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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190305029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19030502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19030502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-05
- Tag1903-05-02
- Monat1903-05
- Jahr1903
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1903
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am Rande des Wadi el Kelt so steil am Abhang empor, daß selbst Reiter hier vom Pferde steigen mußten. Die RLder der Wagen aber konnten nur von einer ausge waschenen Stelle zur andern emporgeschoben werden, und dabei war die größte Vorsicht geboten. Unmittelbar neben der Straße jällt die nackle und nur hier und da mit einigen gebüschartigcn Stacheleichen und Johannisbrotbäumchen bewachsene Felswand wohl an die fünfzig Meter tief fast senkrecht ab, so daß ein niederrollender Stein beinahe ohne aufzuschlagen das Bett deS unten zwischen grünen Gebüschen dahinfließenden Nasses erreicht. Wehe den Menschen oder Tieren, die am schutzlosen Rande dieser Straße ausgleiten! „Ja, den Kranken kann ich unter keinen Umständen aus dem Wagen nehmen," sagte Herr Hegeler, als sie an der schlechtesten Stelle festsaßen. „Laß die Pferde ein wenig verschnaufen, und dann wollen wir alle schie ben helfen." Rur ungern tat der Kutscher, wie ihm besohle:' war. Aber wie sich die Pferde und unsere Freunde auch anstreng ten, der Wagen wollte und wollte iicyt von der Stelle weichen, und mit betrübter Miene saß Herr Hegeler auf einem Felsblock, sich die dicken Schweißtropfen von der Stirne wischend, als ein Soldat von ^sricho heraufkam, der einem am Sattel angebundenen Gefangenen mit sich führte, um ihn in Jerusalem dem Gericht zu Über gaben. Zähneknirschend ließ sich der Gefesselte fast von dem Pferde schleifen, so daß der Soldat schm am Fuße d«S Gebirges hatte absteigen müssen. Komm hätte man in dem von ohnmächtiger Wut ent stellten Gesicht des Gefangenen die Züge Abdullahs wieder «ckannt. Seit seiner Gefangennahme erfüllte ihn nur der eine Gedanke: Freiheit. Er hatte bereits mehrmals die kühnsten Versuche gemacht, zu entschlüpfen, aber immer hatte man ihn wittwr eingefangen, und die Folge davon -war nur gewesen, daß man die Stricke an seinen Hän den und Füßen fester anzog. „Du kommst zu gelegener Zeit," rief Herr Hegeler dem Soldaten zu. „Hier hast Du ein paar Piaster; hilf vus den Wagen flott machen." Da- Pfeä> des Soldaten wurde nun ebenfalls vor gespannt, ocher da der Gefangene sich jetzt erst recht mit sedier ganzen Kraft zurückstemmte, konnte es nichc viel ziehen, und der Wagen blieb, wo er war. „Es wird nichts helfen," meinte der Soldat, „wir müssen den Stücken losbinden. Es scheint zwar ein ganz gefährlicher Taugenichts zu sein, ober entwischen «mu er hier ja nicht. Dafür, daß er nicht zurückläust, werde ich schon sorgen, und zu einem Sprung da hin unter wird ihm sein Hals doch zu lieb sein. Es wäre auch schade um ihn; es ist so ein schönes Fressen für den Strick des Henkers. — Ich werde Dich hinten an den Wagen anbinden, Bürschchen, da kannst Du ein bißchen Weben helfen." Abdullah wurde also vom Pferde befreit, wobei auch seine Fesseln an Händen und Füßen gelockert werden muß ten. Auf diesen Augenblick hatte er nur gewartet. Bevor der Soldat sich dessen versah, hatte er sich feinen Hän den entwunden und sprang im nächsten Augenblick mit einem wilden Schrei zur Äite hinab in die schauerliche Liefe. Starr vor Entsetzen standen die Zurückgebliebenen da. Erst nach längerer Pause traten die beiden T mischen an de« Rand de- Abhanges und schauten dem Entsprungenen „E- ist nicht» zu sehen," sagte Fritz schaudernd. „Gott sei seiner Seele gnädig," fügte Herr Hegeler leise hinzu. „Maschallah" meinte der Soldat, „da brauche ick- mir den Weg zum Kadi nicht zu machen, und ihr werdet auch nicht länger aufgehalten. Yallah, Mllah! Schiebe Du am linten Hinterrade, Herr, der Knabe kann die Esel an binden und auf die andere Seite gehen, und ich werde mich gegen die Mitte stemmen. Nun hau Deine Klepper, Eisack — dallah, Yallah! Hui! He! Bald daraus war die schlechte Stelle überwunden, und ohne weitere Zwischenfälle konnte die Fahrt nach Jeru salem fortgesetzt werden. 