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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020718029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902071802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902071802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-07
- Tag1902-07-18
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5080 Bericht LeS ehemaligen Eisenbahnministers v. Thielen hat sich das Gesammtpersonal von 329 958 auf 338 129 Personen erhöht, obwohl die Zahl des Zugbegleitungs personals, der Güterbodcnarbeiter, des Bureauperjvnals rmd der Telegraphisten eine geringe Verminderung er fahren hat. Dies letztere Moment erklärt vielleicht die gerade bei den Gütcrbodcnarbcitcru und dein Locviuvtiv- personal nachgcwicsencn verkürzten Ruhepausen und Dienstbcsreiungen. Aber der neue Eiscubahnmittister wird sich nicht der Pflicht entziehen können, ans diesen Um stand ein anfmcrksamcs Auge zu richten. * (Berlin, 17. Juli, l 2 chulcn mit der Berech tigung, das Einjährig - Freiwilligen- Zcugniß zn e r t b c i l c n.) Dao Vcrzeichniß der Lehranstalten, welche gemäß 8 90 der Wehr-Ordnung znr Ausstellung von Zenguisseu über die Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst berechtigt sind, ist er schienen. Nach -em Vcrzeichniß sind die Lehranstalten in drei verschiedene Kategorien gegliedert, und zwar 1) solche, bei denen der einjährige, erfolgreiche Besuch der zweiten Elasse zur Darlegung der Befähigung genügt; dazu ge hören die Gymnasien, Realgymnasien nnd Obcrreal- schnlen; 2) solche, bei denen der einjährige, erfolgreiche Besuch der ersten lobersten) Elasse zur Darlegung der Be fähigung nöthig ist; dazu gehört eine Anzahl Prvgym- uasieu, Neal-Progumnasicn und RealschiUen; 3) solche, bei denen das Bestehen der Reife- t Schluß-) Prüfung znr Darlegung der Befähigung gefordert wird. Auch dazu gehört eine Anzahl Prvgymnasicn, Real-Prvgmnnasien und Realschulen, sowie zahlreiche öffentliche Schnllehrer- Seminarc und andere öffentliche Lehranstalten tLand- wirthschafts-, Industrie- und Handwerks-Schulen). Zum Schluß werden noch einige Privat-Lehranstalte» und zwei Lehranstalten im Auslände tdas Rcal-Progymnasium des Deutschen Schulvereins in B r jj s s e l unter Leitung des vr. Richard Jahnke und die Realschule der deutschen und schweizer Schulgemeinde in Konstantinopel unter Leitung des llr. Hans Karl Schwatlo) anfgefnhrt, bei denen Befähigungsnachweise nur auf Grund des Be stehens einer unter Leitung eines Rcgierungs-Evmmissars abgehaltenen Entlassungs-Prüfung ausgestellt werden dürfen. — Der „Vorw." ist ermächtigt, die Mittheilung eines hiesigen parlamentarischen Berichterstatters, daß zwischen Mit gliedern der Mehrheit der Zollt arifcom Mission und den focialdemokratischen Mitgliedern ein Gedankenaustausch ohne Berbindlicbkeit über die Frage der Einführung einer neuen Geschäftsordnung stattgesundcn habe, als „von Anfang fang bis zu Ende unwahr" zu erklären. Daß die Com- missionsmchrheil sich angeblich entschlossen habe, vorläufig von einer Abänderung der Geschäftsordnung abzusehen, wurde von dem Berichterstatter mit einer Umstimmung der Social demokraten begründet, die in der Commission ihre Reden nicht mehr über die Gebühr hinausziehen und das Mittel der Obstruktion erst im Plenum anwenden würden. Auch diese Behauptung wird als erfunden bezeichnet. — Zu der Rede, die der Landwirtbschaftsminister v. Podbielski am 24. Juni in Stolp über die Lage der Landwirtbschaft gehalten haben soll, bemerkt die „Kreuz- Ztg.", sie könne kaum annehmen, daß der Minister, der cs za ab und zu liebe, seine Gedanken und Ansichten in, wie