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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030613015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903061301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903061301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-06
- Tag1903-06-13
- Monat1903-06
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Wie das Blatt „Stampa" erfährt, haben die Offiziere, die den Streich durchsührten, vorher, um nicht aufzufallen, im OffizierSkasino gezecht und sich immer wieder den Marsch der Königin Draga aufspielen lassen. Um die verabredete Stunde erhoben sie sich und gingen direkt in den Konak. Der Offizier, der die Gegenaktion zu Gunsten des ermordeten König« im Militärlager zu Banjiza versuchte, war der Hauptmann Demeter Nikolitsch. Die beiden Brüder der Königin Draga wurden auf dem Wege von ihrer Woh nung m den Konak erschossen, wo sie ihrer Schwester zu Hülfe kommen wollten. Generaladjutant General Lasar Petrowitsch wurde vom Hauptmann Ristitsch er schossen; die Kugel traf den General mitten in die Stirne. Dieser General, der >n letzter Zeit bei Hof« einen seiner Intelligenz nicht entsprechenden bedeutenden Einfluß aus übte, galt als der böse Geist des KönigSpaare«. Wie die „BeogradSki Novine" melden, gab König Alexander, obgleich er schon um 2V» Ubr morgens erschossen wurde, bis gegen 4 Ubr nock Lebenszeichen. Diese Meldung ist jedoch nicht bestätigt worden. Die »Berliner Nationalzeitung" veröffentlicht eine Unter redung ihres Belgrader Korrespondenten mit dem Oberst leutnant Mischitsch. Dieser äußerte: „Wir waren unserer viele. Ob ich oder rin anderer zurrst geschossen, darüber bestehen eigentlich nur Vermutungen. Uns ist die Hauptsache, daß unser Werk gelungen ist. Wir haben dem Vaterland einen ungeheuren Dienst geleistet und sind sehr befriedigt von unserem Erfolg. Gegen den Geoeral- avjutanten Lasar Petrowitsch feuerte der als vorzüg licher Schütze bekannte Hauptmann Milan Ristitsch den ersten Schuß, der den Adjutanten in die Stirn traf, sodaß er sofort tot war." Die Stimmung in Belgrad. * Belgrad, 1l. Juni. Die meisten öffentlichen Gebäude haben gleich vielen Privathäusern die Fahnen ausgesteckl. Die Gendarmerie ist seit 2 Uhr nachts außer Tätigkeit gesetzt. Soldaten besorgen den Sicherheitsdienst. Ueberall sieht man Offiziersposten mit Mann;chaft, am meisten in den großen Verkehrsadern in der Schloßgegend. Von Zeit zu Zeit ziehen größere Truppen - Abteilungen mit Trommel- ilang durch Vie Hauptstraßen. Da- Post« und auch da« Telegraphen - Amt arbeiten seit Vormittag wieder. Viele zertrümmerte Fenster und auch sonstige Spuren an den Häusern in der Nähe deS Konaks zeugen davon» daß LaS Militär viel geschossen hat, als es auf der Straße an fänglich auf vrn Widerstand der Polizei stieß oder doch darauf zu stoßen fürchtete. Man erzählt, viele Amtskanzleien, Privatkanzleien und Wohnungen hätten den Bilverschmuck, bestehend in Bildern von Mitgliedern der Dynastie Obreno- wilsch, beseitigt, und die Bildnisse der Dynastie Karageorge- witsch würden hervorgeholt. Spuren im Garten vor dem Königsschloß zeugen davon, wieviel au« den Fenstern ve« Schlosses hinaus geschossen worben ist; eine Kugel flog bei dem Blutbad, daS etwa dreiviertel Stunde währte, also gegen 3 Uhr srüh endete, in ein Fenster der russischen Gesandtschaft, die