenen Reihen als junger Politiker sofort Einspruch gegen die Umsturzvorlage erhoben und bin trotz heftiger Anfechtungen bis zum Schluffe bei dieser meiner Meinung ge blieben. Das Sozialistengesetz ist gefallen; wer verlangt heute seine Wiedereinführung? Große wirtschaftliche, mächtige soziale und politische Bewegungen werden nicht durch Polizeigesetzc gehindert. Man macht durch sie die offene Agitation zu einer Berschwörerbewegung und schafft Märtprer der Ueberzeugung, und vor allem, man schließt die Reihen der Gegner zu kampf- und todesmutigen Bataillonen. Auch die Sozialdemokraten hat man ausgewiesen und interniert und hat von Staatswegen dadurch die sozialdemokratische Bewegung weiter verbreitet, man hat dieselbe au« den Hauptstädten von Gesetze» wegen in die Pro vinzen verpflanzt. Wollen wir uns aufkirchenpolitischem Gebiete für P o l i z e i g e s e tz e begeistern? Ist das eine wirklich freiheitliche, liberale Anschauung? Die Sozialdemokratie will die Aufhebung de» ganzen Jesuiten gesetzes. Der gesamte links von uns stehende Liberalismus hat für die Aufhebung des 8 2 gestimmt. Sind die Jesuiten nicht trotz der 88 1 und 2, die heute noch in Geltung sich be finden, im deutschen Reiche? Haben wir Mut und Vertrauen in den gesunden Geist unseres Volke«! Wir sehen auch der sozialdemokratischen Gefahr mutig in» Auge und rufen nicht danach, daß Bebel und Stadthagen interniert werden sollen. Werben wir doch für unsere eigenen liberalen Ideen die Re kruten für unsere Propaganda und vor allem, sorgen wir für eine gute Staatsschule, für tüchtigefreidenkende Lehrer, die ein heranwachsendcs Geschlecht zu Patrioten und freidenkenden Menschen erziehen. Dann werden neue Scharen in di« Reihen de- Liberali-mu- eintreten, und die dunklen Gewalten weichen zurück. Achtung de» Frieden» unter den Konfessionen, der Haß gegen Andersgläubige, ob Katho liken, Protestanten oder Juden, nicht aufkommen läßt, rechte und echte Volksbildung und Erziehung: das sei unsere Parole. Oder täusche ich mit in den heutigen Strömungen? Ist heute die Zeit illiberaler Ketzerrichterei ge kommen? Gilt der Satz, daß nur, wer im 8 2 des Jesuiten gesetzes den Angelpunkt unserer inneren Politik zu erkennen vermag, ein freisinniger Mann ist, der den unverfälschten, patentierten Liberalismus in seiner Mannesbrust trägt? Schwach genug ist heute der Liberalismus! Wollen wir die jenigen abstoßen, die einen neuen Kulturkampf nicht wollen, dann wird er noch schwächer werden, und den Beifall der Links liberalen werden wir doch nicht erringen. Unsere Partei ist liberal gewesen von Anbeginn an, sie ist es heute und wird es immer sein. Schädigen wir den Liberalismus nicht dadurch, daß wir illiberale Ketzer richterei treiben! Wir stärken dadurch nur unsere Gegner. Diese Rede hat, wie aus Karlsruhe berichtet wird, einen so tiefen Eindruck auf die Versammlung gemacht, daß die erwartete Auseinandersetzung des Redners mit den Jungliberalen, die von Bassermann eine Erklärung zu Gunsten des Fortbestehens des 8 2 des Jesuitengesetzes verlangt hatten, unterblieb. Die Jungliberalen schmiegen. Das ist begreiflich. Mutiges Auftreten imponiert immer, und es gehörte angesichts der tausendfältigen Kund gebungen nationalliberaler und selbst konservativer Ver sammlungen, namhafter katholischer Gelehrter, protestan tischer Kirchenbehöröen und deutscher Regierungen gegen die Abbröckelung des Jesuitengesetzes kein geringer Mut dazu, für diese Abbröckelung etnzutrcten, und noch dazu s o einzntrcten, wie Herr Bassermann dies getan hat. Auch wir achten und ehren den Mut; aber eben des halb würden wir uns schämen, es unserseits an solchem fehlen zu lassen und nicht rund heraus zu erklären, daß uns die von Herrn Bassermann