01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030704017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903070401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903070401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-04
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Di« Spedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend» 7 Uhr. Eptru-Beilagen (^salzt), nur mit oer Morueu-Lusaab«, »hu« Postbefördernu, ^l SV.—, mit Postbesördermg ul 7V.—* Aazeigeu-Prei- die Sgespaltene Petttzeile L5 Reklamen mckrr dem Rrdavtousstrich (4 gespalten) 7S vor den Famillennach- richten (S gespalten) 50 Ls. Dabellarischer und Ziffernsatz mtsprecheud höher. — Gebühren Mr Nachweisungen rurd Offertrnaauahme 25 L, (excl. Porto). Nr. M4. Äonnadenb den 4. Juli 190L 87. Jahrgang. Vie Nrichstagöwnhlett in Württemberg. D Vvn den 17 wllrtttMvetgffchtn »ßihlktttsen sind 4 nach tvte vor im Besitze desZentrums, den keine andere Partei streitig zu machen auch nur gewagt hat. Die Bvlk» Patt«i hat, nachdem ste IN der Hauptwahl keinen einzigen ihrer Litze behauptet hatte, in der Stichwahl 8 von den bisherigen 6 Mandaten gerettet. Die Sozialdemokratie ist von 2 ans 4 gewachsen» Konservative und Bund der Landwirte Vvn 2 auf 8> Die deutsche lnationalltveralr) Partei hat in heißem Kampf da- Mandat HievtrS gegen den sozialdemokratische« Ansturm mit einem auch die kühnste« Erwartungen übertreffenden Mehr von über 6400 Stimme« (16 800 gegen 16 400) behauptet, die zwei anderen bisher innegehavten Mandate an Sozial, dewokratic und BolkSpartei verloren. Das hervor stechendste Merkmal der Stichwahlen war die überaus günstige Lage der BolkSpartei, die gegen Zentrum und Sozialdemokraten durchweg der Seutschparteiltchen Hülfe, gegen die deutsche Partei dagegen der sozialdemokratischen und der ZentrumSuutersttttzung sicher war, um ihrerseits im Kumpf gegen Sen Bund der Landwirte an der Seite der Sozialdemokratie zn stehen. An dem für die nationale Sache ungün« stillen Wahlausfall trügt itt erster Linie die eigensinnige und kurzsichtige Taktik des Bundes der Landwirte schuld» der auch überwiegend industriellen Be« zirken seine Kandidaturen aufbrüngte und durch die hier« durch bewirkte Stimmenzevsplltterung lediglich -er Gozinld"v^'kr^'e und der Demokratie in dir Hünde arbeitete. Darüber kann für den Unbefangenen nicht der geringste Zweifel bestehen, es wird sogar in der konser- oattven Partei zugestanden. Deshalb hat man auch weit in nationale, ja sogar in konservative Kreise hinein die Niederlage Schremvss, so bedauerlich sie für die Sache sein mag, doch nicht ohne eine gewisse Genugtuung ausgenommen. Wenn ein seit 30 Jahren noch nie anders als konser« vattv und nattonalltberal vertretener Wahlkreis diesmal an die Demokratie verloren ging, so ist das lediglich der Person SchrempsS zuzuschreiven. In der Person Schrempfs war die konservative Demagogie, die seit Jahren in Desorganisation der Parteiverhältnisse Württemberg- das Menschenmügltche geleistet hat, ver körpert. Ob der Bund der Landwirte an dem früheren Pfarrer Wolff, der an HegelmaterS Stelle die erste Handelsstadt deS SchwabenlandeS, Heilbronn (l), im Reichstag vertreten und wohl der konservativen Retchs- tagsfraktion beitreten wird, einen in agitatorischer Ge wandtheit ebenbürtigen Nachfolger Schrempfs gewinnt, ist fraglich. Die in den beide« fränkischen