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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190207274
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19020727
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19020727
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-07
- Tag1902-07-27
- Monat1902-07
- Jahr1902
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1902
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Bezug-.PreiS 1« d«r Hauptrxpedttto« oder den im Stadt» d«irk «d d« Vorort», «rtchtckm A»S- gaoestell«, abgeholt: vstrteljtÜÄich 4Ust), — »Weimaliger täglicher L«-«ll„g t»S Haus ^l 5.S0. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich Pir die übrigen Länder laut ZeittwgSPrrrSlist«. Lr-artig« «»- Lr»edMo«: -ohawtilgaff» Fernsprecher 15S und SSL Alfred Hahn, Buchhandlg., l1«iv«rfitätestr.I, st. Lösche, Sathariue,str. 14, u. LtnigSpl. V. Haupt-Filiale Dres-err: Strehlenerstraß« 8. Fernsprecher Amt I Nr. 171». Haupt-Filiale Lerliu: Königgrktzerstrast« 11g, Fernsprecher Amt VI Nr. M9S. MpMerIagMick Auzeiger. Amtsblatt -es Hönigkichen Land- ««- Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes «nd Nalizei-Ämtes -er Lta-t Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Ls. Reklamen unter dem Redactiousstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Famtlienuach- richten (8 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuaanahme L5 H (excl. Porto). Extra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen-AnSgab«, ohne Postbefärderung ^g SO.—, mit Postbefärderung 70.—. Aunahmeschluß siir ^uzeigeu: Ab end »Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-LuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wocheutaa» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 377. Sonntag dm 27. Juli 1902. 96. Jahrgang. Aus -er Wsche. Di« tief« Trauer, in die Sachse« durch de« Heimgang «ine» unvergeßliche« Herrscher» versenkt woxve« ist, war eine« Augen blick, nicht gestillt, aber zurückgedränyt von der Sorg« »m de» Gesundheitszustand de» königlichen Bruder» und Nach folgers, König Georgs. Die Befürchtungen sind glücklicher weise unbegründet gewesen, daS Befinden deS LandeSsürste« giebt heute schon zu keinerlei Bedenken mehr Anlaß. Gegen den Dreibund wir- intrigant, da» ist nach oisiciösrn Andeutunsten auch die Ansicht der deutsche« Regierung. Neu Ware die Erscheiuuna nicht, sie ist vielmehr so alt, wie da» mitteleuropäische Bündniß. Nur daß sich da» Treiben früher nicht so offen hervorgewagt hat. Man könnte e» auch vulgär mit einem weniger eleganten, a« üble« Geruch gemahnende« Ausdruck benennen, wenn nicht mit Be stimmtheit anrunehmen wäre, daß die Boudoir», in denen da» Wesen seinen Ursitz hat, mit den feinsten und wohlriechendsten Essenzen geschwängert seien. Der Dreibund, in der sehr be dingten Wirksamkeit, die ihm die neuere Entwickelung zu gewiesen hat, wird die Machenschaften Überstehen und wenn nicht, so doch da« deutsche Reich. Die aller neuesten Manöver scheinen nicht lediglich femininen — Wienerischen — Ursprungs, sondern auch von nicht klerikalen, römischen Stellen au» eingrleitet zu sei«. Bon dort her, wen« auch auf dem Umwege über Wie« kommt wohl die Mär von einer Vertragspflicht, die Jtaliea ver halten habe, unter gewissen Verhältnisse« Truppen durch Ungarn nach der rumänisch-russischen Grenze zu Wersen, und die nun nicht mehr besteht. Es hätte der Versicherung deutscher NegierungSoraaoe gar nicht bedurft, um die frühere oder gegenwärtige Existenz solcher „fpecieller" militärischer Dreibund-Verpflichtungen in da» Reich der Fabeln zu ver weisen. Da- Bündnißtractat der drei Reiche bat, auch in seiner .lebendigsten" Zeit, niemals obligatorische militärische Vorschriften enthalten. ES hat unter den HeereSsachverstän- digen der betheiligten Staaten früher stet« ein lebhafter Meinungsaustausch über die im Föderativ-Kriegsfall geeignetsten strategischen m 2 sonstigen militärischen Maßnahme« stattgefundeu und dies« Besprechungen haben auch wiederholt zu Meinungsvereinbarungen der Militär» geführt. So war e», wie wir bestimmt zu wissen glauben, eine Weile die von Deutsch land nicht bekämpfte Ansicht der österreichischen Heeresleitung, uud.inSbesondere des zunächst auSersehenen Erzherzogs Albrecht, daß eine — vom deutsch-ciSleitanischen Standpunkt so zu be nennende — Südostarmee ihren gegebenen Führer im König Albert von Sachsen habe. Eine Weile darauf fühlte der — er heblich ältere — Erzherzog Albrecht sich selbst dieser Aufgabe gewachsen, und auf Anzeige der geänderten Sinnesweis« in Berlin erging von dort au» der Ausdruck bereitwillige« Einverständnisses. DaS waren Ansichten sozusagen für den Tag, deren Nichteinhaltung den Vertrag im Falle der Aktualität nicht berührt batten. Ihnen entspricht der Austausch der Urtheile über die Zweckmäßigkeit gewisser Truppentransporte. Die Regierungen von Rußland und Frankreich müßten aber miserabel unterrichtet gewesen sein, wenn ihnen die lüngsteuZeitungSmeldungen erst verrathen haben sollten, daß diese Dinge stet- im Fluß und Wechsel waren. Im Zweibund, der doch Wohl auch einen äußersten Fall in» Auge gefaßt hat, wird eS Wohl nicht ander» sein. Wenn einige Freunde oder vorgebliche Freunde der italienischen Re gierung durch eine Aeußeruug über einen italienische» .Rücktritt" von einer gegen Rußland gerichteten „Vorbereitung-Handlung" liebenswürdig gegen Oesterreich sich zeigen wollten, so werden sie vielleicht einen schlechten Lohn darin finde«, daß Rußland- Verbündeter, Frankreich, sich zur Zeit in Aufmerksamkeiten erschöpft für den Abgesandte« des Herrscher» von Abeffhvie«. Auch die schwärmerischste» italienischen Verehrer de» .latei nische«" Gedanken» werde« nicht zu hoffen wagen, daß die Pariser Regierung Ra» Allulah de» Hof macht, «m die Rechnung zu begleichen, die sich — Italien auf Aethiopieu gemacht bat. Graf verchem, zur Amtszeit Bismarcks UnterstaatS- srlretär im Auswärtige« Amt und de» aroße» Kanzler» ge schätzter Mitarbeiter, hat zum zweite« Male da» Wort er griffen, um Deutschland vor Animosttat gege« fremde Länder, nSbesondere gegeu England, zu warnen. Al» die» da» erst« Mal geschah, habe« wir die weitgehende Aufmerksamkeit der Leser für die Worte de» verdienten Diplomaten in Anspruch genommen und viel« ander« gesinnnngSverwandt« Blätter mit an». Nun Graf Berchem sich einfach wiederholt und «nbeaHtet gelassen hat, wa» man ihm früher rnt- -egeahnlt, entzieh» sich der größere Theil der Preffe der Aufgabe der Reproduction and Beurtheiluna. Wen» Graf Verchem findet, da» Au»land, da» übel wollende Ausland, fände, die deutsche Press« sei chauvinistisch, so macht er ein« sehr alt« Entdeckung. Im größere« Theile d«S Ausland«» ist von jeher j«de Regung deutschuationalen Einfluss«» für Ueberhebuna eine» zum Hklaventhum Geborenen auSgegebea worden, am frühesten und lanteste» in England, dessen Premierminister Palmerston vor noch gar nicht langer Zeit gedroht hat, «r würde seine Schiffskanonen operiren lassen, wenn sich so etwa» wie eine deutsch« Flagge in der Nordsee zeig«. Auf auswärtig« Urtheile über deutsche Urtheile und Empfindungen giebt man am besten gar nicht». Bemerkt nn« aber etwa Graf Berchem selbst in der deutschen Preffe chauvinistische Regungen, so wird sich der vielerfahrene Mann doch fragen müssen, woher die Besserung komme. Im