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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030630020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe beschädigt
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-06
- Tag1903-06-30
- Monat1903-06
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dentenwahl auSüben könnten, wenn sie sich selbst derselben bewußt wären und sie in das praktische Leben übertragen würben. Er denkt an den Sttmmkastcn und hat allen Offi zieren der Armee und Marine den peremptorischen Befehl übermittelt, baß sie sich jeder abfäl. ltgenAeußerung über Deutschland oder dessen Regierung enthalten müssen. Ueber die Zeitungen hat er keine Gewalt, und diese müssen ivir selbst in die Schranken deS Anstandes zurückweisen. Wenn der Präsident selbst zu unseren Gunsten derartig vorgeht, so sollte eS unS doch niemand verdenken können, wenn ö das Deutsch-Amertkanertum dieses Landes vereintgt, um ihn darin zu unterstützen, nicht als Deutsche, sondern als Amerikaner, wie er selbst von fremdländischer Abstammung, und darauf dringen, daß der Friede und das gute Ein» vernehmen -wischen beiden Ländern nicht ruchlos zerstört werde. Deutschland könnte uns darin auf halbem Wege entgegenkounnen, wenn die Regierung nicht gar zu auffallend um die Gunst Amerikas buhlte. Bei aller diplomatischen Höflich- keitkvnnte etwa-stolzeres Selb st bewußt- fein der deutschen Regierung durchaus ulcht-fchaüen. Deutsches Reich. V«U«, 2V. Juni. (Zukunftsmusik.) Es wird jetzt erörtert, wie groß oder gering die durch die Wahlen etugetretene Verschiebung in den Parteiverhült- niffen sei. Da sie jedenfalls nicht bedeutend ist, wird es sich empfehlen, mit förmlichen Berechnungen über die Aussichten der gegebenen Aufgaben noch zurückzuhalten. Auchjpricht hierfür die Erfahrung, daß nicht selten nach den Wahlen in den größeren Parteien Unterstrümungen stLrker zur Geltung kommen, als es vor den Wahlen der Fall war. Mau kann sich beispielsweise denken, es werde tn der Zukunft im Zentrum unter anderen auch diejenige Strömung mehr als früher in den Vordergrund treten, welche eine Abänderung des Börsengesetzes nicht nur für erwünscht, sondern auch für erforderlich erachtet. Aus gangspunkte für Schlüffe dieser Art werden sich erst ge winnen lasten, wenn die Rosen längst verblüht und auch die Landtagswahlen vorüber sind. Wie immer sie aus fallen mögen, einiges steht schon heute fest, und es ist für die notwendig in Angriff zu nehmende Arbeit für die Neuorganisation auf der liberalen Seite nicht ohne Be lang, ob hierauf von vornherein Rücksicht genommen wird oder nicht. Es läßt sich insbesondere voraussehen, daß die Sozialdemokratie im Reichstag bereits im der ersten Tagung der neuen Geseygebungspcriode den 8 Millionen Wählern gegenüber parlamentarischen Eifer in des Wortes verwegenster Bedeutung entwickeln werde. Man wird von vornherein sich bemüht zeigen, in verschiedener Richtung so abzuschneiden, daß die Ver wertung der bezüglichen Verhandlungen für die neue Propaganda möglich ist. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, daß derartige Bestrebungen der Sozialdemo kratie von drei Seiten Unterstützung erfahren: einmal von der extrem-freihändlerischen, dann von der extrem-agrarischen und l«8t not Io«si von der polnischen. Die Wunden, welche die Vertreter der wirtschaftlichen Gegensätze des Anti- und des Nichts- alsagrariertums in der Wahlschlacht davongetragen haben, werden nicht sobald verharschen. Bei jedem poli tischen Witterungswechsel wird das eintretende Schmerz gefühl zu neuen Versuchen reizen, abwechselnd das eine und das andere Extrem zu fördern. Das wird