gegen den viel besprochenen Paragraphen abgegebenen Erklärungen nicht überzeugen. So beweist zunächst die Tatsache, daß zuevst der verstorbene Abg. Rickert die Aufhebung des Paragraphen angeregt hat, nichts gegen diesen. Die Wandlungen dieses Politikers beweisen, daß er nicht zu den Männern gehört, zu denen Herr Bassermann sich rechnet. Gerade auf kirchenpolitischem Gebiete war er nach der Secession ein anderer als vorher. Daß Herr Lieber anfänglich von der Aufhebung des 8 2 nichts wissen wollte, beweist auch nichts. Herr Lieber wollte gleich mehr; seine jetzigen Parteigenossen sind aber auch mit der Abbröckelung zufrieden; denn sie sagen sich: „Wenn der Purpur fällt, muß auch der Herzog nach." Warum -der konservative Graf Limburg-Stirum später den Antrag Rickert sich aneignete, sollte Herr Bassermann, der das Liebeswerben -es einen konser vativen Flügels um das .Zentrum kennt, doch auch wissen. Jedenfalls können w i r uns die Gründe, die den Grafen Limburg zu seiner Stellungnahme in diesem Falle ver anlaßten, nicht aneignen. Wir kommen dann zu den verstorbenen national liberalen Führern v. Bennigsen und v. Mar- qua r d s e n, die Herr Basiermann als Zeugen für sich auf ruft. Wir erinnern uns sehr genau und haben es bereits mehrfach ausgesprochen. >daß beide Männer zwar geneigt waren, den 8 2 fallen zu lassen; aber nur unter der Vor aussetzung, daß den Staatsbehörden ein anderes Straf- und Vorbeugungsmtttel als Ausweisung und Internie rung gegen schädlich wirkende Jesuiten in die Hand ge geben werde. Denn nicht überall in den Einzelstaaten geben Verfassung und -Gesetze solche Mittel in die Hand. Herr Bassermann aber wollte und will die be dingungslose Beseitigung des 8 2 uivd weicht also von dem ab, was v. Bennigsen und v. Marquardsen wollten. Und warum diese Abweichung? Weil sich Polizeigesetze mit einer „wirklich freiheitlichen, liberalen Anschauung" nicht vertragen? Ja, dann verträgt sich auch, wie Miquel einst behauptete, das ganze Jesuitengesetz nicht mit solchen Anschauungen. Wenn es illiberal ist, ver botene Handlungen unter Strafe zu stellen, so ist es auch illiberal, solche Handlungen überhaupt zu verbieten. Alles, was Herr Bassermann gegen den 8 2 sagt, könnte er mit gleichem Rechte gegen das ganze Gesetz sagen; es er scheint daher als Inkonsequenz, den 8 2 zu verdammen und für die Aufrechterhaltung des Restes des Jesuiten gesetzes einzutreten. Ganz entschiedenen Widerspruch müssen wir endlich gegen die Unterstellung erbeben, das Eintreten für die Erhaltung des 8 2 sei „illiberale Ketz er richte re i". Wer sind denn die Ketzerrichter? Doch wohl die Jesuiten, die überall, wo sie ungehindert wirken konnten, die Ketzerrtecheret und Ketzerrichterei im großen betrieben und dadurch Unfrieden, Haß und Ver derben gesät haben. Deshalb wollen wir sie nicht im Reiche und deshalb verlangen wir, daß da, wo nicht Verfassung oder besondere Gesetze die Möglichkeit dazu bieten, «in reich-gesetzliches Machtmittel zur -in- dämmung ihrer verketzeret und Ketzerrichterei gewahrt bleibe. Und dieses Verlangen soll „illiberale Ketzerrichterei" sein? Das Zentrum wird Herrn Bassermann für die Prägung dieses Schlagwortes höchst dankbar sein; denn vielleicht gelingt es rnit Hülse dieses Schlagwortes, den 8 2 wirklich zu Falle zu bringen. Und dann wird es ge braucht werden nicht nur gegen den Rest des Gesetzes, sondern auch gegen alle einzelstaatlichen Verfasiuugs- und Gesetzesbestimmungen, die den „frommen Vätern" das ge meingefährliche Wirken erschweren. Im Reichstage sowohl, als in den meisten Einzellandtagen und in Tausenden von Zentrums- und Sozialistenversammlungen wird dieses Schlagwort jahrelang erschallen — wahrscheinlich Herrn Bassermann selbst zur Pein. Einstweilen befürchten wir, daß nicht nur in der nationalliberalen Partei Badens, sondern auch anderwärts ein Riß die Folge seiner Rede werde. Jedenfalls folgen w i r ihm auf dem Wege, den er in Sachen des Jcsuitengesetzes weiter zu gehen entschlossen ist, nicht. Deutsches Reich. 