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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030616026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903061602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903061602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-06
- Tag1903-06-16
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4318 prvmtß empfohlen hat, so verwirft auch das Buchdrucker organ jenes radikale Prinzip, als dessen Anhänger die Sozialdemokraten nur zu oft unmittelbar gegen die Interessen -er Arbeiterschaft sich versündigen Als „Reaktionäre der Revolution L la KautSky" haben sich die Sozialdemokraten im Reichstage selbst da» Vervam- mungsurteil -uge-ogen, nicht mit Laten, sondern allein mit Worten di« Lache der Arbeiter zu führen. Ebe« erst hat eS man anläßlich der Novelle zum Kraukenver- sichern ngögesetzc erlebt, daß die sozialdemokratische .Fraktion ein ablehnende» Votum abgab. Wer in diesem für di« Arbeiterschaft höchst wichtigen Kalle die Interessen der Arbeiter mit der Tat und nicht bloß mit Worten vertrat, das waren die bürgerlichen Parteien. Bekannt lich ist daS in der Vergangenheit wiederholt so gewesen, und e» ist mit zweifelloser Bestimmtheit anzunehmen, daß eS in absehbarer Zukunft dabei bleiben wirb. So ist mau denn wohl zu der Erwartung berechtigt, daß auch die Worte deS „Korresp." zur Tat werden, zur Tat des kräftigen Eintretens der deutschen Buchdrucker für solche Kandidaten, die ihrerseits die Gewähr fitr eine Unter stützung der Arbeiterschaft mit Taten bieten. Dte eugNsch« ZolttarifbeweMmg i« frauzdfischer Angesicht» der großen Bedeutung, welche die von Ehamberlain angeschnittene Krage des Schutzzolles und de» allbritische« Zollvereins für alle Handelsländer hat, ist es gewiß von Interesse, eine französische Stimme über dte Debatten tm englischen Unterhaus« un über die Zukunft deS Chamberlainschen Planes zu hören. Der „LempS" stellt fest, daß die Verhandlung eine starke persönliche Schlapp« für Chamberlain gewesen ist; er stellt ferner fest, daß weder daS Parlament aufgelüst werden, noch auch die in sich uneinige Regierung zunächst wenigstens aus den Fugen gehen wird. DaS Blatt warnt aber vor der Annahme, daß die momentan eingetretene Ruhe nrvd die zur Zett beliebte Vertagung der Krisis gleichbedeutend sei mit dem Aufgeben des Chamber- latnschen Gedanken». Er schreibt: „Bildet man sich ernstlich ein, daß der große Plan Chamber lains sich stillschweigend verflüchtigen werde? ES entspräche weder der Würde, noch dem Prestige, noch der Willenskraft dieses Manne«, der zugleich einer der hervorragendsten Staats männer der Gegenwart (?) und der gewandteste aller berufs mäßigen Demagogen ist, aus „Anhieb" aus sein Projekt zu verzichten: das würde sür ihn den Tod in Unehren bedeuten. Er wird vielmehr alles aus eine Karte setzen und vor Nicht zurückschrecken. Zweifelhaft ist nur das eine, ob et glaubt, seine Partei von seinem Ministersessel aus seinen Zielen ent- gegensühren zu können, oder ob er einen Bruch, der ihm die Freiheit des Handelns Wiedergabe, für not wendig erachten wird. In jedem Falle wär« «S kindisch, mit einem Friedensschlüsse zu rechnen. Die Gegner Chamberlains innerhalb des Kabinetts werden schon aus defensivem Instinkt sich genötigt sehen, ihrerseits auch zu kämpfen. So bereitet sich trotz des augenblicklichen Waffenstillstandes eine große Schlacht vor, und man hat Grund zu der An nahme, daß das erste Opfer des Kampfe» die unio« nistische Partei sein wird." Man wird dieser Auffassung in vielen Punkten bei stimmen können, vor allem in der Beurteilung von Cham berlains Charakter. Dte südafrikanischen Begebnisse