man zu sagen pflegt, „sprudelnder Weise" zum Ausdruck zu bringen, eine derartige Rede gehalten habe. Sollte es aber doch der Fall gewesen sein, so könnte sie über die Rede nur ihr Bedauern auS- sprechen. Auch die „Deutsche Tagesztg." will abwarten, „ob die burschikose Rede wirklich von einem Minister gehalten worden ist". Die Entrüstung dieser beiden Blätter wäre weiter nicht ausfallend, bedenklicher muß schon machen, daß auch die zollwirtbschaftlich etwa auf dem Boden der Regie rungsvorlage stehende „Tgl. Rdsch." schreibt: „Man könnte Herrn v. Podbielski sachlich recht geben — das thäten wir bis zu einem gewissen Grade — und wird doch wünschen müssen, daß diese über die Maßen väterliche Weise bei unö zu Lande nicht zum Redecomment reisender Minister erhoben würde. Wenn ein Postdirector die im Posthofe ver sammelten Schaffner und Kutscher derart „anspricht", so mag's zur Noth noch hingeben, aber daß ein Minister, den man zu einem Festmahl lädt, also der Geladene, die Gast geber in so drastischer Weise „Mores lehrt" — davon möchten wir doch lieber nicht, daß cs sich bei uns zu Lande einbürgcre. Das ist wenigstens unsere Empfindung und darum bleiben wir dabei: die Stolper Rede ist apokryph; so kann Herr v. Podbielski unmöglich gesprochen haben!" Ob alle diese Zweifel wobl echt sind? — Die Meldung, daß Freiherr v. Wangenheim, der Vorsitzende deS Bundes der Landwirthe, mandatsmüde ist, wird von berufenster Seite, nämlich von Freiherr» v. Wangen- beim selbst, bestätigt. Auf eine Anfrage der „Stargarder Ztg." an Freiherrn v. Wangenheim, ob er thalsächlich sich nicht wieder um ein Mandat bewerben wolle, hat er geant wortet, daß cS allerdings seine Absicht sei, sich nach Ablauf »eines Mandats vollständig von der politischen Thätigkeit zurückzuziehen. — Eine hiesige Correspondenzwill wissen, daß der Justiz minister einer Reform der Gerichtsferien nicht principiell ablehnend gegenüberstehe. — Der polnische Adel verläßt Berlin! Eine Schreckenspost vermeldet der „Dziennik Kuj.": Die polnische Aristokratie in Berlin habe beschlossen, an keinerlei Hoffestlichkeiten mehr Theil zu nehmen und ihre „Winterresidenz" nach Posen zu verlegen. Dies könne lediglich den Fürsten An ton Radziwill betreffen. Wenn man die Stellung nahme des Fürsten im Herrenhauje gegenüber der antipolnische» Borlage, sowie den Umstand in Betracht ziehe, bah der Sohn des Fürsten, Prinz Stanislaus, aus directen Befehl des Kaisers aus dem Osficierstande ausgeschlossen worden sei, dann erscheine die Nachricht allerdings nicht unwahrscheinlich. Dieser Entschluß dürfte als eine sehr angenehme Ueberraschung angesehen werden, die in der ganzen Provinz Posen mit lautem Jubel empfangen werden würde. Irrt der treffliche „Dziennik KujawSki" nicht? Der Herr, der gegen die „antipolnische" Vorlage im Herrenhause sprach, war doch wobl Fürst Ferdinand Radziwill, der die Polen auch im Reichstage führt. Uebrigens wird eS wohl in Berlin auch ohne die polnische Aristokratie gehen, und wenn diese durch Boycotlirung des kaiserlichen Hofes ihre wirkliche Gesinnung recht klar an den Tag legt, so kann das nur erwünschte Wirkungen haben. — DaS Versagen der Bremsvorrichtungen bei der Einfahrt von Eisenbahnzügen inStationen hat den sogenannten BremSausschuß veranlaßt, verschiedene Abänderungsvorschläge zu machen, die sich theils aus die Westinghouse-, theilS auf die Luftdruckbremse beziehen; auch eine Aenderung der Notb- bremse kommt in Frage. Der preußische Eisenbahn- minister har nun die Direktion Berlin beauftragt, baldigst einen Probezug von 75 bis 80 Achsen zusammenzustellen, um zu ermitteln, ob die Vorschläge deS