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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020811021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-11
- Monat1902-08
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VV84 Deutsches Reich. A Berlin, 10. August. Die Processe wegen gleichzeitiger Heranziehung vvn Gewerbe treibenden zu Beiträgen fürHandels - nnd iür Handwerkskammern nebmcn kein Ende. Noch jüngst ist ein Gewerbetrcibcuder, der ins Handels register eingetragen war, gleichzeitig aber zur Handwerks- tanimcr steuern mußte, rwm Geriäff als Handwerker er klirrt und somit wenigstens der Dvppclbclastung entrückt. Die Sachlage auf diesem Gebiete ist klar. Gewiß kann ein Gewerbetreibender verpflichtet sein, für beide Organe Beiträge zu entrichten, aber doch auch nur dann, wenn er zweierlei Gewerbe betreibt, vvn Veiten das eine als Hand werk, das andere als bandclSregistcrpslichtig anznscben ist. Hat er nur ein Gewerbe, so kann er natürlich nur Hand werker oder Industrieller bezw. Kaufmann sein und darf dann nur zur BeitragSzablung entweder für die Hand werks-o d c r für dieHaudelstammer berangezvgen werden. Was gegenwärtig zu Mißständen führt, ist auch nicht eine rechtliche Unklarheit, vielmehr die Schwierigkeit der Eut- scheidrurg über den Begriff des Handwerks kn jedem ein zelnen Falle. Wie vorauszuschen war und auch voraus gesagt ist, bemühen sich die Handwerkskammern, möglichst die zahlungsfähigen Elemente unter den Gewerbetreiben den an sich zu ziehen. Die ersten Entscheidungen liegen bei den Verwaltungsbehörden und daß hier verschiedenartige Ergebnisse gezeitigt werden, istgar nicht auffällig; gehen doch auch die Gerichte nicht immer einheitlich vor. Es dürfte deshalb wohl schwer ein anderer AuSwcg, als der zu finden sein, daß in irgend einer authentischen Fonn der Begriff desHandwerkö festgesetzt und nach dieser Feststellung dann in jedem einzelnen Falle entschieden wird. * Berlin, 10. August. (Deutschlands Bevölkerung nach der Muttersprache.) Der „Reichs- und Staats anzeiger" bringt die lange erwartete Uebersicht über die Bevölkerung nach der Muttersprache am 1. Decembcr 1900, zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt. Bon der 56 367 178 Personen starken Bevölkerung (27 737 247 männlich und 28629 931 weiblich) baden 51 883 131 (25 510 642 männlich und 26 372 489 weiblich) Deutsch als Muttersprache. Außerdem sprechen: deutsch und eine fremde Sprache 252 918, d. i. 44.9 auf 10000 darunter: deutschundpolnisch. .... 169 634, - » 30.1 - - . - französisch .... 9356, - - 1.7 » - » - masurisch. . . . . 10 898, - - 1.9 - » » » wendisch 23 779, » » 4 2 » » . . tschechisch 8506, - - 1.5 - . . Manisch 9 214, . . 1.6 - - - dänisch oder norwegisch 4 212,-- 0.8 - - - - holländisch .... 4712, - - 0.8 » - Eine fremde (nicht deutsche) Sprache 4231129, » »750.6 - » darunter: polnisch . . 3086489, - -547.6 - » holländisch 80361, - - 14.2 » » dänisch oder norwegisch. . . . 141061, - - 25.0 « - französisch 211679, - - 37.5 - italienisch ....... 65930, » - 11.7 - » masurisch 142 049, - - 25.2 - » kassubisch 100 213, - . 17.8 - wendisch 93 032, - - 16.5 - mährisch und tschechisch. . . . 