im letzten Jahrzehnt liefern die Parallele. Chamberlain hat sich neulich im Parlament eine empfindliche Schlappe ge holt; aber er zog sich eine noch viel größere Schlappe zu, als die ersten Versuche, die südafrikanischen Republiken völkerrechtswidrig über den Hausen zu werfen, scheiterten und als kltpp und klär festaestellt wurde, baß er diesem Versuche nicht fernstand. Ebensowenig wie sich Chamber lain damals entmutigen ließ, wird er jetzt gleich di« Waffen strecken. Der „Temptz" charakterisiert den Unftr- schied zwischen Chamberlain und feinen untontstischrn Gegnern sehr richtig, wenn er davon spricht, daß dies« Gegner aus defensivem Instinkt kämpfen würden. Damit ist zugleich gesagt, -aß Chamberlain als di« aggressive Natur an sich die günstigeren Bedingungen für den Kampf hat. Was die Krage de» AuSschetdrn» Chamberlain» aus dem Kabinett anlangt, so glauben wir, daß er nicht eher gehen w-rde, als bis er zum Gehen ge zwungen sein wird — und diesen Zwang aus- -uüben, fehlt seinen Gegnern, sowohl im Ministerium, als im Parlamente, dte Energie. Je länget aber Chamber lain sich aus seinem Platze behauptet, desto mehr hat er Zeit, die BolkSstimmung für seine Pläne zu gewinnen, und wenn seine Gegner sich zu dem Versuche misrassen werden, ihn zu stürzen, wird e» vielleicht schon zu spät s«in. Ei« Lvbrebuer Deutschlands i» Kanada. Aus Montreal, 3. Juni, schreibt män unsr Daß eS auch unter den kanadischen Abgeordneten FketiN-e Deutschlands gibt, gebt auS einer Rede hervor, die der Abgeordnete Clarka gelegentlich «in»r Debatte über -EN Zollkampf mit Deutschland im Parka- mentezu Ottawa dieser Tage gehalten hat. Clarka sagte unter anderm: „Die Beziehungen zu Deutschland sind durch die eigenartige Staatsweisheit der kanadischen Re gierung gefährdet. Wir können nicht vergessen, daß die beide» Herrscherhäuser ena miteinander verbunden sind, daß der erhabene Mvrnarch deS Deutschen Reiche» der Enkel unserer verstorbenen geliebten Königin Viktoria, der Nesse unser«« hochverehrt«« Souveräns König Eduard ist. Wir alle erkennen die Macht, «den Einfluß und die Tapferkeit des deutsch«« Volke» an, ich wünscht«, wir hätten mehr von diesen Leuten in der Dominion als An siedler. Sie gehörten stets zu den besten Ansiedlern, seit solche sich in Kanada niedergelassen haben; in Ottawa gibt es zwei Kreise, auf welche wir mit Stolz Hinweisen können und welche von Deutschen bewohnt werden, Deutsche, welche durch ihren Fleiß, ihre Rechtschaffenheit un>d Selbst losigkeit es zu h-'tw'- Blüte gebracht haben und noch blühen wie die Rost. Diese Leute machen durch ihre guten Eigen schaften die allerbesten Bürger; aber durch die jetzige Politik der Regierung mag der Strom der Einwanderer von Kanada fvrtgel«itet werden. Wenn wir zurückblicken aus den heroischen Kamps »es deutschen BolkeS, um feine Freiheit, di« es nun genießt, zu erringen, dann haben wir nur Worte der Bewunderung. Wir erkennen dir stolz« Stellung, welche da» Deutsche Reich heute unter den großen Mächten der Welt etnnimmt, an, und diese Stellung hat eS sich durch dte Kraft und Energie seines Volkes er worben. Wenn «die Regierung in Ottawa den Deutschen freundschaftliche Erklärungen und Vorstellungen gemacht hätte, so wäre «S nicht notwendig gewesen, zu solch drasti- schen Maßregeln, wie sie setzt vora-kchlagen sind, zu greifen. Der deutsche Kaiser hat allem Anschein« nach nicht gewußt, daß er es mit Politikern, -je zu solchen Schritten ihr« Zu flucht nehmen, zu tun batte. Wenn eine Zunahme d«S Exports von Waren aus England nach Kanada während der letzten fünf Jahr« stattgefunden hat, bann war«n dieS lediglich deutsche und andere europäische Waren, welche