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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020708028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902070802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902070802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-07
- Tag1902-07-08
- Monat1902-07
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Daß an dieser Aufwärts bewegung die breiten wie die wohlhabenden Schich ten theilgcnvmmen haben, zeigt die Thatsache, daß im Jahre 1802 noch über 70 Procent der Bevölkerung steuer frei waren, während im Jahre 1001 die Zahl der wegen zu geringen Einkommens Steuerfreien sich auf etwas über 65 Prvecnt ermäßigt hat. Stellt man die Zahl derjenigen in Rechnung, welche an sich ein steuerpflichtiges Ein kommen beziehen, aber wegen besonderer, die Leistungs fähigkeit beeinträchtigender Umstände steuerfrei geblieben sind, so ergiebt sich von 1892 bis 1901 ein Herabsinken der Bevölkerung mit weniger als 900 .F Einkommen von 07,20 auf 00,40 Procent. Ferner zeigt die Statistik dieser Ver- anlagungsergebnisie deutlich, wie unzutreffend oie von soeialdcmotratischer Seite ausgestellte Behauptung ist, daß der Löwcnantheil an der Einkommensvermehrung auf die reiche Minderheit falle. Denn in dem Zeiträume von 1892 bis einschließlich 1900 entfielen 51 Procent, also mehr als dieHälste dcrEinkvmmenovermehrung, auf die Einkommen unter 2100 während die größeren Einkommen von über 9500 .L an der Einkvmmensvermehrung mit wenig über 20 Prvecnt, also mit etwas mehr als einem Fünftel be- theiligt sind. Sodann zeigt sich, daß selbst in den Jahren industrieller Hvchconjunctur von 1890 bis einschließlich 1M0 der Mittelstand, d. h. die Zahl der Einkommen von 2100 bis 9500 beträchtlich zugenommen hat. Diese Einkom men stiegen von 591 000 auf 711000, so daß den 76 000 größeren Einkommen im Jahre 1900 ein nahezu zehn Mal stärkerer Mittelstand gegenüberstand. Die Erklärung für diese erfreuliche Erscheinung liegt zum Theil darin, daß in dieser Periode das Einkommen aus gewinnbringender Beschäftigung, d. h. der Arbeitsverdienst, bei den Ein kommen über 3000 noch stärker stieg als selbst das Ein kommen ans Handel, Gewerbe »nd Bergwerken. Letzte res ist mit 44 Procent in dem erwähnten Zeitraum sehr viel höher gestiegen, als das Einkommen aus Capitalvcr- mögen mit einer Zunahme von rund 25 und das aus Grundbesitz mit einer Zunahme von rund 20 Pro cent. Aber die Zunahme des Einkommens aus ge winnbringender Beschäftigung übersteigt sein An wachsen mit 02 Procent doch noch sehr erheblich. Es zeigt sich also, daß in der Zeit i n d u st ri e l l e n Auf schwungs nicht die Unternehmer, besonders die Großuntcrehmer und Großcapitalisten, allein den Hauptvorthcil gehabt haben, sondern daß vor allen Dingen auch das E i n k o m m c n a u s d e r h ö h c r e n A r b c i t, namentlich der geistigen, eine besonders starke, er freuliche Zunahme erfahren bat. Auch diese Tbat- sachc liefert den schlagenden Beweis, wie durchaus schief die ganzen und halben Socialisten die Wirkungen unserer Wirthschaftsordnung bcurtheilen. Angesichts dreister Ausfälle mehrerer Mit glieder des englischen Unterhauses gegen die deutschen Truppen in Ehina erscheint es angebracht, das Urthcil eines Franzosen in dieser Sache zu hören. In der Pariser „Revue" veröffentlicht Herr Jacques Grandin unter dem Titel: „Meine Theilnahmc am Krieg in Ellina im Jahre 1901" eine Artikelserie, der wir lnach der „Boss. Zeitung") folgende Stelle entnehmen: „Die Engländer zeigten während des Feldzuges in China mehr Neigung für das Plündern, als für die Gefahr. Man sah sic nur, wenn Alles vorüber war, sich mit zu Tische sehen, um cinzusackcn. Die fran zösischen und deutschen Fahnen wehten über Paotingfu, die Engländer gingen plündern. Von solchen Feuilleton. Susanns. 