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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190311140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19031114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19031114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-14
- Monat1903-11
- Jahr1903
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 14.11.1903
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— 184 — er nicht, imd kein Wort des Murrens und des Haderns kam über seine Lippen. Er dachte nicht an sich, sondern nur an die, welche ihr Hab und Gut verloren hatten. Laut klagend standen sie um ihn. „Seid froh," sprach Horsten zu ihnen, „daß kein Menschenleben umgekommen ist. Danket Gott für die Errettung des Kindes und beruhigt Euch. Es soll Euch an nichts fehlen, ich werde Euch alles ersetzen. Für diese Nacht findet Ihr ein Unterkommen in den anderen Häu sern, morgen wird sich das weitere finden." Horsten ließ zum Schutze der nebenstehenden Häuser eine Brandwache zurück; dann begab er sich müde und abgespannt nach dem Schloß, wohin die Damen schon vorher zurückgekehrt waren. Auch Helmut hatte sein Zimmer aufgesucht; bald lagen alle Bewohner des Schlos ses im tiefen Schlummer, und süße Träume verscheuchten alle Sorgen und Kümmernisse. — Am nächsten Morgen schon begann Horsten mit den Lufräumungsarbeiten. Zwar war das Haus versichert gewesen, doch war der Schaden immerhin für Horsten ziemlich groß, und mit sorgenvollen Blicken schaute er auf die noch rauchenden Trümmerhaufen. „Sie müssen wieder bauen lassen, Herr Horsten," sagte Helmut zu ihm, der eben seine Stunden beendet hatte und nach der Brandstätte geeilt war. ,Za. . aber jetzt wird es schlecht gehen," ent gegnete Horsten. „Freilich, wenn ich Philippsthal jetzt Verkaufen könnte. . . Aber so! . . Schon seit vier Wochen warte ich auf einen Käufer, aber bis jetzt hat sich noch keiner gemeldet." Helmut wunderte sich im stillen sehr darüber, denn sein Anwalt hatte schon längst von ihm den Auftrag erhalten, das Gut Philippsthal für den Grafen von Eichfeld zu kaufen und ohne Murren die dafür verlangte Kaufsumme sofort zu zahlen. Sollte er das vergessen haben? Nun, er wollte ihn noch einmal daran erinnern, das Geschäft so schnell als möglich abzuwickeln, damit Horsten von seinen Sorgen befreit werd«. „Mrd es Ihnen denn so leicht," begann Helmut da» Gespräch wieder, „sich von dem schönen Gut zu trennen?" „Leicht? . . Nein, gewiß nicht," entgegnete Horsten, „aber was hilft es denn. . ich muß, um meine Ver hältnisse hier in Eichfeld aufzubessern. Sie wissen ja doch, wie tief ich drin stecke. Bisher habe ich noch »le eine sorgenfreie Stunde gehabt. Ja. . heutzutage ist eS schwer, sehr schwer. . ein nicht schuldenfreies Gut Mi halten. Und wenn mich das Unglück noch weiter verfolgt, so werde ich auch von hier noch weichen Müssen." Horsten seufzte tief auf. „Nmi," tröstete Helmut, „Ihre Lage ist noch nicht so, um verzweifeln zu müssen. Sie haben zwar in den letzten Jahren mancherlei Unglück gehabt, wie Sie mir erzählen, aber nach den sieben mageren Jahren werden doch auch noch die fetten kommen. Auf Regen folgt Sonnenschein." Horsten mußte lachen. „Wir wollen sehen, ob Sie recht haben." Jetzt erschien der Postbote. Er überreichte dem Schloßherrn mehrere Zeitungen und Briefe; auch Hel mut ging nicht leer aus. Ein Blick auf den ihm über gebenen Brief. . und ein zufriedenes Lächeln lag auf seinem Gesicht. „Sie gestatten doch?" fragte Horsten, der die Briefe vom Umschlag befreite. „Bitte, bitte!" entgegnete Helmut und beobachtete mm mit innerer Freude, wie die sorgenvollen Falten aus dem Gesicht des Schloßherrn immer mehr wichen und einem heiteren Lächeln Platz machten. „Sie haben recht behalten " rief Horsten fröhlich aus, als er den ersten Bries gelesen hatte. „Da. lesen Sie ihn selber." Helmut