über EnglandalS englische unter dem Vorzug», tarife nach Kanada versandt worden sind." Deutsche- Kelch. H> Berlta, 10. Juni. (Ständige Ausstellung für Arbeiterwohlsahr t.) Sm 28. Januar 1898 hatte der Reichstag dem Wunsche Ausdruck verliehen, eS möge von Seiten des Reiches bi« Einrichtung einer stän- dtgen Ausstellung für «rbeiterwohlsahrt in die Wege ge leitet werden. Bereits tm i>»hke 1900 erschien bann die erste Forderung für diesen Zweck im Etat, und heut« wurde diese Ausstellung in Charlvttenburg in der Fraun- hvferstraße 11/12, welches Grundstück sür diese Zwecke an gekauft worden ist, eröffnet. Es handelt sich nicht um «ine illusstellung des Reiches, sondern um eine von Inter essenten, Fabrikanten usw. veranstaltete Ausstellung unter Mitwirkung deS Reiche». Nach dem der Ausstellung zu Grund« liegenden Gedanken umfaßt dieselbe nicht nur daS Gebiet der Unfallverhütung, sondern das dergesamten Arbeitrrwohlfahrt. Besonders ist darauf geachtet worden, in dte Ausstellung Leben und Bewegung zu bringen, sie dadurch so anschaulich und lehrreich wie möglich ju machen. Deshalb wurde der größte Wert darauf gelegt, da, wo die Möglichkeit bestand, die Maschinen im Betriebe vor- zuführen und Modelle möglichst zu vermeiden, obschon letzteren schließlich doch auch Platz angewiesen werden mußte. Die Verwaltung sieht als eine ibrer hauptsäch lichsten Ausgaben die fortdauernde Beschaffung geeigneter Ausstellungsgegenstände an und kommt dadurch in die Lage, stets das Neueste aus dem Gebiet« der Akbeiterwohl» fahrt vorsüdren zu können, und was dort in Charlotten- bura vorgesührt wird, ist iehenS- und wissenswert nicht allem sür Arbeitgeber uno Arbeiter, sondern auch für alle Kreise, für Männer wie sür Frauen. Die Fülle de» Gebotenen wirkt Vicht ermidden-, sonderst anregend, und es ist nicht zu viel gesagt, westtt Mast von diesem einzig ist -er Welt dastehenden Unternehmest behauptet, daß da ein großes sozialpolitisches Werk z» stände gekommen ist und daß Deutschland mit diesem unternehmen ebenso wie mit seiner ganzen sozialpolitischen Gesetzgebung eine führende Rolle unter den Nationen einninnnt. Tin großer Hör saal, den modernsten Anforderungen entsprechend, bietet Gelegenheit zur Veranstaltung von Vorträgen, die da» Gebiet der Arvettttwohlfahrt betreffen pn- zu denen jedermann frei«« Zutritt bave« wirs. Auch der Gewerbe hygiene und der mit ihr in den vielfachsten Beziehungen stehenden Sozialhygiene ist eine graste Abteilung zu gewiesen. Was auf diesem Gebiete St» ist «die letztest Tage hinein erforscht und geschaffen worden ist, Wird hier vor» geführt. Als besonders glücklicher Gedanke muß eS be zeichnet werden, daß auch das Gebiet der Ernährung die weitestgehende Beachtung gefunden hat. Die Cr- fäbrung leykt ja, daß vielfach auch bet aubretcheniden Lohnest die ErNährustä -Er arbeitenden Bevölkerung in folge Niänüelhakter Kenntnis der Grünösätze einer ver nünftigen ErNähtitstgSrvette unzweckmäßig gestaltet ist. SV ist denn eine kleine, von ser Vermattung veranstaltete anschauliche Darstellung des Nährwertes der gebräuch lichsten Nahrungsmittel dazu bestimmt, diese Kenntnis zu vermitteln. In reicher Fülle ist das Material der Aus stellung zugeflossen: es bat ein« Ordnung gefunden, die an zweckmäßiger Uebersichtlichkett nichts zu wünschen übrig läßt. Nur dem einen Wunsche sei hier Ausdruck gegeben: Es möge jeder sich sür diese- Unternehmen interessieren und nach Kräften dazu beitragen, den sozialen Zweck des selben zu fördern. Natürlich ist der Besuch unentgeltlich. * Berlin, 1V. Juni. Neber die M e is e n d e S K a t s e r s in den Monaten Juni, Juli und Anfang August 1908 sind nachstehende Dispositionen getroffen worden: Sonnabend, den 20. Juni 1908, 11 Uhr 20 Min. vormittags Eintreffen in Hamburg, Dammtvr-Bahnhof, zur Enthüllung des Denkmals Kaiser Wilhelms I. Im Anschluß hieran Ein schiffung an Bord S. M. S. „Hohenzollern", welche an der St. Pauli-Landungsbrücke bereit liegt. 