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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030616026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903061602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903061602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-06
- Tag1903-06-16
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Minister» Präsident Awakumowitsch dankte für das Vertrauen, das die Versammlung der Regierung bewiesen habe, und iür die schnelle Vollziehung der Wahlhandlung. Er erhoffe die baldige Entlassung seiner Regierung. Präsident Welimiro» witsch schlug vor, durch Depeschen und eine Abordnung dem neuen Könige die Wahl anzuzeigen. Der Minister für Volks wirtschaft, Gentschilsch, empfahl, auS jedem Kreise einen Ab geordneten hierfür zu bezeichnen, also fünfzehn. Es wurde demgemäß beschlossen; Vertreter der beiden Präsidien führen die Abordnung an. Um 12 Uhr 15 Minuten schon ver kündete ein berittener Offizier dem in Parade stehenden Militär die Wahl Peters. Militär und Volk brachten Hochrufe aus. Die Miliiärmusik spielte gerade im Freien. Nach der Verkündigung zogen die Truppen mit klingendem Spiel durch die Straßen ab. Den Truppen wurde der Eid auf König Peter sofort abgenommen. Die Mitglieder deS Unterhauses waren vollzählig erschienen. Von den Senatoren fehlten zwei, ein Onkel des verstorbenen KöoirS Alexander, General Anton Bogitschewitsch, und der siüh re Minister Isfrem Ansonawitsch, der gerade in der letzieu Zeit zu den Vertrauensmännern Alexanders ^zählte. Ministerpräsident Awakumowilsch verständigte sofort den neuen König von der einstimmig erfolgten Wahl. Der versammelten Menge und den ausgestellten Truppen verkündigte der Senator Russitsch vom Balkon des neuen Schlosses die Nachricht, welche, wie oben erwähnt, mit stürmischen Hochrufen auf Peter Karageorgewitsch begrüßt wurde. Die Stadt zeigt ihr gewöhnliches Aussehen. Vielfach ist man begierig, wer fortan als Mitglied des Königshauses zu gelten baden wird, da die Familie Karageorgewitsch in und außerhalb Serbiens eine weitverzweigte Verwandtschaft hat. Der heutigen Handlung wohnten von Diplomaten nur die Gesandten Italiens und Belgiens bei. Alle übrigen Missionschefs fehlten; dagegen waren die Sekretäre und Dragomane aller Gesandtschaften erschienen. Die heutigen Beschlüsse der Skupfchtina und des Senats werden hier als eine stillschweigende Amnestierung aller an der Ermordung des Königspaares beteiligten Personen betrachtet. Es ist nunmehr eine Mitteilung der russischen Regierung eingeiroffen, die von der neuen Sachlage Kenntnis nimmt. Die übrigen Staatsakte. * Belgrad, 16. Juni. (Telegramm.) Vor der gemein- meinsamen Sitzung hielten der Senat und die Skupfchtina getrennte Sitzungen ab, in denen beschlossen wurde, daß die Verfassung von 1888 mit den auf den König und das Wahlrecht bezüglichen Aenderungen als neue Verfassung in Kraft treten soll. Die Aende- i ungen werden beide Kammer» vornehmen, bevor der neue König den Eid auf die Verfassung ablegt. — Die Abord nung, die den König von Genf abholen soll, bestehl aus 24 Mitgliedern, 4 Senatoren und 20 Mitgliedern der Skupschtina. Die Abordnung reist morgen mit den dem Könige zugeteilien Ebrenoifizieren ab. Die Stadt ist festlich beleuchtet. Eine große Menschenmenge bringt Ruse auf den neuen König aus. * Belgrad, 16. Juni. (Telegramm.) Ja der Na tionalversammlung gab die Regierung eine Er klärung ab, in welcher sie auf die Ereignisse deS II. Juni und die Bildung der jetzigen Regierung hinwies. Die Re gierung hielt eS für ihre erste und hervorragendste