107 398, - - 19.0 - - littauisch 106 305, -> - 18.9 » » — In dem Nachrufe, den die „National-Zeitung" dem verstorbenen Oberpräsidenlcn a. D. vr. v. Bennigsen widmet, schrieb sie: „Daß er 1888 Oberpräsident seiner Heimathprovinz geworden war, hielt ihn nicht ab, an die Spitze des Widerstandes gegen den Zedlitz'schen Schulgesctzenlwurf zu treten. Er hatte dem damaligen Reichskanzler und Ministerpräsidenten anheimgestellt, auf Grund dcS Beamtengesetzes die Consequenz zu ziehen. Gras Caprivi sah aber wohl ein, daß der damalige Oberpräsident von Hannover eben noch etwas anderes war als Oberpräsident, nämlich ein nationaler Staatsmann." Ter letzte Passus gefällt der „Kreuz-Ztg." nicht. Sie bemerkt dazu: , Es ist jedenfalls von Interesse, daß vr. v. Bennigsen sein Amt damals unbedenklich zur Verfügung gestellt hat; ohne Widerspruch können Wir aber die letzte Bemerkung der „National-Zeitung" nicht passiren lassen: selbst einem Oberpräsidenten von der Vergangenheit Rudolf v. Bennigsen'S sollte nicht das Privileg eingeräumt werden, sich ungestraft an die Spitze der Oppo sition gegen die Politik der Regierung zu stellen." Dieses Privileg sollten nur der Seehandlungspräsident, Regierungspräsidenten und Landräthe haben, natürlich sofern sie conservativ sind oder sich so nennen. — Der Reichskanzler Gras v. Bülow ist auS Swine- münde hier eingetroffen. — Für die Verleihung von Eisenbahnwagen zum Militärtransport an andere Eisenbahnverwaltungen hat der preußische Minister der öffentlichen Arbeiten neue Ge bührensätze aufgestellt. Nur mit seiner Genehmigung ist ein Abweichen davon beim Vorliegen besonderer Verhältnisse gestattet. — Professor Theodor Schiemann ist laut .^StaatSanz." „auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Sr. Majestät deö Königs" zum ordentlichen Honorar-Pro fessor in der philosophischen Facultät der hiesigen Friedrich Wilhelms-Universität ernannt worden. Professor Schiemann, testen Lehrauftrag auf Geschichte Osteuropa« lautet, war der Mann, gegen den sich im vorigen Wintersemester die wüsten Polenexcesse richteten. Man wird Wohl nicht sehlgehen, wenn man die jetzige Ernennung mit jenen Vorgängen in Ver bindung bringt. Theodor Schiemann ist ein geborener Kurländer. Später setzte er seine Studien auf reichsdeutjchen Universitäten fort; kehrte aber nach der Promotion in die baltische Heimath wieder, wo er lange Jahre zunächst am Landesgmnnasium zu Fellin, hernach an der Revaler Domschule als Gejchichtslehrer wirkte. Als dann Mitle der achtziger Jahre der Todeshauch der Russificirung durch die baltischen Lande ging, siedelte Schiemann nach Berlin über, wo es ihm durch seine glänzende Befähigung und einen außerordentlichen Fleiß bald gelang, festen Fuß zu fassen. — Uebcr die Zulassung zur zahnärztlichen Prüfung bestimmt ein Erlaß res preußischen Cultus- ministers: Die Zulassung zur zahnärztlichen Prüfung ist nach 4 Abs. 1 Nr. 1 ter diese Prüfung betreffenden Be kanntmachung des Reichskanzlers vom 5. Juli 1889 u. A. bedingt durch den Nachweis der Reife für die Prima eines deutschen Gymnasiums oder Realgymnasiums. Auf diese Bestimmung ist die Erweiterung der Berechtigungen der latein losen höheren Lehranstalten ohne Einfluß geblieben. Es genügt daher die Reife für die Prima einer Oberrealschulc für die Zulassung zur zahnärztlichen Prüfung nicht und es haben die mit einem solchen Bildungsnachweise ausgestalteten jungen Leute, wenn sie auf Zulassung zu dieser Prüfung rechnen wollen, die Reife im Lateinischen für die Prima eines Gymnasiums oder Realgymnasiums durch eine beson dere Prüfung an einer derartigen Anstalt, und zwar in der Regel vor Eintritt in die berufliche Vorbildung dar- zulegen. — Eine Promotion von besonderem Interesse ist nach den „Neuesten Nachrichten" soeben an der Berliner Universität vollzogen worden. Der Doctorandus war Herr Waldemar Zimmermann aus Berlin, dessen