Wahlkreisen Hall und Mergentheim neugewählten Abgeordneten deS Bunde- der Landwirte lbeide Heiken Bogt) dürften fraktionslos bleiben. Der eine von ihnen, Vogt-Hall, kann als agrarischer Demokrat bezeichnet werden und hat a« skrupellose): Agitation gegen MtlitÜr und Marine, wie gegen Beamte im allgemeinen, im Kampf gegen den treff lichen Nationalökonomen Kinanzrat Losch, der von der deutschen Partei und von der BolkSpartei als gemein samer Kandidat aufgestellt war, auch für schwäbische Be dürfnisse nichts zu wünschen übrig gelassen. Die deutsche Partei hat zwar den Triumph erleben dürfen, daß, je näher die Entscheidung rückte, um so offener von ltnks her die Demokraten, von rechts her die Agrarier in zoll- unb handelspolitischen Fragen auf den Standpunkt sich stellten, den die nationalliberale Reichstagsfraktion ein genommen hat: für neue Handelsverträge auf der Grundlage des Zolltarifs. Aber -er Sieg ist ihr, wenn auch in einigen Wahlkreisen nur wenige Stimmen fast zu- fällig fehlten, im ganzen versagt geblieben; mit um so größerer Freude wurde im ganzen Lande die Behaup tung des Hieberschen Wahlkreises begrüßt. ES werden letzt, wie sonst im Reich, aller hand Ratschläge für baS weiter« Verhalten der deutschen Partei erteilt und bald der Anschluß nach links, bald der nach recht» als Heilmittel em pfohlen. Uns will bedümken, die Partei gehe am besten ihres eigenen Weg» und könne durch ANSba« ihrer Organisation und durch planmäßige Arbeit mit Sicher heit auf kttmftige Erfolge rechnen.So lange partikularisttsche Strömungen und knabenhafte Nörgelet in der Volks partei eine so breite Stelle einnehmen, wie eS trotz mancher Anläufe zum Besseren fraglos immer noch der Fall ist, so lange kann für eine nationale Partei, die ihrer Vergangenheit treu bleiben will, ein förmliche» Zu sammengehen nur ausnahmsweise in Krage kommen. Ob die Demokratie in Militär- und Machtfragen etwas gelernt hat, ob ste im Reichstage an Stelle der bis herigen, nachgerade sprichwörtlich gewordenen und eine schier unglaubliche politische Anspruchslosigkeit der schwäbischen Wähler voraussetzenbeu Schwänzerei eine ernster« »vd Uewiffenhafter« Mitarbsit leiste« wird, bleibt avzuwarte«. Jedenfalls wird ste eine irgend in Betracht kommende Rolle in der deutschen Volksvertretung -U spielen nie vermög«« und deshalb immer breitere Lchich- te« ihrer Anhänger vollends an die Sozialdemokratie ver- lieren. Die anderen werden von selbst den Weg zu einer liberal«« und nationalen Mitttlpärtei finden. DaS extreme AgrariertUM dagegen dürfte nach der Kraft probe des letzten Wahlkampfes seine Blütezeit auch in Württemberg hinter sich haben; e» fehlt ihm an jeder weit- sichtigen Führung. Kürz, so optimistisch es im Augen blicke lauten mag, wir hegen zu der Zukunft der deutschen Partei gute Hoffnungen, freiltch, wir gesagt, nur unter der hoffentlich begründete« Voraussetzung, baß tüchtig und planmäßig gearbeitet und namentlich auch im kleinen organisiert wirb. Deutsches Reich. Berlin, 3. Juli. lKavelnetz und Seekrieg.) Im neuesten Hefte der „Marine-Rundschau^ veröffentlicht Kapitänleutnant William Michaelis eine inhaltreiche Abhandlung über die Verwendung des internationalen Kabelnetzes im Seekriege. Der Nutzen des KabelnetzeS für die Seekriegführumg liegt auf den Gebieten des Nach richtenwesens und der Befehlserteilung. Infolgedessen