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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020820013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902082001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902082001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-20
- Monat1902-08
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In ähnlicher Weise ereiferte sich letzthin die „Säch sische Arbeiterzeitung", weil man daran denke, in der Nachbarschaft Dresdens, im Plauenschen Grunde, ein Denkmal des verstorbenen Königs Albert von Sachsen auf Kosten der Steuerzahler zu errichten. Es ist eine gröbliche Anmaßung und zugleich eine ebensolche Entstellung der Thatsachen, wenn die social demokratische Presse bei derartigen Gelegenheiten im Namen der Steuerzahler spricht. Handelte es sich umReichs- ausgaben, so könnte man allenfalls sagen, daß ein nicht geringer Theil der Einnahmen den indirekten Steuern entstamme und daß die Socialdemokratie im Namen der unteren Classcn, die zu diesen Steuern wesentlich bei tragen, spreche. Die Einkünfte der Städte beruhen vor wiegend auf direkten Steuern, und diese werde» zum weit aus größten Theile von denjenigen Classcn der Bevölkerung aufgebracht, die nicht zur Socialdcmokratie gehören. Um gekehrt kommen die Erträgnisse dieser Steuern zum größten Theile den unteren Classcn zu Gute. Die Aus gaben für Volksschulen, öffentliche Wohlthätigkeits- anstalten, Krankenhäuser ü. s. w. nehmen einen sehr breiten Raum im städtischen Ausgabeetat ein, und alle diese Ausgaben werden vorwiegend zu Gunsten der unteren Classen der Bevölkerung gemacht. Von anderen großen Ausgabeposten, wie Pflasterung, Straßen reinigung, Feuerlöschwesen, Unterhaltung öffentlicher An lagen und dergleichen haben die ärmeren Classcn der Be völkerung genau denselben Vorthetl wie die wohl habenderen. Wir sehen also, daß die städtischen Ein nahmen, besonders in den größeren Städten, vorwiegend von den wohlhabenderen Classen getragen werden, während die daraus gemachten Ausgaben in erster Ncihc den unteren Classen zu Gute kommen. Wenn unter solchen Umständen die Socialdcmokratie bei Ansgabe- posicn patriotische oder Repr,,sema»ionszwccke gabcn, die im Vergleiche zu den anderen communalen Ausgabenobendrein nur eine ganz gcringeNollespielen—, sich anstcllt, als ob ein Raub an den wohlerworbenen Ansprüchen der ärmeren Bevölkerung begangen werde, so kann man dies eben nur als eine gröbliche Entstellung der Thatsachen bezeichnen. Nicht minder gröbliche Anmaßung ist es, wenn die so- cialdemokratischc Presse die Anhänger der bürgerlichen Parteien — besonders läßt sic bei diesen Gelegenheiten ihren Witz an den Freisinnigen auö — als widerwärtige Kriechthiere verhöhnt, weil nämlich die bürgerlichen Mit glieder kommunaler Vertretungen bei fürstlichem Besuch an der festlichen Begrüßung thcilnehmen und „eine Ver beugung machen", so daß man, wie der „Vorwärts" sich geschmackvoll ausdrückt, die „demüthig entblößte Glatze" sehen kann. Wenn befreundete Herrscher die Rcichshauptstadt be suchen, so gilt dieser Besuch nicht nur dem Rcichsober- haupte, sondern der gesummten Nation. Die Nation ist in gewissem Sinne also der Gastgeber, und den Gast höflich und gastfreundlich zu behandeln, machen sich selbst die wildesten Naturvölker, die vom „Bnzantinismus" gewiß keine Vorstellung haben, zur Pflicht. Will sich die Socialdcmokratie an dieser Ausübung gastfreundlicher Pflichten nicht betheiligcn, so wird man auch ohne sie auskommen. Aber dann sollte sie sich eben an dieser Nichtbethciligung