dem königlichen Schlosse genau gegenüber liegt. Viele Leute niedern Standes geben offen durch Ge berven und Aeußerungen, die meist in der Trunkenheit au»- gestoßen werden, zu erkennen, daß sie über das Geschehnis im Konak frohlocken. Handel und Wandel, der Unterricht stocken gänzlich. Mehrere Offiziere, darunter auch der Sohn de« Generals Grujitsch, Gesandten in Konstantinopel, und Oberst Ljubomir Kristitsch, verkündeten den Soldaten und den Volksmassen mit lauter Stimme, daß Alexander und Draga ermordet worden seien. Der Umsturz war zweiselloS durch eine Gruppe von zwanzig bis dreißig Offizieren, darunter mehrere KriegS- akademiker, Gegnern der Dynastie Obrenowilsch, vor bereitet gewesen. Wie sie behaupten, konnten sie die Bluttat an dem König nicht vermeiden, weil man erfahrungs gemäß sürchien mußte, der König würde sich durch ferne treuen Anbänger zu der ost geübten Verfolgung und sicher auch zu Gewaltmaßregeln gegen die Verschwörer hinreißen lassen, falls die Königin allein getötet, verjagt, entthront ober geschieden worben wäre. AlSvann wäre eine Epoche neuer Drangsalierung gekommen, deren man überdrüssig war. Sie glauben, eine edle Tat getan, Land und Volk von einem Tyrannen befreit zu haben, vamit die sehnlich erwünschte Zeit der Ruhe anbrechen könne. Der Widerhall im AuSlande. * Wien, 12. Juni. (Telegramm.) (Abgeordnetenhaus.) Im Einlauf befindet sich eine Jnlerpellauoa der deutschen Fortschritts partei und der deutschen Bolkspartei, ob der Ministerpräsident in der Lage sei, nähere Mitteilungen über die Belgrader Ereig nisse, sowie deren Folgen zu machen, ferner ob er Len ihm ver- verfassungSmäßig zuslehenden Einfluß dahin geltend zu machen ge neigt sei, daß geeignete Maßregeln zum Schutze der österreichischen Staatsbürger in Serbien zur Wahrung der politischen und wirt schaftlichen Interessen der Monarchie ergriffen werden. * Pest, 12. Juni. (Telegramm.) ^Abgeordnetenhaus.) Der Vizepräsident gibt dem schmerzlichen Gefühle tiefsten Bedauern» über die grauenhafte Katastrophe Ausdruck, deren Opfer König Alexander als letztes Glied der Dynastie Obrenowitjch ge worden sei, die sich stet» in Freundschaft zu Ungarn bestrebt gr- zeigt habe, die freundnachbarlichen Beziehungen ausrecht zu erhalle». Da» Hau» sei einmütig in dem Wunsche, daß e» der serbischen Nation gelingen möge, trotz der schweren Krise sicher» Grundlage» für ihre Entwickelung zu legen. Die Führer der Opposition, Franz Kossuth und Graf Johann Zichy drücken ihre Zustimmung zu den Worten de» Präsidenten aus. Der Ministerpräsident v. Szell er klärt, er wolle sich darauf beschränken, seinem tiefen Schmerz« und seiner Entrüstung über die Schreckenstat Ausdruck zu geben, deren Folgen sich zur Zeit noch nicht übersehen ließen. — In Beantwortung einer Anfrage der Opposition über di« Stellungnahme der Regierung zu den Ereig nissen in Belgrad erklärt der Ministerpräsident, es wäre verfrüht, sich hinsichtlich etwaiger Folgen oder Veränderungen, die eintreten könnten, zu äußern. Er wolle nur di« Hoffnung aus drücken, daß keine solche Entwickelung eintreten werd«, die eine Aenderung der ungarischen Politik gegenüber dem Nachbarstaate notwendig machen würde; jedenfalls werd« Li« Regierung daraus bedacht sein, jedrr eintr«tend»n Eventualität gegenüber das Inter esse Le» Lande- zu wahren. (Allgemeine Zustimmung.) * Wien, k2. Juni. (Telegramm.) Die