wird es im Seekriege zu einem Kampfe um die Kabel kommen, -er darauf ausgeht, dem Feind« durch Wegnahme oder Zerstörung seiner Kabel diese Kriegsmittel zu ent reißen, die für die eigenen Zwecke nützlichen Kabel aber gegen Benutzung oder Beschädigung durch den Feind zu sichern. Hieraus ergibt sich ein JntercsseNgegen- satzzwischendenKriegführenden und den aut Krieg« uuinwresstr^,» ««»tret l«n» Fest«« Ausgleich eine Aufgabe de» Srekri * g » rechtes ist. Des wei teren entsteht infolge der unmittelbaren Einwirkung de» telegraphische« Verkehr» auf -en Krieg die Krage, wie weit eine Beteiligung Reutrakv an der Kavelbenu-nng durch die Kriegführenden sich mit der Neutralität ver einige« läßt. Wenn das SeekrtegSrecht auch für diese Dinge, wie in seinen meisten Gebieten, nicht besonder» festgelegt ist, so geben doch die Willensäußerungen der für die Völkerrechtsgemeinschaft wichtigen Staaten bei der Abschlicßung der internationalen Telegraphenkonven tionen und der Brauch -et den seit der Kabelerfindung geführte« Kriegen einen ziemlich bestimmten Standpunkt des SeekrtegSrecht» ab. Dieser Standprmkt wird von Michaelis folgendermaßen umschrieben: Neutrale haben aus dem Bestehen eines Krieges an sich weder die Pflicht» noch das Reckt, KriegSdeveschen anders alS alle übrigen Depeschen aus ihren Linien zu behandeln. Die Ge währung von Vorrechten bezüglich der Beförderung der KriegSdepeschen oder behufs Anschluß oder Landung von Kriegskabeln an neutrale Linien oder auf neutralem Ge biete ist mit -er Neutralität nickt vereinbar. Für eine« kriegführenden Staat bestimmtes Kabelmaterial wir- in Zukunft vom Gegner voraussichtlich al» KrtegSkontre- bande behandelt werden. Jeder Kriegführende ist be rechtigt, auf seinen oder unter seiner Kontrolle stehende« Kabeln diejenigen Einschränkungen -es telegraphischen Verkehr» platzgreifen zu lassen, welche er für notwendig erachtet. Jeder Kriegführende ist zur Zerstörung von Kabeln, die feindlicher Staats- oder Privatbesitz sind; an jeder Stelle, solcher, welche neutraler Besitz sind» inner halb der HohritSgewäfser des Feindes berechtigt. Kabel dampfer, die von einem Kriegführenden zerstörte Kabel gegen besten Willen auszubestern unternehmen, können als Prise aufgebracht werben. — Innerhalb neutraler HoheitSgewäffer sind natürlich Unternehmungen -er Kriegführenden gegen Kabel ebenso, wie alle andern KrtegShandlungen überhaupt, ausgeschlossen. Daß die KriegSraison häufig auch Ueberschrettungen des allgemein als berechtigt Anerkannten erforderlich macht, ist aus der Natur des Krieges selbstverständlich. Alsdann werden aber die verletzten Neutralen Bezahlung fordern. Berlin, 3. Juli. sNattonalsozialeSelbst- erkenntntS und nationalsoziale UeVer- Hebung.) Was den Nationalsozialcn nach dem Er gebnis der Reichstagswahlen vor Augen gehalten worden ist, ihre vollständige Ohnmacht gegenüber der Sozialdemokratie, da» wirb jetzt von der „Hülfe" ausdrücklich zugestandcn. Das nationalsoztale Organ stellt nämlich — ganz wie e» vorher von anderer Seite ge schah — die Gtimmenzahl au» 7 Wahlkreisen zusammen, in denen die Nationalfozialen hauptsächlich agitiert hatten, und zieht auS der Tatsache, baß die Sozialdemokratie in diesen Wahlkreisen rund 18500 Stimmen gewonnen hat, den Schluß, daß die Nationalsozialen „der Sozialdemokratie gegenüber einfach machtlos sind." Im Anschlüsse hieran