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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.07.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19030709019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903070901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903070901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-07
- Tag1903-07-09
- Monat1903-07
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Tabellarischer and Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen »ad Offetteuauuohme LS H (exel. Porto). Lrtra-Beilagen (gesalzt), an» mit »er Morgen-Ausgab«, ohne Post befördern», ^l SV.—» »1t PostdesSrderung ^5 70-—» Anuahmeschluß fir Anzeigen: Ab«nd.»n»gab«r Bormittags 10 Uh«. Morg«»-AaSgab«: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen stad stet- au di« Expedition zu richten. Di« Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh S bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 343. Donnerstag dm 9. Juli 1903» 97. Jahrgang. Steuern, Staatsvermögen und Staatsschulden. vr. 8. Wie wir in Nr. 304 deS „Leipz. Tagebl." vom 18. Juni in einem Aussatze über die Finanzen der deut- schcn Bundesstaaten gezeigt haben, nehmen» die Steuern die zweite Stelle nach den ErwerbSctnkünften in den Etats der deutschen Bundesstaaten ein. Die Vor. und die Nach teile der direkten und berindtrektenSteuernmüssenwir im einzelnen als bekannt voraussctzen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß es die Aufgabe der wichtigsten unter den direkten Steuern, der Einkommensteuer, ist, eine gerechte Verteilung der Steuerlast, d. h. die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, herbeizuführen. Die übrigen direkten Steuern, abgesehen von der Vermögenssteuer, die Er. tragssteuern, vermögen sich diesem Ziele nnr auf Um wegen zu nähern, während die indirekten Steuern oft geradezu eine umgekehrt progressive Belastung der schwachen Schultern nicht vermeiden lassen. Wenn wir die Finanzen des Reicks und der Bundesstaaten nach diesen prinzipiellen Gesichtspunkten durchmustern, so finden wir das Reich ausschließlich auf indirekte Steuern angewiesen. In «den Bundesstaaten dagegen hat die allgemeine Ein- kommensteuer, wenn wir von den süddeutschen Staaten, Bayern, Württemberg und Elsaß-Lothringen absehen, eine mehr oder weniger befriedigende Entwicklung er- fahren. Preußen, das nach einem in den Napoleonischen Kriegsjahren mißlungenen Versuche zu Anfang der fünf ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit der allgemei nen Einkommensteuer bahnbrechend vorangegangen ist, hat die Personalsteuern mit der Scholz-Miquelschen Steuerreform vom Jahre 1893 zur konsequentesten Durch bildung gebracht. Unter diesen prinzipiellen Gesichtspunkten ist folgende Uebersicht des Gesamtsteuererträgnisses aller deutschen Bundesstaaten von allgemeinem ! Interesse: Eteuerarten 1000 Gesamt. ergebniS Allgemeine Einkommensteuer.... 284 707,0 47,49 Vermögenssteuer 37 534,0 6,26 Grundsteuer 42 785,5 7,14 Gebäudesteuer 19 15t,9 3,20 Wohn- (MietS-) Steuer 136l,7 0,23 Gewerbesteuer 21264.9 3,55 Kapitalreutensteuer 14 398,1 2,40 Einkommensteuer von Dienst und Beruf 7180,3 1.20 Landwirtschaftliche Steuer 855,8 0,14 Waudergewerbesteuer 4 088,3 0.68 Eisenbahnsteuer 723,9 0,12 Bergwerkstr urr 608-6 0.10 Andere persönliche (Kops.) Steuer . . 85.0 0,02 Summe der direkten Steuern 434 745,0 72,53 Weinsteuer 5804.9 0,97 Biersteuer 64 425,8 10,75 Schlachtsleuer 6 541,9 1.09 Sonstige Verbrauchssteuern .... 1864,5 0.31 Hundeabgabe 3 935,5 0,66 Sonstige direkte Luxusabgaben . . . 