Arbeit „Zur socialen Lage der Eisenbahner in Preußen" in Band 99 der „Schliffen des Vereins für Socialpolitik", weitgehende Beachtung findet. Tie Dissertation enthält nur die beiden ersten Capitel dieser Arbeit. Die Darstellung stützt sich zum Theil aus eigene Erfahrung. Zimmermann war, um die Verhält nisse genau kennen zu lernen, für längere Zeit als Arbeiter im Osten und Westen der Monarchie in den Bahndienst getreten. — Der Deutsche Technikerverband versendet nach stehende Zuschrift: „Die vor ca. 2 Jahren eingetretcne wirlb- schaftliche Krise und die damit naturgemäß verbundene Rückstauung unseres gewerblichen Lebens läßt die Frage deS Ergre ifenS eineS technischcn Berufes als eine sehr ernste erscheinen. Unzweifelhaft dürfte, nach uns von berufener Seite gewordenen Mittheilungen, in den nächsten Jahren, d. h. für die Zeitdauer des wirtbschaftlichen Niederganges und noch weit darüber hinaus, die Erlangung von technischen Stellungen außerordentlich schwierig sein, und zwar um so mehr, als in letzter Zeit durch die Vermehrung der technischen Lehr anstalten das Coutingent der deutschen Techniker den jetzigen Bedarf an Kräften weit übersteigt, eine große Zahl von Technikern sich außer Stellung befindet. Wir hallen es für unsere Pflicht, auf diese Thatsache aufmerksam zu machen." * Aus der Ostmark. Den Pächtern der Domänen, die in den Ostmarken aus neu angekansten Gütern ge bildet werden, sollen nach der „Natlib. Eorr." die an den für den Staat erworbenen Gütern haftenden Stimmrechte sür die Provinzial-Vertretung übertragen werden. Damit diese nicht durch den Ankauf der Güler verloren gehen, wird dem Landtage demnächst eine bezügliche Vorlage gemacht werden. Gncsen, 10. August. Wegen Beleidigung deS RectorS der katholischen Schule in Gnescn, Boder, hatten sich eine Frau Kwiecinska und die beiden Redacteure des „Lech", Polcyn und Chocisrewski, zu verantworten. Die 14 jährige Tochter der genannten Frau K. besucht die höhere Töchterschule in Gnesen und war vom Rector bestraft worden. In Folge dieses Vorkommnisses brachte die Zeitung „Lech" einen Artikel, der für den Rector Boder beleidigend war. Der Staatsanwalt beantragte gegen Frau K. 1 Monat Gefängniß, gegen Redacteur P. 14 Tage und gegen Redacteur CH. 4 Monate Gefängniß. Frau K. wurde zu 100 oder 10 Tagen Gefängniß, P. zu 14 Tagen und CH. zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt. * Bennigsen, 10. August. Vom Neichötagspräsidenten Graf Ballestrem ging den Hinterbliebenen Rudolf von Bennigsen'S folgendes Beileidstelegramm zu: „Soeben erfahre ich das Hinscheiden Ihres Herrn Vaters, Sr. Excellenz des Oberpräsidenten a. D. v. Bennigsen. Ter Entschlafene war Jahrzehnte lang eines der hervorragendsten Mitglieder und eine Zierde deS deutschen Reiche». Jin Nanien des z. Z. nicht versammelten Reichstags und in meinem eigenen spreche ich Ew. Hochwohlgeboren und den übrigen verehrten Hinterbliebenen die tiefgefühlteste Theilnahme an dem Verluste aus, welchen Sie erlitten haben." WeitzenfelS, 10. August. Wegen der Einführung neuer Zwickmaschinen und ungünstigerer Erwerbsverbäffnisse ist eS in den Schuhfabriken von Jschner und Böhme zu Differenzen zwischen den Arbeitgebern und dem Personal gekommen. Zur Aussprache darüber war für gestern Abend eine große öffentliche Schuhmacherversammlung »ach der „Centralhalle" einberufen, die von etwa 350 Per sonen besucht war. ES soll versucht werden, mit den Arbeit gebern in Güte zu einem Einvernehmen zu kommen, zu diesem Zwecke wurden die einzelnen Sätze eine» neuen