Blute liegt der Chauvinismus keinem von un» und Graf Berchem weiß von seinem Meister: „Der Deutsche hat eine halbe Bouteille zu wenig im Leibe". Sucht sich da» Natiooalgesühl in Deutschland dennoch hestig zur Geltung zu bringen — so muß sich doch ein Kenner, wir Graf Berchem, sagen, daß hier eine Reaktion gegen die Herabminderung der nationalen Temperatur an anderen Stelle» einzetreten ist. Deutsches Reich. * Leipzig, 26. Juli. Die „Sächs. Natltb. Corresp." schreibt: Für -ie sächsischen Interessen an dem Mittellandkanal ist, wie das Gutachten der Leipziger Handelskammer vom 29. März 1901 dem Ministerium -es Innern zu erkennen gab, der directe Wasserverkehr der sächsischen Elbstäbte mit Len Rhein- und Weserhäfen in erster Linie wichtig. Der soeben zur Aus gabe gelangte Jahresbericht sagt mit Beziehung hierauf wörtlich: „Unter den Maaren, die bet diesem Ver kehr in Betracht kommen, sind in erster Linie Baumwolle, Wolle und Jute zu nennen, ferner Bauhölzer und sonstige Baumaterialien, ausländische edle Hölzer zur Her stellung von Möbeln und Piano», Farbhölzer und Oue- brachoholz, Labak, Petroleum und andere Mineralöle, Eolonialwaaren, Rei» und ähnliche Gegenstände. Bon erheblich größerer Bedeutung ist für die hochentwickelte Industrie GachsenS naturgemäß die durch den Canal gebotene directe Wasserverbindung mit dem Ruhr- gebiet. Die aus diesem bezogenen Steinkohlen, BriketS und Coaks werden sich beim Zustandekommen des Canal» diesem um so eher zuwenden, je theurer sich die böhmische und die sächsische Kohle stellten. Der Kohle am nächsten steht daS andere Hauptproduct de» Ruhrrevters: Eisen, roh und bearbeitet in allen Formen. Auch Blei, Zink und andere Mineralien werden in nicht unbeträchtlicher Menge von dorther nach Sachsen gesandt,- ebenso künstliche Düngemittel, Chemikalien und Asphalt. Alle diese Gegen stände spielen auch im Verkehre Sachsens mit dem übrigen Westfalen, sowie mit Hannover und Oldenburg eine große Rolle: neben ihnen kommen bet diesen Gebieten weiter in Betracht: Holz, Cement, Kalk, Steine, Torf und Torfstreu, Schiefer, Mehl und Mühlenfabrikate, Stärke u. s. w. Auch diese Güter dürften sich zur Beförderung auf dem neuen Wasserwege geeignet erweisen." Von den übrigen Theilen des Canalprojectö, dem Großschiff fahrtsweg Berlin-Stettin und der Wasserstraße zwischen Oder und Weichsel, erwartet die Leipziger Handels kammer einen vortheilhaften Bezug von Cement, Eisen, Steinen, Holz, Stärke, Spiritus, Mehl, Kartoffeln und allen GeLreidearten, die schon jetzt in nicht uner heblichen Mengen von Stettin, nach Sachsen gelangen. Hm Ganzen erklärt die Kammer die preußisch: Canal vorlage für ein hochbedeutsames, über die Grenzen der preußischen Monarchie hinaus auch fürvielcsäch- sische Handelst nteresscn vortheil Haftes Culturwerk, aus welchem eine Verbilligung der Transportkosten, ein regerer Güteraustausch mit dem Nordwesten und Osten Deutschlands, die Entlastung der Eisenbahnen von der Beförderung der Massengüter, sowie die Erhöhung der Concurrenzfähigkeit des Inlandes gegen das Ausland sowohl auf den inländischen wie ans den ausländischen Märkten bestimmt zu erwarten sei. Der Leipziger Bezirk und dessen weitere Um gebung würden an dem Mittellandcanal ein noch viel größeres Interesse haben, wenn es gelänge, auch Leipzig andiesesWasserncyan zu schließen. Auf diesen Plan als ein dringendes Bedürfnis?, un? die größeren Vortheile der östlichen, zn beiden Seiten der Elbe gelege nen Tbeile Sachsens auszuglcichen, hinweisend, schließt das Gutachten mit den Worten: „Nicht Leipzig allein, son dern das gesammtc, in seinen wirthschaftlichen Beziehungen nach dem Nordwesten Sachsens