8. In Rephaim. Wer Jerusalem durch das Jaffator verläßt und, durch das Tal Hinnom hinabschreitend, der Ebene Rephaim zu pilgert, wo der junge David einst Goliath erschlug und sein Vaterland von der Philisterplage befreite, der wird ver wundert aufblicken, wenn er statt der schmutzigen, winkeligen Gassen mit den elenden orientalischen Hütten schmucke, wohlgepflegte Straßen mit stattlichen, sauber ge haltenen Gebäuden vor sich sieht. Die Häusergruppe mit den niedlichen Vorgärten, umgeben von grünen Bäumen, macht ganz den Eindrsuck einer kleinen deutschen Stadt, und deutsche Laute find es denn auch, die hier, mitten im fremden Lande, an unser Ohr dringen und unser Herz erfreuen. Seit einigen Jahrzehnten haben biedere Schwaben, Anhänger der protestantischen Tcmplersekte, die nach dem heiligen Lande gezogen sind, um der Sehnsucht ihrer frommen Gemüter Befriedigung zu verschaffen, sich hier eine neue Heimat gegründet. An vierhundert deutsche Landeskinder leben in der Kolonie Rephaim bei ein ander, und mit deutschem Fleiß haben sie die vorher fl> öden Steingefilde in ertragreichen Boden verwandelt und das bis dahin so trostlose Landschaftsbild durch ihre freundlichen Wohnhäuser und Gärten verschönt. In dem Familienzimmer eines dieser Häuser waren die Bewohner um die Vesperstunde vereinigt. Auf dein Sofa saß, mit dem Nähen von Kinderwäsche beschäftigt, Frau Barbara Weber, die Mutter unseres Freundes Fritz Weber, eine rundliche, kleine Dam? mit gutmütigen» Gesicht, frischen roten Backen, lustigen blauen Augen und ganz hellblondem Haar. Fortsetzung folgt. Denk- und Sinnsprüch«. Auf, ou', gib deinem Schmerze Und Sorgen gut« Nacht; Laß fahren, wa- da- Herz« Betrübt und traurig macht! Bist du doch nicht Regent», Der alle« führen soll: Galt fitzt im Regiment« Und führet alle- wohl. Paul Gerhardt. Auf Treue ruht da- Königtum, Auf Treue steht die ganze Welt; Rur Treue ist der Herr der Welt; Auf Treue aller Segen ruht. Indisch. Ich geb« zu bedenken, daß ein Appell au di« Furcht la deutschen Herzen k,inen Wiederhall findet. Fürst kUmarck. Hw» na» «erwg »aager » Wiaterkich w Mchi. — Uik^bte «WEo» wraatwortltch: Her««», Schmidt w Nies«. ErMer an der Elk. «elletr. GratiSvettage zu« „Aiesaer ragedlatt". Rr. »8. RI-I», »n> ». «»> l»0». «>. J-h«» Bedmnenblut. Erzählung au» dem helllgm^Lande von Richard Schott. Fortsetzung. 5. Das Begräbnis deS Beduinen. Bon dem alten Jericho, dessen Mauern beim Klange der Posaunen und des Feldgeschreis der Kinder Israel umfielen, und das nach der Beschreibung des Buches Josua so reich gewesen sein muß. ist längst keine Spur mehr zu entdecken. Es lag einige Kilometer nord- westlijch von dem heutigen Orte, bei den Quellen am Fuße des Berges Karantel, auf dem Christus vierzig Tage lang fastete, und war von einer mit Balsamgärten und üppigen Hanf- und Getreidefeldern bedeckten Oase um geben. Diese Quellen, die nach der Bibel durch ein Wun der des Propheten Elisa trinkbar gemacht wurden, sind noch heute ein Segen für das Land; sonst aber ist von aller dieser Herrlichkeit nichts mehr zu sehm. Die Bal samstaude gedeiht nicht mehr im Jordantale, und auch die berühmte Rose von Jericho sucht man dort vergebens. Ebenso ist der prächtige Palast, mit dem Herodes die „Stadt der Palmen", von der aus Christus seine letzte Reise nach Jerusalem antrat, geschmückt hatte, schon seit vielen hundert Jahren verfallen. Selbst von den Bau lichkeiten aus der Kreuzfahrerzeit ist wenig mehr übrig geblieben, als ein alter Wartturm und die zehn Spitz bogen einer Wasserleitung, die einige Minuten vom Orte entfernt über das Wadi el Kelt führte Das moderne Jericho ist ein elendes Torf, über des sen niedrige Lehmhütten nur wenige stattlichere Gebäude emporragen, wie das Hospiz und die Kirche der russischen Mönche, eine baufällige Moschee, ein sehr unscheinbares Regierungsgebäude und — in Msrneuester Zeit einige bescheidene Hotels. Das Klirya, 250 Meter unter dem Meeresspiegel, ist ungesund und wurde immer schlechter, je mehr man die Kultur des Bodens vernachlässigte. An sich ist das Land ungewöhnlich reich; es würde dem An bau von Zuckerrohr und Baumwolle noch heute guten Ertrag sichern. Aber die Menschen, die hier