Lohn tarifs durchberathen und angenommen. * BreSlau, 10. August. Gegen Len verantwortlichen Rrdastrur der „Breslauer Volksmacht" soll Anklage wegen Be schimpfung von Religionseinrichtungrn, begangen durch eine Besprechung der Reliquienverehrung in Aachen, er- hoben worden sein. * Mannheim, 10. August. Für die Reden in den öffent lichen Versammlungen der Katholikenversammlung in Mannheim sind folgende Themata festgesetzt worden: DaS 25jährige Papstjubiläum deS hl. Vaters. — Die Kirche als Hüterin und Verbreiterin der höchsten Culturgüter. — n) WaS ist auf Grund der katholischen Principien zurLösung der heutigen socialen Frage geschehen? — d) Welche Aufgabe haben die christlichen Arbeiterorganisationen heute zu erfüllen? — Die katholische Kirche und die christliche CharitaS. — Ansturm gegen die Kirche im 20. Jahrhundert. — Der katholische Glaube und die wissenschaftliche Forschung. — KatholiciSmuS und Autorität. — Der KatholiciSmuS und die Volksbildungs bestrebungen. — KatholiciSmuS und Kunst. — Der Katholik und das moderne Erwerbsleben. — Aufgabe deS BonifaciuS- vereius. — Werth und Bedeutung der katholischen Orden in der Gegenwart. — Religiöser und politischer KatholiciSmuS. — Antiduellbewegung. — Daß das heikle Thema „religiöser und politischer KatholiciSmuS" aber auch gerade unter der Unglückszahl 13 registrirt sein muß! * AuS Bayern wird der „Straßb. Post" über ein Gegen stück zum Falt Löhning geschrieben: „Ein Beamter wurde von der Beförderung einzig und allein deshalb ausgeschlossen, weil er eine zahlreiche Familie hat. Dies sei „un vernünftig" und „nicht mehr zeitgemäß", hieß eS, „un vernünftige Männer aber eignen sich nicht zur Beförderung". Der Mann ist beute noch auf seinem Durchgangsposten und büßt für seine zahlreiche Familie, und diese mit ihm." Die „Allgem. Ztg." sagt dazu: Wenn der Gewährsmann der „Straßburger Post" nicht Ort und Namen nennt, muß er gestatten, daß man die Richtigkeit seiner Angaben bezweifelt. * Straßburg, 10. Angust. Der Ausschuß der katho lischen Vereine Straßburgs veröffentlicht im „Elsässer" einen Aufruf, in welchem die katholischen Elsässer unter Hinweis auf die immer dringendere Nothwendigkeit eines Zusammenschlusses aller Katholiken ausgefordert werden, so zahlreich als möglich auf der vom 24. bis 28. August inMannheim slaltsindenden 49. Generalver- sammtungderKatholikenDeutschlandszu erscheinen. Geplant ist sür die elsässischen Theilnehmer des Mannheimer Katholikentages u. A. ein Extrazug von Straßburg nach Mannheim. Bisher waren deutsche Katholikentage nur von vereinzelten Elsaß-Lothringern besucht. Der Aufruf stellt den ersten Versuch dar, eine Massenbetheiligung klerikaler Elsässer an cinem deutschen Katholikentage in die Wege zu leiten als Conscquenz der neuerlichen Bestrebungen, die Elsaß-Lothringer dem Centrum anzugliedern. Oesterreich - Ungarn. AgrarauSsta»-. * Lemberg, 10. August. Der Ausstand der Feld arbeiter nimmt im Allgemeinen ab; auS einigen Gemeinden sind die dorthin gesandten Militärabtheilungen zurückgezogen. * Lemberg, 11. August. (Telegramm.) Der Feld- arbeiter-Ausstand hat in einzelnen Bezirken nachgelassen. In Jablonowka hat man um Entsendung von Militär gebeten, da die fremden Arbeitskräfte von den Feldarbeitern bedroht wurden. Mehrere Agitatoren sind verhaftet. Frankreich. Tie Opposition des Klerus. * Bannes, 11. August. (Telegramm.) Der Präfect ersuchte den General Frater, nach Ploermel eine Abteilung Cavallerie zu entsenden und die Behörden bei Ausübung des Vereinsgesetzes zu