Ausschusses rationelle Abhilfe zu schaffen geeignet sind. — Der deutsche Botschafter in Konstantinopel Staatsminister Frhr. Marschall von Bieberstein ist heute früh ans Hüchleüen in Baden in Berlin angekommen. — Der Kammergerichts - Präsident, Wirkliche Geheime Rath von Dreukmann ist »ach Tirol abgereist. — Der bisher als Hilfsarbeiter im Ministerium für Landwirth- schast, Domänen und Forsten beschäftigte Regierungs- und Geheime Baurath Böttger aus Wiesbaden wurde zum Geheimen Baurath und vortragenden Rath in diesem Ministerium ernannt. — Der amerikanische Botschafter in Berlin, Andrew D. White, wird sich demnächst mit seiner Familie nach Wyk ans Föhr begeben, um dort in der am See gelegenen Villa Clara seinen dies jährigen Sommeraufenthalt zu verbringen. "Tabinen, 17. Juli. Vom Aufenthalt der Kaiserin in Cadinen wird noch geschrieben: nach der gestrigen Mittags tafel, zu der auch Landratb v. Etzdorf herangezogen war, unternahm die Kaisenn mit ihren sechs Kindern einen Aus flug mit der Tampspinasse nach Kahlberg. Nach der Rück kehr gingen die beide» ältesten Prinzen, Prinz Eitel Friedrich und Adalbert, auf die Entenjagd. * Münster i. W., lO.Juli. Der Genossenschaft dcr„Barm herzigen Brüder" in Montabaur ertheilte der Minister die Erlaubniß zur Errichtung einer Niederlassung in Münster. /X Aus dem Wahlkreise St. Goarshausen-Montabaur. Der Eandidat des Bundes der Landwirthe de- mentirt sich selbst! Jetzt erklärt er wieder, wie nach der „Deutschen Tageszeitung" gemeldet, er nehme die Eandidatur doch an, nachdem er wenige Tage zuvor im „amtlichen Blatt für den ttnterlahntreis" ein Schreiben veröffentlichen ließ, er ziehe die Eandidatur zurück. Die Verwirrung ist also groß. Aber man wird gut thun, ernstlich mit der bündlerischen Sondercandidatur zu rechnen. Ans den von n a t i v n a l l i b e r a l e r Seite im Wahlkreise veranstalteten Versammlungen weichen die Herren vom Bunde etwaigen Auseinandersetzungen sorg sam aus, so auch vorgestern in Braubach, wo der national liberale Eandidat Krawinkel sprach und gegenüber den Forderungen des Bundes erklärte, so weit wie letzterer könne er unmöglich gehen; denn solche agrarische Forderungen überschritten ein gesundes Maß; cs müsse bei vernünftig festgesetzten Zöllen die Möglichkeit bleiben, Handelsverträge abzuschließen. — Auch diese Braubacher Versammlung war sehr zahlreich besucht. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß das Eentrum begründete Besorg- niß hegt, diesen früheren Lieber scheu Wahlkreis zu ver lieren. Aus dem Grvtzherzogthum Baden. Die neuliche Anwesenheit des Abgeordneten Bafsermann und die Abhaltung einer nativualliberalen Versammlung in Radolfzell hat die erfreuliche Folge zahlreicher Bei trittserklärungen zum dortige», eben erst gegründeten nationalliberalen Verein gezeitigt. Bei den nächsten ReichStagswahlen bietet sich Angesichts der wieder lebendig werdenden liberalen Strömung in diesem badi schen Wahlkreise alle Aussicht, vom Eentrum das Mandat für die Nationalliberalen wieder zurück zu erobern. Aus Bayern schreibt man uns: „Für die i m b a ye- risch en Centrum jetzt eingerissene Ver worrenheit ist der Widerspruch kennzeichnend, in dem die führenden klerikalen Geister dem Geheim en bin et des P ri n z r e g e n t c n gegenüber sich be wegen. Der Abg. vr. Schädler hat erst am 15. d. M. in der Kammer das Geheimcabinet als im Gegensatz zum Staatsministerium befindlich auf das heftigste angc-- griffen; und nachdem Ministerpräsident Gras Erailshaim I festgcstellt, daß ein Gegensatz zwischen dem Vorstand der Geheimkanzlei und dem Ministerium niemals bestanden, erscholl auf den Bänken