Pflicht, für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung und Gesetz lichkeit im Lande zu sorgen, die Nationalversammlung für die KönigSwahl einzuberusen und die Verfassung von 1801 wieder in Kraft treten zu lasten. Die Regierung stellt mit Befriedigung fest, daß sie, unterstützt von der selbstbewußten Haltung der Nation und der patriotischen und helden mütigen Armee, die Ordnung im Lande aufrecht erhielt. Ueberzeugt, daß sie dadurch gegenüber dem Vaterlande in so ernster Zeit ihre Pflicht erfüllte, überläßt die Regierung der nationalen Volksvertretung die Beurteilung der Ereignisse vom 11. Juni und ihrer Tätigkeit seit den Ereignissen und läd die konstitutionelle Nationalversammlung ein, ihrerseits ihre Pflicht zu erfüllen und die Königswahl vorzunehmen, sowie Verfügungen über die Verfassung zu treffen; sie wünscht, daß die Tätigkeit der Nationalversammlung dem Baterlande Glück und Fortschritt bringe. * Belgrad, 16. Juni. (Telegramm.) Auf die Er klärung der Regierung antwortete die Nationalver sammlung mit einer Entschließung, welche besagt, sie be grüße mit Begeisterung die durch die Ereignisse vom 11. Juni geschaffene neue La ge undbringedievöllige Uebereinstimmung der Gefühle deS Volkes und des Heeres zum Ausdruck; sie billige das Verhalten des Heeres, daS ein Hort deS Vaterlandes, Verteidiger der Ordnung und Gesetz lichkeit und Bürge für die heilige und glänzende Zukunft Serbiens gewesen sei und bleiben werde. Gleichzeitig zollt die Nationalversammlung der Regierung Anerkennung für ihre in diesem verhängnisvollen Augenblicke bekundete Vaterlands liebe und billigt die Verfügungen der Regierung, die bis zur Ankunft deS Königs die Geschäfte leiten solle. Die Motive deS KönigSmordcs. Der Belgrader Korrespondent deS „TempS" hatte eine Unterredung mit dem Minister deS Aeußeren Kaljewitsch, welcher unter anderem sagte: Oberst Naumowitsch, einer der Teilnehmer an der Verschwörung, habe König Alexander gewarnt, indem er ,hm gesagt habe, er gebe seinem Verderben entgegen, wenn er sich nicht von der Königin trenne. Der König sei jedoch unglaublich hartnäckig gewesen. Der Leichenbefund habe allerdings Licht in ras sonst unbegreifliche Verhalten deS Königs gebracht. Die Er eignisse in der Nacht vom 10. Juni seien gewiß schrecklich und beklagenswert, aber wenn man bedenke, daß die Ge schichte Serbiens in den letzten zwanzig Jahren nur die Geschichte der Eheangelegenheiten Milans und Alexanders gewesen sei, so könne man sich nicht über dieselben wundern. Unsere Aufgabe ist es, so fuhr Minister Kaljewitsch fort, das Geschehene wieder gut zu machen. Die tadellose Haltung, welche das serbische Volk unter den gegenwärtigen Umständen beobachtet hat, und das Wohlwollen des gesamten Europas erlauben uns, viel von der Zukunft zu boffen. Der Korre- ipondent deS „Tempö" fügt hinzu, diese Erklärung gebe den Inhalt deS Rundschreibens wieder, welches Kaljewitsch an die Mächte gerichtet habe. * Belgrad, 16. Juni. (Telegramm.) Es verlautet, daß von dem König Alexander eigenhändig geschriebene Ent würfe gefunden wurden, ,n denen am 15. Juni alten Stils cie Verkündigung Ljunewitschs zum Thronfolger mit gleichzeitiger Verhängung des Standrechts geplant wurde, mittels welchen zahlreiche Personen, darunter die Peter I. von Serbien. <rx Die Befürchtungen, daß in der serbischen National versammlung bei der Wahl des neuen Königs sich stürmische Scenen abspielen und die Anwartschaft Peter Karageorge- witschs' von anderer Seite, namentlich von ten Anhängern deS Prinzen Mirko von Montenegro leidenschaftlich bestritten, ja daß für die Republik Lanzen gebrochen werden würden, haben