unterstützen. GeneralFrater beauftragte den Oberstleutnant Saintremy, Commandeur deS zweiten Jäger regiments in Pontivy, sich mit einer Abtheilung deS Regiments dem Unterpräfectcn zur Verfügung zu stellen. Saintremy hat den Gehorsam verweigert und erklärte, seine religiösen Gefühle untersagten ihm, bei der Schließung der Con- greganisten-Schulen eine hilfreiche Hand zu bieten. General Frater sandte darauf den SchwadronSchef nach Ploermel. Saintremy wird nach dem Fort Belle-Jsle-en-Mer gebracht und später wegen Gehorsamsverweigerung vor ein Militär gericht gestellt werden. * Poutoise, 10. August- Bei der Deputirtenwahl wurde der Nationalist Roger Ballu mit 9752 Stimmen, gegen den Socialisten Aimond (9641 Stimmen) gewählt. Belgien. Befinden der KSntptn. * Spa, 10. August. Als der Leibarzt die Königin Abend» verließ, erklärte er, er habe eine erhebliche Besserung im Befinden der Königin festgestellt. Es liege kein Grund zur Beunruhigung vor. Spanien. * Oviedo, 10. August. Der König hat sich leicht erkältet und die Besichtigung deS Hüttenwerkes LuganeS aufgegeben. Er empfing jedoch die Senatoren, Deputirten, Gcneralräthe und 360 Bürgermeister der Provinz, die dem Könige Ova tionen bereiteten. Großbritannien. Rationale Stiftung. * London, 10. August. Der König hat an den Premier minister Balfour ein Schreiben gerichtet, in welchem er mittheilt, daß er das Osborne House mit Ausnahme der Privatgemächer der Königin Victoria der Nation als Geschenk übergebe, und der Hoffnung Ausdruck giebt, daß dasselbe nationalen Zwecken gewidmet und als Erholungs heim für Officiere deS Heere» und der Marine, deren Gesundheit im Dienste deS Landes Schaden genommen habe, dienen werde. Afrika. Tod des Boerengenerals Lnkas Meyer. * Scheveningen, 9. August. Die Nachricht vom Tode de? Boerengenerals Lukas Reycr kam hier Allen vollkommen un erwartet. Ter General klagte zwar öfter über Schmerzen auf der linken Brustseite, machte aber den Eindruck eines wetterfesten, stämmigen Riesen. Als ich ihn zuletzt sprach, war er voll von Plänen. Er wollte noch Holland durchreisen, das er wunderschön fand, und seine Freunde dort und in Belgien aufsuchcn. Vielfach hat es bei den Bocren hier verstimmt, daß Meyer bei Chamberlain frühstückte, doch Chamberlain hatte Meyer aus eigenem Antriebe schriftlich um den Besuch ge beten. Der Boerengcncral versäumte keine Gelegenheit, um für die Cap-Rebellen, für Or. Kraus u. s. w., zu plaidircn. Als Meyer Krüger aufsuchte, war der Präsident mit dessen Vorgehen einverstanden. Meyer erzählte selbst seinen Freunden, daß cke oucke duus (der alte Herr etwa) gesagt habe, Mevcr habe recht gehandelt. Lirügcr nahm die Nachricht von Meyer s Tod mit gewohnter Fassung auf, Steijn wird sie verheimliebt werden. Mit Meyer geht eine interessante Persönlichkeit ans der Welt. Meyer war im Volksraad Führer der liberal-forr- schrittlichen Antikrügerpartei. Er war, wie Steijn, Gegner des Krieges, und in diesem trat er eigentlich nur bedeutend in der Schlacht bei Glencoe im October 1899 hervor, worauf er mebr in den Hintergrund trat und schließlich der Regierung zu- getheilt wurde. Hier stimmte er bei den Friedensuntcrhand lungen wieder für den Frieden. Lukas Meyer hat nach seiner Ankunft in Holland bei Steijn nur seine Karte abgcben können. Er wollte ihn später noch persönlich zu sprechen suchen. Ter Tod hat dies ebenso, wie den noch beabsichtigten Besuch bei Wolmarans und Wessels, unmöglich gemacht. (Frkf. Ztg.) * Brüssel, 9. August. Man ersucht, die Nachricht zu dcmentiren, daß General