Gelegen heiten zu neuer Stärkung der Sozialdemokratie geben, wenn nicht die wirtschaftlich besonnenen Elemente sich von vornherein zu einer Art wirtschaftlicher Vereinigung zusammcntun, die kein ewiger Bund zu sein braucht, die es aber als ihre Aufgabe betrachtet, an der Fortführung der Politik eines gleichmäßigen Schutzes der heimischen Gütererzeugung festzuhalten. Da die polnische Fraktion nächst der sozialdemokratischen die besten Geschäfte bei den Wahlen machte, so wird sie ebenso wie dfese großen Wert auf das Wuchern mit ihren Wahlerfolgen legen. Das wird dem Zentrum nicht angenehm sein. Diejenigen Parteien aber, die durch Wahlrücksichten nicht behindert sind, ebenso der Sozialdemokratie wie den Polen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten, werden mit ihrer praktischen Entschlossenheit um so sicherer auf weiteste Wählerkreise einen erwünschten Eindruck machen, als es sich in dem einen wie dem andern Falle um Bekämpfung einer international-revolutionären Pro- pa g a n d a handelt, die sich speziell Deutschland als Schlachtfeld auserkoren hat. lü Berli«, 29. Juni. Ueber die Berichtigung vonReichsgesetzen spricht sich der berühmte Staats rechtslehre! Professor vr. Laband in der „Deutschen Juristen-Zeiiung" aus. Er legt den Fall deS Gesetzes zur neuen GeemannSorbnung zu Grunde: eS mußte bekanntlich ein neues Gesetz vom 28. März d. I. zu 8 52 publiziert werden, weil der 8 52 Ziffer 2 der am 2. Juni ll) r^üung des " der Mate rtumS. le.bsi, r?ns abaesslitoh'n '>'. ^chi'vßung, vr.chc oel die der fließt, k- hei de- JiNUr-'. lern'.-nden -'.usprach ge ll>02 publizierten neuen Seemannsordnang einen Druck fehler enthielt. Mit einem solchen war auch die Krankenkassen-Novelle behaftet; aber dieser Druckfehler gelangte nicht einmal zur offiziellen und amt- lichen Kenntnis des BundeSrateS; denn diesem lag der richtige, vom Reichstage jedenfalls gemeinte Beschluß vor; deshalb läßt Professor Laband diesen letzteren Fall uner örtert. Zu einem Reichsgesetz sind vier miteinander über einstimmende Erklärungen erforderlich: die Zustimmung des Reichstages, die Beschlußfassung des BundeSrat», die Ausfertigung seitens de- Kaisers, und die Verkündigung im Reichsgesetzblatte. Je später der etwa in einem Gesetz entstandene Irrtum entstanden ist, desto leichter seine Be- richtigung; am schwierigsten tst sie, wenn der Fehler in der ersten Instanz, im Reichtage, liegt. Wenn aber, so führt Professor Laband auS, schließlich alle an dem formelle« Gesetzgebungsverfahren bcteiliat-v Faktoren darüber einig sind, daß es sich nur um die » n "u nug ,'nc^ F i,ler handelt, so bedarf eS nur der aber nicht einer neuen Erör deren legislatorische Behandlu« Die unbeschränkte Freiheit de -- legislatorischen Maßnahmen b u Ablehnung und Abänderung i> Berichtigung eines bloßen, Fehlers eines Gesetze-nicht ii ' pruch . ,><r den; denn derjenige Faktor l t' ' n-b. , ».-.re: sein Versehen den Kehler vei n r bat ' r-- >--v i sein Versehen wieder gut zu rr ' ur^ < c>.T-vt auf den der Beschluß sich bez > l - wirklichen Willen des Reichst« > . .. l fest; die Ersetzung des irrtüml > l oc.: > 2 ^ cs diesen ist daher keine res m. r., r. < d> > Gründen muß es wohl als ge , e < er >. : v..erdeu der Reichstag durch eine Re kennt und berichtigt. Dazu i ; e»? - .. die Geschäftsordnung eineBes welche dieses einfachere Be h-'.-'-.u, '0. ^..h. Fr und, soweit erforderlich, reg« u t er e >.i »ich gefaßte Bcrichtigungsbeschlv - >-> r. rar . solcher anerkannt, so müßte . v >:.r Kaiser ansgefertigt werden i . die v- Reichsgesetzblatt zu verkünd« i- < ' . ,'.c t , lichen Erlaßes, der auf d- - .-r -es Bundesrates und des Reichs. « ' .