genügen lasten. Wenn sie statt dieser sogar erwartet oder verlangt, daß die bürger lichen Parteien ihrem Beispiels folgen und den Gästen der Nation den Rücken kehren, so ist dies genau derselbe gröbliche Terrorismus, wie wenn sie selbstherrlich über den Säckel des Steuerzahlers verfügen will. Diese soctaldemokratische Anmaßung hat aber unleug bar ein Gutes: sie stärkt das Solidaritätsgefühl des Bürgcrthums. Denn auch die demokratischen Elemente des Bürgerthums müssen sich ««gewidert fühlen, wenn sie sehen, wie selbstverständliche Bekundungen ihres natürlichen Empfindens zum Gegenstände verächtlicher Betrachtungen gemacht werben. Bei uns in Sachsen dürfen wir überzeugt sein, daß die Absicht, ein Denkmal König Albert's im Plauenschen Grunde zu errichten, durch die höhnischen Einsprüche der Socialdcmokratie nur ge fördert wird. Aber diese Einsprüche werden hoffentlich auch noch weiter wirken und besonders das liberale Bürgerthum überzeugen, daß Socialdcmokratie nicht gleichbedeutend ist mit gleichbemesscner Freiheit jedes Individuums, sondern mit rücksichtsloser Knechtung jedes anders Denkenden, daß sie also im schroffsten Gegensätze zu den Grundsätzen des Liberalismus steht. Die Enthüllung -es Laiserin Friedrich-Denkmals in Homburg v. d. H. D Homburg v. d. H., 19. August. (Telegramm.) Heute Vormittag 11 Uhr wohnten der Kaiser und die Kaiserin der Enthüllung deö Denkmals der Kaiserin Friedrick bei, das in den Curanlagen gegenüber dem Denkmal Kaiser Friedrich's III. als eine Kolossal-Marmor- büste von Professor Uphues errichtet worden ist. Der Kaiser und die Kaiserin begaben sich in offenem Vierspänner, von der Bevölkerung lebhaft begrüßt, durch die reickgeschmückte Stadt nach dem Festplatz. Dort waren ein Kaiserzelt und eine Tribüne für die zahlreich geladenen Gäste errichtet. DaS Füsilier-Regiment von GerSdorff Nr. 80 batte in Tiefcolonne Aufstellung genommen. Am Kaiserzelt stand eine Ebrencompagnie desselben Regiments mit der Fabne und der Musik. Ferner waren anwesend das Denkmals-Comitö, Vertreter der Stadt Homburg v. d. H. und eine Abordnung des zweiten Leibbusaren-RegimentS; auck Schulen und Vereine hatten sich ausgestellt. Bei dem Kaiserzelt erwarteten das Kaiserpaar der OberprLsident der Provinz Hessen- Nassau, Graf v. Zedlitz'Trützschlcr, der Regierungspräsident von Wiesbaden Ur. Mentzel, der commanvirende General v. Lindequist, der österreichisch-ungarische, der englische und der amerikanische Botschafter in Berlin, der Herzog vo>- Cambridge mit seinem Sohne, die > Reichs- und LanLtckgß- abgeordneten des Kreises, sowie weitere Ehrengäste. Der Kaiser trug die Uniform des Leidbusaren - Regiments Nr. 2 Kaiserin Friedrich. Zugleich erschienen die Kaiserin, der Kronprinz, Prinz Joachim Albrecht und Prin zessin Victoria Luise, sowie dir vier Schwestern deö Kaisers mit ihren Gemahlen; die Umgebung des Kaiserpaares und daö Gefolge der übrigen Herrschaften schlossen sich an. Der Kaiser schritt die Front der Ebrencompagnie ab und nahm dann unter dem Kaiserzelt Aufstellung. Der Vorsitzende des Denkmalö-ComitöS, Stadtverordncten- Vorsteher Or. Rüdiger-Homburg, hielt alsdann eine An- svrache, in der er zunächst an die Trauer und das bittere Weh erinnerte, mit dem nicht nur daS geliebte Herrscherhaus, nickt nur daS deutsche Volk, sondern sämmtliche Herrscherhäuser uud alle civilisirten Völker an der Bahre der entschlafenen Kaiserin gestanden. Redner wies alsdann auf die hoben Tugenden der Entschlafenen bin, deren Ziele Menschenglück und Menschenwohl gewesen. Der Initiative, dem Rath und der