sich nicht erfüllt, einstimmig ist der Nachkomme des „schwarzen Georg" von der Nationalversammlung auf den Schild erhoben worden, wie er denn die Uebernabme der Krone von der Einstimmigkeit dieser Wahl abhängig gemacht hatte. Mao muß eS dem serbischen Volke lassen, daß es an gesichts der furchtbaren Katastrophe, die dem Lande leicht hätte gefährlich werden können, eine besonnene Haltung ein genommen und sich politisch reifer und gefestigter gezeigt bat, als die letzten Sprossen der Dynastie Obrenowilsch. Das ist vielleicht eine gute Vorbedeutung für die Zukunft. DaS serbische Volk scheint doch besser zu sein, als man eS bisher geschätzt bat, weil man es nach den moralischen Quali fikationen der Staatsoberhäupter würdigte, die es sich gefallen ließ. Wir lasten die neuesten Meldungen folgen: * Belgrad, 13. Juni Auf die Depesche der Regierung, mit welcher Ministerpräsident Awa- Vumvwitsch dem Fürsten Peter Karageo gewitsch die vollzogene .KönigSwahl notifizierte, traf heute abend folgende Antwort des neuen Königs ein: Die glänzenden Beweise der Ergebenheit meines teueren Volkes, meines teueren Heeres nnd der patriotischen Regierung haben mich tief gerührt. Aus der Tiefe meiner serbischen Seele danke ich der Vorsehung, die es mir beschiedcn hat, aus GotteS Gnaden und dnrch des Volkes BZillen den Thron meines ruhmreichen Ahnen zu besteigen. Sie, Herr Ministerpräsident, und Ihre Genoffen in der Regierung bitte ich, merue königliche Anerkennung mit der Versicherung meines besonderen Wohlwollens entgegenzunehmen. Peter. Die KönigSwahl. * Belgrad, 15. Juni. Die Ansammlung deS Volkes vor dem KönigSswloß, wo Militär in Parade aufgestellt ist, wuchs mit jeder Minute. Aus den Fraknonssitzungen begaben sich bald nach 11 Uhr sämtliche Volksver treter in den neuen Konak zur gemeiniamen Beratung. Jeden Augenblick wurde die Bekanntgabe der Wahl er wartet. Bald nach 12 Uhr eröffnete Präsident Pera Welimirowitsch die Sitzung der beiden Körperschaften mit einer kurzen Ansprache, worin er die Vergangenheit und Gegenwart nicht berührte und nur von der Zukunft sprach, von ter er Heil und Segen für das Land erhoffe. Als einzigen Gegenstand der jetzigen Sitzung bezeichnete er die Wahl des Königs, wogegen kein Eunpruch erboben wurde. Sofort wurde die namentliche Abstimmung vorgenommen. Als er gleich bei dem ersten Stimmzettel den Namen Peter Karageorgewitsch nannte, erbrauste ein stürm is ch es Hoch durch den Saal, das sich bei den weiteren Zetteln wieder holte, bis der Präsident um Ruhe zur Beschleunigung des Feuilleton. »bi Mr. Trunnctl. Seeroman von I. Hains. Nachdruck verboten. Wir machten uns nun mit Eifer daran, eine so genannte Matratze über dem Leck anzubringcn. Wir brachten Leinen unter den Kiel, befestigten sie mit einem Ende am Stumpfe des Besanmastes und nahmen das andre Ende um das Gangspill. Dann wurden Bretter lose an diesen Leinen befestigt, dergestalt, daß sie, am untern Ende beschwert, an ihnen hinab ins Wasser und unter das Schiff gleiten muhten, wenn alles soweit war. Der Hauptbestandteil der ganzen Vorrichtung aber war die Matratze, ein großes Kissen aus Segeltuch, mit Werg gestopft, welches durch diese Bretter und Leinen aus das Leck gedrückt werden sollte. Wir arbeiteten bis spät in den Abend hinein, um das Werk gleich in der Frühe des nächsten Morgens vollenden zu können. Beim Abendessen war Andrews noch finsterer und ver drossener als sonst. Es schien ihm im Kopfe herumzugehen, daß nun, da Aussicht vorhanden war, das Leck zu stopfen, alle Mann beim Binnenkommen des Schiffes in Kapstadt an Bord sein würden. Gelang es, den „Sovereign" aus- zupümpen, dann konnte die Fahrt bis zum Hafen in höchstens vierzehn Tagen zurückgelegt werden. Wie gewöhnlich sprach Sackctt das Tischgebet, nachdem er sich erhoben und über die Tafel geneigt hatte. „Unsinn!" knurrte Andrews, als das Gebet beendet war. „Was sollen wir den Herrgott bitten, uns dankbar für das Zeug hier zu machen, das überhaupt kaum zu ge nießen ist? Haben wahrhaftig keine Ursache dazu, Kapitän. Der Fraß wird sicherlich noch manchen von uns krank Machen. Vielleicht noch früher, als daS Leck verstopft ist." „Ich rede und tue an meinem Tische, was ich für richtig halte, Sir", antwortete Sackett. „Gefällt Ihnen bas nicht, dann können Sie ja mit der Mannschaft essen." „Soviel ich weiß, habe ich Ihnen dies Recht noch gar Nicht streitig gemacht", entgegnete Andrews. „Gleichviel", sagte der Schiffer. „Sic werden sich hier eines anderen Benehmens befleißigen, oder aber ich dulde Sie fernerhin nur als Passagier an Bord." „Nichts da, Sie Gesegneter des Herrn! Unter solchen Bedingungen bin ich nicht hier an Bord gekommen, lasse mich daher auch nicht darauf ein. Man hat mich nicht gefragt, ob ich Herkommen wollte. Da ich aber nun einmal hier bin, so verlange ich auch mein Recht, und ich will den sehen, der mir das verweigert. Ich werde gehorchen, so lange ich vernünftige Befehle erhalte, aber ich rate Ihnen, Sackett, mich nicht schuhriegeln zu wollen; ich bin keiner von denen, die sich viel gefallen lassen." „Hu, Kepven Andrews, wenn Sie so reden, dann könnte man sich wahrhaftig vor Ihnen fürchten!" zirpte Bell, der dritte Steuermann. Journegan lachte wiehernd auf. Sackett aber ent gegnete ganz ruhig: „Wenn Sie mir noch mehr solcher Unverschämtheiten zumuten, Sir, dann lasse ich Sie binden und bis zur An kunft im Hafen einsperren." „Ach, bitte, Keppen Sackett, tun Sie mir nichts", höhnte Andrews mit häßlichem Grinsen. „Ich will auch ganz gewiß nicht meutern." „Dann reden Sie fortan nicht mehr zu mir, Sir, denn jedes Ihrer Worte ist meuterisch. Ich will Ruhe an meinem Tische haben, Sir, und wenn ich Sie in Fesseln legen müßte." „O, Sie grausamer, Sie unchristlicher Mann!" ries Androws pathetisch. „Journegan, Mensch, hieran könnt Ihr so recht erkennen, wie unnütz das Beten ist! Da sitzt ein Mann, der eben noch betet, und im nächsten Augen blick, noch ehe der Herrgott Zett hat, ihm zu antworten, schon drauf und dran ist, eine Gewalttat zu begehen. Der Teufel soll mich holen, wenn darin Sinn und Verstand ist! Der Mann ist ja noch schlimmer, als mein seliger Vater gewesen ist. „Komm her, mein Sohn", sagte der, „laß deine Hosen runter, mein Sohn." Das tat ich ja dann auch. Darauf packte er mich und zog mich über sein Knie. „Der Herr führe eine rechtschaffene Hand nach seinem Wohlgefallen", betete er, und damit kam die recht schaffene Hand runter auf den Fleck, wo die Hosen ge sessen hatten, wie ein stürzendes Kirchendach. „Gib mir Kraft, o Herr, ihn den geraden und schmalen Pfad zu leiten", winselte er wieder, und damit schmiß er mich mit einer Drehung, die mir fast die Eingeweide aus dem Leibe schleuderte, guer durch die ganze Stube. Mich den schmalen Pfad leiten, nannte er das. Mensch, ich sauste den Pfad entlang, wie aus einer Kanone geschossen! Liegt da Sinn drin?" „Berdammi, nee!" rief Journegan und rieb sich den struppigen Bart vor Wonne über seines Freundes Witz. „Gehen Sie an Deck, Mr. Journegan!" sagte Sackett streng. „Was hab' ich denn verbrochen?" fragte der Kerl mit dummfrecher Miene. „An Deck mit Ihnen! Soll ich erst Maßregeln zur Aus- rechtcrhaltung der Disziplin ergreifen? Auf der Stelle an Deck!" rief der