«> : n - — Die vereinigten Auss : »t Handel und Verkehr und für ' Sitzung ab. — Der Erbgroßberzo ' von Baden sind gestern a k- — So ziemlich aus allen i „Kons. Korr." berichtet, « , i r. Agitatoren versucht hab« . r -r -,e s zettel von deren Verleid.» .. ia fer, Zn! einzelnen Fällen ist dies Manöver geglückt. Ferner ist er wiesen, daß konservative Stimmzettelverteiler durch Sozial demokraten derart betrunken gemacht worden sind, daß sie unfähig warrn, ihre Tätigkeit weiter auSzuüben. Man siebt, zu welchen unredlichen Mitteln die Sozialdemokraten greifen, um günstige Wahlergebnisse zu erzielen, und man kann fick hieraus ein Urteil über di« Moral einer Partei bilden, die sich tatsächlich ihre Wahlstimmen zu einem großen Teile zusammengeschwindelt hat und dann noch sich mit einem durch solche Mittel erlangten Resultate zu brüsten wagt. — Herr Bebel hat schon wieder einmal den großen Kladderadatsch prophezeit. Am Vorabend der Stichwahl bat er in eurer großen Volksversammlung zu Karlsruhe eine Rede gehalten und da nach der „Badischen Presse" wörtlich erklärt: „Die Sozialdemokratie wächst und wächst Ihnen allen schließlich über den Kops. Der ZukuostSstaat ist viel näher, alS Sie (zu den Nationalliberalen gewendet) denken, und Ihrer aller Untergang weit näher, als Sie selbst ahnen." Zn bezug auf die Handelsverträge äußerte Bebel: „Wir wollen keine Handelsverträge, e» fei denn, die Tarife werden revidiert. Wir sind stark genug, um im Reichstag die Revision zu erzwingen." Wenn Herr Bebel prophezeit, kommt'- immer ander-. — Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, daß Einjahrig-Freiwillige zu den servi-berechtigten Milrtärpersonen gehören und daher nicht zur Gemeinde- Einkommensteuer herangezogen werden dürfen. — Als «ine Probe, wie von sozialdemokratischer Seite alle sozialpolitischen gesetzgeberischen Be strebungen der Regierung und der bürgerlichen Gesellschaft von vornherein heruntergerissen werden, wenn sie auch noch so tief in die bestehenden Verhältnisse eingreifru, mag erwähnt sein, was der „Vorwärts" zu den soeben veröffentlichten Grundzügen deS Entwurf- für ein Wohauug-gesetz sagt: „DaS Gesetz bleibt demnach, wenn e< nicht etwa noch wesentlich« Veibisiinms«« «rflchrt, selbst hinter dem neuen sächsischen Bau- gliche noch erheblich zurück, da- doch wenigsten» einen Ansatz dazu mai-t, «tue ExpropriationSbesugnt» der Gemeinden zum Zwecke der Befriedigung de- WohnungSbedürsntsieS zu schaffen, ganz abgesehen daran, daß da« sächsische Besetz auch den Bauarbelterschutz rio- -et ltch regest. Al» «tn «rost hafte« Mittel zur Verbesserung der WohuuugSverhältuiff« der arbeitende» Klaffe tst da- Gesetz deshalb nicht zu bezeichnen." — Neber dir Posener Akademie ist nach der „National- Ztg/" jetzt di« Entfcheitzvng gefallen. Am 28. fand in Posen em» Sitzung statt, an der auch Geheimrat Meier an- dem Kultusministerium teilnahm. E- wurde verkündet, daß die Ausgaben der Akademie sein sollen: 1) UebungSkurfe sür fach liche Fortbildung. 2) Vorlesungen für sachliche Fortbildung. 3) Allgemein büdeude Vorlesungen. 4) Volk-Hochschulkurse. Di« Akadrmi« soll der ganzen Provinz zu gute kommen. Die ? ^rlräite sind «och nicht ernannt, nur steht fest, daß Pro- scssor "übn».! mn-Bonn (früher in Marburg) das Direktorium ücerau. - - T." b erischr Bevollmächtigte zum Buudr-rat Ministertal. Mu:? ».Geiger und der Kommissar der LaudeSverwal- !i- - i««Fisi-Uothriugen Wirkl. Geh. Oberregierung-rat Halley s, ... B-rliu abgereift. — Der Botschafter der französischen ic>.k G. Bthourd hat Berlin verlasse». Für die Dauer seiner . ->> !e.che> hrt der Botschast-rat G. Brinet die Geschäfte der 'u-'Nch-st. - ter dänischeGesaadte». Hegermaan-Lilldeneronr ist Hal; zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieiec Ü! rnl' ime». — ciegSmtnister v. Boßler, der bekanntlich vor einiger > en m vom Kaiser bewilligten längere» Urlaub augetreten ist > eingetroffen. Wie der „Post" hierzu nachträglich „e!