Mitwirkung der verstorbenen Kaiserin verdanke das deutsche Fraucnleben seine Entwickelung, ihrem feinen Kunst- verständniß das deutsche Kunstgewerbe sein Aufblühen. Ferner gedachte Redner der aufopfernden Tbätigkeit der Kaiserin in den Lazarcthen während des großen Krieges, wo ihre Herzensgüte, ibr Wohlwollen und praktischer Sinn so recht bervorgetreten seien, und hob ihre unvergleichlichen Leistungen hervor als liebende Gattin am Krankenlager des edlen Kaisers Friedrich, wahrlich ein Stück HeldenthumS, daö in der Geschichte schwerlich seines Gleichen finden dürste. „Als ein Zeichen der Dankbarkeit der Homburger für die zahlreichen Wohlthaten Ihrer Majestät möge dieses Denkmal dastehen." Redner schloß mit den Worten: „So lange eS Taunus-Bewohner geben wird, so lange wird der Rückstrahl der leuchtenden Thaten der Kaiserin Friedrich, die Erinnerung an Ihre gottbegnadete Majestät in unserer Heimath niemals erlöschen, sondern in Liebe, Verehrung und Dankbarkeit sortleben." Während die Truppen präsentirten, siel sodann die Hülle des Denkmals. Der Kaiser legte am Fuße des Denkmals einen Kranz nieder und verlas dann, vor dem Denkmal stehend, ein Lebensbild der Kaiserin Friedrick, das er mit folgenden Worten einleitete: „Zum ersten Male fällt beute die Hülle von einem Denkmal, welches die Züge der tbeuren, verblichenen Mutter nnd Kaiserin der Nachwelt und besonders dieser ihrer lieben Stadt und Bürgerschaft erhalten soll. Da ziemt es fick, ein in wenigen Strichen gezeichnetes Charakter bild der hohen Fürstin zu entwerfen, welches in den Herzen des deutschen Volkes die Erinnerung an seine Kaiserin wach halten soll." Alsdann verlas der Kaiser Folgendes: „Am 5. August 1901 verschied zn Schloß Fricdrlchshof bei Cronbcrg die Kaiserin und Königin Victoria, die Wittwe des hochseligen Kaisers Friedrich III., Prinzeß Royal von Groß- britannien und Irland, Meine erlauchte Mutter, nach langem, mit Lebensmuth und standhafter Ausdauer getragenem Leiden. Hoch- begabt, von starker geistiger Willenskraft, erfüllt von hohem culturellem Streben, dem ein seltenes Wissen zu Gebote steht, stolz auf ihre königliche und nationale Abstammung, stets bemüht, deren tiefe Jugcndeindrücke und Erfahrungen auch in ihrer zweiten deutschen Heimath zur Geltung zu bringen, eine zielbewusste Förderin der Entwickelungswege des Schönen in Kunst und Kunstgewerbe, die wissenschaftliche Forschung und deren Ergebnisse mit Wärme ergreifend, für die Ausdehnung weiblicher Bildung und Erwerbsfähigkeit und für die Ausgestaltung weiblicher Krankenvflege erfolgreich wirkend, endlich die liebende Gattin und stete Gefährtin des Kronprinzen, an der Spitze eines glücklichen Familienhauses, an allen großen Er eignissen, wie an allen Begebenheiten seines reichgestalteten Lebens ganges bettzeiligt, die sorgende Gemahlin des Kaisers und Königs in bangen, trüben Tagen, die würdevoll trauernde Wittwe am frühen Schluß ihrer eigenen über lichte Höhen und dunkle Todesschatten führenden Laufbahn, so hat diese Fürstin unter uns geweilt, und so fügt sich ihr Bild ein in die Annalen des Hohenzollern'schen Hauses in Preußen uud in Tn».schlank». Die Kaiserin war geboren am 21. November 1840 alS das älteste Kind der Königin Victoria und des Prinz- Gemahls Albert von Sachsen-Coburg und genoß inmitten der vielfachen Anregungen, welche daS Leben am englischen Hofe dem früh entwickelten Geist der Prinzessin gewährte, eine sorgfältige Er ziehung. Erst siebzehnjährig, folgte sie dem ihr am 25. Januar 1858 angetrauten Gatten, dem sich ihre ganze Neigung erschlossen