6. II. Berlin, 22. Mai. (Der preußische Landes- kriegerverba nd gegen die Sozialdemokratie.) Der Vorstand des preußischen LandeSkriegerverdandes hat gegen die Sozialdemokratie angesichts der bevorstehenden ReichttagS- wablen folgenden Aufruf erlassen: Die bevorstehenden Reichs lagsmahlen müssen die Vorstände aller deutschen Krieger vereine zu ernsten Mahnung an ihre Vereinskameraden veranlassen. Die Vorstände dürfen zwar als solche nicht in die politischen Wahlkämpfe eingreisen; denn die Krieger vereine sind unpolitische Vereine; Wohl aber haben sie die Pflicht, darauf zu achten, daß die VereinSkameraden die Satzungen beachten. Der oberste Grundsatz der Kriegervereine ist die Treue und Liebe zu Landeöfürst und engerem Vater lande, die Anhänglichkeit und Treue zu Kaiser und Reich. Wie in die Kriegervereine niemand ausgenommen werden kann, der diese Gesinnungen nicht teilt, so kann auch niemand darin verbleiben, wer ihnen entgcgenhandelt. Die sozialdemokratische Partei ist grundsätzlicher Gegner des monarchischen Staates. Folglich kann also Mitglied eines deutschen Kriegelvereins nicht sein und nicht bleiben, wer Anhänger der Sozialdemokratie ist oder ihre Bestre bungen unterstützt. Eine Unterstützung der sozialdemokra tischen Partei ist aber sicherlich die Stimmabgabe sür einen Sozialdemokraten bei der Wahl in eine gesetzgebende Körper schaft. Während die deutschen Kriegervereine daher An hänger aller derjenigen Parteien in ihre Reiben gern aufnehmen, welche auf monarchischem Boden stehen, und sich nicht darum kümmern, welcher von diesen Parteien der einzelne Kamerad anhängt, dürfen diejenigen, welche einem sozialdemokratischen Kandidaten ihre Stimme gegeben haben, in unseren Vereinen nicht geduldet werden. Dies gilt sowohl für die Hauptwahl wie für die Stichwabl. Wer daber seiner Ueberzeugung nach sozialdemokratisch wählen zu müssen glaubt, der möge so ehrenhaft sein, aus seinem Krieger vereine auszuireten. Wählt er aber unter dem Schutze des geheimen Wahlrechts sozialdemokratisch und verbleibt dennoch im Kriegerverein, heuchelt er also, seinem LandeSfürsten und Vaterlande, Kaiser und Reich anzubängen, während er tatsäch lich die Treue gegen sie verletzt hat, so muß er aus seinem Ver eine ausgeschlossen werden und verliert alle seine Anrechte. Ein Solcher müßte schon allein aus dem Grunde aus geschlossen werden, weil er durch seine Handlungsweise dar getan hat, daß er ein Mann von unehrenhafter Gesinnung ist. Die Grundsätze sind von der Vertreterversammlung des Kyffkäuser-BundeS und von allen deutschen Landes-Krieger- verdänden einmütig angenommen worden. Wir erinnern an sie unv an die Verpflichtung, die sie enthalten; wir ersuchen alle Kameraden, Mann für Mann zur Wahl zur gehen und dort der Treue eingedenk zu sein, die sie ihrem Landesfürslen unv Kriegsherrn im Fahneneide geschworen haben. Berlin, 22. Mai. sStreitinderZentrums- part et.) Nachdem das leitende rheinische Zentrums organ in der schroffsten Form -dafür eingetreten ist, -atz die deutschen Zentrumswähler in Beuthen-Tarno- w i tz aus der Partei ausgeschlossen werden, wofern sie die Kandidatur Anteß gegenüber dem Polen Krolik auf recht erhalten, ist es mit Genugtuung zu begrüßen, daß das Wahlcomitö der deutschen Zentrumswähler in Beuthen-Tarnowitz in der,,Schlesischen Zeitung" den Nach weis für die formelle Korrektheit seines Vorgehens auf Grund des Wahlstatuts -er schlesischen Zentrumspartei