Schiffer, rot vor Zorn. Journegan stand gemächlich auf und schlenderte pfeifend die Kampanjetreppe hinan. „Und Sie, mein junger Mann", wendete Sackett sich jetzt zu dem dritten Steuermann, „werden sich ebenfalls ruhig an meinem Tische verhalten. Sie gehören nicht zu meinen Leuten, es wäre mir daher nicht lieb, wenn ich Sie zusammen mit Ihrem Freunde binden und ein- sperren lassen müßte. Mr. Andrews", fuhr er, diesen an sehend, fort, „Sie haben hier an Bord nichts mehr zu kommandieren; je eher Sie mit den andern Leuten ins Boot gehen, desto besser wird das für Sie sein." „Da irren Sie sich mal wieder ganz gründlich", ent. gegnete Andrews kühl. „Ich bin der erste Offizier hier an Bord, nnd der bleibe ich, bis das Schiff sinkt oder im Hafen binnen kommt, mag Ihnen das nun gefallen oder nicht, es wäre denn, Sie sicherten mir meinen Anteil am Bergegeld zu; dann würde ich mich gern damit be gnügen, die Rolle eines Passagiers zu spielen." „Sie werden sich jetzt in Ihre Kammer verfügen und sich jeder Einmischung in die Leitung des Schiffes ent- halten", entgegnete Kapitän Sackett mit erhobener Stimme. „Gehorchen Sic nicht augenblicklich, dann werde ich Sie von den Leuten wegtransportieren lassen!" „Wer sich dazu hergeben will, der mag antreten und mir seinen Namen sagen", sagte Andrews nachlässig. Sackctt stand hastig auf und ging an Deck. Ich hörte, wie er nach Jenks, England und den übrigen rief; ich sprang die Treppe hinauf, um mich Tschips, Jim und den andern unsrer Leute anzuschließen. Androws sandte mir einen Fluch nach, und auch Bell machte eine Bemerkung, die mir jedoch unverständlich blieb. Auf dem Quarterdeck fand ich Tschips und Johnson; den letzteren schickte ich ab, Jim und Hans hcrbeizurufen. Pbilftwi stand unweit des Ruders; ich winkte ihn herbei. Als wir sechs beisammen waren, berichtete ich in kurzen Worten, daß Keppen Sackett im Begriff stunde, Andrew wegen Meuterei etnzusperren. Sie erklärten sich bereit, jetzigen Minister Awakumowitsch und Ziwkowitsch und der Divisionsgeneral von Nlsch, Jankowitsch, zum Tode verur teilt werden sollten. Politische Tagesschau. * Leipzig, 16. Juni. Worte und Taten. Nie vielleicht, seitdem wir einen Reichstag haben, hat es bei Wahlen zu dieser Körperschaft so sehr wie diesmal an Anhaltspunkten gefehlt, die einen Schluß auf den Ausfall der Volksabstimmung gestatteten. Es wäre daher das törichtste Beginnen, heute über die Ge staltung des künftigen Reichstages und die Stärke seiner Parteien irgend etwas voraussagen zu wollen. Aber der Hoffnung wir- man wenigstens Ausdruck geben dürfen, daß die Sozialdemokratie in einer Selbst täuschung sich befindet, wenn sie auf das Eintreten aller Gewerkschaften für die sozialdemokratischen Kan didaturen rechnet. Wenn man die schon einmal von uns erwähnte Wahlbetrachtung des „Korresp. für Deutschlands Buchdrucker" überliest, darf man sich wohl der Erwartung hingeben, daß die deutschen Buchdrucker nicht gewillt sind, sich dem Terrorismus der Sozialdemokratie zu unterwerfen. In der Betrachtung steht ja manches, was auch im „Vorwärts" stehen könnte, aber das, was über die Wahl der Kandidaten gesagt wird, muß dem sozialdemokratischen Zentralorgan höchlich mißfallen. Denn der ,Forresp." fordert zur Stimm abgabe für solche Kandidaten auf, die „nicht mit Worten, sondern mit Taten" die Arbeiterschaft unterstützen. Was diese Aufforderung bedeuten soll, geht zunächst aus dem Urteile des „Korrespondenten" über die Tätigkeit des Reichstages in den Jahren 1898 bis 1903 hervor. Im Gegensätze zur sozialdemo- kratischen Partei und zu den sozialdemokratischen Ge werkschaften ist