hatte, nach Preußen und verließ einen zahlreichen Ge- schwisterkreis, ein Vaterhaus und eine Heimath, denen ibre innigste Zuneigung bis zn ihrem Lebensende erhalten blieb. Während der 30 Jahre, welche die große geschichtliche Ent- wickelungsepoche unseres Vaterlandes umfassen, hat sie als die Kronprinzessin von Preußen nnd seit 1871 auch des deutschen Reiches an der Seite des Kronprinzen in zunehmendem Maße in Haus und Familie, in gesellschaftlicher Beziehung und durch öffentliche Bestrebungen, sei es in der Ausübung fürstlicher Repräsentation, sei es durch die Verdienste um die Be ¬ gründung des Kunstgewerbemuseums und der Kunstgcwerbcschule, oder durch die Anregung zur Gründung des Lettevereins, des Heimathhauses für Töchter höherer Stände und Lehrerinnen, des Victoriahauses für Krankenpflegerinnen, des Vereins für häusliche Gesundheitspflege, sowie des Pestalozzi-Fröbelhauses in hohem Maße bildend gewirkt uud den Stempel ihrer ausgeprägten Persönlichkeit im Rahmen eines bestimmten Zeitabschnittes einem ihrem Wesen und Sein, ihrem Denken und Fühlen entsprechenden Wirkungskreise auf getragen. Aber inmitten dieses emporstrebenden Schassens traf das Schicksal sie schwer; zuerst durch den Tod zweier Kinder, dem der frühe Verlust des ihr besonders nahestehenden Vaters voran gegangen war. Niedergebeugt richtete sie sich wieder auf, und ihr starker Geist gewann auch in den härtesten Prüfungen die Oberhand, auch in der schwersten Zeit hielt sie muthig Stand, da es ihr beschicken war, den geliebten Gemahl an unheil barem Leiden in dem Augenblick dahinsiechen zu sehen, als die deutsche Kaiserkrone, die er als siegreicher Feldherr erstatten, sich auf sein Haupt senkte. Nach dreißigjähriger Ehe, in der sie Freud und Leid, Sorge und Glück, Trauer und Hoffnung treu und hingebend mir ihm getheilt hatte» umhüllte sie bereits der Witwenschleier. Sie zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück und widmete ihr umfangreiches, wohl erworbenes Können und Wissen der Schöpfung, Einrichtung und künstlerischen Gestaltung eines fürstlichen Sitzes, des Schlosses Fricdrichshof, welches als ihr gastliches Heim und als eine den Erinnerungen an den Kaiser Friedrich gewidmete Stätte von Mir und allen den Ihrigen, sowie von einem Kreise hervorragender Persönlichkeiten des Jn- und Auslandes häufig ausgesucht wurde. Von hier aus fuhr sie fort, gemeinnützige Zwecke zu verfolgen. Doch auch dieser letzten Periode ihres Lebens war ein kurzes Ziel gesetzt; auch sie wurde von schwerer Krankheit ergriffen, und in langer schmerzensreicher Leidenszeit, die sie in Gottes Fügung ergeben durchlitt, löste sich das reine, farbenfrohe Baud dieses zu so glänzenden Erwartungen berechtigenden, inhaltsvollen und inhalts- schweren Daseins einer seltenen Frau und einer zu hohem Wirken berufenen Fürstin." Nach einer vom Cbor hiesiger Gymnasiasten vorgetragenen Hymne, welche die Curcapelle begleitete, brachte der Bürger meister vr. Marx ein Hurrah auf den Kaiser aus, in das sämmtliche Anwesende begeistert einstimmten, worauf die Musik die Nationalhymne spielte. Es wurde darauf eine große Reihe von Kränzen am Denkmal niedergelegt, von Fürstlich keiten, von Regimentern, deren Chef die Kaiserin gewesen ist, von der Stadt Homburg und von patriotischen Vereinen; ferner durch den Maler Corrodl ein Kranz der Königin Margherita von Italien, auf dessen meterlanger, weißer Schleife folgende Inschrift steht: „Alargke.