hinncigendc, an Handel, Industrie und Bergbau so reiche Hinterland hat hieran ein lebhaftes und dringendes Interesse. Wird daher, wie wir zuversichtlich hoffen, die preußische Canalvorlage Gesetz, so bitten wir die Königliche Regierung schon heute, aus ihrer den Leipziger Canalprojecten gegenüber bisher beobachte ten Zurückhaltung herauszutreten und in ähnlich um fassender Weise, wie es die Kgl. Preuß. Regierung gcthan hat, eine Vorlage ausarbeitcn zu lassen und zu vertreten, die endlich zu dem seit nunmehr 30 Jahren vergebens angc- strebten Ziele einer leistungsfähigen Wasser straße für den nordwestlichen Theil des Königreichs nachderElbezu führen gcignet ist." 6. Leipzig, 26. Juli. Ein DcutschcrBuchdruckcr- TarifnebstCommentar ist auf Beschluß des Tarif- Ausschusses vom Tarif-Amt der deutschen Buchdrucker herausgegcben worden. — In der deutschen Arbeiter bewegung haben die Buchdrucker von jeher eine eigene Stellung eingenommen. Bor mehr als 30 Jahren standen sie auf dem äußersten linken Flügel, und der Buchdrucker Smalian war es, der damals dem Rcgicrungssocialismus des Herrn v. Schweitzer auf das Schärfste entgcgentrat. Lange Zeit hatten sie dann die geistige Führung, allein der Ton, der später — als die Bewegung immer mehr an schwoll — die Musik machte, konnte den Buchdrucker?? nicht behagen, und so sind sie denn jetzt in gewissem Sinne ganz zur Seite getreten. Dazu kam ein anderer tiefer Gegen satz. In der Arbeiterbewegung wurde die Losung: „Kein Ausgleich zwischen Arbeit und Capital", was in der Con sequenz nur den Sinn „Kein Ausgleich zwischen Arbeit geber und Arbeitnehmer" haben konnte, zum Dogma er hoben und demgemäß die Bewegung geleitet. Dieses Schlagwort — denn um mehr handelt es sich hierbei nicht — stand aber zu der ganzen geschichtliche?? Entwickelung der Buchdruckerbewegung in zu schroffen? Gegensatz, als daß sich die Buchdrucker ihm Hütten unterwerfe?? tonnen, und als sie nach dem großen, mit äußerster Erbitterung ausgcfochtcnen Streik trotz ihres Unterliegens wieder aus Herbeiführung einer Tarisgcmeinschaft hinarbcitcten, da wurde?? sie vom größte?? Theil der Arbeiterschaft als Ab trünnige betrachtet. Maßgebend für diese Anschauung waren den übrigen Arbeiter?? nur die Schreckbtldcr, die ihnen ihre Führer von der Tarifgemeinschaft auömalten. Und daß Komischste an der Sache war, daß in eine?» Beruf nach dem andern zwischen Arbeitern und Arbeitgeber?? Tarife vereinbart wurden, Tarife, denen — wie bei den Buchbindern — der Bnchdruckertarif geradezu als Grund lage gedient hatte. Das konnte natürlich kein „Berrath" mehr sein, den?? sonst wäre man eine Berufsgruppe nach der anderen — und zwar die besten — aus der socialdemokratischen Bewegung loSgeworden. Ueber die Buchdrucker aber hielt man, wie zum Hohn, das Anathema aufrecht. Das hat diese aber wenig gekümmert, und noch vor Ablauf Les 1896er Tarifs wurde die Verlängerung desselben in die Wege geleitet. Sie wurde beschlossen in den Sitzungen des Tarif-Ausschusses vom 23. bis 28. September 1901 in Berlin, und der revidirte Tarif, der übrigens den Gehilfe?? eine 7s/2procentige Lohnerhöhung brachte, gilt nun bis Ende l9O6. Die uns vorliegende Schrift, 175 Seiten stark, enthält zunächst einen geschichtlichen Rückblick über die Entstehung des Tarifs und giebt dann nicht nur alle Be stimmungen desselben wieder, sondern commentirt sie auch und fügt eine Fülle von Entscheidungen der Schiedsgerichte hinzu. Mit Recht kann das Werk als „das Arbeits-Gesetz buch der Buchdrucker" bezeichnet werden. Ueber die ihn? zustehendcn Rechte, über die ihm obliegenden Pflichte?? kau?? sich hier jeder Principal und jeder Gehilfe schnell