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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020819011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902081901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902081901
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- LDP: Zeitungen
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- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-19
- Monat1902-08
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Tabellarischer und Ziffernsah entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lfsertenauaahme L5 (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-AuSgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—» AunahMschlnß für Anzeigen: Abeud-Ansgab«: vormittag« 10 Uhr. Morgeu-Aosgab«: NachmUtag» 4 Uhr. Anzeige» Pud stet« a» die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet voa srüh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polj tu Leipzig. Nr. "US. Dienstag den 19. August 1902. Sk. Jahrgang. Die Reform des englischen Heeres. 8. Der Bocrenkrieg ist beendet, die Krönung König Cduard's VII. vollzogen und die englischen Machthaber können endlich ernsthaft daran denken, die Hceresorgani- sation einer zeitgemäßen Reform zn unterziehen, oa eS ihnen in Südafrika mit blutiger Schrift klar gemacht morden ist, daß ihr, auf freiwilliger Anwerbung beruhen des Rccrutirungssystem sich völlig überlebt hat. Dabei giebt es nur in den Lagern bei Aldershot und am Curragh in Irland in einen festen Verband eingefügte Trnppen- theile, während sonst für die einzelnen Bataillone u. s. w. größere Verbände nicht bestehen, sondern diese Einheiten den Connnandirenden der Militärbezirke unmittelbar unterstellt sind. Bei den in Aussicht genommenen Re formen, die erst noch mancher Aenderung unterliegen werden, scheint cs sich vor Allem um eine bessere und festere Gliederung als bisher zu handeln, wogegen cs mit der Recrutirung wahrscheinlich beim Alten bleiben wird. Die englische Auffassung des Heeresdienstes ist im Allge meinen die des bezahlten Frondienstes; für ein Volk in Waffen, für die allgemeine Wehrpflicht fehlt cS dem freien Jnselvolke, das nur für deu Handel geschaffen zu sein scheint, völlig am Vcrständniß. Der Dienst im Heere ist eine Arbeit, wie jede andere, die man gegen Bezahlung geleistet erhält, und von einer ethischen Verpflichtung des Volkes zur Landcsvcrtheibignng mit der eigenen Person ist bei diesen Anschauungen nicht viel zu verspüren. Nach dem nun vollends die Kriegsfälle! in Südafrika verloschen ist, hat man eS mit den Reformen des Heeres überhaupt nicht mehr so eilig, und wenn auch der König Ehef der Armee ist, so kann er ohne das Parlament nichts siir die selbe thun, ja, er hat sich meist nur mit dem einverstanden zu erklären, was der socrvtccr^ c>k State ok lvar (Kriegö- minister) in Vorschlag bringt. Immerhin ist eine bestimmte Reorganisation des HcercS in der Ausführung begriffen, nnd die Aufstellung von drei Armeecorps, zunächst allerdings nur mit ganz geringen Friedensstärken, hat bereits begonnen. Weiterhin will man -aS ganze vereinigte Königreich in sechs Distrikte einthcilen, in denen je ein Armeecorps zur Aufstellung ge langen soll; die HecrcSorganisation in Indien nnd den Colonien wird in die Reformprojccte nicht einbezogcu, da sie einstweilen ausreichend erscheint. Nach den Angaben der internationalen „Revue" werden drei dieser Armee corps auS Truppen der regulären