Nachricht der „Neuen Freien Presse-, die Donaumonitore „SzamoS", „Leitha", „MaroS" und „Koeroe»" seien vor Belgrad ange langt, ist vollkommen unbegründet. * Wie«, 12. Juni. (Telegramm.) Di» „Neue Frei« Presse- meldet aus Pest, die ungarische Regirrung habe die Grenrbewachung bei Sem l in um 80 Gendarmen verstärkt. In der Besprechung der Belgrader Ereignisse drücken sämtliche Wiener Morgenblätter ihr Entsetzen über di« Mordtaten aus und bezeichnen sie übereinstimmend als «ine Folge der Ebe Alexanders mit Draga, sowie be schleunigt und veranlaßt durch die Machenschaften der letzten Wahlen. Die Mehrzahl der Blätter ist der Ansicht, daß bas Ereignis auf Serbien lokalisiert bleiben und auf die all gemeine europäische Politik keinen Einfluß üben werde. Die „Neue Freie Presse- schreibt: Die Familie Karageorge- wltsch bewarb sich immer um den Schuv und die Sym pathien Oesterreich-Ungarn«; auch Peter Karageorgewitsch wisse, wie groß die Vorteile dieser mächtigen Nachbar schaft für Serbien seien, der noch di« Wirkung de« österreichisch-russisch«» Einvernehmen« zur Seite steh». Zweifellos habe die neue Dynastie diese Erkenntnis. Bisher fei kein Anlaß, die Umwälzung in Serbien al« eine Gefahr für die allgemeine Politik und für den Frieden ru betrachten. Das „Neue Wiener Tagblatt" erklärt: Daß die mili tärischen Führer ve» Putsche« Peter Karageorgewitsch zum König ausriefen, ist noch kein Ereignis von bleibendem Werte; die serbischen Königsmacher stehen nicht in der Reihe der Armee, sondern sitzen in d«r Skupschtina. Ihr Votum allein ist es, daS legale Bedeutung hat, und ist Peter Kara- georgewitsch ihr Kandidat, dann kann er König werden. Serbien ist, sobald es die Ordnung verbürgt, Herr seiner eigenen Geschicke. — Die „Zeit" führt auS: Da kein Obrenowitsch mehr lebt, fehle den auswärtigen Mächten der Anlaß, zur Wahrung deS Legitimität-Prinzips einruschreiten. Karageorgewitsch werde wohl im Falle seiner Thronbesteigung die Er kenntnis dokumentieren, daß sie von der Freundschaft Oesterreich-Ungarn« abhängig sei; denn noch stehe die österreichisch - ungarische Diplomatie vor einer schweren und verantwortungsvollen Ausgabe. Unter allen Um ständen gelte es, kalte» Blut zu zeigen und das Pulver trocken zu halten. Die „Oesterreichische VolkSzeitung" schreibt: Die Katastrophe hätte Serbien wieder zu einem bedenklichen Sorgenherd für Europa gemacht, wenn nicht das österreichisch-ungarisch-russische Uebereinkommen ein Weitergreifen dieser neuesten Frage un- wahrscheinlich machen würde. Der Grundsatz der Nichtein mischung der beteiligten Großmächte macht e« vielmehr wahr scheinlich, daß der Thronwechsel ohne tiefgebende Erregung sich vollziehen werde. Die „Reichswehr" empfiehlt Peter Karageorgewitsch, al« König mit Oesterreich-Ungarn gute Beziehungen zu unterhalten. Serbien dürfe auf den Schutz Oesterreich-Ungarn« rechnen, wenn eS sich selbst diesem Schutze anvertraue. Das „Wiener Journal" meint, daß die neugewählte Regierung durchaus keinen revolutio nären Anstrich trage, da der Kabinettschef und die Minister durch»»« tüchtige und makellose Männer seien. Die „Wiener Morgenpost" meint: Europa sei um eine Sorge reicher geworden, werde aber zweiselloS auch diese Sorge auf un blutige Weise loS werden. * Sofia, 12. Juni. (Telegramm.) Die Ereignisse in Belgrad werden hier kühl ausgenommen. Wie