12) Roman von B. Herwi. Nachdruck verboten. Bei den Bisiten senkten sich die blitzenden Augen der Teufelin tief in die blauen Sterne der zierlichen, franzö sischen Bäuerin. „Amüsiren Sie sich auch, ma pokite, mit ihrem getreuen Seladon?" fragte sie mit verstellter Stimme. Das vis-L-vis erschrak ... der eigenthümliche Zisch laut der Sprecherin, dazu ein bekanntes Parfüm . . . Mephisto merkte den Eindruck und machte nun seiner seits Borwürfe. „Nam toi 08k man piaigir", rief Diavoletta überlaut. „Friedrich, Du kannst cs mir glauben", rief Rosa er regt, „cs ist unsere Selma, ihr Lachen war's, ihre Stimme, der Heliotropduft . . . mein Gott, wie hab' ich mich ent setzt." Ein hochgcwachscner Mönch, in langer, brauner Kutte, auf der Brust das Johanniterkreuz, die anscheinend noch jugendlichen Züge durch einen grauen Vollbart unkennt lich gemacht, verfolgte ebenfalls mit sichtlicher Spannung das Gebühren des in fast sinnloser Lust dahinrasenden Mephisto mit seiner Teufclin. Er hatte die Paare in der Quadrille, die just vor ihm getanzt wurde, gut beobachtet, plötzlich war er zusammengezuckt . . . Mephisto hatte schnell einen verstohlenen Kuß auf den weißen Nacken Diavoletta's gehaucht, er beobachtete sie Beide scharf. Wie angegossen saß das feucrrothe Scidengewand dem schlanken, geschmeidigen Frauenkvrper, bet jeder Be wegung raschelnd, knisternd, nur kurz geschürzt ist es und läßt ein formschönes Bein im rothen Seidenstrumpf sehen, zierliche schwarze Lacksttefelchen umspannen den Plünderungsscenen entwirft Grandin erschütternde Bilder der Todesverachtung, mit der die chinesischen Eig^nthümer des ge plünderten Hauses sich lieber in's Jenseits schicken ließen, ehe sie das (vielleicht gar nicht vorhandene) Geld Herausgaben, das die englischen Plünderer bei ihnen vermutheten. Was nicht niet- und nagelfest war, wurde mitgenommen. Be zeichnend ist, daß andere Chinesen die Beute für ein Spottgeld auftauften, so gaben sie für einen Wagen mit Pony zehn Piaster." Grandin berichtet aus Tientsin: „Wir grüßten alle fremden Soldaten, mit Ausnahme der Japaner, die wir nicht für voll ansahcn, und der Eng länder, die wir verabscheuten." Uebrigens wurde? nach der Niederwerfung der Boxer die Zügel der Disciplin schon in Tientsin schärfer ungezogen. „Man las uns eines Tages beim Rapport vor, daß die Chinesen Menschen wie alle anderen seien, und daß cs verboten sei, sic zu mißhandeln, zu plündern u. s. w." Ein französischer Unterofficier, der einen Chinesen arg mißhandelt hatte, erhielt 45 Tage Arrest. Nach dem Friedensschlüsse feierten Deutsche und Franzosen gemeinsam am 14. Juli die Einnahme von Tientsin und den Tag der Er stürmung der Bastille durch eine glänzende Illumination in Tientsin." 104 520 Deutsche giebt cs nach dem amtlichen Bericht über die Volkszählung vom Jahre 1900 in der ungarischen Hauptstadt Pc st. Besser gesagt: 104 520 Personen in Pest haben den Muth gehabt, trotz alles Terrorismus sich zur deutschen Muttersprache zu bekennen. Noch genauer: ob wohl durch die Formulirung der Frage «„Welches rit Ihre Muttersprache bezw. die Sprache, die Sie am liebsten sprechen'?") auf den Volkszählungsblüttchen es jedem Normalpatrivten nahe genug gelegt und leicht genug ge macht worden war, die deutsche Muttersprache zu ver leugnen oder auch nur die magyarische als seine „liebste" zu erklären, und obwohl die Deutschen in Pest (voran die dort ansässigen reichsdeutschen Angehörigen!) nicht