3 Uhr nachmittags findet eine Besichtigungsfahrt nach dem neuen Kaiser Wil. Helm-Hafen, abends das Festmahl des Senats im Rat haufe statt. Sonntag, den 21. Juni, begibt sich der Kaiser an Bord der Jacht ^Hohenzollern", gefolgt von S. M. S. „Nymphe" und S. M. S. Torpedoboot „Sleipner" nach Helgoland. Montag, den 22. Juni findet die Weiter- fghrt nach Cuxhaven statt. Dienstag, den 23. Juni, findet in Curhaven dte Wettfahrt de» Norddeutschen Re- gatta-VereinS statt, der der Kaiser auf S. M. S. Jacht „Meteor" anwohnen wird. Abend» wirb das Essen an Bord deS in Cuxhaven liegenden Dampfers „Mvltke" der Hamburg - Amertta - Linie eingenommen. Mittwoch, 24. Juni, wird sich der Kaiser durch den Kaiser Wilhelm- Kanal nach Kiel begeben, um den Regatten der Kieler Woche beizuwohnen. Donnerstag, den 25. Juni, wird der Kaiser im Beisein der in Kiel anwesenden Admirale um 9 Uhr vormittags einem Bortrage über Funkentelegraphie an Bord S. M. S. Torpebo-VersuchSschiff „Neptun" an wohnen. Sonnabend, den 27. Juni, mittags 12 Uhr, findet auf der Kaiserlichen Werft zu Kiel der Stapellauf des großen Kreuzers „Ersatz Kaiser" statt. Montag, den 29. Juni, 8 Uhr nachmittag» Wettrndern für Fähnrich» zur See, Seekadetten und Schiffsjungen tm Beisein des Kaisers um die von S. M. gestifteten Wanderpreise. Mon tag, -en S. Juli, wirb im Anschluß an die Regatten der Kieler Woche von Travemünde aus dte Reise nach Norwegen angetreten. Die Rückkehr erfolgt von dort anfangs August nach Bremerhaven. — Die Kaiserin hat dem Germanischen National-Museum in Nürnberg einen Jahres betrag von 100 .4! gewährt und ist damit in die Reihe der Förderer de» nationalen Instituts eingetreten. — Der König hat, wie heute der „Reichsanz." Meldet, dem Generalfeldmarschall Grafen v. Waldersee die Erlaubnis zur Anlegung des ihm verliehenen Groß kreuz«» des Päpstlichen PiuSor»enS erteilt. Welche hohen Verdienste mag sich Graf Kalbersee wohl um den päpstlichen Stuhl erworben haben? — Die gesetzgeberischen Aufgaben des neuen Reichstages, der morgen gewählt werden wir-, sind zum großen Teile bereits bekannt. Heute be zeichnen eS die „Berl. Pol. Nachr." als sicher, daß auch die bereits vör längerer Zeit in Aussicht gestellten Novellen zum Vörsengesetz, zu dem Gesetze über den Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, zum Servisgesetze und zur Armengeseygevung in der nächsten Gestion schon, ebenso wie das Gesetz über die kauf männischen Schiedsgerichte dem Parlamente zur Beschlußfassung zuaehcn werden. Das genannte Organ fügt hinzu, baß schon seit längerer Zeit Vor besprechungen wegen des Abschlusses der Handels verträge stattfinden. -- Der „Schles. Zig." zufolge werben dte Ur wahlen für den preußischen Landtag Ende Oktober stattfinden. — Der Landesverein preußischer Volks- schullehrertstnen hat ans Aufforderung des Kul tusministeriums, die auf die Vorbildung der Lehrerinnen gerichteten Wünsche schriftlich einzu reichen, dem Kultusminister ein Schreiben übersandt, dem wir folgende Hauptpunkte entnehmen: 1) Bei Ausnahme in die Lehrerinnenseminare mögen die Kenntnisse Und Fähigkeiten gefordert werden — eine neuere Fremdsprache ringeschlossen die ein« voll ausgeftaltete höhere Mädchenschule ihren Zöglingen gibt. 2) Ein einheitlicher Lehrplan, im Wesentlichen dem Leht- plaN« der Lehrerseminar« entsprechend, möge ällen Lehre- rinvensemimtten vorgeschrieben werden. 