>- i wird, hat der KriegSmmister au den Festlichkeiten teil- - - ,, die au» Anlaß de» aus der kaisrrl. Werst daselbst abge- » stiprllauf» de» Panzerkreuzer» „Roon" veranstaltet uurdcii - '.d'ttminlster Möller ist nach Kiel, der Direktor im ! ch ! > . it Or. Gutbrod nach Süddeutschlaud «ad der Prä- . - " !e» k.:: erl. Patentamt» Hauß zur Teilnahme au der Haupt- : -l>ing de» Bereiu» deutscher Ingenieure nach München abgereist. — - - meunung d«S Frhra. Speck von Sternborg zum v r i Washington dürste der „Allgem. Ztg." zufolge in > T erfolge». Herr ».Speck ist bekavntlich nach Ab- Botschafters v. Hollebeu in besonderer Mission al» > i GeichäfUträarr Deutschland» bei der Regierung der tauten nach Washington abgeordatt worden, und zwar i machten «tue» Botschafter». - »ter«, 29. Zuoi. Die „KönigSb. Hart. Ztg." st l »st weiter sestgestellt, daß für einen zur Zeil von . ir endeu Barbier StulgieS ein anderer wählen !- lli > daß dieser Versuch daran scheiterte, daß für i . i!< ;on ein dritter — gleichfalls unberechtigt— , i? ahlt kalte. Es wird un- ferner mitgeteilt, daß u ihi ezirk 15 der Techniker Hermauu Brlling nicht waylen tonnte, weil an seiaer Statt schon ein Unbekannter vorher gewählt hatte. Zn drei anderen Fällen ist der Ver such einer gleichen Täuschung durch Zufall entdeckt worden. Alle diese Fälle sind der Polizei zur Anzeige gebracht. Wie wir hören, hat die Kriminalpolizei umfassende Erhebungen in die Wege geleitet, um etwaige weitere Fälle seftzustellen. * Kiel, 29. Juni. Heute mittag fand eine Frühstücks tafel auf der ,Hohenzollern" statt, wöbet der Kaiser und die Kaiserin einander gegenüber Platz genommen hatten. Vom Kaffer rechts nahmen Platz: Marquise of Ormonde, Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst, Miß Bander- btlt, Oberhofmarschall Graf Eulenburg, Prinzessin Pleß, Graf Rebern, Gräfin v. Schmettow, Mr. Francis Reggs; link- Fürstin Hohenlohe-Schillingsfürst, Marquis of Ormonde, Gräfin Eulenburg, Mr. Banderbilt, Prinzessin Elisabeth von Hohenlohe, Lady Butler, Prinz Pleß, Miß Goclet. Rechts von der Kaiserin saßen der amerikanische Botschafter tn Rom Meyer, Fürstin zu Lynqr, Gräfin Redrrn, der französische Marineattachs Graf v. Sugny, Frau Fregatten-Kapitän v. Grumm«, Mr. Robert Walter Goclet; links Reichskanzler Graf Bülow, Fürstin Eulen- burg-Hertefeld, Kürst zu Lynar, Mistreß Goclet, Gräfin v. Sugny, Miß Thomson. Nachmittags 2 Uhr fand bei dem General-Inspektor der Marine Admiral v. Köster in den Räumen der neuen Seeburg zu Ehren des ameri kanischen Botschafters, des Admirals und der Komman danten des amerikanischen Geschwaders ein Frühstück statt. Außer den genannten amerikanischen Offizieren i nd des Marineattachss an der amerikanischen Botschaft Korvettenkapitäns Pott waren zum Frühstück geladen: -er französische Marineattachs Kapitän Graf v. Sugny, die Bizeabryirale v. Tirpitz, v. Arnim, Büchse!, Kontre- abmirale Fritze, Freiherr v. Maltzan, Ktschel, Thiele, Breustng, Kapitän zur See Graf Moltke, Oberst Dürr, Korvettenkapitän Schirmer, Kapttänleutnant Michelsen. * KS-li«, 2S. Zuui. vr. Barth hat telegraphisch den Ersten Staatsanwalt hier ersucht, er möge im öffentlichen Zatereff« Strafverfolguug wegen Verleumdung ein leiten gegen Verfasser und Verbreiter eiue- Flugblattes, iu dem behauptet wird, Barth habe den Sozialdemokraten