des Eentrums lautes Gelächter. In vollem Widerspruche hierzu schreibt das vfficiclle Münchener Eentrumsorgan am 17. d. M.: „Daß das Mi nisterium Crailsheim allen Grund hat, mit diesem Geheim- cabinct zufrieden zu sein, glauben wir recht gerne, im Ministerium herrschen ja gerade dieselben Verhältnisse, nnd a u f d a s M i n i st e r i u m i st das G e h e i m c a b i n c t zugcsck> nittc n." — Aerger können sich die führenden Politiker des bayerischen Eentrums kaum widersprechen. Einen Fingerzeig aber für den wahren Grund des kleri kalen Grolls gegen das Geheimcabinet enthält der Jammer des „Bayer. Eourirs" darüber, daß der Chef des Geheim- cabinets, Frhr. v. Wiedenmann, P r o t e st a n t ist. Da des Letzteren Vorgänger, die Herren v. Freyschlag und v. Zoller, katholisch gewesen sind, begreift man leicht, welches Uebermaß von Duldsamkeit auch in diesem kleri kalen Jammer bekundet wird!" * Auö dem NeicbstagSwahIkreise Cnlmbach. Nachdem für den bevorstehenden Wahlgang eine Einigung der Liberalen und des Bundes der Landwirthe nicht erzielt wurde, tritt nun auch der bayerische Bauernbund mit einem eigenen Candidaten auf den Plan. Es wurde als solcher der Müblenbesitzer und Bauer Andreas Wölfel in Berndorf in Vorschlag gebracht. (Allgem. Ztg.) * München, 17. Juli. Daß der erkrankte Justizminister v. Leonrod ebenfalls nicht auf seinen Posten zurückkehrt, wird jetzt officiös bestätigt. — Cultucininister v. Landmann soll als Regierungspräsident von Niederbayern in Aussicht ge nommen sein. Der derzeitige Regierungspräsident von Nieder bayern ist schwer leidend. Oesterreich - Ungarn. * Innsbruck, 17. Juli. Nach Erledigung mehrerer localer Angelegenheiten wurde die Session des Landtages mit Hochrufen auf den Kaiser vertagt. Frankreich. Unterdrückung des Mädchenhandels. * Paris, 17. Juli. Bei dem heutigen Empfange der Mitglieder des Eongresses zur Unterdrückung des Mädchenhandels bei Loubet richtete der schwei zerische Gesandte Lardy Namens der auswärtigen Ver treter eine Ansprache an den Präsidenten Loubet, in der er den Wunsch auf Schaffung einer internationalen Gesetz gebung zur Unterdrückung des Mädchenhandels aus drückte; derselbe solle nicht mit Geldbuße, sondern mit Kerker- und Gefängnißstrafen bedroht werden. Ferner müsse eine internationale Ueberwachungspolizei ins Leben gerufen werden, welche im Stande ist, mit Geschick den internationalen Kupplern entgegcnzutreten. Lardy ver breitete sich sodann besonders über die Prüventivmaß- regeln und -Mittel, wie den Opfern des Handels zu helfen sei. Die junge» Mädchen, die allein im fremden Lande ständen, seien den Rathschlägen dieser Elenden und der Versuchung ausgesetzt. Präsident Loubet erwiderte, indem er dem Vorredner seiner Fürsorge für die Angelegenheit versicherte: Alle civilisirten Länder müßten in dem jetzigen Stande der Dinge, der selbst die Gleichgiltigen beunruhige, eingreifen. Sollte man denn das, was zum Schutze kleiner Vögel möglich sei, nicht auch in einer Frage thun können, deren sittliche Bedeutung so wesentlich ist?! * Divonne les Bains, 17. Juli. Der Khedivevon rücht, Bischof Firmilian sei gewaltsam aus Uesküb Belgien. Die Königin. * Spaa, 17. Juli. Die Königin machte heute wieder eine Ausfahrt im Rollstuhle und ertheilte einige kurze Audienzen. Panarmcnischer Eongreß. * Brüssel, 17. Juli. Heute wurde hier derpanarme - Nische Eongreß unter dem Vorsitz des Senators Houzean de Lehai eröffnet. Unter den Anwesen den befanden sich der Staatsminister Lejeune und mehrere belgische und französische Deputirte und Senatoren. Der Vorsitzende hob hervor, daß hervorragende Persönlich keiten aller Parteien