Armee gebildet und sollen bereit sein, jederzeit Verwendung im Auslände zn finden. Fm Frieden werden diese drei Corps in Aldershot, in der Ebene von Salisburn und in Irland untergebracht und in der Stärke von 1158 Officicren, 33 052 Mann und 10101 Pferden sormirt. Zur Vertheidigung des Inlandes bei Ausbruch eines Krieges sollen drei weitere Anuce- corps aus 60 Miliz- und Frciwilligcn-Batailloneu gebildet und in Kork, Colchester nnd Edinbonrgh untergebracht werden. Fedes dieser vorbezeichneten sechs Armeccorps soll im Frieden schon von demjenigen Generale befehligt werden, der es im Kriege zu führen hat. Es liegt in der Absicht der Negierung, die Verantwortlichkeit der comman- direndcn Generale zu ccntralisiren, die Vcrwaltungsange- legenhciten derselben dagegen zu dccentralisircn. Es ist der Regierung überhaupt weniger darum zu thun, die reguläre Armee sehr wesentlich zu verstärken, als viel mehr darum, die vorhandenen Kräfte zn einheitlicher Ver wendung mehr zusamcnzufassen. In der Einrichtung der Volunteers und der Aeomanry ist indessen eine Aentc- rung ebensowenig beabsichtigt, wie in dem Bestehen der Milizreserve. Man wird sich wohl auch an den drei Armee- corpS im Frieden genügen lassen; zu verwundern ist das Zutrauen, das die Engländer noch immer zu Improvi sationen bei Ausbruch eines Krieges haben, deren Erfolge in Südafrika doch wahrlich nicht zur Wiederholung auf fordern. Mit der Organisation werden aber die Reformen noch nicht abgeschlossen sein, denn der südafrikanische Krieg hat in lapidarer Weise gelehrt, daß die gesammte Bewaffnung des englischen Heeres völlig unzureichend und durchaus nicht mehr zeitgemäß ist; sie wurden darin von dem Boerenvolkc ganz bedeutend übertroffen. Gewehre und Geschütze sind bei den Engländern durchweg veraltet, woran die paar Pompom-Geschütze nur wenig zn ändern vermögen; Mauser und Krupp haben sich allen englischen Eonstruetioncn überlegen gezeigt, worüber in der mili tärischen Welt kein Zweifel besteht. Außer im Heere wird aber auch eine Reorganisation des Kriegsministerittms nnd des so gut wie fehlenden GcneralstabeS erforderlich werden, die sich beide im süd afrikanischen Kriege nicht auf der Hohe befunden haben. Die Buller, White, Roberts und Kitchener würden einem europäischen Gegner gegenüber wahrscheinlich einen recht schweren Stand haben, und ob England auf die Dau^r vor kriegerischen Verwiclelungen mit einer Cvntincntmacht bewahrt bleiben wird, wie bisher, ist doch noch lange nicht ausgemacht. Jedenfalls wird man auf die weitere Ent wickelung der englischen Hccrcsrcsvrmcn gespannt sein dürfen. Deutsches Reich. 0. II. Berlin, 18. August. iDie deutschen mari timen Streitkräfte nnd die Unruhen in Venezuela.) Um deutsches Eigcuthum bei den Un ruhen iu Venezuela zu schützen, stehen der Negierung die Kreuzer „Falke" und „Gazelle" zur Verfügung. „Falke" ankert vor Puerto Cabello, „Gazelle" wird in wenigen Tagen vor La Guaira sein. „Falke", der zur ame rikanischen Station gehört, steht unter dem Commandv des Corvettcncapitäns Musculus, die vielgenannte „Gazelle", die für Ostasien bestimmt und nur vorüber gehend nach Amerika dctachirt ist, wird vom Grafen von Oriola commandirt. Beim Zusammcnopcriren der beiden Kreuzer würde Graf von Oriola das Oberkommando haben. „Gazelle", ein geschützter Kreuzer, ist ein ganz modernes Schiff, das erst am 31. März 1808 vom Stapel lief. Es ist ganz vorzüglich armirt; die 6-100 indicirten Pferdekräfte, welche