liefert. Wie zur Stunde die Dinge in Beuthen-^Tarnowitz liegen, darf die Zurückziehung der deutschen Zentrums kandidatur als ausgeschlossen gelten. Wird deshalb bei der kommenden ReichstagSwahl ein nationaler Zwie spalt innerhalb -er ZentrumSpartci in bezeichnender Form beobachtet werden können, so gilt das Gleiche von dem wirtschaftlichen Gegensatz in der Hochburg des Zentrums, im Rheinlande. Dort hat das „Comit« der rheinischen ländlichen Zentra mswähler" soeben -en als „städtisch" bezeichneten rheinischen Wahl aufruf der Zentrumspartei einen eigenen „ländlichen" Wahlaufruf gcgcnübergcstcllt. Nicht ohne Geschick wird darin betont, daß die ländlichen Zentrnmswähler festhalten den alten Leitsätzen des Zentrums: im Notwendigen Ein heit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem Duldung. Zum Notwendigen rechnen die klerikalen Agrarier das kirchliche Zentrumsprogramm unv die Erhaltung eines lübens fähigen Mittelstandes. Zum Zweifelhaften zählen sie das Recht -er einzelnen Stände „auf eine kraftvolle Vertretung ihrer wirtschaftlichen Interessen innerhalb -er Fraktion durch ihre dem Charakter des Wahlkreises entsprechende Vertreter". Obwohl ein gedeihliches Zusammenwirken „energischer" Vertreter der verschiedenen Berufsstände innerhalb einer Partei bei gutem Willen für möglich er klärt wird, schließt der Wahlaufruf der Zentrumsagrarter doch mit der dringenden Bitte, „nur einem solchen Zen- trumSkandidaten die Stimme zu geben, der für eine kraft volle Vertretung der Interessen der Landwirtschaft und des gesamten Mittelstandes volle Gewähr bietet. — Es bedarf nicht der beißenden Kritik, welche die agrarische „Rheinische Bolksstimme" an dem Wahlaufrufe der „städti schen" Zentrumsvartei des Rheinbundes übt, um zu er kennen, daß das Comite der rheinischen ländlichen Zen trumswähler im scharfen Gegensätze zum Provinzial ausschuß der rheinischen Zentrumspartei steht. Schon die agrarisch-klerikale Sonderagitation als solche beweist, wie sehr die wirtschaftspolitische Kluft im Zentrum sich ver breitert und vertieft hat. Auf die praktischen Wirkungen dieses Zwiespaltes bei der Wahl darf man gespannt sein. * Berlin, 22. Mai. Auf Maßnahmen zur Be kämpfung des übermäßigen Alkoholgenusses werden die preußischen Oberpräsiventen durch «inen Erlaß des Kultusminister?, des Landwirtschaft-Ministers, des Ministers des Innern und deS Handelsministers hingewiesen. Ein leitend wird hervorgeboben, daß immer weitere Kreise an dem Kampfe gegen den Alkobolmißbrauch »eilnehmen müßten, insbesondere müßten Staats- und Kommunalbehörden geeignete Voikehrungen treffen. Als solckeMaßnahmensollen insbesondere folgende in Betracht kommen: 1) Das Bestreben, dem gemeinschädlichen Mißbrauch des Alkohols durch praktische Einrichtungen entgegenzutreten, hat in manchen Betrieben dazu geführt, Vorsorge zu treffen, daß den Arbeitern in wohnlich hergerichteten Räumen Gelegenheit zum Aufenthalt und zur Unterhaltung ohne Zwang zum Genüsse geistiger Getränke geboten wird. Die Arbeiter und die sonstigen betriebSangestelllen Personen, welche in der arbeit-- und dienstfreien Zeit zu längerem Aufenthalt außerhalb ihrer Häuslichkeit genötigt sind, finden in dergleichen geeigneten- alls mit Büchersammlungen und gemeinverständlichen Schriften auszustattenden Aufenthaltsräumen die er- wünschte Unterkunft. Zweckwäßigerweise werden diese Aufenthalts räume mit einer Gelegenheit zur Bereitung und Erwärmung von Speisen und Getränken ausgestattet oder mit Speisewirt- schäften (Kantinen) verbunden, welche die Möglichkeit zu einer zweckmäßigen, den Verhältnissen angemessenen Verpflegung bieten. Die Verabreichung von Branntwein und Spirituosen würde grundsätzlich auszuschließen sein. Es empfiehlt