und aus allen Ländern zn dem Eon- gressc gekommen seien. Derselbe habe mehr als 2900 Zu- stimmungserklärungcn erhalten und er, der Vorsitzende, hoffe, daß der Eongreß die Regierungen dazu veranlaßen werde, sich der unterdrückten Armenier anzunehmcn. John Brien drücke in einem Schreiben dieselbe Hoffnung aus. Zu Vicepräsidcnten des Eongresses werden hierauf er nannt Madame Hünings, Holland, Baszhlewycs, Däne mark, nnd Pressens«, Frankreich. Sodann hielt der Nc- dacteur der Zeitschrift „Pro Armenia", Ouillard, einen Vortrag über die Verbrechen, deren Opfer die Armenier geworden seien. Er schloß: '„Es giebt ein wirksames Mittel, um den Bedrückungen ein Ziel zu setzen. Das ist Ernennung eines Gouverneurs, der einer neutralen europäischen Nation «»gehört und mit Zustimmung der Mächte zu wähle» ist, und ferner die Errichtung einer localen uichttürkischen Miliz. Der Sultan allein kann diese Lösung verwirklichen. Er allein ist verantwortlich für das, was geschehen ist. Aber Europa muß es wollen. Es hat keine größere Ursache, einen Krieg zu fürchten, als damals bei den Ereignissen in Kreta. Die Versammlung schritt schließlich zur Bildung von Abtheilungen. * Brüssel, 17. Juli. Der panarmcnische Con ti r eß b c s ch l v ß, eine Commission cinzusetzen, zu welcher jede vertretene Nation 5 Dclegirte zu entsenden hat. Die Commission soll dem Eongreß praktische Vorschläge machen. Italien. Vom Campanile. * Rom, 17. Juli. Tie „Agcnzia Stefani" veröffentlicht folgende N o t e: Der Unterrichtsminister Nasi hat nach Beendigung der V o r unters u ch u n g über den Ein - stürz des G l v ck c n t h n r m e s von San Marco in einer Versammlung der Untersuchnngscommission nnd der Behörden seine Entschlüsse mitgetheilt, welche eine Ein heitlichkeit in der Leitung zur Freilegung des Marknsplatzes von den Trümmern bezwecken, wobei alles verwendbare Material ausbewahrt und Alles gesammelt werden soll, was für die Untcrsnchungscommission bei der Benrtheilung der Sache von Werth sein konnte. Zn diesem Zweck hat der Minister dem Architekten Bue welcher seit drei Jahren die Ausgrabungen auf dem Forum Romanum leitet, die Oberaufsicht über die Ar beiten übertragen. Derselbe wird Hand in Hand mit der Untcrsttchnttgseommission vvrgehcn und gegebenenfalls Regierungs- und städtische Ingenieure zu Rathe ziehen. Land- iiud Scesoldatcn werden die Säubernngsarbeiten in der Weise besorgen, daß der Markusplatz in wenigen Tagen wieder für den Verkehr freigegeben werden kann. Diese Arbeit wird einerseits dazu dienen, die Nachfor schungen der Untersuchungscommission zu ergänzen und andererseits auch den Interessen der Kunstgeschichte Rech nung tragen. Unter den Trümmern fand man viele fast unversehrte Theile der Skulpturen- und Bronzeornamente, welche bei der Errichtung des nenen Glockenthurmes verwendet werden sollen. Dieser wird auf solche Weise nicht nur seine alte Form, sondern auch viel neues Material erhalten, so daß die Wiederher stellung mehr als eine Nachahmung des alten Thurmes sein wird. Der Minister hat die Untersuchungscommission beauftragt, zunächst festzustellen, in welchem Zustande sich die in nächster Nabe des Glockenthurmes befindlichen Kunstdcnkmäler befinden. Daran soll sich späte» eine umfassende und durchgreifende Arbeit zum Schutze aller Kunstdcnlmäler Venedigs schließen. Neue Gefahren. * Venedig, 17. Juli. Die „Agenzia Stefani" theilt mit: Der Unterrichtsminister Nasi hat, nachdem ihm mitgetheilt wurde, daß das Fundament der Basi lika Palladiana in Vicenza schwer be droht sei, den Stadtingenieur von Vicenza nach Venedig berufen und ihn aufgefvrdert, ihm auf die Basilika be