205.4 0,03 Summe der Auswaudlreuer 82 778.0 13,81 Umsatzsteuer 15 573,7 2,60 Stempelsteuer 40 441,6 6,74 Erbschaft- und Schenkungssteuer . . 25 90l,6 4,32 Summe der Verkehrssteuern 8l 916.9 13,66 Gesamtsteuererträgnis d. Bundesstaaten Dazu vom Reich: 599 439,9 100,00 1. Brausteuer 45 765,6 4,34 2. Stempelsteuer 94 837,9 8,99 3. Andere Zölle und Steuern . . 913 798,3 86 67 Summe der Reichssleurrn 1054 401,8 100,00 Gesamtsumme der Steuern von Reich und Bundesstaaten 1653 841,7 — Die Steuerertrügnisse der Bundesstaaten rühren dem nach zu 72 Prozent aus direkten (darunter U, allgemeine Einkommensteuer), zu 14 Prozent aus Aufwandsteuern (überwiegend von Bier) und zu 14 Prozent auS Verkehrs-, insbesondere Stempelsteuern her. Zieht man aber den Reichshaushalt mit in Betracht, so kommt von allen Steuern und Zolleinnahmen m e hr als die Hälfte a u f d t e Z ö l l e. Kür die starken Verschiedenheiten der Steuerverhält nisse sind bas Reick, die vier Königreiche und der Stadt» staat Hamburg typisch, weshalb wir sie noch näher betrach ten wollen. Folgende Uebersicht, deren Zahlen Millionen Mark bedeuten, ist sehr lehrreich. TeuIIche« Sketch Preußen Payern Sachs.^üNIem. Ham. Gesomtstroerertrag 10544 254,6 86,7 57,5 35,2 43,7 Direkt« Steuern — 211,4 38,4 47,9 20,1 37,9 Auswandsteuern und Verkehrssteueru 1054,4 43,1 48,3 9,6 15,1 5,8 Aus den Kopf der Be- völkrrung in Mark Direkte Steuero — 6,13 6,22 11,40 9,25 49,37 Aufwandsteuern 18,71 1,25 7,83 2,28 6,98 7,55 Die starken Verschiedenheiten der Relativzahlcn sind augenfällig. Auffallend ist vor allem die starke Entwick lung der direkten Steuern des Stadtstaates Hamburg, der 48 pro Kopf -er Bevölkerung und VS,7, Prozent des Gr- samtsteuevertrageS durch direkte Steuern aufbringt. Wenn der Kopfbetrag für Preußen und für Sachsen auch viel geringer ist, so spielen trotzdem auch hier die direkten Steuern die erste Rolle im Staatsbudget mit je 88 Prozent des Gesamtsteuerertrages (Bayern 44, Württemberg 67 Prozent). Dem gegenüber sind die Aufwandsteuern in Bayern mit 66,74, in Württemberg mit 43,01 Prozent des Gcsamtsteuerertrages (Preußen 16,1, Sachsen 16,7 und Hamburg 13,8 Prozent) ganz besonders stark entwickelt. Bei dem hohen Satze der direkten Steuern Hamburgs ist in Erwägung zu ziehen, daß darin die Gemeindesteuer mit enthalten ist. Bei -em hohen Satze der württembergischen und der bayerischen Aufwandsteuern ist zu berücksichtigen, daß hier die Auifwanüsteuern auch als Gemeindesteuern eine sehr große Verbreitung gefunden haben,' in Bayern mehr als in Württemberg. Auch in Sachsen sind die Aufwandsteuern der Gemeinden stark entwickelt, was aber Hier durch die verhältnismäßig geringere Anspannung dieser Art von Steuern als Dtaatssteuer eine Milderung erfährt. Die allgemeine Einkommensteuer bringt in Preußen 174, inSachsen 43, in Baden 9,58, in Hessen 8,47 und in Hamburg 23,8 Millionen Mark ein, was auf den Kopf der Bevölkerung 5,05, 10Z5, 5,13, 7,56 und 30,98 Mark ergibt. Die Ergänzungssteucr (Vermögenssteuer) besteht nur in folgenden Staaten und bringt in 1000 folgende Erträge ein: Preußen 34 000, Hessen 8034, Braun schweig 340 nnd Sachsen-Koburg-Gotha 160. Dies ent spricht folgenden Kopsbeträgen: 0,09, 2,71, 0,78 und 0,70 Die Grundsteuer bringt in Bayern 11,47, in Sachsen 4,19, in Württemberg 3,67 und in Hamburg 14,14 Millionen Mark oder 1,86, 1,00, 1,69 und 18,40 pro Kopf der Bevölkerung ein. Das Erträgnis der Ge - bäudesteuer, das bei Sachsen in der Grundsteuer mit enthalten ist, beziffert sich in Bayern auf 7,65, in Würt temberg auf 8,15 