8) In jeder preußischen Provinz, dic noch kein Lkhrerinnen- seintnar besitzt, möge wenigstens ein staatliche» VolkS- schnileyteritwenseininar errichtet werden. 4) Auch die Lehrerinnen Mögen sowohl zu der zweiten Lehrerprüfung, als buch zu den Prüfungen der Lehrer an Mittel schulen und derjenigen der Rektoren zugelassen werden. Zur weiteren Begründung dieser Bitten sind zwei Ltückschkifttti: 1j „Denkschrift zur Reform ber Vörbil- dung der preußischen Volksschullehrerinnen*, S) Die Mängel unserer Lehrerinnenbildung" beigefiigt worden. — Der 9. Kongreß des Internationale« statistischen Instituts wird auf Einladung der Reichsbehörden vom 21. bis 25. September d. I. in Berlin tagen. An der Aufnahme dieser Gäste durch Em pfang und Bewirtung im Rathause werden sich auch die städtischen Behörden beteiligen. Zu diesem Zweck« sollen 4000 bewilligt werden. — Der mecklenburgische Bevollmächtigte zum Bundesrat Oberzolldirektor Kunckel ist von Berlin abgereist. — Der Großfürst Wladimir von Rußland und Prinz Gottfried zu Hohenlohe sind, au» Petersburg kommend, hier eingetroffen. — Graf Berckheim, der Nachfolger des Herrn von Jagemann als badischer Gesandt er in Berlin, ist in Berliner Kreisen noch in bester Erinnerung. Er war Offizier bei den 2. Gardedraaoncrn und hat vom Jahre 1886 bis 1892 als Hauptmann uno Major deni Großen Generqlstabe an- gehörr. Er ist noch vor kurzem in Berlin gewesen und mit leiner Gattin vom Reichskanzler mit einer Einladung beehrt worden. Er zählt zu den vermögendsten und angesehensten Großgrundbesitzern in Baden und im Großherzogtum Hessen. — Der großbritannische Botschafter Sir Frank Lascelles hat mit längerem Urlaube Berlin verlassen, nm sich nach England zu begeben. Während der Abwesenheit des Botschafters werden die Geschäfte vom Botschaftsrat Mr. Buchanan geleitet. Auch der bisherige großbritannische Marine-Attache Kapitän zur See Ewart hat, nachdem er sich bei dem Kaiser abgcmcldet hat, Berlin verlassen. — Der Präsident des evangelischen Oberlirchenrases O. Or. Barkhausen, der Vizepräsident Propst v. Frhr. v. d. Goltz und der weltliche Stellvertreter des Präsidenten deS evangelischen Oberkirchenrates v. Braun sind von Eisenach nach Berlin znrückgekehrt. — Der päpstliche Geheimkämmerer und Dombenefiziat Prof. Vr. Luigi Cereootani in München ist der M. „Allg. Ztg." zufolge vom Kaiser zur Teilnahme an der Kieler Woche eingeladen worden und wird beim Kaiser einen wissenschaftlichen Vortrag über den Fortgang seiner Erfindungen halten. * Gelsenkirchen, 14. Juni. Das polnischeHaupt- wahlcomitL hielt hier eine zweite Versammlung der Gesaintwahlvorstände ab. Gegen Sozialdemokratie und Zentrum wurde scharf ins Feld gezogen und schließlich wurden zwei Resolutionen gefaßt, von denen die erste einen Protest gegen den Hirtenbrief des Kardi nals vr. Kopp darstellt, in dem die Polen zur Unter stützung der Zentrinnsvartei ermahnt worden sind, wäh rend die zweite gegen die westfälische Zentrumspresse ge richtet ist, an deren Adresse u. a. gesagt wird: „DaS ist freche Lüge und ein dreistes Wahlmanöver. Gegen solche Betrüger empfinden wir einen ebensolchen Widerwillen, wie gegen die Sozialdemokratie." Eine Minderheit der Polen in Westfalen befürwortet Zusammengehen mit dem Zentrum. * Düsseldorf, 14. Juni. Der Arbeitgeberver band hat nach der „Rhein -Wests. Ztg." beschlossen, vom 21. Juni die Gencralspcrre über sämtliche Holz arbeiter zu verhängen. Es werden hiervon ungefähr 5000 Arbeiter betroffen. * Köln, 14. Juni. Ter Hirtenbrief des Fürst bischofs von Breslau gegen Sie großpolnische und die sozialdemokratische Agitation in Oberschlesien hat denn -och nicht verfehlt, auf