zügliche Berichte, Pläne und Urkunden zn überbringen, nm schleunigst Maßnahmen zur Erhaltung des Kunst werkes zn treffen. Großbritannien. General Buller. * London, 17. Juli. lUn ter hauS. Ergänzung.) Bei der Verathung über den Hecresetat beantragt Grey (liberal), einen Abstrich an dem Etat vorzunehmen, um damit gegen die Art und Weise zu protestiren, wie General Buller vom Kricgsministerium behandelt worden sei. Redner beklagt sich darüber, daß General Buller durch die Veröffentlichung einzeln ausgesuchter Telegramme in eine schiefe Lage gebracht sei. Alle Papiere, welche für ihn ungünstig seien, seien vom Kriegs ministerium veröffentlicht worden, die Dokumente, deren General Buller zu seiner Bertheidigung bedürfe, aber nicht. Man solle dem General doch gestatten, selber seine Geschichte vor einem unparteiischen Gerichtshöfe vor- zubringcn. General Buller habe in Natal Großes geleistet und seine Ernennung zum Commandanten des ersten Armeecvrps in Aldershot sei durchaus gerecht fertigt gewesen. Die Rede, wegen deren General Buller entlassen sei, sei aber kein Grund für eine solche Be handlung. Kriegsmini st er Brodrick nimmt das Wort zur Entgegnung. Er bedauere, daß der Fall Buller hier zum Gegenstand der Debatte gemacht worden sei. Tie Regierung habe sich von keinerlei Vorurthcil gegen General Buller bestimmen lassen, im Gegentheil, sie habe sich sogar zu einer zu großen Rücksichtnahme auf ihn ver leiten lassen. Was das Heliogramm betreffe, in welchem General Buller nach der Schlacht bei Colcnso dem General White zur Ucbergabc gerathcn habe, so müsse er sagen, daß dieses Hcliogram m so außergewöhnlicher Art ge wesen sei, daß die in Ladysmith E i n g e s ch l o s s e n e n geglaubt hätten, die Mittheilung sei ihnen von den Boeren gemacht worden, welche in den Besitz des Chiffrenschlüssels gekommen seien. Weitere Dokumente könne die Negierung nicht ver öffentlichen. Könne denn auch die Veröffentlichung einer beliebigen weiteren Anzahl von Documenten den General Buller von jeder Kritik seiner Führung des Feldzuges befreien oder die Thatsachc ändern, daß nach Ansicht aller Militärs der Angriff auf Colenso schlecht geplant un schlecht ausgeführt wurde? tBcifall.) Würde die Ver öffentlichung dieser Dokumente seine Verantwortlichkeit für den Verlust der Geschütze weniger groß erscheinen lassen oder gar die schmerzlichen Gefühle zum Erlöschen bringen, die durch seinen Vorschlag, Ladysmith zu über geben, hervorgerufcn wurden, da eine solche Uebergabe ein Unglück ohne Gleichen in Englands Geschichte gewesen wäre? Keine weitere Veröffentlichung könne ferner die Thatsache entschuldigen, daß am Svionscop ein Fehler nach dem anderen gemacht wurde. Weshalb helio- graphirte Buller nach dem Tage von Colenso an General White die Frage, wie lange er sich noch halten könne, obwohl er noch wenige Tage vorher von White die Mit theilung erhalten hatte, daß er noch Vorräthe für siebzig Tage habe und sich so lange halten könne? Nach der Schlacht bei Colcnso sei General Buller nur aus dem Grunde nicht abberufcn worden, weil kein anderer Offi- cier in Südafrika verfügbar war, der ihn hätte ersetzen können. Redner legt dann die Gründe dar, auf die hin (General Buller zum Commandanten des Armeekorps in Aldershot ernannt worden sei, und fährt dann fort, Buller's Rede sei ein schwerer Verstoß gegen die militä rischen Regeln gewesen und habe einen solchen Mangel an Urtheil gezeigt, daß man seine Fähigkeit für seinen Posten bezweifeln mußte. Es würde ja eine Commission ge bildet werden zur Anstellung einer Untersuchung über den Krieg. In dieser Commission könne auch der Fall Buller geprüft