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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.07.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020731015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902073101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902073101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-07
- Tag1902-07-31
- Monat1902-07
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In Leipzig abonnirt man für 3 mit Bringerlohn 3 75 und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgasse 8, die Filialen: Katharuienftratze 14, Kömgsplatz V und Universitätsstratze 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrabe 35 Herr 3. k'rleär. Qmltr, Cclonialwaarenhandlung, Beethovenstraste St Herr ^deoü. ketvr, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. b. Zeliudvrt's Xaekkolxer, Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Läunrü üetLvr, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Sttaste 45 Herr Ll. L. ^IdrevUt, Colonialwaarenhandlung. Ranftfche Gasse 3 Herr krleür. ^Isolier, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr 8. k'rlvävl, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfer Straße 6, - Connewitz Frau k'lsoker, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Ködert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 25, - Gohlis Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 6, - Kleinzschocher Herr 6. 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Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), - Naunhof Herr Konruck Zotrseke, Buchhändler. Unsere Haupt-Filialen in Dresden (Strehlenerstraße 6) und in Berlin (Königgrätzerstraße 116) führen zu gleichen Preisen Bestellungen aus. Der Kaiser in Lmden. (-) Emden, 30. Juli. (Telegramm.) Der Kaiser traf heute Dormittag 10 Uhr 20 Min. auf dem Torpedoboot „Sleivner" an der Landungsbrücke im Außenhafen ein. In Begleitung des Kaisers landeten: Der Chef des Militär- cabinetS Gras von Hülsen-Häseler, Viceadmiral Frei herr von Senden-Bibran, der Hausmarschall von Lyncker, Graf Görtz, der Leibarzt Generalstabsarzt Professor vr. v. Leuthold und FlügUadjutant Oberst Graf Moltke. Zum Empfange waren erschienen: Der Minister der össent- lichen Arbeiten Budde, Staatssekretär Krärke, der commandirende General v. Stünzner, der Eommandant deS Hauptquartiers General der Infanterie v. Plessen» der Chef der Marinestalion der Nordsee Avmiral Thomsen, der Oberpräsident Graf zu Stolberg-Wernigerode, Regierungspräsident Prinz von Ratibor und der stellver tretende Cbes des Civilcabineis Wirkl. Geheimer Ober- regirrungSrath v. Balentini, Wirkt. Geheimer OberrrgierungS- ralh Schweckendieck und Geheimer Oberbaurath Fuelicher vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Als der Kaiser, der AvmiralSunisorm trug, daSTorpedoboo» „Slripner" verließ, gab das imAußenhafen liegendeLinienschiff„Würltemberg"denKaiser- salut. DaS TrompctercorpS des Kiiralster-RegimentS Nr. 4auS Münster begrüßte den Kaiser mit Fanfaren von der Höbe deS BahnhosStburmeS. Nach Besichtigung de» Hafenplanes begab sich der Kaiser mit Gefolge nach dem Binnenhafen und fuhr dann weiter in die innere Stadt. Der Kaiser traf um 10'/« Uhr am RathhauS ein. Auf der Lan dungsbrücke batten blau gekleidet« Damen in der Form eines XV Aufstellung genommen, zu beiden Seiten Schüler in Matrosenanzügrn. Auf der Landungsbrücke fand ein kleiner Empfang der Civilbehörden statt, dem der OberbürgermeisterFuerbring« rund Bürgermeister Or.Z o r n beiwohnten. Der Kaiser schritt die Front der Ehrencom pagnie de« 78. Regiment« ab, schritt an den Vertretern der ost friesischen Krirgrrverrine vorüber und besichtigt« die Denk mäler de« Großen Kurfürsten und