die klerikale „Köln. BolkSztg.", die bisher dte zärtlichste Schützerin aller polnischen Bestrebungen und Hetzereien war, einigen Eindruck zu machen. Er tritt zu Tage in einem Artikel, in dein frischweg behauptet wird, sie, die „Köln. Volks zeitung", habe von jeher gegen den polnischen Radika lismus gepredigt. Ferner ist in dem Artikel dte Rede von „polnischen Hetzern" und davon, „daß die berufenen polnischen Kreise nicht das Nötige zur Niederhaltung des Radikalismus getan haben". Und endlich wird von dem polnischen Radikalismus gesagt: „Den Nationalismus wird er beibehalten, aber die Religion und jede geistliche Autorität wird er früher oder später abschütteln, und er kann das: denjenigen, die bei ihm in die Schule gingen, ist die Religion nur mehr wenig. Aeußerlich halten sie noch fest an der alten Tra dition, der Pole müsse katholisch sein; aber praktisch sind sie großenteils keine Katholiken mehr. — Nun, Menn die grobpolnischen Hetzer in den Provinzen Posen und Westpreußen drohen, wird auch die „Köln. Voltsztg." wieder finden, daß Katholizismus, Polentum Und großpolnische Agitation zusammengehören wie Kirche und Schule. * Aus Baden, 14. Juni. Im 13. badischen Wahlkreise, wo der nationalliberale Landwirt Müller gegen den extremen Agrarier Lucke kandiöiert, glaubt die Bundeslettung Sicht vor der Entscheidung einen besonderen Trumpf aeaen -en nationalliberalen Kandi daten auSjpielen zu müssen durch die Erklärung» Herrn Mijller in der Mitgliederliste des Bundes der Landwirte gestrichen zu haben. — ein neuer Beweis dafür, daß die gemäßigten Elemente des Bundes überall von dem extremen Flügel zuriickgedrängt und terrorisiert werden. ich. „So lange einer von uns amerikanischen Seeleuten noch am Leben ist, soll Ihrer Tochter kein Leid geschehen, Zugleich aber möchte ich Sie bitten, Androw» gegenüber keine Vorsicht äußer acht zu lasten. Sr hat zweimal »er? sucht, Mich meuchlings utnzubringen- zu Melbourne saß er wegen Mordes im Gefängnis, ist aber aNSgebrocheN, gerade als der „Pirat" in Le« ging, äUf Sem er sich dann heimlich verstaute. Wir entdecktest ihn erst, al» ts bereit» zu spät war. Verhindern Sie vor allem, »aß er fetüen Revolver gebrauchen kann, sonst gibt » ein Unglück/" „Da hat mir Ihr Schiffer ja eine« netten Kerl zu- geschickt", entgegnet« Sackett, fügt« aber sogleich hinzstr „Das sollte nicht etwa ein Borwurf sür Sie sein, mein Freund, ich weiß ja, daß Si« keine Schuld trifft." Er ging der Kampanjeluke z« und war eben dort ««gelangt, al» der ergrauende Kopf Andre«»' über der Kappe erschien. Der Bandit trat auf das Deck heraus, gefolgt von unserem dritten SteUerwanne. „England und Daniels, kommt achteraus I* ries Sackett den Matrosen zu. Diese kamen langsam heran. In einiger Entfernung folgten Jenks und Dalton, sowie sechs andere von dtt Besatzung deS „Sovereign, die dann aber vor dew Quarterdeck stehen blieben. Einige von ihnen hatten sicher nicht die Absicht, gegen ihr«n Kapitän Partei zu nehmen, JcNks aber stellte sich vor ihnen auf, gleichsam an ihre Spitze, und aus seinem verzwickten Grinsen ent nahm ich, daß er nichtS Gutes im Schilde führte. Sackett vertrat Andrews den Weg; ein Bild männ licher Entschlossenheit. Die Grupve war so dramatisch und eindrucksvoll, daß sie mir ganz deutlich im Gedächtnis geblieben ist. Ehrlicher MastneSmüt gegenüber alle Ge setze verachtendem Banottenststn. Ein braver, gütiger, gottesfürchtiger Mann gegenüber sew schlimmsten Deus« in Menschengestalt, der semalS Dccksplanken trat, dessen Leben längst verwirkt war, der deshalb auch nach Nicht mehr fragte. Fünfzehnte» Kapitel. CS war dunkel geworden. Di« Halbhelle Finsternis der sltdlichen Nacht