sich, diesen Einrichtungen, mit welchen auf dem Gebiete der Bergwerks-, Staatsbau- und S t a a ts e i se n b a h n v e r w a l t u n g schon seit längerer Zeit mit gutem Erfolge vorgegangen ist, eine weitere Verbreitung zu geben; ihre Einführung wird insbesondere auch bei der Domänen- und Forstvermaltung ins Auge zu fassen, sie wird in gleicher Weise den Kommunalbehörden sür ihre Be- triebe anzuempfehlen und auch für die Privatindustrie, die auf diesem Gebiete zum Teil schon Anerkennenswertes geleistet hat, nach Möglichkeit zu fördern sein. 2) Auch die Schaffung von Erfrischungsgelegenheiten anderer Art, wie die Errichtung von Trinkwasserbrunnen, die Bereithaltung von Obst und alkoholfreien Getränken auf den öffentlichen Plätzen und verkehrsreichen Straßen der größeren Städte und auf den Bahnhöfen wird die Bekämpfung des übermäßigen Alkoholgenusses wesentlich unterstützen; auch in dieser Hinsicht ist die Staatseisenbabnverwaltung bereits erfolgreich mit Vorschriften über den Betrieb der Bahnhofswirtschaften und über die Ausstattung der Aufenthaltsräume auf den Bahnhöfen mit frischem Trinkwasser vorgegangen. Das Gleiche gilt von der Errichtung von Bolksbibliotheken, von Spielplätzen für jüngere Leute, sofern diese nach den Verhältnissen angezeigt erscheinen, von Lese hallen, in denen namentlich in der Winterszeit unverheiratete Arbeiter so einen zusagenden Aufenthalt, eine angemessene Lektüre und Unterhaltung finden — alles Vorkehrungen, die aus Mitteln zur Ab lenkung von dem Wirtshausbesuch sich als geeignet erweisen, zur Einschränkung des Alkoholkonsums in wirksamer Weise beizutragen. Die Gemeinden und weiteren Kommunalverbände werden für die vorstehenden Einrichtungen zu interessieren und es wird deren Aus- sührung nach Möglichkeit zu fördern sein. 3) Die Bestrebungen der Mäßigkeitsvereine, insbesondere des Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke und seiner Zweigvereine, verdienen die nachhaltige Unterstützung auch der staatlichen Behörden 4) Ueber die Aufgabe, welche der Schule bei der Bekämpfung der Trunksucht zufällt, und über die Mittel, durch welche die Er- süllung dieser Ausgabe anzustreben ist, hat der Minister der qeist- lichen Angelegenheiten bereits in dem Erlasse vom 31. Januar 1902 das Erforderliche angeordnet. Aber auch außerhalb der Schule empfiehlt eS sich, bei jeder sich darbietenden Gelegenheit die Be völkerung über die sittlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schädigungen des übermäßigen Alkoholgenusses auszu klären und die Bestrebungen von Privaten, Vereinen u. s. w., welche die Belehrung der Bevölkerung durch Borträge, Verbreitung gemein verständlicher Schriften und dergleichen sich zur Aufgabe gestellt haben, in geeigneter Weise zu unterstützen. Die Bezeichnung einer in gemeinverständlicher Sprache geschriebenen, zur Massenverbreitung geeigneten Schrift über die Gefahren deS Alkohols bleibt Vorbehalten. (-) Bremerhaven, 22. Mai. (Telegramm.) Die Teckienborgsche Werft bat beute vormittag nur etwa 60 Prozent der 1600 ausgesperrten Arbeiter wieder ein gestellt. Die auf diese Weise auSgesperrt gebliebenen Arbeiter werden in einer nachmittags stattsindenden Ver sammlung hierzu Stellung nehmen. Nach hierher gelangten Depeschen bat auch der Bremer Vulkan in Vegesack mehr als 400 Mann der auSgesperrtcn Arbeiter nicht wieder ein gestellt. * Im Wahlkreise Hildesheim hat sich daS Zentrum bekanntlich von den Welfen getrennt. Der Bund der Landwirte hat dein Zentrum angebotcn, für den katho lischen Gutsbesitzer Bauermeister stimmen zu wollen, und den Lockungen diese« Köders hat da- Zentrum nicht »u widerstehen vermocht. Im Bunde mit den protestantischen
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