Friedrich'» de« Großen. Zwischen diesen Denkmälern und dem Kaiser Wilhelm's I. dildeten weißgekleidete Jungfrauen mit Rosenguirlandrn Spa lier. Die Tochter deS Oberbürgermeisters sprach ein Be- arüßungSgedicht. Vor dem Ratbbausr dielt der Kaiser eine Ansprache au die geretteten Mannschaften des Torpedobootes „8 42" und drückte seine Freude über vaS tapfere Verhalten der gesammten Besatzung, sowie sein tiefeS Bedauern darüber aus, daß der Commandant und einige der Mannschaften ihre Tapferkeit mit dem Tode batten büßen müssen. Darauf verlieh der Kaiser den Mannschaften Auszeichnungen. Sodann besichtigte der Kaiser unter Führung de« Oberbürgermeisters im ersten Stockwerke des RatbhauseS alte Urkunden und den Silberschatz, im zweiten Stockwerke unter Führung deS Or. zur. Potrior die bedeutende Rüstkammer der Stadt. AlSdann versammelten sich die städtischen Behörden im Sitzungssaale de« Rath- hauseS. Der Kaiser trat unter den dort errichteten Baldachin. Der Oberbürgermeister hielt eine Ansprache an den Kaiser. Redner dankte zunächst sür die hohe Gnade, daß der Kaiser den im vorigen Jahre durch ein tiesschmerz- lichr» Ereigniß unmöglich gemachten Besuch in diesem Jahr« zur Ausführung gebracht habe. Er erinnerte dann daran, daß Emden einst die Brücke gewesen sei, auf welcher der brandenburgische und preußische Staat den Auß an die Nord see setzten. Der Kaiser habe das von Kaiser Wilhelm dem Großen begonnene Werk, die Wasserstraße nach Westfalen, glänzend durchgeführt und zu der Erweiterung de« Binnen hafens roch einen neuen Außenhafen hinzugrfügt. Redner gab der Versicherung Ausdruck, daß die vom Kaiser zu neuem Leben erweckte alte See- und Handelsstadt niemals aushören werde, in Treue und Gehorsam, Lieb« und Hingebung für König und Vaterland, Kaiser und Reich mit den Besten der Natron zu wetteifern, und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Der Kaiser bedeckte sich dann mit der Weißen Marine- Mütze und hielt folgende Rede: „Ich bitte Sie, mein» Herren, den Ausdruck meine- lies em- psundenen Danke« «ntgegrnnkhmen zu wollen sür den begeisterten Em pfang und die Ausschmückung, die dir Stadt Emden mir zu bereiten di« Güte gehabt hat. Ich danke auch sür di« mir gewidmet« Medaille, dl« ri»«n groß«» Zeitabschnitt au« ihrer Geschichte festig« soll. Sie wird rin werthvolle« Stück meiner Mrdaillensammlung bilden und auch in späteren Zeiten meine» Kindern und Nachfolgern ein Zeichen sein, wie Emden z« seinem König nnd Kaiser gestanden hat. Sie haben in freundlicher Weis« deS schweren und schmerzlichen Verluste- gedacht, den ich, mein Hau- und da- ganze Vaterland erlitten, al- ich im vorigen Jahre mich anschickte, dec Stadt Emden meinen Besuch zu machen. Von Herzen freue ich mich, daß «S mir nun möglich geworden ist, diese Stadt zu betreten; si« hängt innig mit der Geschichte unseres Hause« zusammen, und ich glaub« wohl, sagen zu können, daß e- nicht «in bloßer Zufall ist, daß gnad« die beiden größte» Regenten des Hause« Kurbranden bürg - Preußen, der große Kurfürst und Friedrich der Große, trotz der schweren Kämpfe, die sie sortdauernd bestehen mußten, um die innere Einigkeit deS Lande- zu festigen und dasselbe gegen außer« Angriffe zu schützen, Zeit und Muße gesunden haben, ihr Auge auf den Handel, aus die See und somit aus di« Stadt Emden zu lenken. Ich führe da« an, um Ihnen damit zu beweisen, daß e« bei mir kein Verdienst ist, wenn ich dtrselbea Wege geh«. E« hat Gott ««fallen, Kaiser Wilhelm dem Großen da« zu geben, wa« seinen Vorgängern versagt blieb, nämlich, ein einige- deutsche« Vaterland wiederherzustellen und da« Reich mit gewaltigen Hammerschlägen zusammen zu schmieden. Im Reich steht Preußen an erster Stelle; der König von Preußen hat wiederum das, wa« kein deutscher