Millionen Mark oder auf 8,82 und 8,96 Mark pro Kopf -er Bevölkerung. Die Gewerbe steuer trägt zum Staatshaushalte bei in Bayern mit 10,4, in Württemberg mit 4,56 Millionen Mark oder mit 1,68 und 2,1 pro Kopf der Bevölkerung. Preußen er heb« keine Grund- und Gebäude-nnd Gewerbesteuer für die Staatskasse; Sachsen und Hamburg keine Gewerbe steuer und letzteres auch keine Gebäudesteuer. Alle übrigen Steuerarten sind diesen Hauptsteuerquellen gegenüber von untergeordneter Bedeutung. Namentlich die Erb. schafts- und Schenkungssteuer ist noch wenig ausgenutzt und wird daher mit Vorliebe bei den Plänen der Reichsfinanzreform genannt. Obwohl die indirekten Steuern vom Reich sehr stark angespannt werden, haben sie noch lange nicht die gleiche Bedeutung wie z. B. in Frankreich erlangt. Es kann aber außer -er Tabak- und der Brausteuer wohl kaum noch eine dieser Steuern stärker in Anspruch genommen werden. Vom Staatsvermögen sind die Domänen und dieF o r st e n, sowie die E i s e n b a h n e n die wichtig sten Bestandteile. Der Umfang der Domänen im Reiche beträgt 662 211 Hektar, der -er Forsten 4 872 391 Hektar; die Hälfte hiervon, 835 618 bezw. 2 121 594 Hektar, ist preu ßischer Besitz. Bayern besitzt 42 567 Hektar Domänen und 937 289 Hektar Forsten, Sachsen 3849 Hektar Domänen und 173 963 Hektar Forsten, Württemberg 9800 Hektar Domänen und 195 352 Hektar Forsten, Mecklenburg- Schwerin 56 001 Hektar Domänen und 104 079 Hektar Forsten, Mccklenburg-Strelitz 58 700 Hektar Domänen und 43 200 Hektar Forsten. Die Kilometerlänge der Eisenbahnen beträgt im Reich 1640, in Preußen 31453, in Bayern 5882, in Sachsen 3005, in Württem berg 1904 und in Baden 1539. Dem entspricht ein Anlage kapital: im Reich von 619, in Preußen von 7807, in Baden von 1387, in Sachsen von 872, in Württemberg von 602 und in Baden von 560 Millionen Mark. Insgesamt repräsentieren die Reichs- und die Staatseisenbahnen eine Länge von 48 844 Kilometern und ein Anlagekapital von rund 12 830 Millionen Mark. Was schließlich die Staatsschulden anlangt, so beziffern sie sich für die Bundesstaaten insgesamt auf 11293 Millionen Mark, für die Bundesstaaten und das Reich auf 14106 Millionen Mark. Als sogenannte fun dierte Schulden sind 11246 bezw. 13 980 Millionen anzu sehen. Die Ausgaben auf die fundierten Staats schulden betragen: für auf die Schulden der des Reich» und Bundesstaat«» der Bundesstaaten Mill. Mark Mill. Mark Verzinsung 387 476 Tilgung 72 72 Verwaltung - 2 3 Summe 461 551 Die Hälfteder Schulden trifft aufPreußen, das aber auch den entsprechenden Staatsbesitz hat. Pro Kopf der Bevölkerung beträgt die Verschuldung im Reiche 48, in Preußen 194, in Bayern 238, in Sachsen 288, in Württemberg 228 und in Bremen (Höchstbetrag im ganzen Reiche) 710 Die niedrigste Kopfauote an Landesschulden haben Elsaß-Lothringen, Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Strelitz, Sachfen-Altenburg, die beiden Lippe und Reuß j. L. mit 18—5 sodaß hier an Reichs- und Staatsschulden auf den Kovf nur 68—54 treffen, Anhalt hat nur schwebende, Reuß ä. L. überhaupt keine Schulden. Diese Staaten stehen mithin im Betrage von Staats- und Reichsschulb mit 49 am günstigsten da. Wie die Staatsaufgaben gegenüber denen der Gemeinden, Kreise und sonstigen Verbände in den einzelnen Bundesstaaten verschieden ge regelt sind, so ist dies eben auch hinsichtlich -er Befriedi gung deS Staatsbedarfs der Fall, daher auch die großen Verschiedenheiten im Steuer- und Schuldenwesen der Bundesstaaten. Ein sehr detailliertes und lehrreiches Tabellenwerk, auf das