für die Unterstützung seiner Kandidatur eine Geldsumme sür ihre Parteikaffe zur Verfügung gestellt und außerdem sei er die Verpflichtung eingegangen, gegen jede Wehrvorlage zu stimmen. Da- in Frage stehende Flugblatt trägt in fetten Lettern die Ueberschrift: „Mit. 70 000 Zudengeld wollen die Liberalen den vr. Barth in den Reichstag bringen." * GrauSeuz, 27. Zuui. Der in Graudenz-Stra-burg wiedergewäblte nationalliberale Abg. Sieg in Raczhniewo bat aus eia GlückwunschtelegrqDim geantwortet: „Zhoen und allen meinen Wählern meinen herzlichsten Dank. Zum dau ernden Andenken an den großartigen Erfolg deutscher Willens kraft beantrage ich heute für mein Rittergut einen deutschen Namen. Sieg." * Stettin, 28. Zuni. Wie die „Ostsee-Ztg." meldet, ist auch hier ein Fall sestgestellt worden, wo eine Wa hlfälschun g erfolglos versucht wurde. Der Fall ist der Staatsanwalt schaft angezeigt worden. Hamburg, 30. Zuni. (Privattelegramm.) Eine Versammlung der BaugewerkSmeister Hamburgs und der Umgegend lehnte gestern abend einstimmig die Forderungen der Gesellen ab und beschloß die Heranziehung fremder Arbeitskräfte. Dortmund, 29. Zuni. Wahlfälschungen scheinen nicht nur in Berlin, sondern auch anderwärts in ziemlich erheblichem Umfange vorgekommen zu sein. So schreibt die „Dortmunder Zeitung" in ihrer SonntagS-Nummer: „Sofort nach dem Bekanntwerden des Sieges de- sozialdemokratischen RelchstagSkandidaten Bömelburg in der Stichwahl kursierten Gerüchte hier in Dortmund, daß eS bei der Wahl nicht richtig zugegangen sei. Anfänglich unbeachtet, verdichteten sie sich mehr und mehr, und bald wurden hier und dort Leute ge nannt, die mehrfach gewählt haben sollten. Hier in der Stadt bat bereit- ein Wähler eingestanden, daß er sür zwei Be kannte mitgewäblt habe. Zn Hörde haben Ztaliener, Oester reicher, auch Leute vom Rhein wacker Wahlpflichten erfüllt, die ihnen nicht oblagen; einer bat in Hörde und in Dort mund, ein anderer in Hörde und an einer anderen Stelle gewählt. Die Behörde muß eS sich natürlich angelegen sein lassen, dir Wahllisten zu revidieren und die Zrriümer Und Mogeleien festzustellen. Es kann dann em Wahlprotest gegen di« Gültigkeit der Wahl BömelburgS erhoben werden, der freilich nach dem bisherigen Gange der Wahl-Nachprüfungen im Reichstage erst nach eiuigeu Zähren Aussicht auf Er ledigung hat." * Gotha, 29. Zuni. Der Landtag hat sein bisheriges Präsidium, Liebetrau und Bock, wiedergewählt. Em Antrag der Sozialdemokraten auf Errichtung einer Staats- Apotheke wurde abgelehnt. * Karlsruhe, 29. Zuni. Der gestern hier versammelte Landesausschuß der badischen Nationalsozialen, verstärkt durch weitere Vertreter der OrlSvereine deS Landes, bat nach einer Besprechung deS Naumannschen Artikels „Die Niederlage" für den einzuberufenden oationalsorialen Ver tretertag einstimmig folgende Resolution gefaßt: 1) Die Organisation der Natioaalsozialen als politische Parteigruppe ist unter allen Umständen deizubehalten. 2) Der AuSgang der letzten Reichstagswahlen kann die Parteiaugehörigeu nur zu um so entschiedenerer Weiterverbreilung deS national sozialen Gedankens bestimmen. Oesterreich - Ungarn. Das «eue Kabinett. * Pest, 29. Juni. Ministerpräsident Graf Khuen- Hedervary und das neue Kabinett stellten sich in einer heute abgehaltenen Konferenz der liberalen Partei vor. Der Ministerpräsident wies in seiner Ansprache darauf hin, daß er gewissermaßen ein Veteran der Partei sei; sein Wirken habe stets in den Prinzipien dieser Partei gewurzelt, er werde diese Prinzipien im Geiste Koloman Szells betätigen. Wie er Vertrauen in die Grundsätze der Partei setze und in die Mitglieder, die entschlossen