umhüllte dte Sifttft, die sich aus dem Achterdeck des „Sovereign" abznfptkftst begonnen hatte, und verwischte die Geüchtszsigk der handelnden Personen. Die Engländer standen abgesondert von unseren Lenken, aber alle Gelichter waren dem Kapitän zu- g,kehrt, al» er auf Andrew» loSgitig. Lnglanv und Daniels hatten Halt gemacht, al» si« etw« noch Sinei Faden von ihrem Skipper entfernt waren; sie schienen Noch weitere Befehl« abwarten zu «vollen, ehe sie ihre UN- angenehme Aufgabe ausführten. Vitt SaSetts Annäherung drehte brr Meuterer sich ganz langsam herum, als wolle er geflissentlich kkiNe Eile bei seiner Verteidigung »eigen. Al» -er stämmige Schiffer unmittelbar vor ihm stand, tthSb et den Köpf UNS stieß seift» «ftz«, grunzende Schnaufen aus, bas, Meiner Erfahrung nach, ein« so unheilvoll« VkdeutttNg hatte. „Meppen Andrews", fugt« Sackett fest und ruhig, „ich fordere Sie auf, mir Ihre Waffe üukizithättttttzkti. Ich kann Niemand an Votd Meint» Schiffes gestatten, eine solche bei sich zu fuhren. Sbdann werden Sie sich in Arrest begeven, f» lange, bi» Sie bereit sind, mir Ge horsam zu leisten «sid die Disziplin innezuysltkst." „Gost' schnauftt der Rusfiau- „Nun passen Tie 'wat attf, alter Bursche. Ich Möchte Ihnen Nicht Hern ein» auswischtn; ich habe Ihnen Gehorsam geleistet Und Sin auch ferner bereit dazu, ittsbfern Ihre Befehle sich Nicht damit befassen, wa» ich Sei Tische ksstN ober re-Est soll. Bleibest Sie Mir mit Ihren verfluchten Dummheiten vom Leibe, sonst könnte eS JHNeN schlecht ttgtheni" „Wollen Sie mir Ihre Waffe duslieftrn?" frligie Gackelt und trat noch einen Schritt näher. ANbrew» zog seinen langen Revolver hervor un richtete ihn auf de» Schiffet» Kops. Dann lieh er Einen schnellen Blick zu den englischen Matrosen schnieftest, Sackett wendete sich nach seinen Leuten nm. „Nehmt ihn fest und entwaffnet iHv!" gebot er. DaUtelS und England aber rührte« sich nicht. FlSUrNegan trat ans di« Seite, um an» der Schußlinie zu koMmeri. . , „ Der Skipper machte eine Bewegst««, al» wolle er nach der Waffe greifest. Dakrachte der Schuß, und auf einen Mvinent waren belde Mästnek durch die Wolke des Piilbkr-amvsrs verhüllt. Dann sah ich -en Kapitän seit- wärt», -er Bewegung bk» Schifft» folgens, über ba» Deck tanmkln nn- auf die Rudergrätlng ntederstürzen. sr gab keinen Laut von sich. Fch eflte zu ihm. Sei« vorher rote» Gesicht nahm eine aschgraue Färbung anj ich Wußte NUN, daß fkiNk ktun»e gekommen war. Ich kniete an seiner Seite nieder und leg»» ihm die Hau- ststftr den Köpf. Die kurze Stille nach -em Schufte war einem lauten DstrM- einander van »ttmwen gewichen- ich hörte jedoch sticht darauf, sondern rief Jim zu, Brandy au» de, Kajüte zu holen. Dann befahl ich Tschips und den anderen, den Möxber ztt ergreifest. .Gackelt fall Mich Uitt seinen guten Austen an und flüsterte Mit Anstrengung: „Ich sterbe, Mr. Rötling! Sorgen Sie für meine Leute. Ich hübe versucht, meiste Pflicht zst tun, ich erwartete bas auch von jeöem rechten Mann. Rettest Sie meine Tochter Sein Lebenslicht «rldsch. Tot lstg er an Deck des Schiffes, für dessen BektzUNg Er alles getan hatte, was in seinen Kräften gestandest. Meiste Hand war stütz von seinem Blstt. Der Anblick bracht« mir die ganze Scheuß- lichkeit -es Geschehenen ,um Bewußtsein. Ich sprang auf. Kaum zehn Schritt« von Mir ENt« fern» stand ber Mvrdbube, höhnisch grinsend, den Revolver in der Hand. Noch war ich sprachlos, noch fand ich keine Aeußerung für da«, was ich fühlte. Tschips stand dicht Neben mir, unterdrückte Verwünschungen murmelnd und dem Ver brecher wilde Blicke zuwersend. Jim kam mit einer Flaschs dte KämPanietreppe herauf, sah jedoch aus -en ersten Blick, baß alles vorbei war. Meine drei Matrosen standen wie Bildsäulen. Philippi ließ unverständliche Lauft hörest. Sö stästd ich Wohl eine Minute lang und stierte Andrews ast; ich kam Mir vor, wie gelähmt, dabei aber entaing mir keine Bewegung all der Leute an Deck. Plötzlich hörte ich -ft widerwärtige Weibeistiwwe Mr. Belt» laut anstachend rufest: sJetzt ist er im Himmel beim lftbeti Göit!