hier nicht näher eingegangen werden kann, unterstützt die lichtvollen Ausführungen der so mühevollen und gründlichen textlichen Darstellung, die nicht nur in der Statistik, sondern auch in der Verwaltungslehre und der Finanzwifsenschaft die umfangreichsten Kenntnisse verrät. Leo XIII. * Rom, 8. Juli. (Telegramm.) Mazzoui traf den Papst heute früh in ziemlich gedrückter Stimmung im Bette liegend. Der Papst sagte ihm, daß in seinem Zustand ein Rücktritt eingetreten sei; er fühle sich schwach, er habe sich gestern bester gesühlt, er beklage dies, weil er heute viel zu tun habe. Mozzoni äußerte später, der Papst wolle aussteheu, um ohne Hülfe alle- selbst zu tun. Gegen 11 Uhr werde er sich auS dem Bett erheben und in den Lehnstuhl setzen. Dir Cyonose breitet« sich an den Händen auS. Der Papst nahm noch Nahrung an, aber nur wenig. Die Temperatur schwankte zwischen 36,8 und 36,4. Mazzoni wird mit Lapponi n^»ndS 7'/, Uhr den Papst besuchen, wenn nicht eine unvorhergesehene Verschlimmerung eiatritt. Die auS der Brust entzogene Flüssigkeit wird heute analysiert werden. Mazzoni macht den Eindruck, daß er die Hoffnung aufgegeben habe, die er gestern abend noch hegte. Der Papst rief gestern abend den Sekretär Angeli und sagte ihm, er bedaure, daß er nicht an dem morgen beginnenden neun- tägigen Gebete zu Ehren der Maria del Cannine teilnehmeu könne, — die er sehr verehrt und deren Bild er stets auf der Brust trägt —, denn er werde morgen sterben. Obgleich Angeli eindringlich erklärte, daß diese Voraussage des Papstes grundlos sei angesichts seines guten Befindens, bestand der Papst darauf und gab sich einem sinnenden Schweigen hin. * Rom, 8. Juli. (Telegramm.) Mazzoni kehrte um 1'/« Uhr in den Vatikan zurück, um mit Lapponi und Rampolla sich zu besprechen. — Wie verlautet, handelte eS sich bei der Be sprechung um die Frage, ob es zweckmäßig sei, einen dritten Arzt hinzuzieheu, nämlich Senator Cardarelli aus Neapel. Mazzoni verließ den Vatikan um 2'/« Uhr. * Rom, 8. Juli. (Telegramm.) Die Zeitungen veranstalten fortlaufend Sonderausgaben über Las Befinden des Papstes. Die Umgebung des Vatikans ist sehr belebt. Rampolla hatte heute morgea 8'/, Uhr eine viertelstündige Unterredung mit Lapponi. — „Giornale d'Jtalia" meldet, di« Besorgnis wegen der Lungen entzündung des Papstes halte noch immer an. DaS Herz arbeite schwach. Die Niereotätigkeit sei ungenügend. Einer der Aerzte sagte, vor der Operation sei die Zukunft voll- ständig dunkel gewesen, jetzt gebe eS einen kleinen Lichtstrahl. Jemand, der den Papst mehrere Male besuchte, erklärte, sein Organismus sei einzigartig und bilde eioe Ausnahme von den für alle Menschen geltenden Gesetzen. Bei ihm könnte nichts mit Be- stimmtheit vorausgesagt werden. Einem Bettreter des „Giornale d'Jtalia" gegenüber erklärten die Aerzte: Die Flüssigkeit kann sich von neuem bilden. ES ist nicht ausgeschlossen, daß die Operation wiederholt werden muß. Die gestrige Operation wurde sorge- nommen, um die Leiden d«S Kranken zu lindern. Während der ganzen Nacht war die Umgebung des Vatikans menschenleer. Die Kardinäle begaben sich gegen 9 Uhr nach dem Vatikan. — „Tribuns" zufolge verlieb der Papst um 10V, Uhr da» Bett, ging ohne Hülfe zum Lehnstuhl uud nahm eine Fleischbrühe und etwas Wein zu sich. * Rom, 8.Juli. (Telegramm.) „Tribuna" sagt in einer Be- sprechung des Ausfallesdes möglicherweise bevorstehenden Konklaves, die Wahl des Kardinal» Lapeeelatrowürde von einer Gruppe Kardinälen unterstützt werden, zu der auch Kardinal Agliardi gehöre. Auch Agliardi habe