verlautet, herrscht in den Kreisen der Regierung die Ansicht vor, daß die Ereignisse bisher keinen Grund zu irgend welchen Maß nahmen bieten. * Parts, 12. Juni. (Telegramm.) In einer Be sprechung der Belgrader Ereignisse schreibt die „Rs- publid»e FrantzLise": Ja einer anderen Zeit hätte daS Ereignis Beunruhigung Hervorrufen können, aber gegenwärtig sei das Einvernehmen zwischen Oester reich-Ungarn und Rußland so freundlich, daß von dieser Seite keine Verwickelungen zu desürchten feien. „Eclair" weist darauf hin, daß die Familie Karageorgewitsch durchaus russisch gesinnt und durch mannigfache Be ziehungen mit Frankreich verknüvft sei. Man könne unter diesen Umständen leicht voraus ehen, welche Einflüsse in Belgrad zur Wirkung kommen würden. * Madrid, 12. Juni. (Telegramm.) „Liberal" schreibt in einem Leitartikel, Rußland und Oesterreich seien wegen ihrer Intrigen in Serbien al- die eigentlichen Mörder der KönigSsamilie verantwortlich zu machen. 1,. London, 12. Juni. (Privatteligram m.) lieber di« Belgrader Vorgänge schreibt der „Standard": Für die Ausschreitungen gilt keine Entschuldigung oder Beschönigung. Der König ist ohne den Schatten einer Notwendigkeit in bloßer blutdürstiger Wut getötet worben. E» ist schwer anzunebmen, daß der Wett streit von Rußland und Oesterreich-Ungarn um die Vorherrschaft auf dem Balkan nichts mit der end gültigen Vernichtung de« Herrschergeschlechtes Obrenowitsch zu tun hat. Der Kronprätendent. * DaS „Wiener Fremdenblatt" veröffentlicht eine Unterredung seiurS Belgrader Korrespondenten mit dem neuen Ministerpräsidenten Amakumowitsch. Dieser äußerte: „Ich kam gestern aus Alrxinatz zurück, wo ich in advokatorischer Angelegenheit tätig war. Ich wurde öfort in daS Ministerium berufen, wo mich die ibrigen Minister erwarteten und mir über die vollzogene Tat berichteten. Auf deren Bitte übernahm ich vaS Minister- iräsidium. Der heute statlfinvenve Munsterral wird über )i» weiteren Schritte beraten. Mit Karageorgewitsch leben wir vorläufig in keiner Verbindung, wenn gleich ihn die Armee zum König auSgerufen bat. Seine Wahl zum König ist w a h r s ch e l n l i ch, da kein anderer Ausweg gegeben ist. Es wird Sache der Skupschtina sein, ihn zum König zu wählen oder nickt. Die Regierung wird ihn nicht Vorschlägen, sondern diese Aufgabe den De putierten überlassen. Wir werben dann demissionieren. Wir fürchten nicht eine Einmengung des Aus lands«, da da« auch bei Bulgarien nicht der Fall war. Ich bitte Sie, zu konstatieren, daß hier im Lande überall Ruhe und Frieden herrscht. Die Ruhe wird auch ferner andauern." * Pest, 12. Juni. (Telegramm.) Da- Zweigcomitä für die Karageorgewitsch-Propaganda war hier seil langem tätig. Das Erscheinen des Preßorganes „Topola", da« gistigr Artikel gegen die Obrenowitsch» brachte, war aus Beschwerde der serbischen Regierung unmöglich gemacht. Das genannte Blatt erscheint von morgen ad wieder. In der selben Druckerei, vie Alexander Militsch gehört, wurden die Proklamationen Karageorgewitsch«, Flugschriften, Kalender und Ansichtspostkarten mit Angabe München als Druckorl hergestelll und in ungeheuren Mengen nach Serbien ein geschmuggelt. * Parts, 12. Juni. (Telegramm.) Der hier lebende Bruder ve« Prinzen PeterKarageorgewitsch, Prinz Arsen, al« Sportsman engeren Kreisen bekannt, feierte die Wendung in de» Geschicken feines Hause« in einer amerikanischen