-ita cli Lavoza, liegina Llaclro tl'Italia. iu Llcmoria stell' Imporalrico I'rockerico ückelo amica stcst lis Umberto o 8ua". — Der Kaiser sprach mit einer großen Reibe der anwesenden Persönlichkeiten, auch mit dem Schöpfer des Denkmals, und ließ hierauf Las Regiment Nr. 80 in Parademarsch vorbeimarschiren. Bürgermeister I)r. Marx ist Oberbürgermeister geworden, der Vorsitzende des Denkmal-Comitäs Or. Rüdiger erhielt den Rothen Adlerorden 4. Clafse, Landrath v. Meister das Ritterkreuz des Hohenzollern'schen Hausordens und Bildhauer Uphues den Kronenorden 3. Clafse. Deutsches Reich. * Leipzig, 19. August. Die „Nat.-Ztg." rügt die Weise, wie die osficiöse Erklärung zum Falle Löhnrng veröffentlicht wurde, indem sie schreibt: Die Veröffentlichung der Erklärung ist in höchst eigenthümlicher Weste erfolgt. Sie erschien Sonntag früh in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", so Laß die Berliner Zeitungen, mit Ausnahme eines und des anderen Montagsblattes, sie erst Montag Nachmittag wiedergeben konnten. Tas Wolff'sche Bureau aber hat sie am Sonnabend Abend, vor der Veröffentlichung, nach auswärts telegraphirt, so daß bei- spielsweise die Zeitnngsleser in Wien 36 Stunden früher davon Kenntniß erhielten, als die der deutschen Reichshaupt stadt. Das ist denn doch, wie die Franzosen jagen, ei» comblo in den Leistungen unserer Negiecungspresse, zu deren wichtigsten Be- standtheilen die osficiöse Telegraphen-Agentur gehört. In diesem einen Falle soll das Blatt Neckt haben; daß aber in unzähligen Fällen die Presse außerhalb Beilins arg benacktheiligt wird dadurch, daß sie vom ^V. P. L. Telegramme erst für Las Morgen blatt des nächsten Tages zugestellt er hält, während dieselben Nackrichten den Berliner Blättern noch rechtzeitig für das Abendblatt zugehen, ist unseres Wissens von Berlin aus noch nie gerügt worden. Dieser Uebelstand hat sich aber gerade neuerdings sehr unangenehm fühlbar gemacht, denn cs wird immer mebr Mode, die Ber liner Abendblätter noch am Spätabend desselben Tages aus wärts auf den Markt zu bringen, was merkwürdiger Wei e Feirilletsir. Humorvolle Hausinschriften. Nachdruck verboten. In unseren Tagen verwischen sich die Unterschiede zwischen Dorf und Ltadt, zwischen den Bewohnern des platten Landes und denen der großen Städte immer mehr, viele volksthlimliche Sitten und Gebräuche, die in den Dörfern noch mit der alten Liebe gehegt und ge pflegt wurden, nachdem sie in den Städten schon längst vergessen waren, sind auch hier im Aussierben begriffen, genau so wie die oft recht malerischen Volkstrachten. Diesem nivellirenden Zuge unserer Zett ist auch die alte schöne Sitte zum Opfer gefallen, Haus und Hof innen und außen mit einem ernsten oder heiteren Spruche zu schmücken. Die heutige Generation hat sich so sehr an nichtssagende, schablonenhafte Häusergiebel gewöhnt, daß cs nur selten Jemand einfällt, bei Neubauten dem Hause durch irgend ein äußeres Zeichen, durch figürlichen, sinn bildlichen Schmuck ein Merkmal seiner Bestimmung zu geben, oder durch einen schönen Spruch die Gesinnung des Erbauers wiederzusptegcln. Unsere Vorfahren huldigten dieser schönen Gepflogen heit in hohem Maße, galt doch m manchen Gegenden daS Wort: Tin Haus ohne Spruch ist wie ein Ei ohne Salz. Dieser leider im Verschwinden begriffene HauSschatz deut scher Spruchverse ist in seiner Art nicht minder reich an lauterem Golbe, wie das eigentliche Volkslied. TheilS sind die Inschriften religiösen Inhalts, theilS enthalten sie ernste Lebcnswahrheiten, und nicht zuletzt offenbart sich in ihnen der dem deutschen Volke eigene Humor. Eigcnthümlich ist es, daß man solch humorvollen Haus-1 Inschriften oft im Norden, am häufigsten