beklagt die „Hülfe", wie wenig nationalsoziale Wähler willens seien, bei der Stichwahl den Sozialdemokraten als da» kleinere Uebel anzusehen: hierin liege ein deutlicher Beweis dafür, daß «S nicht gerade die Arveiterseite des nationalfozialen Programms sei, die in der Hauptwahl Stimmen geworben habe. Solche Erfahrungen könnten den Mut für die Zukunft der nationalsoztalen Partei nicht stärken: „Die Stunde für nationalen Sozialismus", meint die „Hülse", „hat einfach noch nicht geschlagen." — Hoffent lich schlägt in Deutschland nielnalS die Stunde für einen Sozialismus, der sich zwar national nennt, aber absichtlich und unabsichtlich bloß der Schrittmacher für den Sozial- demokratiSmus ist. Berührt die Erkenntnis, daß die nativ- nalsoziale Flagge angesichts de» Wahlergebnisses nieder geholt werden müsse, immerhin sympathisch, so mutet eine Betrachtung der ,Dülfe" über den neuen Reichstag wegen ihrer von Selbstüberhebung strotzenden Charakteristik der Nationaliberalen geradezu widerwärtig an. Die Ratio- nalliberalen sind nach der „Hülfe" ein Produkt der politischen Verschwommenheit und ver schiedener tzurchtelemente: „Furcht vor dem KleritaliSmuS, Furcht vvr der Sozialdemokratie, Furcht vor -em Bünblertum, Furcht vor der Regierung, Über haupt Furcht vor allem Festen und Kräftigen . . . Die Größe deS nationalliberalen Erfolge» stammt nicht aus der festen politischen Ueberzeugung: Mittlere Linie, sondern aus der unglaublichen politischen Zerfahrenheit und Un klarheit unseres gebildete« Bürgertums." — Die National- liberalen „fürchten" allerdings, baß die Verwirklichung der klerikalen, der sozialdemokratischen, der büNdlerische« Ziele der Gesamtheit nicht zum Segen gereichen könne, und des halb bekämpfe« die Nationalliberalen Klerikalismus, Sozialdemokratie und extremes Agrariertum. Weil aber -te Rationalltberalen vor solchen Kämpfen nicht zurück scheuen, kann ihnen der Borwurf der Furchtsamkeit nur von jemand gemacht werben, der den Rationalltberalen als dialektisch gehässiger Widerfacher gegenübersteht. Auch die Behauptung, die feste politische Ueberzeugung von der Notwendigkeit der „mittleren Linie" habe keine« Anteil an dem nationalltberalen Wahlerfolge, ist nur auS dem Uedelwollen eines Vertreters radikaler politischer An schauungen zu erklären. TS müßte um -te politische Bil dung des deutschen Volkes traurig bestellt sein, wenn jene Kouwromißpolittk der mittleren Linie, die bei der Be gründung des Reiches so glänzende Früchte getragen hat, im deutschen Bürgertume kein Verständnis und keinen Boden mehr fände. Das Gegenteil ist, wie die letzte Reichstagswahl von n«uem bewiesen hat, erfreuliche Wahr- beit. Und daran ändert radikale LSsterungSsucht nicht da- Mindeste. * Brrlttt, 3. Sali. Zue Frage eines sozialdemv- kratischen Sitze« im Reich-tag-präsivium hat Fürst Bismarck im Jabre 1895 in den „Hamb. Rachr." da» Wort ergriffen. Da» Blätt schrieb damals i« seinem Auftrag«: „Mr Halte» es für eimn taktische» Fehler der übrige« Fraktionen, nicht datäUs ktstaadeä zn -ade«, kdß di» Sozialdemokratie al» «üchststirkste Partei »eben -em Zentrum eine PrÜsidenteustell« zu übernehme« habe. « liegt unserer «nffassnng «ach in der Aufgabe der übrige« parla mentarischen Fraktionen, dl« sozialdemokratische Partei dnrch alle parlamentarischen Mittel zur Entwickelung ihrer ZukanftSplSne z» nötigen. Wenn die