Bar, wo er den ganzen Nachmittag mit einigen Freunden geräusch voll zechte. — Hier behauptet man, ,» sei unrichtig, daß dir DtzNHstlr O-brenowitsch ganz au«gerott«t sei. Es soll ein natürlicher Sohn de« Königs Milan und der Frau Kristitsch mit seiner Mutter in Konstantinopel leben und Brief« Milans besitzen, bw ihn anerkennen. Die Dynastie Karageorgewitsch. Peter Karageorgewitsch ist 1846 geboren und seit 1888 mit der Prinzessin Zorka von Montenegro ver heiratet. Er stammt von jenem Hirten Karagevrg ab, der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts sich an die Spitze der revolutionären Bewegung gegen oie Türken stellte. Die Laufbahn dieses Begründers der Dynastie ist, so schreibt die „Köln. Ztg.", außerordentlich aben teuerlich gewesen. Er tötete einen Türken, der ihm Bieh geraubt hatte, und floh dann mit seiner Familie und seinen Eltern nach Lärmten. Da er fürchtete, sein Bater wurde ihn den Türken anzeigen, erschlug er ihn. Er fand mit den Seinigcn Aufnahme in dem Kloster Kruschewo, in welchem er selbst als Förster diente. Von da wandte er sich nach Oesterreich, wo er Heeresdienst nahm; er desertierte und floh nach Serbien, wo er Heiduck wurde. Während des Krieges zwischen Oesterreich und der Pforte (1788—81) wurde er mit Gemalt wieder in die österreichische Armee gesteckt; er nahm dann an mehreren Gefechten teil und wurde Unteroffizier. Nach dem Frieden von Sistow ließ er sich in Topol nieder. 1786 tat er in einer Kirche öffentlich Buße für die Ermordung seines Vaters. Als die Pforte die Empörung der Janitscharen in Serbien bekämpfte, diente er mit vielen andern Landsleuten bei den Türken unter dem Pascha von Belgrad, der 1808 von den Janitscharen ermordet wurde. Karageorg wurde wieder Heiduck. Am 1. Februar 1804 wurde er von den serbischen Aufständischen zum Führer ausgerufen. Er belagerte Belgrad, und zwar mit Unterstützung der Pforte, der es vor allem auf die Unterdrückung der Janitscharen ankam. Die Führer der Letzteren flohen, wurden gefangen und enthauptet. Nun wandten sich die Serben an Rußland um Unterstützung in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit; der Pforte gegenüber wollten sie letztere durch einen Tribut erkaufen. Karageorg und seine Leute hatten sich mittlerweile fast ganz Serbiens bemächtigt, die Pforte wollte sie entwaffnen; die Aufständischen schlugen jedoch den gegen sie gesandten Pascha von Nisch. Einige Monate später rief die Skupschtina von Semcndria Kara georg zinn Oberhaupte der serbischen Nation aus. 1806 schlug er die Türken zweimal, indes er weiter mit der Türkei unterhandelte, im folgenden Jahre nahm er Bel grad. In den Waffenstillstand, den Rußland mit der Türkei schloß, wurden die Serben einbegriffen. 1808 wurden die Feindseligkeiten wieder ausgenommen. Kara georg zog durch Altserbien, um sich mit den Montene grinern zu vereinigen, belagerte Nvwtbazar, und machte eine Abschwenkung nach der Herzegowina; unterdes schlugen die Türken die Serben im eigenen Lande, und nur weil die Russen in Bulgarien den Türken zu schassen machten, wurde den Serben der Untergang erspart. Kara- georg kehrte zurück und befestigte seine Autorität durch mehrere Erfolge. 