seine Maschinen entwickeln, ver leihen dem 2645 Tonnen umfassenden Kreuzer eine Schnelligkeit von mindestens 18 Knoten. „Gazelle", welche 100 Meter lang, 11,8 Meter breit ist und einen Tiefgang von 4,0 Nieter hat, führt Alles iu Allem 249 Mann an Bord l8 Sccofficicrc, 1 Marine-Ingenieur, 1 Sanitätsofficier, 1 Zahlmeister, 10 Deckossiciere, 228 Unterosficiere und Mannschaften); „Falke", der am 4. April 1891 vom Stapel lief, ist ungeschützt nnd überhaupt weit unbedeutender als „Gazelle"; die 2800 indicirten Pferdckrästc, welche die Maschinen entwickeln, verleiben dem kleinen Kreuzer von 1574 Tonnen eine Geschwindig keit von nur 15 Knoten. „Falke" ist 76 Meter lang, 10 Meter breit und hat einen Tiefgang von 4,8 Meter; er hat nur 165 Mann an Bord (5 Seevssiciere, 1 Marine- Ingenieur, 1 Sanitätsofficier, 1 Zahlmeister, 7 Deck- officicre und 150 Unterosficiere nnd Mannschaften). Deutschland verfügt also eventuell über eine maritime Streitmacht von 414 Mann. Das genügt aber doch im Ernstfälle kaum. Eine stärkere Besatzung der amerika nischen Station ist ja allerdings geplant, bat sich aber wegen Mangels an Material noch nicht dnrchfübrcn lassen. „Falke" ist bekanntlich der Kreuzer, der wäbrcnd der samoanischen Wirren so viel genannt wurde. Die Haltung des damaligen Commandanten Eorvettencapitäns Schön felder war eine so mustergiltige, daß der Kaiser ihn mit einem ganz besonders hohen Orden decvrirte. -> Berlin, 18. Äuglest. (Forchheim-Kulmbach.) Es nützt nichts, sich darüber hinwegzutüus.heu, daß das Ergebnis; der Reichstagsersatzwahl iu Kulmbach, von welcher Seite man es auch betrachte» mag, unerfreulich ist. Es ist unerfreulich vom Ltandpuncte der Gegnerschaft der Uebermachr des Centrums, es ist unerfreulich vom Stand- puncte der Anhängerschaft an einen gemäßigten Schutzzoll. Um auf den ersten Punct einzugehen, so hat das Centrum allen Grund, zn triumphiren, selbst wenn es in der Stichwahl unterliegen sollte. Erstens hat sich die Stinrmcnzahl zwischen dem Centrum und den nichtkleri- kalcn bürgerlichen Parteien zu Gunsten der ersteren Partei verschoben. Bei den vorigen allgemeinen Wahlen erhielt das Centrum 5200 Stimmen, diesmal 6100, so daß ein Plus von etwa 900 Stimmen vorhanden ist; umgekehrt erhielten die nichtklcrikalen bürgerlichen Parteien bei den vorigen Wahlen etwa 9300 Stimmen (Nationalliberale 6050, Freisinnige 3230), während diesmal nur 7800 nicht klerikale bürgerliche Stimmen abgegeben wurden (3950 Nativnalliberalc, 3500 Bund der Landmirthc und 300 bayerischer Bauernbund), so daß ein Minus von 1500 Stimmen besteht. Während also die nichtklcrikalen bürger lichen Parteien bei den vorigen Wahlen in der Haitptwahl dem Centrum um 4000 Stimmen überlegen waren, ist dieser Ueberschuß diesmal auf 1800, also um mehr als dieHälfte, zusammengeschrumpft. Zum Zweiten kann daS Centrum triumphiren, weil es, ebenso, wie kurz vorher in dem Liebcr'schen Wahlkreise, durch die Aufstellung eines Candidaten deS Bundes der Landwirthc auch nicht eine einzige Stimme cingebützt hat. Zum Anderen ist das Ergebnis; aufs Höchste zu bedauern vom Standpunkte der Zollsragen aus, da bei derWahl lediglich die extremen Rich tungen Erfolg gcbabl haben. Tas bayerische Centrum muß man zu den extremen Agrariern rechnen, denn wenn es auch nicht gerade durchaus auf dem Ltandpuncte der bundlerischkn Forderungen steht, so will es doch erheblich über die Regierungsvorlage hinausgehen nnd ist über haupt innerhalb der