unterrichten. Sv haben sich auch in dieser Hinsicht die Buch drucker als Bahnbrecher gezeigt. Ihre?? Spure?? werden, und mögen manche Führer der Arbeiter noch so sehr da gegen eifern, imincr mehr andere Berufe folge??. Mag man dem Arbeiter noch so viel Blendwerk vormachen — de?? Vortheil eines fest geregelte?? Arbeitsverhältnisses er kennt er schließlich doch. „Geregelte Arbeit und Altersver sorgung", das muß die Parole des Arbeiters für die Zukunft sein. Von de?? Buchdruckern mögen aber An dere — und nicht blvs Arbeiter — lernen, wie eine Orga nisation ausznbaucn ist, wenn sie ihre?? Mitgliedern Schutz und Schirm gewähre?? soll. S. Berlin, 26. Juli. („Militarismus" und Miliz system.) Wenn jetzt „Genosse" Bebel in seiner schweizerische?? Villa neue Kräfte zum Kampf für die Befreiung des Prole tariats sammelt, so dürfte ihm die Stimmung demnächst einigermaßen verdorben werden. Denn gerade in Bebel's Ohren muß besonders mißtönend der Antrag klingen, den der socialdemokratische Grütliverein „Madretsch" zu dem am 2. August in Winterthur stattfindendcn social demokratischen Parteitage eingebracht bat. Dieser Antrag lautet nämlich: „Angesichts der in unserem Wehr wes en sich mehr und mehr geltend machenden Willküracte Vorge setzter Untergebenen gegenüber, sowie angesichts der namentlich in letzter Zeit auf eidgenössischen Waffenplätzen vor gekommenen empörenden, unseren demokratische?? Institutionen hohnsprechenden Vorfälle^VorÜbung zurNiederdrückung eineSStreikS durch Waffengewalt aufdemWaffen- platze Bern) wird das Parteicomits «ingeladen, an den nächsten Parteitag Bericht und Antrag zu stellen über Mittel und Wege, wie diesen Auswüchsen des Militarismus energisch Einhalt geboten werden kann." — Die Thatsache, daß schweizerische „Genossen" so lebhafte Klage über AuS- Foreellotsn. Deutschland in China. Im fernen Osten schweigen die Kriegsstürme. Unsere Chinakrieger sind zurückgekehrt und haben ihr heimath- liches Gewerbe wieder ausgenommen. Mit Stolz tragen sie die Medaille an der Brust und die Ehre, die sie dem deutschen Namen gemacht haben, schallt wieder in den Worten Seymour'»: „Oormans io tos krönt". Und wir anderen, die wir zu Hause gesessen haben und die wir mit bangen Gorgen oder mit stolzen Gefühlen dem Kampfe im fernen Lande folgten, haben uns die Erinnerung an jene Tage bewahrt. Mit Spannung haben wir die Berichte vom chinesischen Kriegsschauplätze verfolgt und sind fast mit dabei gewesen bei dem Kampfe um die PeitangfortS, bet dem Marsche nach Peking, bet den Expeditionen in da» Innere. War unser Interesse doch nicht nur menschlich gerechtfertigt, hatten wir doch auch wirklich ein große» Interesse an dem Kriege. Einmal galt e» für unS die Er» mordung unsere» Gesandten zu rächen, da» andere Mal aber für unfern Handel, für unsere Industrie neue Stütz, puncte, neue Absatzgebiete zu suchen, für fernere Zett Arbeit zu beschaffen für unsere Hämmer und Sägen, für unsere Spulen und Spindeln. Den chinesischen Krieg hat Deutschland und mit ihm die anderen ctvtlisirte« Staaten nicht unternommen um -e» Kriege» willen, sondern, um ein dringende» wirthschaftltche» Interesse z« befriedigen. Diese Aufgabe wird un» so recht klar, wenn wir de« ersten Theil eine» Buche» lesen, da» ein in Leipzig wohlbe kannter Schriftsteller in diesen Lagen veröffentlicht und da», auf Betrachtungen an Ort und Stelle aufgebaut, un mittelbar mit den Verhältnissen vertraut macht. Im Ber» läge von Georg Wigand erscheint: „Deutschland i» China" von RubolfZabel sPrei» 7^00 ^e). Wie gesagt, in dem ersten Theile de» Buche» giebt ber Verfasser eine politisch-wirthschaftliche Würdigung de» Landes, eine?? kurzen