kannte die Schriftzüge des ihm überreichten Briefes, und auch den Inhalt desselben erriet er sofort. Doch las er unbefangen laut vor: „Sehr geehrter Herr Horsten! Ein mir bekannter Herr hat mich beauftragt, das in Ihrem Besitz befindliche Gut Philippsthal für ihn käuflich zu erwerben. Da dem betreffenden Herrn viel daran liegt, den Kauf, zu beschleunigen, so werde ich mir erlauben. Sie morgen zu besuchen. Mit den weitgehendsten Vollmachten bin ich versehen, und hoffe ich auf ein glückliches Zustandekommen des Geschäfts. Hochachtungsvoll Nello, Justizrat." Helmut reichte Horsten den Brief, doch dieser sah nicht auf, immer noch stierte er auf den zweiten Brief. „Es kommt immer besser!" rief Horsten endlich verwundert aus. „Da lesen Sie nun auch dies." „Hochverehrter Herr! Hierdurch mache ich Ihnen die Mitteilung, daß ein Herr Graf von Eichfeld für Sie die Summe von 6000 (sechstausend) Mark für gelieferte Futter- und Düngemittel bezahlt hat, und Ihr Konto also beglichen ist. Zu weiteren Diensten gern bereit, zeich net mit vorzüglicher Hochachtung Walter." Fortsetzung folgt. Denk- mid Simefprüche. Strenger gegen dich-selbst beschneide die üppige» Rckrn, D.sto fiSh!chrr wächst ihnen die Traube dereinst. G G L<!ch!gläuüstk,ir ist Schwäch«, eine Art Gutmütigkeit, di« j'doch oft ml: llnstetigkiil de» Eharakl«» verwandt ist. 4 * . * Den S lbstfüchrigeu erk nnt man viel eher an dem, Wa rr gib», als an de«, was er nimmt. * * G Liß Neid und Mißgunst sich verzehre», Da» Gat« werden fi, nicht wehren. Dena Gott sek Dani! es ist rin alter Brauch: So weit die Sonne scheint, so weit erwärmt sie auch. . „ (Goethe). Willst Du wissen, wir r» steht, Mit des Hause« Sinn und Denken, Darfst Da nicht ins Prunkgemach Forschend Deine Blicke lenken; In di« Küche schau binÄv, Ja di« Winiel. und di, Ecken! Da wird ost verborgen sein, WaS man gern« wöch' verstecken. * . - -u Mit einem Herren steht es guh Der, wa« er besohlen, selber tut. Goethe * « 4 klag zu rede», ist ost schwer. Klug zu schweigen, ost »och mehr. F'.ird ich kodmstrdt. Druck uub SeUag von^Lmger » »interlich, Nies«; sür dir Redaktion verantwortlich Herman» Schmidt in Riesa. Erzähler an der Elbe. velletr. Gratisbeilage rum „Riesaer Tageblatt". Rr. L«. Im Schlöffe der Ahnen. Original-Roma» von'Otto Känig-Liebthal. 1!älr. Förtfetzung. Helmut machte eine flüchtige Verbeugung, bezahlte dem Kellner seine Zeche und ging eilig hinaus. Herr Walter blickte noch immer staunend auf die Geldscheine; dann steckte er sie sorgfältig ein. „Es war wirklich eine Dummheit von mir," sagte er ärgerlich, „hier das zu erzählen. Mußte es auch gerade dieser Graf von Eichfeld hören! Der scheint ein sehr reicher Mann zu sein, denn seine Brieftasche war von Tausendmarkscheinen dick gefüllt." „Das will ich meinen," warf der Kellner ein, „denn so'n gutes Trinkgeld habe ich noch nie bekommen . . blanke zwanzig Mark." „Wo wohnt denn dieser Graf von Eichfeld, und wer kennt ihn?" fragte ein Herr. Aber keiner vermochte darüber Auskunft zu geben. Als Helmut nach seiner Rückkehr von Potsdam die Freitreppe des Schlosses betrat, begegnete ihm Horsten. „Sie sind ja schnell zurückgekommen," sprach er freundlich und reichte ihm die Hand zum Gruße. „Gut, daß ich Sie hier treffe. Schon drei Tage trage ich den Schlüssel vom Ahnensaal bei mir, und immer vergaß ich, ihn abzugeben." Er überreichte Helmut den Schlüssel und verab schiedete sich sogleich „Ich muß noch nach dem Felde. Auf Wiedersehen heute abend." Helmut suchte sein Zimmer auf und schrieb einige Zeilen an seine Mutter. Dann suchte er den Ahnen saal auf. Mit heiligem Schauer betrat er zum ersten Male diesen Raum, der nur durch wenige Lichtstrahlen matt erleuchtet war. Er zog die schweren Vorhänge der Fenster zurück, um besser sehen zu können. An der einen Wand hingen die mit Goldrahmen eingefaßten Bilder