gelammten Ccntrnmspartei das Kar nickel, das die Gesammtpartei in agrarischen Fragen nach rechts zieht. Nun sind 6030 klerikale, 8520 bündlerische nnd 300 bayerisch - bauernbündlcrische Stimmen, zusammen also fast genau 10 000 stark agrarische Stimmen, abgegeben worden. Ferner find nahezu 1800 Stimmen für den Socialdcmvkraten, also den Gegner jeglicher landwirth- schastlichcr Zölle, abgegeben worden. Dem gegenüber stehen nur rund 4000 Stimmen von Freunden der Regie rungsvorlage. So wird also das Wahlergebnis; vom Cen- trum, den Agrariern und den Toicaldemokraten ausge-- bcutct werden. * Berlin, 17. August. (Deutsche Socialdemo krat c n und s o c i a l d c m o k r a t i s ch e Polen.) Ter im „Vorwärts" erschienene Rechenschafts bericht des s o c i a l d e m o k r a ti s ch e n Part ei - Vorstandes spricht sich über den Streit mit der pol nisch - s v c i a l i st i s ch c n Organisation, welche für die obcrschlesischen Ncichstagswahlkreise eigene Can didaten aufgestellt bat, ohne sich vorher mit der deutschen Organisation zu verständigen, wie folgt aus: „Verlangen die polnischen Genossen, daß in den Wahl kreisen mit vorwiegend polnischer Bevölkerung Candidaten auf gestellt werden, die der polnischen Sprache mächtig sind, so wird dieses Verlangen nur als billig bezeichnet werden können. Ebenso entspricht cs aber der Billigkeit, daß bei der Auf stellung dieser Candidaten unsere deutschen Genossen zugezogen werden. Tie in polnischen Parteikreisen vielfach vertretene Auffassung, daß in Obcrschlesien und Posen die polnische Parteiorganisation maßgebend sei und die deutschen Genossen dort etwa eine Stellung cinzunehmen haben, wie die reich-- deutschen Genossen in der Schweiz, kann von uns unter keinen Umsiändcn als zutreffend erachtet werden. Tic polnische so eialdcmokratischc Parteiorganisation war ursprünglich gedacht als ein zwar selbstständiger Theil der Gesammtpartei, Ivie wir sie in den verschiedenen Landes- und Provinzorganisalionen mehrfach haben; die Organisationen bilden aber — un beschadet aller Selbstständigkeit — nur Theilc der Gesammt- partci, mit der im Cinverständniß und als deren Glieder sic handeln. Diese ursprüngliche Auffassung ist von unseren polnischen Genossen aufgegeben. Daraus resullircn alle Differenzen." Tie Berliner Ccntralgenossen sitzen also in der Patsche und diese Sitzgelegenheit wird nicht bequemer durch die Pflicht, sie öffentlich zu schildern. Diese Schilderung reiht, mit der allen nicht deutschen Nationalitäten gebührenden Schonung, die Geschehnisse richtig aneinander; man mns; ihr aber einen Commentar hiuzufügen: Ist ein Pole zn- gleich Socialdemokrat, so ist er ein socialdcmvkratischer Pole, der Deutsche aber ist in dem gleichen Falle ein Socialdemokrat, der seine Entnationalisirung bis zur Vaterlandslosigkeit und Feindschaft treibt. Von seiner Seite aus ist also jede Bedingung zum Einvernehmen mit den nichtdeutschen Genossen gegeben, aber diese Anderen wollen mit ihm gar nichts zu thun haben. Sie ver achten ihn, und das gerade wegen der Verleugnung seines VolkSthums. Nur wenn es ihm gelingt, sich auch seiner Muttersprache (man verzeihe den Gebrauch dieses Wortes mit Bezug auf solche Leute) zu entäußern und ganz mit Allem, was sein ist, in das fremdnationale Lager übcr- zugchen, wird er als Einzelner, als Krastzuwachs, aus genommen, womit er natürlich die Verpflichtung über nimmt, sein Rencgatenthum durch nationale Propa ganda vergessen zu machen. „Daraus