^ Mir mar, als rtfse ober löse sich etwas ist mir, und ehe ich noch recht mußte, wa» ich mi, stürzte ich in knirschender Wut auf Andrew» los. Ich sah Eisten Blitz, fühlte einen Stotz gegen meine linst Seift, «Nb dann tag ich in LU an Deck tlstb beobe achtete in halber Betäubung ein wildes GktltiNtNEl, da- urplötzlich entstanden war. Mein Angriff attf den Mörder war für Fim das Signal gewesen, nun auch seirfttleits VörzstMen: er warf sich also von steuerbord ber auf Andrem». TlchipS tat dasselbe von backbord her, und seinem Beispiel folgte sogleich ber Rest unserer Leute. Fn dieser Weile wären wir sechs von allen Setten auf ihn zugestürzt, hatte fein Schutz mich nicht kampsunfäbig gemacht. Die Kugel hatte mich dicht unter dem Herzen ge« tröffen uNb ntebergewvrfen. Im ersten Augenblick weinte ich, t» fei Nust um mich geschehen; daher machte ich such gar keinen ernstlichen versuch, mich wieder aus» zuraffen. Bald aber fühlte ich die Schwäche von mir weichen, und nun ward ich auch gewahr, daß meine linke, gegen die Brust gepreßte HäUd das Messer berührte, das ich in meiner Brusttasche trug. Als ich es hervorzog, fiel etwas an Deck nieder — ein Stück Blei! Andrews' breitgedrückte Kugelt Das Messer hatte mir das Leben gerettet! Der Schutz war gut gezielt und hätte mich ge tötet. wäre er eingedrustgett. Als ich mich erhoben hatte, sah ich Jim regungslos eben außerhalb des Menschenhaufens liegen, der jetzt Andrews umtobte. Wieder krachte ein Schutz, uNd der Mättofe Hans taumelte, sein Messer in der Rechten, äus dötü Gewirr hetätts Uttb brach tot zusammen. Ist dem (Mümmel gewahrte ich auch drei von den Engländern, die auf örn „Pirat" übersiedeln wollten, Uttb als ich htrzueilte, schlossen sich noch zwei andere mir an. Ich lab, wie Philippi sein blitzendes Messer schwang, hörte Andrews fluchest und ein Grstnzcn der Wut uttb des Schmerzes aussioßen, und dann abermals kitten Schntz. Philippi fiel rücklings aus dem Haufen heraus, tot, ein blutiges Loch in der Stirn. Gewaltsam bahnte ich mir einen Weg durch die Menge und führte wütend einen Mefserstoß gegen den Ruffian. Der warf sich zur Seite, dem Stotze auszu- weichcN, könnte dadurch aber nicht verhindern, daß die schärfe Klittge ihm den rechten Oberarm der Länge nach bis ztiitt Knochen aufschlitzte und lähmte. Trotzdem gab et Nvch eilten Schuß ab und traf einen der Engländer ln bett Leib, so daß auch der bald darauf seinen Geist anfgaö. Jetzt faßte Tschips den Revolver am Laufe, und ich war eben im Begriff, über Johnsons Schulter hinweg dem Mörder -ett tödliche« Stoß zu versetzest, da packte mich eine gewaltige Hand hinterwärts Seim Kragen ttnö rlß mich zurück. Als ich mich umwestdete, sah ich mich dew Matrosen Daniels gegenüber und zugleich gewahrte ich, wie Joürnkgan, England, DaltoN, Jents und unser dritter Steuermann von hinten über oft andern her» fielen, die Andrews bereits zu Boden gerissen hatten. Alle die englischen Matrosen, die den „Sovereign" zu verlassen gewillt gewesen waren, kämpften auf Tschips'- Joynsons und Meiner Seite, so -aß wir nun acht Mann gegen sechs standen. Fene sechs aber waren die stärksten unv verwegensten Halunken, denen ich jemals begegnete. lFortsctzung folgt.)
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