gerade durch hervorragende nationale Nackensteife bekannt sind, haben sich doch 104 520 Deutsche gefunden, die sich der nationalen Falschmeldung enthielten. Und daß diese Deutschen nicht etwa ganz isvlirt dastehen, beweist der Um stand, daß sie mit den 96 304 Deutschen des Pester EvINi - tats nach dem amtlichen Bericht des ungarischen Handels ministeriums 200 884 Seelen ausmachen. Solche Zahlen und ihre Bedeutung muß mau sich Vorhalte«, um den in diesen Tagen vom Pester Magistrat gefaßten Be schluß, die deutsche Sprache aus den dortigen Elementarschulen zu „ e l i m i n i r e n ", recht würdigen zu können. Deutsche Schulen giebt es für die Deutschen in Pest überhaupt nicht, aber bis jetzt hörten ihre Kinder in den Elementarschulen wenigstens einige Stunden in der Woche von der deutschen Sprache, und nnn ist's auch damit aus. In der Untcrrichtscommissivn des Magistrats versuchten noch zwei Mitglieder für die deutsche Sprache in der fünften und sechsten Elassc der Elementarschule Pardon zu erwirken, aber sie wurden nicdergcstimmt. Bezeichnend genug ist es, daß der Präsi dent dieses vorbereitenden Ausschusses betonte, „der Un terricht in deutscher Sprache bilde eine Ucberbürdung, da er bei aller Mühe keinen Erfolg erziele". Ein Mitglied der Evnnnission warf die Frage auf, ob denn der deutsche Sprachunterricht nicht vielleicht doch werth wäre, am Leben gelassen zu werden ? Hand aufs Herz, meinte der Redner mit wohlthnender Aufrichtigkeit, steht die Com mission nicht unter der Wirkung einer Hypnose, er will nicht sagen des Terrorismus, wohl aber eines gewissen moralischen Drucks der Presse? Derselbe Redner (ein Magyare!) sagte: „Der Hauptfehler liegt daran, daß die L e h r e r s e l b c r n i ch t D c n t s ch k ö n n e n, und über dies bemüht sind, diesen Gegenstand den Kin dern gründlich z lt verekeln, was ihnen in der That vollständig gelingt." Schließlich bemerkte der Red ner, man brauche sich „vor dem bischen deutscher Gram matik nichts zu fürchte«",und empfahldeshalbdieBeibehal- klcinen Fuß, schwarze Handschuhe bedecken den Arm fast bis zur Schulter, deren mcnrnorne Weiße scharf zu dem dunklen Leder cvntrastirt, das Haar ist gepudert, rvthe Hahnenfedern sind kokett hineingesteckt. . . eine durch dachte Toilette, voll Raffinement, aber bezaubernd und chic. Der Mönch verläßt seinen Beobachtungsposten nicht, neben ihm der verschwiegene Champagnerkiosk nahm das junge Paar von Zeit zu Zeit auf. Jetzt war cs wieder i« seiner Nähe. Dort hinter der großen, verbergenden Säule standen Beide, anscheinend Abschied nehmend. „Es ist höchste Zeit, Manfreds", sagte leise das schöne Weib, „ich muß mein Costüm wechseln, o lassen Sie mich, wir haben das herr liche Vergnügen doch voll genossen." „Noch ein paar armselige Minuten, Roiia ckonna mia", bat Mephisto, „den letzten Trunk, wer weiß, wann uns ein Wiedersehen bestimmt . . ." Er zog sie sanft in den Kiosk. Noch ehe sie ihn betraten, war der Mönch hinein geschlüpft und trat ihnen jetzt drohend entgegen. „I^asoiatv op-ni spersn/.a, voi oü'entrnks —" So rief er mit verstellter und doch zitternder Stimme. Wie abwehrend hielt er ihnen die Hände entgegen. Das junge Weib schreckte zurück. Der Ton, die Worte, die Erscheinung ... es berührte sie sonderbar. Sie bezwang sich aber und versuchte, auf seine Art cin- zugchcn. „Meine Hoffnungen gehen nicht so sehr weit, würdiger Pater, ich ersehnte nur etwas Ruhe, überdies gehöre ich ja schon in die Hölle, wie Du aus meiner Teufelstracht ersehen kannst . . . Mephisto, schnell her mit dem in fernalischen Gebräu, auch dem Jesuiten dort eingeschenkt, damit er unsere