1811 machte ihm die Pforte Friedens vorschläge, die er zurückwies, da er nicht ohne die Russen unterhandeln wollte. Aber diese waren von Napoleon be droht und schlossen mit der Pforte de» Vertrag von Buka rest im Jahre 1812, worin sic den Serben gewisse Ver günstigungen auswirkten, die von den Türken aber nie anders denn als tote Buchstaben angesehen wurden. Ein Versuch Serbiens, selbständig von der Türkei mildere Be dingungen zu erhalten, führte zu einem Angriffe der Türken im Jahre 1818 von drei Leiten, dessen Wucht Karageorg nicht gewachsen war Er floh aus Belgrad nach Semlin, ohne eine einzige Schlacht gewagt zu haben. Aus Semlin vertrieb ihn die österreichische Regierung, darauf ging er nach Bessarabien und kebrtc 1817 heimlich nach Serbien zurück, um seine Landsleute aufs neue gegen die TUrkei zum Kampfe zu rufen. Aber der Kommandant von Semendria, dem er sich zu erkennen gegeben hatte, verriet ihn den Belgrader Behörden und ließ ihn in der Nackt vom 24. zinn 26. Juli 1817 ermorden. > Lohn Alerander Karageorgewitsch ha«u -erbten ebenfalls seit 1813 verlassen und trat jetzt, nach dein Tode seines Vaters, in die russische Armee ein, wo er es bis zum Hauptmann im Generalstabe brachte. Erst 1888 kehrte er nach Serbien zurück, nach einer sehr kurzen militärischen Laufbahn wurde er am 11. September 1842 zum Fürsten von Serbien audgerufen. Dem Lande hatte Inzwischen Milosch Obrenowitsch in siegreichen Kämpfen gegen die Türken erst eine gewisse Selbst verwaltung, dann mit Hülfe Rußlands, daS sich auf den Bukarester Vertrag stützte, eine größere konstitutionelle Autonomie erkämpft. Aber die ungeschickte Art rviiloschs, die Regierung zu führen, weckte so viel Widerstand gegen ihn im Lande und auch bei seinen russi schen Gönnern, daß er 1839 zur Abdankung gezwungen wurde. Seine beiden Löhne folgten, der erste starb schon nach 20 Tagen, der zweite war mit seinen 17 Jahren zu jung, der großen Schwierigkeiten, die ihm sein Vater hinterlaßen hatte, Herr zu werden. Er verließ 1842 frei willig das Land, und nun riefen die Unzufriedenen unter der Führung eines gewissen Wutschitsch den allgemein be- liebten Alexander Karageorgewitsch zum Fürsten aus. Er war bemüht, sich auf die Pforte zu stützen, um mit ihrer Hülfe den russischen und österreichischen Einflüssen die Spitze bieten zu können, zugleich bemühte er sich mit Er folg um die wirtschaftliche Hebung des Landes. 1848 ließ er in Serbien ein Fretwilltgenkvrpß bilden, das sich an der Niederwerfung des ungarischen Aufstandes beteiligte. Im russisch-türkischen Kriege hielt er sich streng neutral. Ter Vertrag von Paris im Jahre 1856 nalM den Russen das Protektorat über Serbien. Aber den inneren Frieden des Landes vermochte auch er nicht bauernd zu erhalten; die Partei der Nationalisten warf ihm allzu großeSchwäche gegen die Türkei vor und zwang ihn trotz -iner miß glückten Verschwörung am 21. Dezember 1858 zur Ab dankung. Während er in Ungarn als Privatmann lebte, machte man ihm noch einen Prozeß, indem man ihm Be teiligung an der Ermordung des Fürsten Michael Obreno- witsch vorwarf, dessen Dynastie natürlich 1858 wieder anS Ruber gekommen war. Er wurde zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt, aber von Oesterreich nicht ausgeliefert. Er starb 1885 zu Tcmesvar in Ungarn. Auf Michael folgte sein Großneffe MilanObreno- wttsch IV. Da er noch minderjährig war, setzte man eine Regentschaft ein, die dem Lande 1860 eine Verfassung gab. Der Krieg, den Serbien und Montenegro 1876 der Türkei erklärten, endete mit einer