seien, für sie einzutreten, so ersuche er um bas Vertrauen der Partei und um ihre Unterstützung. Die Rede wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Hieronimy und Hodossy drückten im Namen der nunmehr aufgelösten Fraktionen der liberalen Partei ihr Vertrauen aus, worauf die Parteikonferenz geschlossen wurde. * Pest, 29. Juni. Wie das „Ungarische Telegraphen- Korrespondenz-Bureau" erfährt, wird das morgige Amts- blatt die Rückvevsetzung des Felbzeugwetsters Baron Fejervary in die Passivität veröffentlichen. Großbritannien. Chamberlains Zollpolitik. * London, 29. Juni. (Oberhaus. Fortsetzung.) Ports mouth lenkt die Aufmerksamkeit auf Balfour» und Chamberlain» Erklärungen und fragt LanSdowne, ob die Regierung beab- und Vergrößerung des Hauses, Mamas Befürchtung, daß -er alte Segen weichen würde. Aber Ambros sagte sich in dieser schlaflosen Stunde doch wieder selbst, daß das alte Haus in keiner Weise mehr den Anforderungen an ein erstrangiges Hotel gcnügen konnte, daß der Umbau und die Vergrößerung absolut notwendig waren, so die kurz fristige Saison nutzbringend werden sollte. Früher war «S ein gutbürgerlich geführtes Gasthaus, eng und be schränkt, alle Tage tn der Hochsaison stand man in der -wingenden Lage, Fremde in großer Zahl abzuweisen, und häufig wollten die Gäste an den Preisen mäkeln, weil der Komfort des Hauses nicht entsprechend war. Aus Kredit ist nun das neue, modern eingerichtete Haus erstanden, eS war ein Unglück, daß in winterlicher Bauzeit jene Mauer einstürzte, ein Zufall, hervorgerufen durch böse- Wetter; eS ist Aberglauben, aus dem kleinen Ereignis Schlüffe auf die Zukunft zu ziehen, eine Marotte Mamas, die Mutter will und kann sich eben nicht mehr in die neue Zeit finden, lebt und denkt nur in der Vergangen heit, wie sie denn auch unrationell insofern wirtschaftete, daß sie bei Bedarf immer bei Einwohnern Geld lieh, klein«, aber zahlreiche Hypotheken zu hohen Zinsen er- richtete, stets in der Meinung, dadurch noch ein gutes Werk s» tun und die Mitbürgerschaft verdienen zu lassen. „Das muß anders werden, und kann und darf nicht so weitergehen, die Zinsen verzehren zu viel und schmälern den Reinertrag!" flüsterte Ambros, stand auf, um ein Fenster -u öffnen. Und nun einmal auf den Füßen, machte der Hotelier Licht und besah die Wecktafel. Ts ist niemand gemeldet zu frühzeitiger Abreise; die Wagen der Eilpost gehen in der Nacht ohne Passagiere aus der „Alpenrose" ab. Tschurtschberger entschloß sich zu einer nächtlichen Kontrolle im Hause, vertauschte die eleganten, doch knarrenden Stiefeletten mit bequemen Filzschuhen und stieg geräuschlos die Treppe empor. Trotz strengster Anordnung, baß in jedem Korridor ein Licht die ganze Nacht Uber brennen muß, haben die Zimmermädchen sämtliche Glühlichter abgedreht, «S tst stockfinster im Flur. „War daS nicht ein Geräusch?" fragte sich Ambros und hielt den Schritt an, um zu lauschen. Ein Geräusch ist wahrzunehmen in einem Zimmer in der Nähe „orgelt" ein Passagier in prachtvollen Gut turaltönen und hierüber wahrscheinlich wenig erbaut, schimpft ein benachbarter Zimmerbewohner über solche Sägearbett zu nachtschlafender Zett. Mit Hülfe eines Zündholzes orientierte sich Ambros und drehte alSbann eine Glühlampe auf. In jedem Stockwerk war die gleiche Maßnahme nötig. Um auch die energische Einschärfung der Anordnung nicht zu vergessen, machte sich Ambros einen Knoten ins Taschentuch, und stieg hierauf völlig bis zu den Schlaslokalttäten der Do mestiken hinauf und horchte eine Weile. Hier herrschte wahre Todesruhe, zum Beweise, baß tüchtiges Schaffen tagsüber einen guten Schlaf gewährt. Fast neidete Ambros