Sozialdemokratie genötigt wird, da» Bild det sozialdemokratischen Zukunft de« Bolle« in klar,«» Umrißen al« bisher der öffentlichen Kritik prri«,»geben, so wird ihr, Gefähr lichkeit erheblich vermindert und der Glaube Sn ihre Regierungs fähigkeit überhaupt vernichtet werden. E« ist die Ausgabe det anderen Parteien, di« Führer der Sozialdemokratie auf diesem Wege nck ndenränm zu führen. Die Hauptrrfvlge der Sozial demokratie beruhen auf ihrer Taktik, olle» zu kritisieren, was im Staat» geschieht, aber stet» zu verschweigen, wie sie selbst den Staat Anrichten würde«, sowohl im ganzen wie im wirtschaft lichen Leben. Die Kritik ist leicht, die Kunst ist schwer, auch dir de« Regieren». DaS wißen die Führer der Sozialdemokratie; aber wie si, regieren würde», wenn sie an» Ruder kämen, wissen wir nicht, und wenn ste genötigt wäre», sich darüber auszusprechen, so würden ste ihren Zulauf verlieren. Auf dem Wege, die Sozialdemokratie zur Darlegung ihres ZukunftSpro- gtamm- uud ihrer Regieruagsabsichten -u nötige«, würde «i» «ia nützlicher Fortschritt gewesen sein, wenn die sozial demokratische Partei angehalt«« worden wär«, einen der Ihrige» zum Präsidenten de» Reichstages Herzug,be«. Daß si« sich dessen weigert, so lang« sie kann, ist erklärlich, dran in der Präsidial stellung können manche Situationen »intrrtea, durch welche eia sozialistischer Präsident gezwungen wird, die MaSke, durch welche er sein» Zukunft-Politik deckt, einigermaßen zu lüften." Zutreffend schreibt di, »Köln. Bolttztg." zu der erneuten Diskussion über dies« Frage: „Wir meinen gegenüber den Auslastungen konservativer Blätter, schon die geheim« Furcht des „BorwLrt«", die sozialdemokratische Fraktion vor dem Amt, nicht schützen zu können, deute darauf hin, daß rin Sozialdemokrat im Vorstand doch auch seinen Wert hätte. Urberdies wird ja iu Folge de- Anwachsen» der Partei ihre parlamentarisch» Haltung, si« möge wolle» oder nicht, nicht unerheblich sich ändern wüste«. Die Ausführungen Bernsteins und in gleicher Richtung sich bewegende Ausführungen HeineS kündigen das auch mit aller Deutlichkeit an. Im übrigen kann man einst weilen das Thema verlasten. Wenn der „vorwärts" di, Frage dilatorisch behandelt, so hat es Hamit für di, anderen Parteien «st recht kein« Eile." ' — Der Entwurf einer Novelle zum Umlage- Preußischen Aerztekammern hat der preußische Kultusminister dem Aerztekammerausschuk zur Be«, gutachtung zugehen lasten. In dem Entwürfe wird appro bierten Aerzten, die nicht praktizieren, da» Recht eingeräumt, der Aerztekammer eine entsprechende schriftliche Erklärung ab- zugeben, durch die sie von der Beitragsverpflichtung befreit werden. Wer dieser Erklärung zuwider die Praxi» auSübt oder e» unterläßt, von der Wiederaufnahme der ärzt lichen Praxi» dem Vorstande der Aerztekammer binnen zwei Wochen Anzeige zu erstatten, hat da» Bier- bi« Zehn fache des hinterzogenen Jahresbeitrages als Strafe zu ent richten und verliert für die Zukunft den Anspruch auf Be freiung. Als Ausübung oder Wiederaufnahme der Praxis soll nicht gelten di« ärztliche Hülseleistung in Notfällen. Während der Dauer der Befreiung ruhen da» Wahlrecht und die Wählbarkeit zur Aerztekammer. — Der Arzt Vr. meck. Schumann, der Sohn de» polnischen Abgeordneten aus Pofen, schrieb sich überein stimmend mit der Schreibweise, die bei der Eintragung der Ge« ourt in das Kirchenbuch