resultiren alle Differenzen". — Die Kaiserin wird am Sonntag, 24. August, wieder im Neuen Palais eintreffen. — Die „Disch. TageSztg." rechnet bereits mit einer Niederlage des Bundes der Landwirthe im Kampf um den Zolltarif und die Handelsverträge. Sie schreibt in ihrer neuesten Nummer: „EL ist nivulich, ja vielleicht wahrscheinlich, bas wir trop aller Mühe unterliegen; aber die Schuld unserer Niederlage darf nicht bei nnS liegen; man soll uns nicht lässiger Etumpsheit und thatcnloser Feigheit zeibrn können. Und wenn wir unter liegen, unsere Niederlage ist nicht das Ende der Kämpfe. Die Weltanschauung, die wir vertreten, muß zum Siege kommen, früher oder später; und für diese Zeit endlichen Sieges gilt eS, einen starken Kern festzuhalten, um den die neue Entwickelung sich krystallisiren kann. Deshalb muß unsere Losung in den politischen Kümpfen des Tages heißen: Festhalten, unbedingtfesthalten!" Die Weltanschauung der 7,50-^-Zölle und deS Miß achten-; aller Bestrebungen, deren Ziele nicht in Geld wägbar ist, wird hoffentlich eine so gründliche Schlappe erleiden, daß sie dann blos noch ihre Berliner Direktoren zu Vertretern haben wird. — Der italienische Botschafter Graf Lanza ist heute aus Rom hier wieder eingetroffen. * Hamburg, 17. August. Bei den: Droschken streik handelt eS sich um eine Arbeitseinstellung ganz eigentbiim- licher Art: Nicht Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeit- FeuiHstsn. Thiere als Brandstifter. In dem 9. Buche seiner Naturgeschichte spricht Plinius von einem brandstiftenden Vogel, inc-onckarin nvis, und sagt, er sei von übler Vorbedeutung, und in den Jahrbüchern, d. i. in den Annalen des Staates, stände verzeichnet, daß seinetwegen öfters Sühncopfcr dar gebracht worden seien, z. B. unter dem Consulatc des E. MariuS und L. Cassius, das war 103 v. Ehr. Ge burt. Was das aber eigentlich für ein Vogel sei, darüber seien weder schriftliche, noch mündliche Nachrichten zu er langen. Manche, und mir scheint, recht vernünftige Leute erklärten, ein jeder Bogel, der eine glühende Kohle von einem Altar oder einem Opferstein verschleppe, könne ein branbstiftenber Bogel werden. Andere berichteten dem Plinius, das sei der Spinturntr, was den alten Com- pilator auch nicht viel geschcidtcr machte, denn nun wußte wieder Niemand ihm zu sagen, was das für ein Vogel sei. Die Dache, so brennend sie auch war, blieb daher dem römischen Admiral dunkel. Die Griechen nannten einen Vogel I^rriweorax „Feuerkrähe", und die Gelehrten des Mittelalters identt- ftctLten diesen Bogel Mit der nvi? inoenciaria des PliniuS, sowie mit der Bergbohle oder Dtetnkrähe der Alpen, die heute noch den wissenschaftlichen Namen »Ipinus führt. Es wurde ihm nachgesagt, er hole in unbewachten Augenblicken glühende Kohlen von den Herden der Hütten, verschleppe sie auf die mit Holz oder Stroh gedeckten Dächer anderer Gebäude, wo durch er schon Feuersbrünste veranlaßt habe. ES ist ja richtig, die Vögel aus dem Krähengeschlecht, Krähen, Raben, Elstern u. s. w., haben, wo sie nur vor kommen. die seltsame Neigung, glänzende Dinge, silberne und goldene Münzen, mit Edelsteinen besetztes Geschmeide und dergleichen, zu stehlen, warum sollten sie nicht unter Umständen auch einmal einen wirklichen Karfunkel, näm lich nicht den edlen, rothglänzenden, sogenannten Granat, sondern eine glühende Kohle, die bet den Römern car- duooulu» hieb, in ihre Schlupfwinkel tragen? Friedrich v. Tschudi, gewiß ein glaubwürdiger