Aussicht, gewählt zu werden, weil Rampolla für ihn sei; Agliardi selbst aber arbeite für die Wahl EapecelatroS. Das Blatt fügt hinzu, alle Kardinäle trafen Vorbereitungen für das Konklave. Der Jrsuitengeneral habe häufige Unterredungen mit Kardinal Steinhuber. * Parts» 8. Juli. (Telegramm.) „Petite Röpublique" er wägt heute die Aussichten für die nächste Papstwahl und gibt zu, daß voraussichtlich die deutschen Einflüsse vorherrschen werden. Italienische, deutsche und öster reichisch - ungattsch« Kardinäle würden im deutschen Sinne wählen; aber da» könne Frankreich gleichgültig sein, eS werde der Re- publik nicht schaden, wenn ans dem päpstlichen Stuhle ein Gegner sitze. (Voss. Ztg.) Deutsches Reich. t Leipzig, 8. Juli. Die Nr. 27, Jahrgang 7, der in Berlin erscheinenden anarchistischen Zeitung „Neues Leben" wurde infolge Beschlusses des Berliner Amts, gerichts auf Grund 8 NO deS Straf-Gcsctz-Buchcs (öfsent- liche Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze usw.) polizeilich beschlagnahmt. --- Berlin, 8. Juli. (D e r „R e ch t S- r u ch" von 1866 und der Steg der Sozialdemokratie.) Das welfische Hauptorgan der Provinz Hannover hat glücklich herausbekommen, worauf der Sieg -er Sozial demokraten bet den diesmaligen Wahlen zurückzufüyren ist. Es schreibt: „U n s nimmt das Wachstum der sozial, revolutionären Bewegung nicht wunder, da ihr ja die auf der Revolution von oben, auf BundeSbruch, Sttuderkrieg und Kürstenentthronung beruhenden Grund lagen, auf denen -asDeutscheReich er- richtet ist, einen Nährboden bieten, der ihr immer neue Kräfte zuführt und ihren Bestrebungen gewissermaßen eine moralische Rechtfertigung gewährt. So lange aber die verbündeten Regierungen und die bürgerlichen Parteien nicht einsehcn wollen, -aß nnr durch die grundsätz liche Wiederanerkennung deS Rechts eine Gesundung unserer ganzen Verhältnisse herbeigeführt werden kann, so lange werden alle ihre Bemühungen, die Sozialdemokratie zu bekämpfen, sich als wirkungslos und ihre Waffen sich als stumpf erweisen." Wäre diese An nahme richtig, so müßte doch die Sozialdemokratie in jenen Zeiten, die dem „Rechtsbruche" von 1866 folgten, am meisten Erfolg erzielt haben, denn damals lebten doch jene Vor gänge in frischester Erinnerung. In den ersten drei Legis laturperioden aber zählten die Sozialdemokraten zweimal je zwei und einmal neun Abgeordnete, während sie jetzt neunmal neun Abgeordnete besitzen. Zum zweiten müßten dann doch gerade das frühere Königreich Hannover und das frühere Kurfürstentum Hessen den besten Nährboden für die Sozialdemokratie liefern. Es ist aber eigentümlich: in dem Königreiche Sachsen, das nach den Ereignissen von 1866 intakt gelassen wurde, haben die Sozialdemo kraten 22 von 23 Reichstagssitzen inne, in der Provinz Hannover aber nur einen von 19, und in dem Regierungs bezirke Kassel keinen einzigen von den acht Wahlkreisen des früheren Kurfürstentums. Wir wollen gewiß nicht sagen, daß die Sozialdemokraten in Sachsen ebenso geringe Erfolge erzielt hätten, wie in Hannover und Kurhessen, wenn im Jahre 1866 Preußen sich auch das Königreich Sachsen einverleibt hätte; aber jedenfalls sprechen die hier angeführten Tatsachen nicht für die Behaup tung, daß das Deutsche Reich um -er Art seiner Entstehung willen einen besonders günstigen Nährboden für die Sozialdemokratie lieferte. Davon könnte höchstens in einem ganz anderen, als dem von -em welfischen Organe angeführten Sinne die Rede sein, insofern nämlich, als Bismarck, um der Einigung Deutschlands den Boden zu ebnen, das allgemeine Wahlrecht