geschichtlichen Abriß und macht damit da» Buch zu einem unentbehrlichen HtlfSmtttel jür KgzkflMe, Industrielle und Landpstrsye. Er verfällt vor dem fast eine halbe Minute lang herunterrieselndeu Regen von Steinchen und Erde. Schon knie?? einige Oesterretcher nieder und schießen. In der Bestürzung halten sie eine Anzahl Japaner, die einige 100 Meter vor uns auf -em Walle gingen, für Chinesen und bringe?? sie mit dem Unglück in Zusammenhang, das ihre Lands leute betroffen hatte. Ich eile vor und sehe ungefähr ein Dutzend Menscher? in ihrem Blute liegen. Die Unglück lichen hatten eine Mine, die auf dem Damme gelegt war, nicht bemerkt und waren mit ihr in die Höhe gegangen. Als wir bas Unglück übersehen konnten, erschien cs größer, als wir zuerst dachten. Ein blutjunger Kadett war sofort tobt, ebenso der Fahnenträger: die Leichen fanden wir im Wasser. Außerdem waren noch 13 Personen verwundet, und zwar die meisten sehr schwer. Zwei starben zurke Zett danach, und vier oder fünf werden wohl nie wieder das Sonnenlicht erblicken können: sie waren blind, die Ge sichter völlig verbrannt und besäet mit Glasspltttern und kleinen Steinchen. So wurden die armen Leute aufgc- lesen, die so völlig zwecklos ihr Lebe??, ihr Augenlicht hatten lassen müssen. Hätten wir die Oesterretcher nicht vor.cigelassen, so wären zweifellos wir in die Luft ge- flogen, denn eS wäre sehr die Frage gewesen, ob unsere Leute, die müder waren als die Oesterretcher, die Mine bemerkt hätten. Wir fanden dann an der Unglücksstclle noch zwei andere Minen dicht neben der aufgegangene??, und zwar waren das keine Fladberminen, sondern schwer geladene Minen, da sonst auch ein so furchtbares Unglück nicht hätte entstehen können. Die Höflichkeit des Leutnants Schwerdtseger hat uns also vor einem furchtbaren Tode gerettet. ES war ganz selbstverständlich, daß von unserer Seite, wer Hände zum Helfen hatte, zugriff. Unsere Leute gaben sofort die Hälfte ihres kostbaren Wasser» hin, um die bren nenden Wunden auSzuwaschen. Herr Leutnant Schwcrdt- feger ritt strack» zu den Pionieren zurück, um einen Arzt zu holen, da wir keinen bet unS hatten, und die Oesterretcher ebenso wenig. Die Verwundeten wurde?? der Reihe nach an den Damm hingelegt und nach Möglichkeit gepflegt, bi» ber Arzt kam, um sie zu verbinden und ihnen die erste Hilfe zu gewähren. Herr Leutnant Stubenrauch, der al- ältester Osficter die Deutschen commandirte, ließ noch eine I A-theilnoa -et den Oesterretchern zurück zur Hilfeleistung. dabei aber nicht in einen doktrinären Ton, sondern weiß anregend (wie er anregend zu sprechen wußte, da» haben seine Borträge in -er Kolontalgesellschaft u. A. gezeigt) zu schreiben, so baß Jedermann das wichtige Thema mühelos aufnimmt. Im zweiten Theile schlidert Zabel denKrieg, den er zum großen Theile selbst al» ZettungSberichterstatter mitgemacht hat. Da zieht denn noch einmal der Kampf von Anfang bis zu Ende au unsere Augen vorüber, und eS wird für jeden Leser ein Genuß sein, den deutschen Kämpen in ihrem Ringen zu folgen und mit ihnen den Steg zu feiern. Wie anschaulich beredt Zabel schreibt, da» mögen einige Proben beweisen. ES ist von dem Kampfe gegen die PettangS- fort« die Rede. „Alö wir nun so mühselig und beladen unsere» Wege» zogen, kam hinter un» her mit wehender Fahne ein Detachement österreichischer Matrosen von den Kriegs schiffen „Maria Theresia", ^Aspern", „Zenta" und „Satserin Elisabeth" gezogen. Frisch und stramm kamen sie daher, ihr Ziel waren die Fort», in denen sie ihr« Kameraden, die bereit» am Sturme thetlgenommen hatten, verstärken wollte». Da wir vor ihnen marschtrten und nur sehr lang sau» unsere» Wege» zogen, so mußten