anaewcndet worden war. „Szu- man". Der Name des VaterS lautete im Kirchenbuch« „Schumann". Die Regierung nahm darauf Anlaß, Vie Be richtigung der Eintragung im Kirchenbuche durch Verschreibung eines Vermerke» dahin anzuordnen, daß der Familienname richtig „Schumann" laute. Kurz darauf gab der Polizei präsident dem Arzte auf, sein Straßenschild binnen zehn Tagen zu ändern. Der Arzt erhob Klage beim Bezirks ausschuß und betonte, seine vorfahren hätten sich stet- „Szu- man" geschrieben, auch sei er vom Kammergerichte rechtskräftig von der Anklage, unbefugt seinen Familiennamen geändert zu haben, freigesprochen worden. Der Bezirksaus schuß tvw» jedoch die Kwg« al» unbegründet lurUck, und da» OberderwaltunaSaericht bestätigte die Vorent scheidung, indem eS ausfüyrte: „Ist in der Schreibweise „Szu- man" statt „Schumann eine Aendenina de» Familiennamens zu finden, so stellen Handlungen, in denen die Aenberung äußerlich und öffentlich zu Tage tritt, Störungen der öffent lichen Ordnung dar, deUen entgegenzutreten die Polizeibehörde kraft der ihr in 8 10, II. 17, des Allgemeinen Landrechts zu- aewiesenen Aufgabe, die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung zu treffen, woU befugt ist. Als eine solche Handlung mutz das Aushängen eines Geschäftsschildes, auf dem sich der Inhaber einen geänderten Namen beilegt, erachtet werden. Unter den Begriff der Aenderuna eines Familien namens fällt auch eine AeNdettmg der Schreibweise, z. B. die Ersetzung deutscher durch polnische Schriftzeichen. Die Führung eines anderen als des durch Abstammung erworbenen Familiennamens stellt eine der gesetzlich vorgeschrirbenen Er laubnis unterliegende Namensänderung selbst dann dar, wenn der schon durch de« Vater unbefugt «änderte Name in das Kirchenbuch eingetragen war und berbehalten wurde. Der ent gegenstehenden Ansicht deS Kammergerichts konnte das Ober verwaltungsgericht nicht beitreteN." — Die ybaäe der u«tt,hti»»au»g geisteskranker Verbrecher wächst st- immer mehr zu einer allgemeinen Kalamität au». Da dir Justizbehörde nach Aufhebung deS Strafvollzug» nickt- mehr mit ihnen zn tun hat, fällen st« der Armenpflege, in Preußen den Provinzen, und somit den öffent lichen Irrenanstalten zur Last. Daß sie dahin nicht recht paffen, wird heut« wohl vvn den meiste« zugegeben. Sw sind für die Entwickelung der Anstalten geradezu rin Hemmschuh. E- ist keine Frage, daß viele Anstalten nur dadurch an der Durch führung der freieren Behandlung-Maxime« verhindert werden, daß si« zu viele solcher gefährlichen Elemente verwahren Muffen. In diesem Sinne haken sich die Leitungen einer Reihe dieser Anstalten ««-gesprochen. In Württemberg wird beabsichtigt, im Anschluß an ein« Strafanstalt einen Pavillon für griste-kränkr Verbrecher zu errichte«. Die Psychi atrisch-neurologische Wochenschrift sieht da» al» den besten Ausweg an und wünscht, daß auch in Preußen die dem ent- gegenstehendrn Schwierigkeiten sich beseitigrn ließe». Man müsse bedenken, wie sehr dir ander« Ktankr» durch die Gegen wart dieser gefährlichen Elemente geschädigt «erden, und ferner, daß im allgemeinen Interesse eine größere Sicherheit der Internierung und Unschädlichmachung ber geisteskranken Verbrechern gefordert werden muffe, al- dir moderne Irren anstalt bieten kann. Zudem würde ein solcher Appendix einer Strafanstalt auch ärztlicher Leitung