seinen Dienstboten oieseu. ruhigen, stärkenden Schlaf. Still kehrte der Hotelier in die Office und beobachtete die Abfahrt deS EilwagenS, der ohne Passagiere schellen» klirrend die Reise antrat. Allmählich dämmerte es in den Höhen, das TageSleben erwacht im Dorfe, schon tutet der Ztegenjunge auf dem Horn und ruft auf diese schlafmordende Weise die Ziegen aus den Häusern der oberen Stebelungen. AmbroS stellte sich tn den Flur im Parterre, um den Betriebs beginn im eigenen Hause zu kontrollieren. Am Portal klopfte bereits ein Bäckerjunge, doch in -er Dienstkammer blieb alles still. Ruhig ist es auch, totenstill, in der Kaffeeküch«, nicht die geringsten Vorkehrungen zum Frühstück sind ge» troffen, wiewohl die zweite Eilpost und der Schnellzug tn einer Stunde fällig sind. Erbost drückt Ambros auf die Knöpfe des elektrischen Läutewerkes, Alarm gebend für bas Küchenpersonal, wie in die Kammer deS Nachtdienste-. Un- da auS letzterer nicht sofort jemand erschien, prasselte Tschurtschberger hin ein und trieb der erschrockenen Gesellschaft den Schlaf gründlich auS. Alsbald huschte auch, gleich einem Schwarm aufgeschreckter Tauben, -a- Küchenpersonal herbet, kräftig begrüßt vom jungen, energischen Haus herrn, der sich aus das Wettern gründlich verstand. Ambros kontrollierte bet dieser Gelegenheit das Ge bäck auf Stückzahl und Qualität, mit dem Resultat, da augenblicklich der Bäckermeister geholt werden mußte und die Leviten gelesen bekam, daß dem Manne di« Ohren summten. Erst als Mama erschien, begab sich AmbroS in- Bad und erfrischte den Körper -um neuen Tagewerk. Zweite- Kapitel. In' nächster Nähe be» Hotel» „Alpenrose", doch von der in die Schweiz führenden Straße abseits gelegen, steht ein rotgetünchtes Haus, dessen Front ein Ochsen gehörn als Metzgerei kennzeichnet. Aus ein Firmen schild hat Fleischermetster Ignaz Hungerte, ein vor Jahren nach Schwarzwasser eingewanderter Alemanne, ver zichtet. Der etwa fünfzig Jahre alte, stämmige Mann war schon bet der Geschäftsübernahme der Meinung, daß jeder Einwohner dcS Dorfes ohnehin wissen werbe, wo er sein Fleisch zu holen habe, wasmaßen eS in Schwarz wasser nur einen einzigen Fleischermetster gibt, und für Fremde wirb die HauSsarbe wie da» Ochsengehörn, zur Orientierung genügen. Dem war auch so durch die Jahre, welche im Hause HungerleS nicht zu viel Verände rung brachten. Die Gattin starb allerdings frühzeitig, nicht übermäßig beweint, da Ignaz bei Lebzeiten der Hausfrau ständig klagen mußte, daß sein Weib alle», nur keine richtige resolute Metzgerin gewesen sei. Obwohl au» dem Gebirge stammend, war die Frau eher zart gebaut un- weich veranlagt, eine gute Mutter für da einzige Söhnchen Schorschl, doch vom derben Handwerk un- Berus deS Gatten wollte Ne nicht- wissen und weigerte sich lebenslang, in der „Fleischbank" zu sitzen und Fleisch zu verkaufen. Eine „Gräfin" wollte Hungerle aber nicht geheiratet haben; eS gab Zank, Streit und Tränen, bis man die Dulderin im hölzernen Kittel Pnauftrug zum Bergfriebhof an der gotischen Kirche de» SlpendorseS. Prächtig gedieh Schorschl un- wuchs kräftig heran zur Freude de» Vaters. Uebermätzig tat sich der Junge tn der Schule allerdings nicht hervor, er lernte bas Nötigste, war allzeit bereit, mit der Kaust sich Recht un- Respekt zu erkämpfen, bei allen Knabenstreichen dabei und früh zeitig schon anstellig für die Berufsarbeiten deS Vater-, der be» öfteren Nachbarn gegenüber schmunzelnd äußerte, au» Schorschl würbe ein sehr tüchtiger Metzger werden. Mit neunzehn Jahren war die» auch tatsächlich der Fall; Schorschl hatte auswärts in einem größeren Ge schäft praktiziert, die Kachkenntntsse