Kaiser in der Lag« war, sich rn schaffen, die nöthige HauSmacht. Auf dieser Basi« ist e- nun möglich, di« Aufgabe» wird» aufzunehm««» di« mit weitschauendem Blicke mein« beiden großen Vorfahren, die Sie mit Recht hier durch Standbilder geehrt haben, jederzeit vor Augen hatten und bestttbt wann auSznsühren. Ich möchte nicht diesen Tag vorübergehea lassen, ohn« auch noch besonders de- Ver dienste« der Stadt Emden zu gedenken. Die Stadt Emden hat, wie viele Städte unsere« Batrrlande«, eine schwere Zeit durchzumachen gehabt. Sie ist eine blühend« Handelsstadt gewesen und hat t« erleb«» müssen, daß der Handel andere Weg» ging, ander« Bahnen zog, und daß ihr blühender Zu- stand zurückging. Sie hat eia« große Roll« in d«r Geschichte ge spielt und trat dann in den Hintergrund. Aber niemals hat Emden durch Schreien und Klagen in Bitterkeit den veränderten Zeiten Rechnung getragen, sondern in stillem innig«» Gottvkrtraurn aus di« Zukunft gewartet. Ich möchte diesen Seelenzustand, dies« Eigenschaft der Friesen und Emdens nicht besser bezeichnen könne», al« mit dem Worte, da« von meinem hochseltge« Vater gesagt ist: „Sie haben gelernt zu leiden, ohn« zu klagen." Fürwahr «in große« Beispiel, an d«m sich viel« mriarr La»d«leute ein Muster nehmen sollten. Mein« Herren, ich glaube, daß bessere Tage sür Sl« im Anzug, stad. D«r «anal «st ««groben, da« HIntrrland ist sür Sie geöffnet, die Seeschiffe kommen Herrin. Es wird an Ihnen liegen, dir llonjunctur autzunutzrn, an mir wird es srin, drn Frieden zu erhalten, damit auch die Stadt Emden einer gedeihlichen Zukunft entgegensehen kann. Mit diesem Wunsche trinke ich auf da- Wohl der Stadt Emden: „Sie lebe hoch! Hoch! Hoch!" Hierauf nahm der Kaiser einen Ehrentrunk an. Er trat auf den Balcon de« Rathbaus««, von welchem der Denk malsplatz zu übersehen war. Unter Fanfarenklangin bestieg der Kaiser dann die Rudtrgig und traf um 12 Uhr auf de», Telrgrapheuamt ein. Aus der Hinfahrt passirte er die Falderndelft, welche drr Flott« de« Großen Kurfürsten al« Liegehafen diente. Da- Wetter blieb «ährend der ganzen Feier heiter, vor dem Telegraphenamt« waren die hiesigen und die fremden Postbeamten ausgestellt. Telegraphen- direetor Fieker empfing den Kaiser und führt« ihn in den großen Telegraphensaal, wo Ingenieur Dreisbach die Kabel- Trlegraphi« erklärt«. Nach Besichtigung der HugheS-Apparat« begah der Kaiser sich in dir Rudergig zurück und langte um 12'/« Uhr im Außenhafen an. Von dort begab der Kaiser sich an Bord des „Sleipner" nach der auf der Rhede liegenden .Hohrnzollern". — Die „Hohrnzoltern" soll am Donnerstag wieder ia Kiel «intrrffen. Vie abessinische Gesandtschaft in Petersburg und Englands Vordringen in Arabien. Die Beziehungen zwischen Rußland und Abessinien be kundeten während der letzten Jahre eine ausfällige Ruhe, und es schien, als hatte die oft betonte Freundschaft einen heftigen und nachhaltigen Stoß erlitten.. Rußland hielt sich sichtlich von Abessinien fern, und letzteres empfand ebenfalls kein Bcdiirfniß, durch Gesandtschaften und Ge schenke seine unveränderte Gesinnung in Petersburg zum Ausdruck zu bringen. Um so mehr mußte cS deshalb über raschen, daß kürzlich an der Newa eine außerordentliche Gesandtschaft des RcguS Mettelik eingetrossen ist, deren Haupt, der Metropolit Abuna-Matevs, vom Zaren huld voll empfangen wurdc und die offenbar geheime Auftrage bei der russischen Regierung anSzurichtcn hat. Die Peters burger und Moskauer Blätter sprechen allerdings merk würdig wenig von den Zwecken der Mission nnd bringen sie mit einer kirchlichen Streitfrage in Verbindung. An geblich handelt es sich nur nm die Bestätigung des Metro politen Abuna-MatcoS in seinem Amte, die bisher vom koptischen Patriarchen verweigert worden