aber im Süden I unseres Vaterlandes begegnet, weit seltener im mittleren Theile desselben. Im Folgenden sei es gestattet, einige Proben deutschen Bolkshumors auf diesem Gebiete zu geben. Eine große Zahl dieser humorvollen Hausinschriften enthält eine mehr oder weniger derbe Abfertigung jener unberufenen Richter, die bald dieses, bald jenes auszu- feyen haben: Wer will bau'n auf offner Straßen, Muß die Leute reden lassen, Der eine gafft vorn, der eine hisiten, Wirb Jeder was zu tadeln finden. Recht leicht nimmt's mit dieser landläufigen Tadel sucht die Inschrift an dem Rathhause zu Wernigerode im Harz: Einer acht's, Der Andere verlacht'S, Ter Dritte betracht'S, Was macht'S? Das ist aber nicht Jedermanns Sache, und so finden wir zahlreiche HauSsprüche, die in den mannigfaltigsten Variationen ihrem gerechten Zorne Uber solch unwill- kommene Tadler Lust machen. Sehr höflich klingt noch der folgende VerS: Wer dieses HauS jetzt tadeln will, Der stehe nur ein wenig still Und denk' in seinem Herzen frei, Ob seins daheim wohl besser sei. Energischer verbietet sich schon Herr Conrad Wilhelm Hase in Hannover absprechende Urtheile über sein Haus. Er schreibt: Dies Haus hab' ich für mich gemacht, Ob man spottet oder lacht, Ein Jeder baut nach seiner Nase, Ich heiße Conrad Wilhelm Hase. Kurz und bündig weist auch jener Schweizer diese auf dringlichen Besserwisser zurück, der an sein Haus schrieb: Ist Dir dieses Haus nit recht, Bau' Dir ein andres, das nit so schlecht. Auch die beiden folgenden Sprüche, die sich häufig in Süddeutschland finden, reden eine kräftige Sprache: Was stehet Ihr für diesem Haus Und laßt die bösen Mäuler aus? Ich hab gebaut, wie mir's gefällt, Mich hat's gekost' mein gut Stück Geld! Oder: Schimpfen kann ein jeder Bauer, Besser machen füllt ihm sauer, Jeder baut nach seinem Sinn, Keiner kommt und zahlt für ihn. Einem recht originellen Einfall verdankt der Vers seine Entstehung, der sich sowohl in Straßburg alS auch im Schwarzwald und in Tirol findet und in derber Weise der Spötter seines Hauses spottet: Ach, ich Aff! Steh' so lang her und gaff'! Alldieweil ich dasteh' mit Lachen, Kann ich meinen Weg fortmachen. Diesem BerS steht die folgende Inschrift würdig zur Sette: Esel, was guckst? guck' vor Dich! Der im Vogtland vorkommende Spruch: Das eigne HauS, der eigne Herd ist mehr als Gold und Silber werth, enthält zweifellos sehr viel Wahres, und cs mag eine sehr schöne Sache sein, sich selbst ein Haus bauen zu können. Die Medaille hat aber auch eine Kehrseite: Bauen war eine Lust, Aber was es getost't, Hab ich vorher nicht gewußt. Dieselbe weniger angenehme Erfahrung hat auch so mancher andere Bauherr gemacht, das bezeugt der häufig vorkommcnde Vers: Behüt uns Gott vor tbeurer Zeit, Vor Maurern und vor Zimmerleut. Zum Beweis aber, daß nicht alle Leute die Sache so tragisch nehmen, sei ein Spruch aus Windshctm in Mittelfranken angeführt: Ich habe meine Lust an einem schönen Haus Allein es leert den Beutel ziemlich aus, Doch solches acht' ich nicht, wenn's mir nur gefällt, Denn was hilft mir alles Geld, Ich muß doch aus der Welt. Recht lustig klingen die beiden folgenden Reime, von denen der erste einen allerdings sehr gedrängten Bau bericht erstattet. Er lautet: Gebaut und rcnovirt Und jedes Loch verschmiert, 1820. Der andere ziert ein Bauernhaus in Thun und hat folgenden Wortlaut: Ties HauS steht in GottcS Gewalt, Ist vorne neu und hinten alt. Hätte den Meister das Geld nicht gereut, So hätt' er'S nach hinten auch erneut.
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