Hausen, sind entnervt, und für gewöhnlich merkt man von etwa 300 Bewohnern kaum mehr als ein paar zerlumpte Kinder, die um Back- schisch betteln, oder einige Frauen, die sich zur Vorführung einer „Fantasia", d. h. einiger unschöner Tänze, erbieten. Unter diesen Umständen fand Fritz Weber, als er nach den: grausigen Funde, den er mit Herrn Hegeler gemacht hatte, nach Jericho kam, wenig Gehör für seine Bitte um Hülfe Ueberdies war es mit seinem Arabisch noch ziem lich schlecht bestellt, und deshalb dauerte es eine ganze Weile, bis er erreicht hatte, daß der Mudir, der am Orte wohnende höchste Beamte des Distrikts, einige Soldaten zur Verfolgung der Mörder aussandte und einigen Leu ten befahl, Fritz zu begleiten. Inzwischen hatte Herr Hegeler die freudige Entdeckung gemacht, daß der neben dem ermordeten Beduinen liegende Kyabe noch lebte. Nachdem er ihm die Schläfe mit Mein aus seiner Feldflasche eingerieben hatte, schlug Abu Hassan die Augen auf, fiel dann aber gleich wieder in tiefen Schlaf. Herr Hegeler war ganz außer sich vor Freude. Als er Fritz mit den Leuten herankommen sah, rief er ihm schon von weitem zu: „Hurra, Fritz! Hurra! Er lebt!" Und während die Männer den mit dem Beduinenmantel be deckten Leichnam auf den Esel legten, nahm er den schla fenden Knaben selbst auf den Ann und trug ihn trotz der erdrückenden Hitze nach Jericho hinein. Als sie hier anlangten, war eben der Schech der in der Nähe bei der Sultansquelle zeltenden Beduinen in Jericho anwesend, und durch ihn erfuhr der Deutsche, wie groß das Ansehen des Gefallenen unter seinen Stammesgenossen gewesen war. „Eine edle Frucht ist dir in den Skbpß gefallen, o Herr," sagte der Schech. „Der Knabe, den Du auf den Armen trägst, ist der letzte Nachkomme des großen Schechs Hassan, der ein Gastfreund des Propheten war. Cs geht von» Stamme Hassan eine alte Weissagung in den Bergen. Wenn alle Sterne an seinem Himmel erloschen sein werden, so lautet sie, bis auf einen, so wird die ser eine Heller leuchten, als alle zuvor. Bon einer neuen Sonne wird ihm der Glanz kommen, und seine Herrlichkeit wird groß sein in dieser und jener Welt." Herrn Hegeler wurde warm ums Herz Er blickte auf den schlummernden Knaben und küßt; ihm die Stirn. „Bon einer neuen Sonne wird ihm der Glanz kom men," wiederholte er im Geiste. „Ahnst du, wer diese Sonne ist?" Und vor seiner Seele stieg sie auf, diese Sonne. In verklärendem Lichte erglänzten ihre Strahlen, und in ihrem Scheine leuchtete !hm das milde Antlitz des Heilands entgegen. Der Schech übernahm es auch, für ein würdiges Be gräbnis des Erschlagenen Sorge zu tragen, und die Vor bereitungen dazu wurden getroffen, während Herr Hegeler bei dem Mudir die gesetzmäßige Anzeige erstattete und den erschöpften Knaben in das russische Hosp:.; brachte. Nur ungern trennte er sich ron »hm, als das Ge wimmer der Klageweiber ankündigte, daß das Begräbnis von Mu Hassans Vater stattfinden sollte. Aber da Fritz Weber so sehr bat, und Abu Hassan noch immer fest schlummerte, ließen sie ihn in der Obhut eines freund lichen Mönches zurück und mischten sich unter die Zu schauer, da ihnen als „Ungläubigen" verboten war, an der Feierlichkeit selbst teilzunehmen. Gleich darauf setzte sich der Zug in Bewegung. Boran schritt ein blinder Mann, der ununterbrochen das mos- lemitische Glaubensbekenntnis wiederholte: „Es gibt keintz» Gott außer Gott, Mohamed ist Gottes Gesandter. Gott - sei ihm günstig und bewahre ihn." Es geschieht dies, damit der Tote das Glaubensbekenntnis nicht vergessen Hobe, wenn in der Nacht die beiden Frageengel kommen und das Examen mit ihm abhalten; deirn nach dem Glauben der Mohamedaner bleibt die Seele noch eine Nacht bei der Leiche und wird von den beiden Engeln Mnnka und Nekir geprüft. Hinter dem Blinden wurde der in ein Tuch einge hüllte, mit dem weißen Sterbehemd bekleidete Leichnam auf einer offenen Bahre von sechs Beduinen getragen. Dann kam, von den angesehensten Männern seines Stammes umgeben, der Schech, eine prachtvolle Erschei nung mit klugen Augen, edler, kühn geschwungener Mse und kurzgeschnittenem, schwarzem Bollbart. Seine große, schlanke Gestalt war in ein langes Gewand von gelb-
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