das Buchdruckerorgan nicht so „kurz sichtig", „über die Zolltarifbeschlüfle mehr oder minder wichtige Verbesserungen der Invaliden- und Krankenversicherung, des Gewerbe gerichtsgesetzes, des Arbeiter- und Kin derschuhes, zu vergessen." Und ebenfalls im Gegen sätze zur Sozialdemokratie tritt der Korrespondent" auf das eifrigste für eine Politik des Kompromisses ein, „so sehr auch die Reaktionäre der Revolution L la Kautsky gegen diesen Millerandismus wüten mögen." Dieser Standpunkt wird gegenüber der Sozialdemokratie u. a. in folgenden charakteristischen Ausführungen. be gründet: „Keine einzelne Partei wird jemals eine Gesellschafts ordnung nach ihrem Geschmacke ins Leben rufen können, mag die einschlägige Theorie auch noch so tadellos aussehen . . . Da die Sozialdemokratie ja fortgesetzt behauptet, sie wolle die friedliche Entwickelung, so kann sie ja unbedenklich ihr Pro gramm danach umgestalten; will sie das nicht, dann wird sie in ihrer Einseitigkeit stagnieren, trotz aller äußeren Erfolge. Völker Verständigung I Völker friede l sagt der Wahl aufruf der sozialdemokratischen Partei. Nun, was schweifst du in die Ferne, sieh', das Gute liegt so nah'!" Ganz wie vor kurzem bei dem Jubiläum des Leip ziger Arbeiterbildungsvereins ein sozialdemokratischer Veteran, Vahlteich aus New Aork, das politische Kom- zu mir zu halten, wenn ich dem Schiffer beizustehen ge sonnen wäre. Wir stellten uns abwartend auf dem vorderen Teil des Quarterdecks auf und hörten zu, wie Sackett mit seinen Leuten redete. „Es gibt nur einen Kapitän hier an Bord, und der bin ich", sagte er. „Verweigert Ihr mir den Gehorsam, so ist das Meuterei. Was darauf steht, wißt Ihr alle." „Wir fürchten uns ja nicht vor Andrews", erwiderte England, „aber wir kennen ihn; mit bloßen Händen, ganz ohne Waffen, ihn anzufassen, ist gefährlich." „Ich verlange nicht, daß Ihr irgendwelche Gefahr laufen sollt", sagte der Skipper. „Ich fasse ihn, übergebe ihn Euch, und Ihr bindet und bewacht ihn, bis wir in Kapstadt einlaufen. Tut Ihr das nicht, so begeht Ihr eine Insubordination." „Wenn Sie ihn fassen", antwortete Dog Daniels, „und ihn uns auSliefern, dann stehen wir dafür, daß er nicht wieder loskommt. Was, Jenks?" Ich glaubte ein eigentümliches Grinsen auf des alten Matrosen ledernem Blasebalggesicht wahrzunehmen und die tiefen Falten sich noch mehr vertiefen zu sehen. „So ist's richtig", rief Talton, der Steward. „Sie fangen ihn und wir bewachen ihn, bis Sie sagen, jetzt laßt ihn wieder los." Journegan stand mit einem der Matrosen, die mit dem alten Jenks an Bord des „Pirat" gekommen waren, am Ruder. An ihn wendete der Kapitän sich nicht, wahr scheinlich deshalb^ weil er bei ihm beveits Anzeichen rebellischer Gesinnung wahrgenommen hatte. „Ich bedaure, daß es soweit auf meinem Schiffe konnnefi mußte, sagte Sackett zu mir, als er wieder achteraus ging. „Ich denke, Sie halten sich mit Ihren Leuten beiseite, biS die Sache erledigt ist. Hernach, wenn die Gelegenheit da ist, nehmen Sie den Menschen wieder mit sich in Ihr Boot." Ich drückte ihm mein Bebauern über diese Wendung der Dinge aus. „Wenn Sie es wünschen, Keppen Sackett , sagte ich, „dann stehen wir zu Ihnen «nd sorgen dafür, daß Ihre Befehle anSgeführt werden." „Das wird nicht nötig sein, denke ich", erwiderte er. „Sollte sich aber etwas ereignen, dann vertraue ich, daß Sie sich meiner Tochter annchmen werden. Sie wäre sonst ganz der Willkür dieser wüsten Menschen anhcimgegeben, wenn mir etwas zustieße." „Darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort", erwidert«
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