erweitert, die» auf Ratschlag der HotelterSfrau Tschurtschberger, tn deren Interesse e» liegen mußte, -aß der einstige Geschäfts nachfolger HungerleS tüchtig im Fache sei. Waren doch die Hotels, inSbefondere die „Alpenrose , auf die Fleisch versorgung durch diese Firma angewiesen. Etn stämmiger, von Kraft strotzender, kerngesunder Bursch«, konnte Schorschl der Aushebung zum Militär, dienst nicht entrinnen, er wurde Saiserjäger und mußte -um nicht geringen Lerger d«S Vater» einrücken. Die drei Dienstjahre gingen herum, für Hungerle »vn. nicht gerade schnell, doch Schorschl befand sich, vom Vater- bans« kräftig unterstützt, recht wohl in der hechtgrauen Uniform, ja er wäre gar nicht abgeneigt gewesen, al» Unteroffizier weiter zu dienen; allein Vater Hungerle wollte, dem Milttärftanb ohnehin nicht freundlich gesinnt, hiervon nicht» wissen und befahl nach Umfluß der Dienst zeit die sofortige Heimkehr. DaS paßte nun aber, dem feschen Schorschl nicht, der doch etwas auSschnaufen, frei allen Zwanges eine Zeitlang lustig leben und sich eine größere Stadt anschauen wollte. Ein kluger Kopf, sagte der Bursche von seinen Plänen nichts, schrieb aber dem Vater, daß er sich gern in der Wurstfabrikation noch besser ausbilden und daher mit der Erlaubnis hierzu sich das nötige Geld erbitten möchte. Vater Hungerle kroch auf diesen Leim, er war gerade zu stolz auf den Lerneifer des Sohnes und freute sich, daß die Sorge ob einer Sinnesänderung infolge der Militär dienstzeit überflüssig war. Schorschl erhielt Geld, sowie ein Schreiben an einen Geschäftsfreund in der Landes hauptstadt, bet welchem der ausgediente Kaiserjäger als Geselle eintreten konnte und bet aller strengen Arbeit fröhlich lebte. Wte nun aber für das Alpenborf die Hochsaison heran rückte, die Ernte für die Hotels und damit speziell auch für den Fletschermeister begann, forderte Hungerle seinen Sohn zu sofortiger Heimkehr auf, und Schorschl kam ge horsam in bas rotgetünchte Elternhaus zurück. DaS war etn Geguck von den Mädchen deS Dorfes, wie der schlanke, fesche Bursche, dem etn herrischer Schnauzbart auf der Oberlippe thronte, halb Civtl, halb durch die Kaiserjägerhose und mit der Dienstmütze auf dem hübschen Kopfe noch Militär, stramm etnmarschierte und für jedes Mädel einen lustigen Gruß, für jeden Bursche» etn Scherzwort hatte. Solche Leutseligkeit bei einem Jungburschen, der einmal die Metzgerei und wahr scheinlich viel Gelb dazu bekommt, mußte dem Schorschl hoch angerechnet werden, ihn als begehrenswerte Per- s.nlichkett erscheinen zu lassen. Tieferes Interesse für ein weibliches Wesen bekundete Schorschl in der nächsten Zett nach erfolgter Heimkehr nicht, er war nett und lustiger Dinge, fleißig im Geschäft, in freier Zeit ein fidele» „Brüder! im Spiel", scherzte, schäkerte und trieb wte jeder gleichalterige Bursche jugendlichen Unsinn. In der „Schwemm'" der benachbarten „Alpenrose" saß Schorschl seine WtrtShauszeit ab, witzelte mit Genossen über die Toiletten städtischer Damen, besonders über langstelzige Engländerinnen, doch hielt Hungerle jun. auffallend Maß im Trinken, er verschmähte eS, Tabak auS Pfeifen zu rauchen. Man konnte nicht sagen, daß die Zechgenoflen diese Abstinenz al» besonder» wichtige» Ereignis betrachteten, doch imponierte eS ihnen im Laufe der Zeit, zumal da Schorschl allseitig freigebig von seinen Cigarren verteilte und dabet erklärte, er könne nicht Pfeifen rauchen, weil ihn der scharfe Tabak stet» auf der Zunge brenne. Im Stillen sagten sich die Zechgenossen wohl, der Schorschl sei beim Militär eben -och ,Herrisch*! geworden. (Fortsetzung folgt.)
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