billigte und als wir, wie auch jeder ehrliche Anhänger dieses Wahlrechts, zugeben müssen, daß es der Sozialdemokratie die Möglichkeit ge. währt, eine große Zahl von Parlamentssitzen zu erlangen. Will die „Deutsche Volkszeitung" der Sozialdemokratie „diesen" Nährboden entziehen? Wir glauben es nicht, obwohl das Welfentum und die in dem Wahlrechte zu Tage tretende demokratische Gruudanschauung nicht zu- sammcnpassen. Und damit kommen wir auf die von dem Welfenorgan prophezeite erfolgreiche Bekämpfung des Sozialismus, wofern der Welfcnthron wieder aufgerichtet würde. Jeder der beiden letzten welfischen Herrscher hat in schmählicher Weise eine zu Recht bestehende Verfassung gebrochen und ein Regiment geführt, das zwischen bru taler Autokratie und einseitiger Junkerherrschaft schwankte. Erfährt auch bet uns das Bürgertum nicht die ihm gebührende Berücksichtigung in Verwaltung und Re- gicrnng, so war zu den Zeiten der Welfxnkönige erst recht nicht davon die Rede. Wir glauben aber nicht, daß Starr sinn nnd Hochmut des Welfcntnms — der welfischen Dynastie erb- und eigentümlich seit den Zeiten Heinrichs des Löwen — das geeignete Mittel zur „Gesundung unserer ganzen Verhältnisse" im allgemeinen und zur Be- kämpfung der Sozialdemokratie im besonderen seien. Biel- mehr würde dann wahrscheinlich auch in dem wicderhcrge- stellten Königreiche Hannover die Zahl der sozialdcmokra- tischen Reichstagsmandate gewaltig anschwellen. * Berlin, 8. Juli. Das zweite Urteil im Prozeß Hüßner erregt in der ganzen bürgerlichen Presse peinliches Erstaunen; fast einmütig wird der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß das Urteil, wenn es vor den Reichstagswahlen gefällt worden wäre, der Sozialdemokratie noch eine Anzahl Mandate verschafft haben würde. So schreibt die „Rhein.-Westf. Ztg.": „Das zweite Urteil muß in der Tat sehr befremden. Da mit wird die Tat Hühners bis zu weitem Grade als durch die Militärgesetze gedeckt angesehen. Man nimmt an, daß eine entehrende Handlung die wü st e Stecherei in der Essener Brandstraße nicht gewesen ist und daß also von jeder Ge fängnisstrafe abzusehen sei. Darauf wird eine weitgehende Entrüstung erwidern." Aehnlich der ,Hann. Kur": «Das Wesentlichste an der neuen Urteilsbegründung ist die Mottvierung deS Gerichtshofes, er habe von Gefängnis abge sehen, weil damit eine Degradation verbunden sei. G e- rade diese aber und womöglich die Ausstoßung aus der Marine ist von der öffentlichen Meinung mit Entschiedenheit gefordert worden —, denn wenn eins an dem keineswegs ver wickelten Fall klar war, so war eS die Unfähigkeit HüßncrS zur Bekleidung deS OffiziersrangcS. Wenn schon ein Zeugnis des Seekadetten ihn eingebildet, augendienerisch, im Verkehr mit seinen Kameraden affektiert, im privaten Umgang wenig wählerisch nennt, so hat das Verhalten de» Fähnrich» bewie- sen, daß ihm gerade die Selbstbeherrschung, da» Berantwort- lichkeitSbewußtsein, da» verfeinerte Ehrgefühl, da» wir von unserem Offizierskorps verlangen, gründlich abgehen, daF er im Gegenteil an der Ueberspannung eines rein äußerlichen Ehrbegriffs leidet, die mit dem gänzlichen Mangel an innerem Empfinden für wahre ManneSehre nicht selten Hand in Hand geht. Sein Verhalten in der Grutzangelegenheit, die kindlich, rohen Anrcmpclungcn von militärisch Untergebenen, die die Fähnrichsuniform nicht kannten, beweisen das hinlänglich, ver- mag der Gerichtshof in dieser Denkart, der im gegebenen Falle > die Instruktion über den Waffrngebrauch nur ein willkommener
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