werden. Er hoffe aber, daß die Ver handlungen, so weit das Verhalten der Generale in Frage komme, geheim gehalten würden. Er habenden Ossicicrcn gesagt, daß auf jeden Versuch, über diese Sache öffentlich zu discutiren, die Strafe der Entlassung folgen würde. Wenn man etwas Anderes gestatten würde, würde die englische Armee der Welt zum Gespött werden. Er tNedncr) sei fünfzehn Jahre lang mit Buller befreundet gewesen, und die Pflicht, die er heute hier zu erfüllen habe, sei für ihn sehr hart gewesen. Buller s Mißerfolg sei für ihn persönlich nicht minder schmerzlich gewesen, als für den Staat ein Unglück. Aber persönliche Gefühle hätten ihn nicht veranlassen können, einen Officier kn Commando zu belassen, sobald dessen Verbleiben auf sejnem Posten für das Land nicht weiter von Vortheil war. — Auf eine Anfrage Grey s verliest der Kriegs minister das Telegramm Buller's an Lord Roberts, in welchem er sagt, der Entsatz von Lady smith werde 2000 Mann kosten. Lord Roberts erwiderte, Ladysmith müsse um diesen Preis befreit werden. Die Soldaten kennten ihn lRvbertS), England liege in ihrer Hand. Er zweifle nicht an ihrem Erfolge. Campbell Bannerman legt dar, man hege im Lande das Ge fühl, daß General Buller nicht recht behandelt worden sei. Brodrick habe jetzt selber zugegeben, daß er, während Buller gepriesen und mit Danksagungen bedacht wurde, nur auf die Gelegenheit wartete, sich seiner zu entledigen. Nach längerer lebhafter Debatte, in welcher Lord Hongti Cecil und andere Mitglieder der konservativen Partei das Verhalten des Kriegsministerinms scharf kritisirten, wird der Antrag Gr e y mit 236 gegen 98 Stimmen a b - gelehnt. Militärische Reformen. * London, 17. Juli. (Oberhaus.) Der Lordkanzlcr verliest einen Brief von Lord Roberts, in welchem dieser für die von dem Hause angenommene Dank sagung an die Truppen seinen Dank ausspricht. Lord MvnkSwell lenkt dann die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Bericht, der zur Untersuchung der Frage der Offi ele r S - Ausbildung eingesetzten Commission und be antragt eine Resolution, die Regierung solle möglichst schnell Schritte unternehmen, um den in jenem Berichte enthüllten Zuständen ein Ende zu machen. Der Minister des Aeußeren Lord Lansdowne erklärte sich im Namen der Negierung mit der Resolution einverstanden, bemerkt aber, die Regierung könne sich unmöglich im Ein zelnen über die geplanten Schritte auslassen, aber schon lange, bevor cs in Sandhurst zu den unliebsamen Vor fällen gekommen sei, habe der Kriegsministcr sich dahin schlüssig gemacht, daß radikale Aenderungcn im Personal und im ganzen System n n v e rm e i d l i ch seien. Die Resolution wird schließlich angenommen. * London, 17. Juli. Der Viccköuig von Irland, Earl Cadogan, hat seine Entlassung gegeben, die vom König angenommen worden ist. Rußland. Abreise des Königs von Italien. * Peterhof, 17. Juli. Seine Majestät derKönigvon Italien ist heute Nachmittag 3 Uhr abgereist. Auf dem festlich geschmückten Bahnhofe hatten sich die Groß fürsten, der Minister des Auswärtigen Graf Lamsdorsf, Generale und andere hohe Würdenträger versammelt, um das Eintreffen des Kaisers und des Königs von Italien zn f erwarten. Unter -em Borauftritt einer Eskorte der Leib wache langten kurz vor der Abfahrt des Hofzuges die Majestäten mit Gefolge an. König Victor Emanuel ver abschiedete sich von den Großfürsten, seinen beiden Schwagern und Schwägerinnen und den übrigen Er schienenen, wobei er sich mit dem Großfürstcn-Thronfvlgcr, dem Minister des Aenßern Griafen Lamsdorsf und dem italienischen Botschafter, Grafen Mvrra, längere Jeit unterhielt, während Kaiser