ist nnd derent wegen die Vermittelung des Zaren in Anspruch genommen werden soll. Das mag zum Theil seine Rtchtiglen haben, aber deshalb allein wird der schlaue Menclik sich schwerlich dazu entschlossen haben, einen hohen Würdenträger als Vertrauensmann ans dem Osten Afrikas nach Rord- europa senden. Wir haben cs vielmehr mit dem Ver suche zu thnn, eine neue Annäherung zwischen Rußland und Abessinien zu Stande zu bringen, deren Umfang sich vorläufig nicht übersehen läßt, die aber jedenfalls nicht ohne Einfluß auf die Weltlage in Afrika und auch in Vordcrasien bleiben wird. Was Menclik zu seinem Entschlüsse bewogen hat, da für sprechen verschiedene bemerkcnswerthe Umstände, die »n gewissen Actionen Englands und in dessen ganzer Haltung am Rothen Meere zu Tage treten. Tort hat sich in der letzten Zett so Manches ereignet, was wegen des Boerenkrieges und der dauernden vstasiattschen Ver wickelungen nur wenig von der Ocffentlichkeit beachtet wurde, aber gleichwohl nach verschiedener Richtung Be deutung besitzt. England hat am Rothen Meere so große und entscheidende Fortschritte gemacht, daß Rußland, Frankreich, die Türkei und Abessinien — letztere zwei Staaten in erster Linie — dem britischen Vorgehen nicht mehr gleichgiltig znschen können, sondern ihre Gcgenmaß- regeln treffen müssen. In Aden, an der Südwestspiye Arabiens, am Eingang qum Rothen Meere hatten die Engländer vor längerer Zett Fuß gefaßt. Von dort aus sind sic langsam und sicher nach Norden vorgebrungen und haben die Provinzen Meinen und Hcbschas fast völlig unter ihren Einfluß gc- brstcht. Diese Errungenschaft der Briten sichert ihnen ebenso -Vandclsvortheile, wie eine Festigung ihres poli tischen Einflusses in Asien nnd Afrika. Meinen wird als Perle Arabiens bezeichnet; sie ist die Hcimath der Mokka bohne und der Sitz der weltberühmten arabischen Pferdc- sucht. England würde daher durch den Besitz dieser einen Provinz zwei wichtige Handelsartikel erwerben, die ihm neue und ergiebige Erwerbsguellen eröffnen müssen. Bon größerem Wcrthc und von politischer Bedeutung tst aber für England die Provinz Hcdschas. Dieselbe ist frei- ltch wenig fruchtbar, aber sic enthält die Städte Mekka und Medina, die beide bekanntlich die größten Heilig« jhümer des Islam sind. Wer Mekka und Medina besitzt, der ist der Gebieter des MohamedaniSmns und übt seinen Einfluß auf die Anhänger des Propheten in den fernsten Winkeln der Erde aus. Sollte es also den Engländern gelingen, sich bauernd in Hebschas festzuscyen, so hätten sie einen wichtigen Schritt vorwärts zur Herrschaft über Asten gethan und sind ihren russischen Nebenbuhlern gegenüber mit einem Schlage in enMiedenem Vortheile. SS würde aber dabet allein nicht bleiben. Werden die Engländer wirklich die Herren der Westküste Arabiens von Aden bis in die Gegend deS Sinai, dann wäre das Rothe Meer rin englisches Binnengewässer geworden, und cS be stände ein Bindeglied zwischen Egypten, Südpersicn und Indien, welches für die Weltmacht Großbritanniens von hervorragendem Wcrthc ist. Es liegt auf der Hand, daß diese Gestaltung den andern itn Westasien und im Osten Afrikas betheiligten Mächten unmöglich ein Gehetmniß geblieben sein kann. Bor Allen, müßte die Pforte im eigenen Interesse gegen diese Pläne Englands Vorgehen. Für sie steht mehr wie der bloße Verlust zweier wichtiger Provinzen in Frage, auch ihr« Stellung als Vormacht des MohamedantSmuS, ja eigent lich ihre Existenz überhaupt tst ernstlich bedroht. Aber vor läufig kann man nicht erwarten, daß aus Konstantinopel wirklich etwas Entscheidendes unternommen wirb. Man will cs dort trotz Allem mit England nicht verderben, und man ist auch gar nicht im Stande dazu, einen Waffengang in Arabien zu wagen. In ?)rmen und