derer von Eichfeld, mit Eisenhut und Panzer hemd angetan, dazwischen stolzblickende Frauen in Stuart- kragen und schwerer Goldstoffschleppe, während die gegen überliegende Seite der Galerie mit unzähligen Waffen und Mstungen aller Art bedeckt war. Nur selten mußte dieser Raum betreten sein, denn dicker Staub lagerte überall. Mer Helmut sah ihn nicht; er sah nur die ernsten Gesichter an den Wänden, deren Augen vorwurfs voll auf ihn gerichtet schienen. Es war ihm, als ob sie ihm zuriefen: „Du bist der letzte unseres edlen Geschlech tes; fremde Herren haben sich hier eingedrängt und uns vertrieben. Du weißt als echter Eichfelder, was Du zu tun hast. Ein heiliges Werk ist es, das Du vollbringen mußt, dann erst werden wir Ruhe finden." Langsam ging Helmut von Bild zu Bild, und wunderbare Ge danken stürmten auf ihn ein. Er wußte, was er zu tun hatte. Alle Schwierigkeiten, die sich ihm in den Weg stellen würden, wollte und mußte er überwinden. — Er fühlte endlich das Bedürfnis nach Ruhe, die er hier in diesem-Saal nicht fand, obwohl eine Totenstille herrschte. Er. zog die Vorhänge wieder zu, und nachdenklich ging er hinaus in den Park, an den See, wo er so gern weilte. Hier hatte er oft schon gesessen, hier wollte er auch KT. jetzt träumen und träunien vom zukünftigen Glstit/ünd Frieden. Still und ruhig lag die Wasserfläche vor ihm; die sinkende Sonne warf ihre letzten Strahlen in die klare Flut, aus der hin und wieder ein kleines Fisch lein hervorschnellte, um gleich wieder zu verschwinden. Plötzlich vernahm er Schritte. Er sah auf. Lang sam und mit gesenktem Kopfe, nahte sich ihm die, welche soeben vor seiner Seele gestanden hat: Fräulein von Kullig. Helmut sprang von seinem Sitz auf und grüßte ehrerbietig. „Verzeihen Sie . . Herr Kraft," sagte Fräulein Frida mit leiser, zitternder Stimme, „verzeihen Sie!. . wenn ich Sie störe. Ich sah Sie vorhin hierher gehen und .. . folgte Ihnen." Eine Purpurwelle übergoß ihr zartes Gesicht und mit flehendem Blick schlug sie die Augen auf, aus denen alles Feuer erloschen schien. „Was wünschen Sie von mir, gnädiges Fräu lein?" fragte Helmut und machte sich stark, feine Auf regung zu verbergen. Fräulein Frida fühlte die brennende Röte in ihrem Gesicht, und einige Sekunden vergingen, ehe sie ant worten konnte. „Der. . vergeben Sie mir," bat sie jetzt so rüh rend, so flehentlich, daß sie Helmut am liebsten sofort in seine Arme geschlossen hätte, um sie nie wieder loszulassen. Dennoch aber klang seine Stimme herb, als er sagte: „Ich habe Ihnen, gnädiges Fräulein, nichts zu vergeben; doch wundere ich mich, daß Sie selbst mich ausgesucht haben, mich. . dem Sie Ihre Ver achtung ins Gesicht schleuderten." „Herr Kraft," fuhr Fräulein Frida unbeirrt fort, „ein furchtbarer Irrtum nahm mich gefangen. Ich habe Unrecht getan. . Sie einer schändlichen Tat zu zeihen. . Jetzt, nachdem ich weiß. . daß Sie mein Retter aus den Händen des Zigeuners sind, jetzt kann ich nicht mehr an das glauben, was man uns über Sie erzählte." Erstaunt blickte Helmut auf, und sein Gesicht ver finsterte sich. „Was erzählte man Ihnen von mir," fragte er tonlos. „Wer war es, der mich so schändlich ver leumdete?" ,Sch . . kann es nicht sagen," hauchte Fräulein Frida. „Sie müssen es mir sagen," erwiderte Helmut mit ge bietendem Tone. Sie seufzte tief auf, und mit zitternder Stimme erzählte sie ihm die furchtbaren Anklagen, die sein ehe maliger Freund gegen ihn erhoben hatte. Helmut war starr vor Entsetzen. Das Blut stieg ihm zu Kopf, und seine Hände ballten sich. ,Hch werde den Schandbuben zur Rechenschaft ziehen," rief er aus, wie er es verdient. . . Sie aber, gnädiges Fräulein, Sie glaubten das?.. Sie verdammten mich, ohne erst zu ergründen, ob es Wahr heit oder schändliche Lüge war!" Nies«, den 14. R»vr«ber IVOS.
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