Lukas Meyer im Unfrieden von Krüger geschieden ist. Bereits heute früh traf Sekretär Breedcl mit cinem Beileidsschreiben des Präsidenten ein. Tie Einbalsamirung der Leiche des Generals Lukas Meyer sinder heute statt. Der Körper wird nach Transvaal übergeführt. Mit der Leichenfeier wird auf das Eintreffen der Kriegs kameraden des Verstorbenen» der Generale Botha, Te Wet und Delarey, gewartet, die am Sonnabend in Southampton an kommen sollen. Die Theilnahme der Brüsseler Gesellschafr an dem plötzlichen Ende des Boerenfeldherrn ist sehr groß. (Frkf. Ztg.) Noch in den letzten Tagen wurde gemeldet, daß der Bocrengencral Lukas Meyer sich mit seiner Gemahlin in Berlin aufhalte und demnächst nach Dresden zu reisen gedenke. Fast zu derselben Zeit erlag der bekannte Boerenführer in Brüssel einem Schlaganfalle. Er soll schon seit zwei Jahren herzleidend gewesen sein, und cs ist begreiflich, daß die Aufregungen des Krieges das Leiden sehr befördert haben. Während seines jüngsten Aufent haltes in London scheint er allerdings wenig davon ver spürt zu haben, denn der Boerengeneral war dort guter Stimmung. Lukas Meyer war im Jahre 1846 im Oranje-Freistaat geboren, verlebte seine Jugend jedoch in Natal bei Lady smith und Newcastle. Seit 1865 lebte er in Transvaal und zeichnete sich als Commandant des Vryheid-Com- mandos im ersten Unabhängigkeitskriege ans. 1884 gründete er die „Neue Republik", jetzt der Vryheid- District, der ihm von Dinizulu, dem Sohne Ketschwayo's, gelegentlich dessen Krönung gegeben wurde. Später, als der kleine Staat sich nicht selbstständig halten konnte, be einflußte Lukas Meyer seine Bürger, die Einverleibung in die Transvaalrepublik unter vortheilhaften Be- „Und ich glaube, daß sie vollkommen Recht hatte", er widerte Landry kalt. „Sie kennt unsere Provinz; doch ihre Rolle hat sie vortrefflich dargestellt." „Nla, es ging an!" meinte der Held des Tages nach lässig. „Dagegen war ich von Fräulein von Tournelles geradezu geblendet! Eine nie versagende Intelligenz und ein so tief eindringcndes Verständntß!" „Und welch' ein Gedächtniß!" bemerkte Landois unvor sichtig. „Ich hätte mir dieses Zeug niemals merken können, diesen Ga . . Landry, der in seiner unmittelbaren Nähe stand, trat ihm warnend auf den Fuß; er kannte seinen Kameraden' und wußte, daß dieser „Gallimathias" sagen wollte. Zum Glück war man, langsam dahinschreitend, einer Gruppe junger Damen begegnet, die sich begeistert um Jehan drängte. „Ach, Herr von Olivettes, welch' ein Talent!" rief der anerkannte Blaustrumpf der Stadt aus. „Sagen Sie doch lieber Genie!" fügte Frau von Ornys kalt hinzu. „Sie haben einen schönen Erfolg errungen, mein Herr, und sich mit Lorbeer bedeckt. Hoffentlich werden die Myrten auch nicht lange auf sich warten lassen, wie?" „Tin verteufeltes Weib!" flüsterte Landry seinem Freunde zu. „Man weiß niemals wirklich, ob es im Ernste spricht oder nur Spott treibt. Aber sieh nur, mit welcher Wonne sich der junge Stammgast der Montmartre- Spelunken Weihrauch streuen läßt! Stolz und Eitelkeit lassen ihn fast schön erscheinen, bei meiner Ehre!" Thatsächlich schien Jehan von befriedigtem Ehrgeiz wie berauscht zu sein; seine sonst so knochigen Wangen hatten sich leise geröthet nnd seine ohnehin kühn blickenden Augen sprühten Funken. Unter einem Zelte war ein reichhaltiger Imbiß für die Gäste aufgetragen worden. Antoinette, die mit ihrer Tante und einigen Freundinnen an cinem kleinen Tische saß, verharrte in rrnrnhigem Schweigen. Sie hätte selbst nicht zu sagen vermocht, ob