Hcbschas stehen augenblicklich etwa 20 000 Mann türkischer Truppen und die sind jedenfalls nicht im Stande, die Bcrthetdigung des Landes zu führen. Militärische Verstärkungen können für Wcstaravicn aber eigentlich erst dann in Angriff ge nommen werden, wenn die Bahn von Damaskus nach Mekka vollendet ist, und das wird wahrscheinlich noch lange dauern. Endlich ist den Türken ein Vorgehen gegen die Engländer schon deshalb erschwert, weil dieselben sich lediglich durch „friedliche Mittel" ansbreiten und sich nur in die türkische Verwaltung einmischcn, wenn die „Rechte ihrer StcmtSangchörigcn bedroht" erscheinen. Würbe die Pforte aber dessen ungeachtet offen Vorgehen, so könnte die leicht die Ausrottung der orientalischen Frage veranlassen, was leicht für sic vcrhängnißvvll werden könnte. . Anders liegen die Verhältnisse bet Rußland, Frank reich und Abessinien, die sich ebenfalls durch bas Vor dringen der Engländer gefährdet halten müssen. Ruß lands Machtstellung allenthalben in Asten würde einen schweren Stoß erleiden, wenn England wirklich der Herr in Hcdschas und ?)cmen wird; Frankreichs Eolonie Obök würde seinen Werth bedeutend verlieren, und Abessiniens Unabhängigkeit wäre überhaupt in Frage gestellt. Es ist deshalb klar, daß diese Staaten sich gegen England zu sammen thnn. Die Gesandtschaft deS NegnS in der russischen Hauptstadt erscheint unter diesen Umständen in bedeutsamcnl Lichte: gleichzeitig weilt der Vicckönig RaS Makonncn an der Leine und conferirt dort ebenfalls im Auftrage Mcnelik's mit den Staatsmännern der Republik. Wenn nicht alle Voraussetzungen täuschen, so sehen wir hier eine Coalttton in der Bildung begriffen, die das Rothe Meer und die angrenzenden Gebiete vom englischen Einfluß befreien will. Die Entwickelung dieser Ange legenheit kann noch manche Ucbcrraschungen bringen und sie wird voraussichtlich bemerkcnswerthe Machtver- schiebnngen nach sich ziehen. Aber deshalb empfiehlt cs sich für alle Staaten, die im Osten Afrikas und an der Westküste Arabiens Interessen besitzen, den Fortgang der Ereignisse am Rothen Meere nicht aus den Augen zu lassen, sondern für alle Möglichkeiten gewappnet zu bleiben. Deutsches Reich. Berlin, 30. Juli. sDic Wahl in St. GoarS- Hause n.) Wie vorauszusehen war, hat das Eentrum sein Mandat in dem früheren Ltebcr'schcn Wahl kreise Lt. Goarshausen-Montabaur behauptet. Lein Eaudidat Dahlem ist mit über 0000 gegen rund 7000 Stimmen der Gegner gewählt worden. Die Wahlbethciltgung hat sich also bedeutend lebhafter gestaltet, als im Jahre 1808, wo auf die drei zur Zahl stehenden Eandidatcn 15 720, davon auf Or. Lieber 0452 Ltimmcn fielen. Ohne das Auftreten des Bundes der Landwirthc, der mit seinen reichen Mitteln eine ungemein rührige und skrupellose Wahlagitation ent faltete und wie in anderen Wahlkreisen so auch hier eine bcklagcnSwerthc Spaltung der Stimmen hcrbcisührte, würde das Eentrum unzweifelhaft einen schwierigeren Stand gehabt haben. Auf die vom Bund an den nativ- nalltbervlcn Eandidatcn gestellte Forderung, für einen Zoll von 7,50 für Getreide einzutreten, falls er von den Agrariern unterstützt werben sollte, konnte selbstver ständlich der «bg. Krawinkel nicht cingehen. Die Agrarier selbst haben aber in ihren Versammlungen die Forderung eines 7,50 .L-ZollcS vortrefflich zu verschleiern gewußt »nd sind hauptsächlich mit der Parole: „Alles oder nichts" ans den Stimmenfang ausgcgangcn. Dieser glückte ihnen insoweit, als sie mit nur etwa >50 Stimmen hinter ocm imtionallibcralen Eandidatcn Krawinkel zurück blieben. Rur die Wähler der Städte und dteMehrz>ahl der Kleinbauern ließen sich von den Wander- und Wahl rednern de» Bunde« mit ihren unmöglich zu erfüllenden
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