Mann, erzählt in seinem herrlichen Werke „Das Thier leben der Alpenwclt" merkwürdige Dinge von einer zahmen Alpendohle, die ihm freilich auch erst erzählt worden waren. Ein seltsames Gelüste zog den Vogel oft zum Feuer. Aus der Lampe holte er den brennenden Docht heraus und verschluckte ihn ohne Schaden, ebenso kleine glühende Kohlen, die er ans dem Kamine stahl. Sein besonderes Vergnügen hatte er daran, aufsteigenden Ranch zu beobachten, nnd wenn er ein offenes Kohlen becken mit Gluth entdeckte, suchte er Papier, Lumpen und Spähne, warf sie hinein nnd sah nun aufmerksam den sich entwickelnden, aufsteigenden Wölkchen zu. „Die Unart der Bergbohle", bemerkt Tschudi weiter, „Feuer und glühende Kohlen zu stehlen, wird vielfach bezeugt, und mehr als einmal sollen schon Feuersbrünste entstanden fein, wenn sie in den offenstchendcn Berghäuschen brennendes Holz vom unbewachten Herde verschleppten." Auch die Hauskatzen haben gelegentlich, was übrigens seit Jahrhunderten bekannt ist, Feuersbrünste veranlaßt. Diese zärtlichen Thiere legen sich bekanntlich mit großer Vorliebe vor die Oefen oder neben die offenen Herdfetter. Da kann leicht einmal eine Kohle auf ihren Balg springen, hängen bleiben, hier zünden und weitergffmmcn. Nach kurzer Zeit wird das Thier Schmerzen empfinden, und sein Erstes wird sein, daß eS fortläuft, um in ein be liebtes Versteck zu flüchten, wo es immer Zuflucht und Trost zn finden gewohnt tst. Die Wahrscheinlichkeit wird ffchr groß fein, daß dieses Versteck sich gerade in der Nähe von, wenn nicht gar in leicht brennbaren Stoffen, Heu oder Stroh, befindet, und dann ist das Unglück bald ge- fchclhen. Manches Menschenkind mag schon, wenn der Schein gegen eS sprach, unschuldig wegen Brandstiftung bestraft worden sein — die hochnothpeinlicbe Hals- gerichtSordnung Kaiser Karl'S V. setzte unter Um ständen den Feuertod darauf —, und doch hatte es eine Katze gethan! Es ist auch übel angebracht, hungrige Katzen mit einem brennenden Talglicht allein in einer Stube zu lassen, die Thiere haben dann bisweilen einen kosakischen Appetit, nehmen das Ltcht, um davon zu stressen, und können so viel Unheil anrichtcn. Es ist aber un vorsichtig, einen Hund oder auch eine Katze unbeaufsichtigt in einem Gemach zurückzulassen, wo ein brennendes Licht, sei et «ine Talg-, Wachs- oder Stearinkerze oder auch eine Lampe, sich befindet, — wie leicht wirft so ein Thier, wenn cs von einem Stuhle auf den Tisch springt, oder an einer Tischdecke zerrt, einen solchen Feuerherd um und herunter, und das Unglück ist fertig. ES sind ferner Fälle bekannt, in denen sich Natten nfft ihrer riesenhaften Gefräßigkeit und ihrem universellen Apvetit gleichfalls an »nbcanfsichtigt stehende, brennende Talglichtcr gemacht haben und zu Brandstiftern geworden sind. In meinen Knabenjahren, in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, machte eine Wundergcschichtc die Runde durch die Tagesblätter. Da mals waren Wachskerzchen, die an dem einen Ende mit einer leicht entzündbaren Masse versehen waren, sehr in der Mode, während jetzt solche „Wachsstreichhölzchcn", wie die Leute sic, drollig genug, nannten, kaum noch vor kommen dürften, — Stearin nnd Paraffin haben mittler weile das Wachs auf diesem Felde völlig verdrängt. Ich weiß, daß wir, der damalige Ich nnd andere nichtsnutzige Bengel, nnS oft den Spaß machten, die Zündmasse mit einer Stecknadclspitze oben anzuritzen und uns königlich darüber freuten, wenn