sie zufrieden oder unbefriedigt sei, ob sic sich freute, hierher gekommen zu sein, oder ob sie lieber ferngcblieben wäre. Das Unwahre, Gekünstelte dieser ganzen Mache, die einem unbekannten Manne galt, der das Gefühl des Schönen bei ihr nicht zu erwecken ver mocht hatte, berührte sie in Wirklichkeit peinlich, und dennoch lieh sie sich von der Atmosphäre deS geistigen Snobismus beeinflussen, die sie umgab und sie fast des Athems be raubte. ' Jehan hatte sie sehr schnell inmitten der kleinen Gruppe entdeckt; denn seitdem er die Bühne verlassen, suchte er mit den Blicken nach ihr, und ohne die geringste Rücksicht zu nehmen, sprach er sie an als wenn er sie schon seit langer Zeit kennte. Von allen anwesenden Frauen war sie die einzige, die für ihn das Urbild einer vollen deten Aristokratin -arstellte. Obschon von Natur nicht sehr wählerisch veranlagt, besaß er dennoch Verständniß genug, um zu erkennen, in welchem Maße sie den Anderen über legen sei. Er sprach, ohne sein Sclbstbcwußtsein allzusehr durchblicken zu lasten, und sic antwortete ihm mit einer Unmittelbarkeit, die ihn förmlich bezauberte. „Haben Sic meine Verse verstanden?" fragte er end lich, und bereit, Nachsicht walten zu lassen. ' „Nicht alle", erwiderte sie aufrichtig, „doch das thut nichts, wie? Es wollte mir scheinen, als suchten Sie mehr die Musik oder die Färbung, als -en genannten Sinn der Worte wiederzugeben." > „Bewunderungswürdig!" erklärte er wirklich über rascht. „Sie haben das ganz allein herausgefunden, mein Fräulein? In diesem schönen Lande weiß man also Alles? . . . oder man crräth cs . . ." Sie plauderten seit einigen Minuten miteinander, wo bei sie den Brennpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit abgaben, was für Tante Laurence sehr unangenehm zu sfein schien, als Fräulein von Tournelles im Zelt erschien. Sie war in einfaches Weiß gekleidet — mit etwas Gold in dem rothen Haar — und trug einen langen grünen Zweig in der Hand. Bon allen Seiten mit höflichem Hände klatschen empfangen, neigte sie gleich einer Königin dankend das Haupt und ließ sodann den Blick suchend um herschweifen, bis er auf dem Dichter haften blieb. lieber Fräulein von Saint-Tauveur geneigt, benutzte er einen Augenblick, da man nicht auf sie achtete, um ihr in unverständlichen, unübersetzbaren Ausdrücken allerlei Dinge zu sagen, die, in unsere gewöhnliche Sprache über fragen, wohl besagen mochten: „Sic sind die schönste, voll kommenste, geistvollste aller Fvauen." Ein wenig unsicher hörte sie ihm zu. Sie genoß das Gift der Schmeichelei und schämte sich zugleich ein wenig, daß ihr ein Unbekannter solche Dinge zu sage« wagte . . . Doch schließlich war er ja kein Unbekannter. Aber wa» sollte eigentlich dieses Wams aus schwarzem Sammt? Im Jaquette oder Smoking gleich den anderen wäre er ihr wohl lieber gewesen. Mit einem Blicke hatte Nolande gesehen und verstanden. Ein wilder Zorn erfaßte sie, daß sie am liebsten gebissen nnd um sich gestoßen hätte wie als kleines Kind, wenn sie, von ihrem sinnlosen Zorn übermannt, ihre Puppen in Stücke ritz. Ihr Gesicht hatte sich mit einem Male der maßen verzerrt, daß ihr der Oberst einen Stuhl herbei rückte, da er meinte, daß sie unwohl geworden sei. „Ich danke Ihnen, Oberst", sprach Volande mit einer Stimme, die ihre Mama am anderen Ende des Zeltes er beben machte. „Poet, ich habe Ihnen meine Glückwünsche noch nicht dargebracht. Und hier der Lorbeer, auf den Sie gerechten Anspruch erheben dürfen." Und sie schwang mit zorniger Geberde den Zweig echten Lorbeers — leider unterscheidet sich -er für Fleischbrühe verwendete Lorbeer gar nicht von dem Lorbeer, der dem Dichter verabreicht wird — in der Richtung nach dem jungen Manne, der betroffen emporblickte. Er richtete sich empor, auch Antoinette hob den Kopf, und die beiden jungen Mädchen wechselten einen Blick, der Alles, nur keine Freundschaft ausdrückte. „Zürnen Sie nicht", murmelte Jehan, -em die Sache höchst peinlich zu sein schien, „dies ist zwar ein wenig lächerlich, doch kann ich nicht ablehncn." Und mit großen Schritten, denn die Menge gab ihm willig den Weg frei, näherte er sich, nicht ohne gegen die livrirten Diener anzustoßen, die die Speisen herum reichten, der Tochter des Hauses, nahm den Lorbeerzweig an sich und machte ihr eine tiefe Verbeugung. „Aller Lorbeer fei Ihnen zu Füßen gelegt", sprach er mit weithin vernehmbarer Stimme. „Mein Werk ist ein Nichts; nur durch Sie ist es etwas geworden!" „Du lieber Gott, wie dumm doch das Alles ist!" flüsterte Landois seinem Freunde VillorS ins Ohr. „Wird er den ganzen Tag über seinen Lorbeerzweig in der Hand halten? Die schöne Volande hätte ihm wenigstens einen Pagen liefern sollen, der ihm den Zweig nachgctragcn hätte! Da, sieb, nun hat er ihn dem Majordomus unter den Arm gesteckt . . . gar nicht dumm, der Herr Poet. Villor«, ich habe mich schon gesättigt; kann man endlich gehen?" Die Vorstellung war — nach jeder Richtring hin — zu Ende, und die Gesellschaft löste sich auf. Das Vorfahren -er Wagen begann, nur in entgegengesetzter Richtung, von Neuem, während der baumlange Majordomus die Namen der Equtpagenbesitzer wieder aufrief. Immerhin war die Liste schneller erschöpft, als beim Kommen; denn sehr Viele hatten sich, ohne Aufsehen zu erregen, auf englische Art empfohlen. „Weißt Du", sagte Landry, als er mit seinem Freunde Raoul Nevin in seinen Dog-cart stieg, „wer die Palme des heutigen Tages davongetragen hat?" „Fräulein Gallois, und keine Andere", gab der junge Mann ohne Besinnen zur Antwort. „Wenn ich nicht sürchten würde, enterbt zu werden", fügte er hinzu, in dem er sich eine Cigarette anzündete, „so würde ich sie heirathcn. Bei meiner Ehre! Das ist ein Frauen zimmer! Daß aber kein Mensch eine Ahnung davon hatte!" „Weiß man denn jemals den Werth der Menschen zu schätzen, die man Tag für Tag in ihren gewohnten Kleidern vor Augen hat? Es bedarf eines Peplums oder aber eines schwarzen Sammetwamses, um dem Menschen das richtige Ansehen zu verleihen. Dir oder mir wird das gewiß nie passiren!" „Landry berührte mit der Peitsche sein Pferd, das so fort in einen gestreckten Galopp verfiel. „Quäle doch das arme Thier nicht, es trägt ja kein schwarzes Sammetwams", meinte N6vin. „Und willst Du wissen, was die eigentliche Veranlassung der ganzen Komödie war? Die schöne Volande wollte einen Vor- wand haben, um sich das Haar roth zu färben!" „Um so bester!" erklärte Landry. „Nun wird sie wenigstens zufrieden sein, denke ich/' In dem prunkvollen Landauer sitzend, machte Tante Laurence erstaunte Augen, während sie nachdachte. „Antoinette", sprach sie endlich zu ihrer Nichte, „offen gestanden, hat mir die ganze Geschichte sehr mißfallen." „Mir auch, Tantchen", erwiderte das junge Mädchen. Dies entsprach indessen nicht der vollen Wahrheit; denn Jehan von Olivettes hatte mit ihr gesprochen, wie es noch niemals Jemand gcthan, und die Verwirrung, die sie darob empfand, entbehrte eines gewissen Zaubers nicht, der sie ein wenig träumerisch stimmte. (Fortsetzung folgt.)
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