Wiederherstellung des ststus qua, der russisch-türkische Krieg von 1877 aber be kanntlich mit der Erklärung der völligen Unabhängigkeit Serbiens und einer Vergrößerung seines Gebiets. Am 0. März 1882 nahm der Fürst den Königstitel an. 1885 folgte der serbisch-bulgarische Krieg, der mit der großen Niederlage von Sliwnitza endete und die Aufrcchthalt- tung des -Natus guo zum Ergebnis hatte. Am 6. März 188g dankte Milan zu Gunsten Alcranders ab, dessen Herr schaft in der vorletztenNacht ihr Ende gefunden hat. An all diesen politischen Ereignissen unter den beiden Obrcnv- witsch haben die Karageorgewitsch, meist von Montenegro aus, ans die Geschicke Serbiens etnzuwirken versucht; wie cs scheint ist die Reihe jetzt wieder an ihnen, die dornen volle Krone des Landes zu tragen. Die Belgrader Katastrophe und das Völkerrecht. Die Katastrophein Serbien legt vor allem die Frage nahe, welche Stellung das Völkerrecht gegen über der in Belgrad vollzogenen Umwälzung einnimmt. Der Münchener Rechtslehrer Professor vr. Gareis er örtert in der neuesten Auflage feiner „Institutionen des Völkerrechtes" (Gießen, 1001, Emil Roth) die Frage nach dem Erwerb der Herrschaft des Staatshauptes und die Stellung des Völkerrechtes zu dieser Frage u. a. folgendermaßen: „Das Völkerrecht hat sich grundsätzlich damit zu begnügen, daß die Herrschaft wirklich erworben ist, gleich viel ob dieser Erwerb legitim oder illegitim vom Standpunkte der Ver fassung des konkreten Staatswesens aus genannt werden könnte oder müßte. Nach der Auffassung der Legitimisten wäre die Prüfung deS Rechtes der Herrschastscrwerbung Lache des Völker rechtes und dieses für verpflichtet zu erachten, die faktisch verdrängte legitime Herrschaft als feststehend und die neue unter Rechtsbruch entstandene Herrschaft als nicht vorhanden anzusehcn; ja, cs wird von derselben Leite geradezu als Ausgabe des Völkerrechtes betrachtet, die usurpierte illegitime Herrschaft zu beseitigen und die legi time Herrschaft nötigenfalls mittels gewaltsamer Inter vention zu restaurieren. Diese Ansicht fand bedeutende Anhänger, und in mehrfachen Interventionen im 10. Jahrhundert auch praktische Geltendmachung; allein das heutige Völkerrecht steht auf einem anderen Stand punkte: Der Macht der Tatsachen Rechnung tragend, nimmt es an, d a ß s e l b st e i n e durch Rechtsbruch hergestellte StaatSherr- schaft den Charakter einer legitimen Staatsgewalt gewinnt und der Inhaber der selben als Staatsoberhaupt und insbesondere als voll berechtigter Repräsentant des StaatSwcseuS im völker rechtlichen Verkehre angesehen werden muß, wenn seine Herrschaft 1) bauernden Bestand und 2) die An erkennung der beteiligten Gemeinwesen sich zu erringen vermocht hat. Die Frage, ob eine be stimmte Person Ltaatshaupt sei oder nicht, wird demnach abhängig von der Untersuchung über den wirklichen dauernden und anerkannten Besitz der Staatsherrschaft beantwortet. In der Bejahung der Frage liegt aber kein Urteil über die Rechtmäßigkeit deS Erwerbes der Herr, schäft; übrigens ist die Anerkennung eines Staat-- hanptcs durch die fremden Staaten keineswegs eine Voraussetzung sür die Existenz seiner Herrschaft. Die Anerkennung Kat auch hier wie bei der Krage der Ent- stehung der Ltaaten nur einen deklaratorischen, nicht einen konstitutiven Charakter. Die fremden
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