Nicolaus eingehend mit dem italienischen Minister des Aeußeren Prinetti sprach. Be vor der König von Italien den Zug bestieg, verabschiedeten sich die beiden Souveräne aufs Herzlichste. Nach wieder holter militärischer Begrüßung zwischen den beiden Mon archen winkte der König nochmals aus dem sich langsam iu Bewegung setzenden Zuge. Vor der Abreise fand auf dem Balevn des großen Palais Familienfrühstück statt, an dem die beiden Kaiserinnen, die Großherzogin von Olden burg, die Großherzogin-Wittwe vgn Mecklenburg, die Her- zogin-Wittwe von Coburg, die Großfürsten und Groß fürstinnen theilnahmen, außerdem fand für das Gefolge Marschallstafel statt. — Der König von Italien verlieh den Großfürsten Konstantin, Dimitri, Nikolai Nikolaje witsch, Peter Nikolajewitsch und Georg Michajlowitsch den Annnnziatenordcn. Der Hofminifter, Baron Fredericks, der Minister des Aeußeren Graf Lam dorff und der Finanzminister Witte wurden vom König durch Verleihung seines Porträts mit Unterschrift in werthvvllem Rahmen ausgezeichnet. Der Eisenbahnminister Fürst Chilkow und der kriegsministcr Kuropatkin erhielten den Großcordon des St. Mauritius- und Lazarus-Ordens; außerdem ver lieh der König zahlreiche andere Auszeichnungen. Kaiser Nicolaus verlieh außer dem Minister Prinetti auch dem italienischen Botschafter Grafen Morra den Alexander- Newski-Orden, dem italienischen Minister des königlichen Hauses Ponzo Vaglio und dem Oberceremonienmeister Gianotti den Weißen Adler-Orden, dem Generfrladju- tantcn Brussati -en St. Annenorden erster Classe mit Brillanten und dem Grafen Prinetti, Sekretär des italie nischen Ministers des Aeußeren, den Stanislausorden zweiter Classe mit Stern. — Der König überwies vor seiner Abreise dem hiesigen italienischen Wohl- thätigkeits verein tausend Rubel und den Armen Petersburgs 10 000 Rubel. * Petersburg, 17. Juli. Kaiser Nikolaus hat der Großherzogin von Oldenburg das Großkreuz des Katharinenordens verliehen. Orient. * Sofia, 17. Juli. Hiesige Blätter verzeichnen das Ge rücht, Bischof Firmilian seigewaltsam aus Ucsküb entfernt worden. (Wdhlt.) Asien. China. * Peking, 17. Juli. (Meldung des „Reuter'schen Bu reaus".) Auanschikai und das Auswärtige Amt haben be schlossen, die Bedingungen der Zurückgabe Tientsins anzunehmen; sic werden dies dem Gesandten der Mächte am Sonnabend mittheilen, falls nicht die Kaiscrin-Wittwc Widerspruch erhebt. Der Beschluß wird die Gesandten überraschen, welche erwartet haben, China würde versuchen, bessere Bedingungen zu erlangen. Amerika. * Judiauapolis, 17. Juli. Der Nationalconvent der vereinigten Grubenarbeiter hat über die Rathsamkeit bcrathen bezüglich eines Ausstandes der Weichkohlenarbciter zur Unterstützung der ausständigen Anthracitkohlenarbeiter. An dem Convent haben un gefähr 900 Dclegirte theilgenommen. — Nach einer Mel dung der „Franks. Ztg." hat sich der Berbandspräsidcnt Mitchell gegen den Generalausstand aus gesprochen. Marine. * Kiel, 17. Juli. Das wegen Krümmerrohr bruches hierher beorderte Linienschiff „Kaiser Wil helm II." hatte auch auf der Fahrt durch den Nordostscc- Eanal Unglück. Beim Passiren der Hochbrücke Levensau des Kaiser Wilhelm-Canals gerieth das Linienschiff in dieBrückenconstruction und b r a ch die S t e n g e des Vordermastes. Das Schiff ist, wie gemeldet, zur Reparatur in die Kaiscrwerft gegangen. (B. L.-A.l D Petersburg, 17. Juli. Heute Nachmittag erwiderte der deutsche Botschafter Graf v. Alvensleben den Be such des Commandanten des deutschen Schulschiffes „Char lotte" und wurde mit den üblichen Ehrenbezeigungen em pfangen.
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