unterstehe«. — Dir Aushebung de- Zwange- znm verhänge» der Schaufenster an Sonn- and Festtagen soll sicherem Ver nehmen nach für Berlin bevor st ehe». Der Polizeipräsident von Berlin hat einer Abordnung von Kaufleuten gegenüber erklärt, daß er der Aushebung bezw. Milderung der betreffenden Vorschriften nicht abgeneigt sei. — Der Präsident de- Haust- der Abgeordneten v. Kröcher ist nach Marienbad abgtrrlst. O Norderney, 3. Juli. Der Reichskanzler Graf v. Bulow ist, begleitet von dem Gesandten v. Lichnow-ki, hier «iugetrvffr« und in der Billa Wedel abgestiegeä. * Bremen, 3. Juli. (Telegramm.) Der frühere RrichStagSabgrordnett Freese wurde Mit lo4 Stimmen, fast einstimmig, zum Senator gewählt. * Posen, 2. Juli. Die radikalen Polen ObrrschlestenS sandten einen mit tausenden von Unterschriften bedeckten Ein spruch an den Papst gegen den Kardinal Kopp. Ebenso veranstalten sie Sammlungen für die Opfer der Vorgänge in Laurahütte. — Ueber ein,« Mißbrauch der Kanzel in katholischen Kirchen meldet die „Rawitsch. Ztg.": Weihbischof Litowski aus Posen besucht in künftiger Woche die Kirchen in Golefewko, Slupie und Giünvorf. Von der Kanzel herab ist die Anweisung an die mannlicke» Bewohner er gangen, den Kirchenfürsten in polnischer Nationaltracht und zu Pferde zu begrüßen. Altenburg, 3. Juli. Herzog Ernst hat di« Wagen fahrt nach Hummel-Hain gut überstanven, gedenkt während ves Sommer» in Hummelshain zu verbleiben und nur zum Regierung-jubiläum auf ein paar Tagt hierher zurück- zukehrrn. Oesterreich - Ungar«. Ge»e« «tojaloryskt. ck. Bielitz i. Oesterreich-Schlesien, 3. Juli. In feiner außerordentlichen Generalversammlung hat der hiesige Katholikenverein gegen -en politischen Agitator, früheren Pfarrer StojalowSki, nachstehenden Beschluß gefaßt: „Die außerordentliche Voll versammlung des Katholtkenverein» spricht ihr tiefstes Bedauern darüber aus, daß der deutschfeindliche Agitator im Priestergewand, k. StojalowSki, an der diesjährigen KronleichnamSprozesston al» Priester teilgenommen hat. Durchdrungen von der Liebe zu unserer Religion und zu unserm deutschen Volke, ist der Verein der festen Ueber- zengung, daß k. StojalowSki im stände ist, das Ansehen der Kirche bedeutend zu schädigen und unter -en Bieliyer Katholiken Verwirrung heroorznbringen, uns in -en Augen der andern Konfessionen zu erniedrigen un- zu verdächtigen, weshalb der Vorstand beauftragt wird, an den Kardinal Kopp noch einmal die Bitte zu stellen, dem genannten Pater das Mesielesen und -te Ausübung ande rer kirchlicher Funktionen in der Bielitzer Pfarrkirche zu untersagen. Zum Beweis, daß der weitaus größte Teil der Bevölkerung der deutschen Stabt Bielitz mit un» eines Sinne» ist, sollen Unterschriften gesammelt und Sr. Gmi- ncnz vorgelegt werden." Sosinthpartri. * Pest, 8. Juli. Alle Hoffnungen auf den Sieg Kos. suths in seiner eigenen Partei sind wieder geschwunden. Eingeschttchtert durch Drohungen der Wähler au» zahl- reichen Bezirken beharren viele Mitglieder der Partei auf der Obstruktion. So ist beim die Spaltung in -er Partei zur Tatsache geworden. Heute schon haben fünf Mit- glieder, die wütendsten Streiter im Obstrultionskampfe, ihren Austritt anaemeldet und in den nächsten Tagen werden ihnen noch 80 folgen. Ebenso groß dürfte die An- zahl d«r UN»«, Koffutß» Leitung zurück»lei»«tb«
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