diese sofort pflichtschnldigst darauf reagirten. Nun hieß cs in jener Zeitungsnotiz, Natten hätten, natürlich in London, Wachskerzchen verschleppt, an feuergefährlichen Stellen in menschlichen Wohnungen an genagt, znr Entzündung gebracht und Feuersbrünste ver anlaßt. Wahrscheinlich war diese Schancrmär in dem phantasiereichcn Hirn eines Fabrikanten entsprungen, der auf jene Wachskerzchen einen Aerger hatte, weil sie seiner Maare erfolgreiche Concurrenz machten. Menschen haben auch schon absichtlich und mit vollem Bewußtsein in ihrem Interesse Thiere zn Brandstiftern gemacht. Wer kennt nicht die älteste, hierher gehörige Ge schichte von Simson, dem Sohne Manoah, der „einmal eine rechte Sache wider die Philister hatte, und ging hin und fing dreihundert Füchse lLchakale) und nahm Bränder, und kchrete je einen Schwanz zum andern und that einen Brand je zwischen -ween Schwänze, und zündete die an im Feuer, nnd ließ sie unter das Korn der Philister, und zündete also an die Mandeln sammt dem stehenden Korn, nnd Weinberge und Lelbänme". (Rich ter, 15, 4 und 5.) Der Großfürstin Olga, der Fran des Großfürsten Igor, die in Konstantinopel tm Jahre 955 in der Taufe den Namen Helene annahm, welcher der Kaiser Kon st antin, obwohl er schon ein Eheweib hatte, in ihrem 03. Jahre einen Heirathsantrag machte, und die später eine der 57 heiligen Damen wurde, welche die russische Kirche kennt, — eben dieser Olga-Helene hatten die Tcrwier im Jahre 945 ihren Gemahl erschlagen. Ta brütete sie Rache, belagerte die Stadt der Derwier und zündete sie an, indem sie Sperlinge nnd Tauben, denen sie brennende Schwefclfäden an die Schwänze gebunden hatte, gegen sic fliegen ließ. Einer ähnlichen Sage begegnen wir öfters in mittel alterlichen Berichten. So wird eines Königs Gor in u n d „ans Afrika", vermuthlich ein Vandale, erwähnt, der die Stadt Cirenccster in der englischen Grafsihait Gloucester auf diese Art in Asche legte. Eben auf diese Weise soll ein anderer König, Friedlef mit Namen, - ich kenne die weiteren Verhältnisse Sr. M. nicht —, die Ltadt Dublin in Irland gewonnen haben. Eine dieser drei Geschichten mochte jenem Grafen Heinrich lso heißen sie zwar Alle) Neuß von Planen ßn Ohren gekommen sein (gelesen wird er sie schwerlich haben), der im Hussitenkriege 1419 die Stadt Saatz in Böhmen belagerte. Als er sich ihrer so gar nicht bemäch tigen konnte, da ergrimmte er in seinem Herzen, ging mi: sich zn Nathe, und befahl, Tauben und Sperlingen brennende Schwefclfäden unter die Schwänze zn binden nnd sie gegen Saatz, das damals wahrscheinlich ein neues, aus Holz, Lehm und Stroh aufgcbautes Nest gewesen sein mag, loszulasien. Die Hussiten waren aber auch nicht so dunnmsic wandten ibreHandfcucrwasfen.mit denen man damals zwar noch nicht viel traf, die dafür aber mächtig knallten, gegen die heranfliegenben Vogel nnd feuerten auf sie. Diese machten, noch verdutzter, als sic schon waren, Kehrt tn der Luft und flogen dahin zurück, woher sic kamen, und was ihnen bet Saatz nicht gelungen war, daS erreichten sie prächtig tm «rcuknschcn Lager. Es sing Fener, cs entstand eine allgemeine Verwirrung, die Hussiten benutzten diese, machten einen Ausfall, der gute Heinrich der Soundsovielste bekam als Erfolg seines eigenen oder entlehnten schlancn Anschlages Schläge und mußte abzieben. Das kommt davon, wenn man so schnurrige Brandraketen nicht zu dirtgiren ver steht! ä. L.
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