sie ihren Schritt hemmen, wa» ihnen offenbar nicht an- sie wären lieber Höflichkeit nicht um di Al» der Leutnant Schwerdtfea dem führenden LtnienfchtffSoffü genehm war. Ma» «erkth sie wären lieber vor. marschtrt, wollten aber au!» Höflichkeit nicht um die Sr- laubniß bitten. Al» der Leutnant Schwerdtseger da» merkte, sagt« er zu dem führenden LtnienfchtffSofftcter, er möchte nur voroeimarschiren, und ließ, da die Oester, reicher in Sektionen marschtrten und wir nur zu Zweien, ihnen den bretteren weg, nämltch den Daum». In Folg« dessen zogen -te Deutschen vom Damm herunter auf den -auebe« -erlaufenden Weg, wtr wechselten noch ein paar frenutschaftliche Worte mit Le« österreichischen Kame raden, dann marschtrten die Oesterretcher an uns vorbei. Die erste Geettou der Oesterretcher hatte soeben di« Spitze unsere- Awie» überholt, und die zweit« Sektion be fand sich Ur ber Höh« dieser Spitz«, da plötzlich erfolgte eine furchtbar« Explosion. Ich sah fünf Meter vor mir ein» mächtige Rauchsäule tn die Höbe steigen, -art?? menschliche Körper, auch sahich »och die schmucke österreichische Fahne, di« so schön io? Wind» geweht hatte, in weitem Vogen link» tn» Wasser fliegest, dann aber duckte ich mich unwillkürlich Wir andern aber verließe?? tief erschüttert den Schauplatz des relativ größte?? Verlustes, de?? irgend ei?? Truppentheil an diesem Tage erlitte?? hatte: von circa 40 Oesterretcher?? bliebe?? nicht weniger als 14 todt oder verwunde? zurück. Daß jetzt mit allergrößte? Vorsicht marschirt wurde, ist selbstverständlich. Einer hinter dem andern! Keiner aus der Reihe hcraustretcn! Dani? ging cs in langem Zuge vorwärts. Und in der That, diese Vorsichtsmaßregeln wäre?? durchaus nothwendig, den?? durch de?? Schaden ge witzigt, sahen wir jetzt, daß der Damm sowohl wie auch der Dammrand mit Minen gerade-?! gepflastert war. Jede frisch gegrabene Stelle, jedes kleine viereckige Brettchen, daS harmlos auf der Oberfläche des Dmmnes lag, barg unter sich eine solche Grube, und auch im Wasser rechts und links von uns bemerkten wir die kleinen Merkmale, auf die unser Auge zu achten gelernt hatte. So kamen wir denn glücklich gege?? 3 Uhr Nachmittags wieder im Fort I an und brachten unser?? Kameraden den langersehnten Labetrunk. Freilich war es nur noch die Hälfte von den? an sich schon geringen Wasservorrath, der für die Com pagnie bestimmt war. Nu?? wurde eilends abgckocht: o, wie schmeckte der Thce nach diese»? anstrengenden Stunde?? und die warme Suppe, die wir uns kochten!" Eine andere Stelle, die wir hierher setzen, schildert eine Reqnisition. „Oberst Ledebur sollte bereits auf seinen? ersten Zuge eine ganz lehrreiche Erfahrung mit chinesischen Man darine?? machen. Das chinesische Stadtvberhaupt lieferte nämlich trotz seines Versprechens bis zu der bestimmten SNluoc nichts. Der Oberst machte deshalb kurze?? Prvceß, er ließ sein Detachement gefechtsbereit antreten, der Zug Artillerie, den er mitführte, fuhr auf: alsiann ließ der Oberst sich den Präfccten in sein Hel? kommen und erklärte ihm, wenn er nunmehr nicht vis zu ein.'r n'.wissrn Stunde liefere, würde er die Stadt beschießen lassen, zu gleicher Zeit legte er eine Strafe von einige?» tausend TaelS auf. BiniitN einer halbe»? Stunde war;?? nicht nur die ge forderten Reguisittonen, sondern auch die TaelS in? Lager des deutsche»? OfficterS. Der Aufenthalt, den wir in Tsin- haihsün nahmen, wnr-c da,,? benutz,, verschiedene Rc- g.iistiir-nsfahrten ln die Umgegend z » wichen, bei welcher Gelegenheit eS passirte, daß ei»? klein-S Deruchemenl unter Obrr rutnant Krämer mit Boxer?» in Berührung kam.
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