Fröhlichkeit theile." Sie erhob das schäumende Glas. „Es lebe die Maskcnfreiheit", rief sie wie trunken un leerte es mit durstigem Zuge. tung des Unterrichts zum Mindesten in der 5. und 0. Classe der Elementarschulen. Ein anderer Redner meinte, es sei geradezu komisch, den deutschen Sprachunterricht in diesen Schulen anzuhören, und er sei deshalb abzuschaffen; ein Dritter gab mit großem Behagen seine Erfahrungen als Prüfungscommissar bei einer Maturitätsprüfung zum Besten,' er habe einen Maturanten aus deutscher Sprache geprüft, indem er ihn fragte, welchen Geschlechts das Wort „Pferd" sei, woraus der Schüler antwortete: „Ist Hengst, dann der Pferd; ist Stute, die Pferd". Der Unterricht in deutscher Sprache sei also auch im Gym nasium erfolglos. In solcher Stimmung war es den Mitgliedern des Unterrichtöausschusses ein Leichtes, den gestellten BertagungSantrag mit allen gegen 2 Stimmen abzulchnen und die „Eliminirnng" zu beschließen,' der Magistrat that sodann desgleichen. — Es verdient beachtet zu werden, daß nach dem Bericht des osficiösen „Pester Lloyd", der Antrag, die deutsche Sprache hinauszuthun, „in Folge der Initiative des Cultus- und Unter richt s m inistcrs, der dies in einem Rcscripte an die Stadtbehörde nahclegte", gestellt und angenommen wurde. Derselbe Minister aber hielt vor einigen Wochen im Reichstag der deutschen Sprache eine Lobrede und betonte, wie wichtig ihre Erlernung sei, während er nun gerade fcststellte, daß er die Streichung dieses Gegenstandes aus dem Lehrplan der Elementarschule zu hindern gesetz lich nicht berechtigt sei. Vor dem Lande und vor der Welt spielt man den Objectiven, und hinter den Coulissen wird der Hinauswurf der deutschen Sprache amtlich „nahe gelegt"! — Bei alledem weiß man nur nicht, wo das hinaus soll; der Magyare braucht, wenn er sich nicht von aller Außenwelt total abschließen will, die deutsche Sprache wie das tägliche Brod, und einsichtige Magyaren verschließen sich auch dieser Erkenntniß nicht, aber nur sehr wenige wagen es angesichts der terroristischen öffentlichen Meinung, ihrer besseren Ueberzeugung offen Ausdruck zu geben. Deutsches Reich. /V Berlin, 7. Juli. Der C e n t r a l v o r st a n d der n a t i o n a l l i b e r a l c n Partei hat, wie gemeldet, die Einberufung eines Dclegirtentages für den Monat Qctvber vor Wiederaufnahme der Reichstagssitzungen nach Eisenach beschlossen. Der Anregung, insonderheit Fragen der inneren preußischen Politik zur Er örterung zu bringen, dürfte späterhin auf einem nach Hannover zu berufenden Delegirtentage der national liberalen Partei in Preußen Rechnung getragen werden. — Trotz der Parlamentsfericn wies die Sitzung des Central vorstandes einen erfreulich zahlreichen Besuch auf; zum ersten Male nahmen an ihr die Vertreter der Jugend- vereinc, die Herren I)r. Fischer (Köln) und vr. Gold schmidt «München), Theil. Das gemeinsame politische un ideale Streben, welches die Jugendvereinc mit den Zielen der nationallibcralen Partei verbindet, sand sowohl bei den von I)r. H ammache r in unermüdlicher geistiger und körperlicher Frische geleiteten Verhand lungen des Centralvorstandes, als auch in dessen ge selligem Beisammensein beredten Ausdruck. Des Abends folgten die Mitglieder des Centralvorstandes nnd eine Anzahl von Parteifreunden der gastlichen Einladung des Herrn vr. Hammacher, einige Stunden in seinem Heim zuzubringcn. An den verehrten Rudolf v. B e n n i g s c n gelangte nach der Sitzung folgendes Telegramm zur Ab sendung: Exccllenz v. Bennigsen, Bennigsen. Der Centralvorstand hat die Einberufung eines allgemeinen Dclegirtentages zum Herbst nach Eisenach beschlossen, — durchdrungen von dem Ver trauen, daß der Gemeinsinn und das Gefühl der Verantwort lichkeit im nationalen und liberalen Bürgerthum in Stadt und Land lebendig genug sei, um auch in diesen schwierigen Zeiten den rechten Weg zu finden. Der Geist, den der national liberalen Partei ihr Begründer und erster Führer eingeflößt „Mia Diavoletta", jauchzte nun Mephisto. Er hielt die zarte Gestalt umarmt, als wollte er sie nicht mehr lassen. „Manfreds", stöhnte sie, „um Gottes willen, das geht zu weit." „Ja, das geht zu weit." Schon hatte der Mönch mit kräftiger Hand den Ver wegenen zur Seite gerissen . . . „Herunter mit der Larve", rief er mit drohender, jetzt unverstellter Stimme, „herunter, damit ich sehen kann, welcher Bube es gewagt hat, sich in diesen Kreis einzu drängen." Die Diavoletta war auf den Divan gesunken. „Achim", stöhnte sie und rang die Hände, „weich' schrecklicher Zufall." Manfreds zögerte nvch, da riß der Mönch, seiner selbst kaum mehr mächtig, ihm die Maske vom Antlitz . . . fremde Züge starrten ihm entgegen, getsterbleiche, interessante, leidenschaftlich verzerrte . . . „Mit welchem Recht, Monsieur?" klang es in ge brochenem Deutsch von seinen zornbcbenden Lippen, man sah, daß er sich mit aller Kraft bezwang . . . „Diese . . . Dame, diese Tcufclin, die ihre Nolle so vortrefflich durchführte, ist zufällig meine Gemahlin, ich bin Achim von Lessen . . „Aber, liebster Achim . . ." Selma hatte sich gefaßt und hing sich an den Arm des Gatten, „ich bitte Dich ... ein Maskenscherz. . . dieser Herr ist Signor Manfreds, weißt Du, der berühmte Manfreds... Du sähest ihn ja auch einmal... bei Marö." Nun verstand Achim. Er löste die Arme der Frau von seinem Arm, dann fragte er hart: „Und von wem liier eingeführt? Mein Herr, ich bitte um Ihre Ballkarte." „Madame war selbst so gütig", murmelte der Süd länder. hat, rechtfertigt dieses Vertrauen und führt uns immer wieder in Treue und Dankbarkeit zu Ihnen mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen und mit verehrungsvollen, freundschaft lichen Grüßen. Or. Hammacher. Wassermann. ck. Berlin, 7. Juli. (Die Ausgestaltung der Wohnungsstatistik durch Reich, Staat und G e m ei n d e.) Der Verein „Reichswohnungs gesetz" Hal soeben die Schrift Ur. Karl Seutcmann's „Die deutsche Wohnungsstatistik, ihr gegenwärtiger Stand und ihre Bedeutung für die Wohnungsrefvrm" (Göttingen, Vandenhvek <L Ruprecht) herausgegeben. Darin wird die Frage erörtert, was Reich, Staat und Gemeinde für die Wohnungsstatistik und für die ein zelnen Zweige typischer Wohnungsunter- s n ch u n gent h un können und solle n. Daß das Reich eine Wohnungsaufnahme selbst zu veranstalten habe, bekämpft vr. Seutemann deswegen, weil die Verschieden heiten der ländlichen und der städtischen Wohnungsver- hültnisse zu groß seien. Eine solche Wohnungsaufnahme müßte sich also (wie in Oesterreich und Württemberg) auf Städte von einer bestimmten Größe beschränken, und könnte tiber grundlegende Ermittelungen wegen der lo calen Besonderheiten nicht hinausgehcn. Durch eine Reichscrhcbung erhielten freilich auch die jenigen Städte eine solche Statistik, die sie Henle noch entbehren. Aber dieser Vortheil würde da durch ausgewogen, daß die Reichserhebung die blühende städtische Wohnungsstatistik vernichten würde, die wegen der localen Besonderheiten allein wahrhaft Ersprießliches leisten könne. Einer Wohnungsstatistik der Bundesstaaten, mindestens der größeren Bundesstaaten, könne aus den selben Gründen nicht das Wort geredet werden. Doch sollten Reich oder Staat bei der Inangriffnahme einer um fassenden Wvhnungsgesetzgebung auf eine wettere Ausbreitung der localen Wohnungs statistik hinwirken. Ta eine solche Ausdehnung des Wirkungskreises der communalistischen Aemter meist auf praktische Schmierigkeiten stoßen werde, müßten die staatlichen statistischen Aemter einspringen. Es wäre daher kür ein Reichswohnungsgesctz eine dankbare Auf gabe, folgende Bestimmungen zu treffen: Jede politische Gemeinde ist berechtigt, mit der Volkszählung eine Grundstücks- und Wohnungszählung zu verbinden, ohne daß die Aufgaben der Volkszählung und die Einrichtung der freiwilligen Zähler darunter leiden; die Art der Er hebung unterliegt der Genehmigung der bundesstaatlichen Negierung. Diejenigen Gemeinden, die keine eigenen statistischen Aemter besitzen, dürfen verlangen, daß die bundesstaatlichen statistischen Aemter die Grundstücks- und Wohnungszählung im Einvernehmen mit der Gemeinde vorbereiten, das Material sachgemäß bearbeiten und herauSgcben; die Gemeinden sind zum Ersätze aller ent stehenden Kosten an das bundesstaatliche statistische Amt verpflichtet. An die Stelle der bundesstaatlichen Aemter tritt eventuell die socialstatistische Abtheilung des kaiser lichen statistischen Amtes. Wird hier ein direktes Ein greifen des Reiches in die Wohnungsstatistik nicht em pfohlen, so erscheint es als eine Hauptaufgabe des Reiches, typische W o h n u n g sz u st ä u d e methodisch zu untersuchen. Ein Nebcrblick über alle gesetzgeberischen und Verwaltungsmaßrcgcln betreffs des Wohnungs wesens, eine Sammlung aller Wahrnehmungen über Woh- nungsverhältnifse, eine -irecte Feststellung concreter Woh- nnngsverhältiiissc, mit Rücksicht auf bestimmte gesetzgebe rische Pläne — all' dieses gehört zum Arbeitsfelds der socialstatistischcn Abtheilung des kaiserlichen statistischen Amtes. Tie Krönung des Ganzen würde die Vernehmung von Ausknnftspcrsvnen, Micthern sowohl wie Haus besitzern, aus verschiedenen LandcStheilen bilden. Ein solches Vorgehen des Reiches würde die private Arbeit und die Arbeit der cvnnnunalstatistischen Aemter anregen und befruchten. Das wäre um so erfreulicher, als die Mit arbeit der verschiedensten Stellen wegen des unzureichen den Standes der Erforschung nirgends erwünschter ist, als auf diesem Gebiete. Achim athmete tief. Die Adern an Stirn und Schläfen schwollen an. „Ich ersuche Sie, den Saal sofort zu verlassen." „Dazu hast Du kein Recht, Achim." Die schöne Fran stampfte mit dem Fuße. „Kein Recht? Selma!" „Nein, absolut nicht. Die norddeutschen Bären haben keine Ahnung von südlicher Maskenfreiheit." „Die norddeutsche Edelfrau sollte aber Ahnung von Sitte und Anstand haben." „Edna hättest Du hcirathen müssen, die Nonne paßt für Dich. Mir so mein harmloses Vergnügen zu stören." Schnell war Rede und Gegenrede sich gefolgt, Mephisto hatte inzwischen die Maske wieder vor genommen. „Madame, die Franeaise beginnt. Sic haben mir die selbe versprochen"; galant bot er ihr den Arm. „Die Demaskirung!" Sie flüsterte es ängstlich, „eö ist wohl zwölf Uhr?" „Noch nicht, Madonna mia." Sein glühender Hauch traf ihre Wangen. „Sobald die Masken fallen, verlasse ich mein Glück." Trotzig wollte sie ihm folgen. „Selma!" Achim rief es warnend, drohend, gebieterisch, er trat zwischen die Beiden und machte eine Bewegung, Selma s Arm zu ergreifen. Als ob sie ein Joch von sich ab schütteln wollte, zuckte sie heftig mit den weißen Schultern . . ., noch ein beschwörendes Wort des Teufels . . ., sie waren verschwunden. Die schwere Portiöre schloß sich hinter ihnen, Achim blieb allein zurück, in heftiger Erregung, in Hoffnung-- loser Gcmüthsverfassung. (Fortsetzung folgt.)
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